Beiträge von Gisco Maxentius

    Gisco blickte stolz in die Runde, als er bei den anderen angekommen war. Zu seiner Erleichterung machte sich niemand über ihn lustig. Im Gegenteil. Einar hob seine Hasta und nickte ihm zu. Scheinbar wollte er ihm so seine Anerkennung ausdrücken. Gisco nickte ihm ebenfalls zu. Dann reihte er sich bei seinen Kameraden ein und wartete auf weitere Befehle des Decurio. Wie hasste er in in diesem Augenblick dieses dumme Packpferd.

    Von einem berauschendem Gefühl der Geschwindigkeit merkte Gisco nichts. Das Packpferd, dessen Führungsleine er in die linke Hand genommen hatte, bremste ihn wie ein Anker ein Schiff, der über den Meeresgrund gezogen wurde. Konnte er beim Anreiten noch Schritt halten, so entfernten sich auf den letzten Metern, die im gestreckten Galopp geritten wurden, seine Kameraden unerbitterlich von ihm. Er kam sich wie eine Lachfigur vor und wurde wütend. So kam er an die Strohpuppen als die anderen schon längst zum Decurio aufgeschlossen hatten. Wenn er schon so lächerlich aussah, dann wollte er wenigstens trotzdem eine Puppe treffen. Er senkte seine Hasta und visierte eine der imaginären Gegner an. Da es ihm durch das Gezerre des Packpferdes kaum möglich war, sich aus dem Sattel zu heben, um die Hasta ruhig zu halten, schwankte diese auf und ab. Er visierte die Brust an. Die breiteste Trefferzone. Und er traf! Zwar nicht die Brust. Aber die Schulter. Schnell zog er die Hasta aus der Puppe, während er zu den anderen Ritt. Sein Kopf war stolz erhoben. Und sollten sich die anderen über ihn lustig machen, dann würde er ihnen seinen Allerwertesten zeigen.

    Als hätte der Decurio seine Gedanken gelesen, schickte dieser zwei Späher aus, die aber nach kurzer Zeit wiederkehrten. Sie hatten nichts gesehen. So ritten sie weiter. Gisco war immer noch sauer wegen dem Überfall. Da brüllte der Decurio plötzlich etwas von Feind in der Ebene, niederreiten und Reihe bilden. Gisco schien heute vom Pech verfolgt. Er könnte wohl kaum mit dem Packpferd im Schlepptau eine vernünftige Attacke mitreiten. Aber er würde heute die Führleine nicht mehr los lassen oder das Pferd irgendwo unbeaufsichtigt stehen lassen. Also musste er bei der Attacke wohl oder übel hinter den anderen her reiten. So schwärmte er zusammen mit den anderen aus, um die Formation einzunehmen.

    Mit angehaltenem Atem wartete Gisco auf das Donnerwetter des Decurio. Hell leuchteten seine Augen vor Wut. Der Gesichtsausdruck des Decurio verhieß nichst Gutes. Doch was er dann hörte, konnte er nur schwer fassen. Ein echter Überfall? Irgendwo hatte er es geahnt, dass es eine Übung war, als er die Pfeile am Boden gesehen hatte und diese ihn nicht verletzt hatten. Aber es war in dem Durcheinander keine Zeit gewesen, um sich mehr Gedanken darüber zu machen.


    Eine Übung also! Höchstwahrscheinlich wäre er einer von denen gewesen, die bei einem echten Überfall tot oder schwerverletzt worden wären. Die zwei Stellen, an denen ihn Pfeile getroffen hatten, würden bestimmt noch schön blau werden. Eine Erinnerung an ihre, an seine Dummheit. Betreten blickte er zu Boden. Trotz seiner Wut wusste er um sein Versagen. Und ein klein wenig fühlte er auch Bewunderung für denjenigen, der diesen Überfall geplant hatte. Er war schnell, effizient und erfolgreich gewesen. Sie hatten sich wirklich wie blutige Anfänger benommen.


    In Zukunft sollten sie besser auf die Umgebung achten? Gisco wurde wieder wütend. Selbst wenn er besser gelauscht hätte, so war er sich sicher, dass das den Überfall und dessen Erfolg nicht verhindert hätte. Wie wäre es, wenn der Decurio wenigstens einige Späher vorausschicken würde? Und wollte er damit andeuten, dass es noch mehr solcher Überraschungen geben würde? Wenn ja, dann wollte sich Gisco nicht mehr so einfach übertölpeln lassen. Das mit den Packpferden saß und war wirklich ein Problem. Ein Packpferd für eine gesamte Turma. Da müssten sie sich was einfallen lassen. Nicht nur was die Unterkünfte betraf. Auch die Versorgung mit Nahrung war zu einem Problem geworden.


    Nachdem der Decurio den Befehl zum weiter marschieren gegeben hatte, reihte sich Gisco wieder in die Formation ein. Schweigsam ritt er nun mit den anderen weiter.

    Als Gisco sich der Formation näherte, kam Einar auf ihn zu und deckte ihn mit seiner Parma vor den Pfeilen.


    „Danke, Einar.“, sagte er zu ihm. „Ich habe nicht vor, diesem Lumpenpack das Packpferd zu überlassen.“ Seine Augen funkelten wütend. Diese Banditen hatten es tatsächlich geschafft, ihnen fast ihre gesamte Ausrüstung zu klauen. Aber dieses würden sie nicht bekommen. Und wenn er sich an das Pferd festklammern müsste. Da nahte schon die nächste Salve Pfeile. Dunkel tönend prallte einer an seiner Parma ab. Doch das Packpferd schien getroffen worden zu sein. Denn es scheute. Nur mit aller größter Mühe konnte Gisco es daran hindern, sich davon zu machen. Er krallte sich in die Leine, dass sie sich tief in seine Hände drückte.


    Plötzlich hörte der Angriff auf. Nur noch ein kurzes Rascheln und dann lag der Wald still vor ihnen. Gisco traute dem Braten noch nicht so ganz und duckte sich weiter hinter seiner Parma ab. Dann befahl der Decurio das Antreten. Gisco brauchte einen Moment bis er seine Hasta gefunden hatte, zu seinem Pferd ging und sich in den Sattel schwingen konnte. Doch endlich reihte er sich bei seinen Kameraden ein, das letzte ihrer ehemals sechs Packpferde an der Leine führend. Unterwegs bemerkte er wieder, dass es sich bei den Pfeilen um Keulpfeile handelte. Er war wütend. Auf die Banditen und auf sich selbst. Schweigend erwartete er das nun sicherlich folgende Donnerwetter des Decurio.

    Er wartete mit der gesenkten Hasta auf den Feind, während die Pfeile laut an seiner Parma abprallten, als plötzlich in seinem Rücken Gebrüll laut wurde. Gisco nahm die Hasta hoch und versuchte dann zu erkennen, was da los wäre. Er sah gerade noch, wie zwei fellbehangene Gestalten auf die völlig überraschten Probati zu ritten. Dann waren sie mitten unter ihnen, schnappten sich fünf der Packpferde und waren auch schon wieder auf dem Weg Richtung Confluentes. Der Angriff kam so schnell und so überraschend, dass er immer noch verwundert den Gestalten hinterher sah. Merde, dachte er. Er wollte gerade sein Pferd wenden, um ihnen nachzusetzen, als wieder ein Regen aus Ästen und Blättern auf den Weg fiel und eine Verfolgung unmöglich machte. Giscos Augen funkelten wütend.


    Dann ritt er zu dem noch verbliebenen Packpferd und nahm die Führungsleine auf. Dieses werden sie nicht bekommen, dachte er entschlossen. Da kam der Befehl des Decurio zum Absitzen. Gisco stieg aus dem Sattel, schmiss die Hasta zu Boden und hielt sowohl seinen Rappen an den Zügelhilfen als auch die Leine des Packpferdes in seiner rechten Hand. Da er sich aber hinknien musste, um sich vor den Pfeilen mit seiner Parma zu schützen, musste er schweren Herzens die Zügelhilfen los lassen, da diese dafür zu kurz waren. Dann arbeitete er sich zu den anderen vor, das Packpferd mit sich führend. Bei ihnen angelangt nahm er hinter der Linie Deckung. Denn solange er die Leine in der Hand hielt würde er kaum kämpfen können. Langsam ordnete sich das heillose Durcheinander.

    Endlich hatten sie die Stadt verlassen. Gisco genoss die Weite der Landschaft und die Sonne. Er fühlte sich gut und war fröhlich. Und da er eines der Packpferde führte, befand er sich in der Mitte der Formation. So ritten sie schon seit einiger Zeit auf der Straße, ohne das etwas passiert wäre. Gisco unterhielt sich wie die meisten Probati mit seinem Nachbarn. Hin und wieder hörte man ein Lachen aus den Reihen.


    Da ermahnte der Decurio sie zur Wachsamkeit. Doch Gisco sah ihn erst verwundert an. Doch dann erblickte er den Grund. Denn weiter vorne konnte er einen Hohlweg erkennen. Er wusste, dass das eine gute Stelle für einen Hinterhalt wäre, doch er rechnete nicht mit einem solchen. Wie auch! Wusste er doch nichts von dem Befehl des Decurio an die Equites. Sie ritten in den Hohlweg. Instinktiv hatte sich bei Gisco die Wachsamkeit erhöht. Doch er konnte nichts auffälliges wahrnehmen.


    Plötzlich hörte Gisco Hörner erschallen. Verwundert blickte er sich noch um, als scheinbar der Wald auf sie niederfiel. Genau vor seinem Pferd regnete es unzählige Äste und Blätter vom Himmel. Trueno tänzelte sofort nervös. Immer noch völlig perplex spürte Gisco auf einmal einen scharfen Schmerz an einem seiner Beine. Er keuchte auf. Mit großen Augen blickte er auf die Stelle, an der der Schmerz aufgeflammt war. Doch nichts war zu sehen. Dann zischte es an ihm vorbei. Pfeile! Schnell riss er seine Parma hoch. Doch leider schützte sie nur seine linke Seite, so dass ihn rechts ein weiterer Pfeil schmerzhaft am Arm traf, was ihm einen kleinen Schmerzensschrei entlockte. Was war das? Warum hatte der Pfeil nicht seine Haut durchbohrt? Er wusste nicht, ob das eine Übung oder Ernst war. Die Gruppe der Probati rief wild durcheinander, die Pferde wieherten, der Decurio brüllte und die Hörner hörten nicht auf zu rufen. Wo war der Feind? Nur die Pfeile und die Hörner zeugten von seiner Gegenwart.


    Gisco hörte die Befehle des Decurio. Doch wie umsetzen? Sie waren abgeschnitten! Da stieg Trueno plötzlich hoch. Gisco konnte sich gerade noch so im Sattel halten. Allerdings musste er die Führleine zum Packpferd loslassen. Nachdem er seinen Rappen wieder unter Kontrolle, wendete er ihn in Richtung Wald, aus dem der Gegner kommen musste. Er blickte kurz um sich. Überall sah er hektische Probati. Einen sah er sogar neben seinem Pferd stehen. Scheinbar hatte es ihn geschmissen. Dann sah er einen der Pfeile am Boden. Es waren Keulpfeile. Was sollte das alles? Dann wandte er sich mit wild pochendem Herzen wieder dem Wald zu.

    So ein Mist, dachte sich Gisco, als er erfuhr, dass es eine theoretische Prüfung geben sollte. Schließlich hatte er einen Teil der Ausführungen des Decurio nicht mitbekommen. Zum Glück hatte sich Arianus einige Notizen gemacht, so dass er den fehlenden Teil nacharbeiten konnte. Er hatte bis zum letzten Tag gelernt. So ging er mit einem guten Gefühl in die Schola, um seine theoretische Abschlussprüfung zu machen. Dort gab man ihm den Fragebogen. Als er sich gesetzt hatte und diesen durchlas, wiegte er den Kopf. Einige Fragen waren leicht, andere hingegen schon schwerer. Schließlich fing er mit der Beantwortung an. Mit der Zeit kam er etwas ins Schwitzen, denn er wusste nicht, ob er manche der Fragen ausreichend beantwortet hatte. Doch irgendwann war er fertig und las sich nochmal seine Antworten durch. Ihm fiel nichts mehr ein. Und er wusste nicht, was er noch besser hätte beantworten können. Daher nahm er seine Unterlagen und gab sie ab. Mit gemischten Gefühlen verließ er die Schola Richtung Unterkünfte. Hoffentlich würde er bestehen, dachte er sich.

    Sie näherten sich langsam der Porta. Die Probati waren aufgeregt und hatten dementsprechend wieder damit angefangen, sich laut über alles möglich zu unterhalten. Da Gisco am Ende der Turma ritt, war er einer der letzten, die die Porta durchritten. Ein Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit, kaum dass sie sie hinter sich gelassen hatten. Er schloss kurz die Augen, wandte sein Gesicht der Sonne zu und genoss ihre Wärme. Dann machte er sie wieder auf und blickte sich um. Wie hatte er diesen Anblick vermisst. Hätte man ihn in diesem Moment gefragt, hätte er behauptet, fast glücklich zu sein. So ritt er weiter hinter den anderen her.

    Da unterbrach die Stimme des Decurio jede weitere Spekulation auf das Kommende. Gisco trat wie befohlen an. Guter Hinweis! Hatte er alles eingepackt, was er und seine Kameraden brauchen würden? Er ging im Kopf alles durch. Doch wenn er etwas vergessen haben sollte, dann wollte es ihm nicht einfallen.


    Natürlich hatte er bemerkt, dass sie ihre richtige Waffen dabei hatten. Das sie auf ihren Vordermann aufpassen sollten, war doch klar. Gisco schwang sich in den Sattel. Trueno tänzelte nervös, so dass er erstmal damit beschäftigt war, ihn zu beruhigen und in die Formation zu lenken. Dadurch kam er am Ende der Formation. Also würde es seine Aufgabe sein, eines der Packtiere zu führen. Das fing ja gut an. Er ritt zu einem der Tiere und nahm sich die lange Führleine. Dann reihte er sich wieder ein und ritt zusammen mit den anderen Richtung Tor.

    Verärgert starrte Gisco Einar an. Der schien im Gegensatz zu ihm bester Laune zu sein. War er der einzige, den es störte, dass sie zu Fuß durch die Lande ziehen sollten?


    "Pfhf!", entließ Gisco mißbilligend die Luft zwischen seinen zusammengekniffenen Lippen und machte eine wegwerfende Handbewegung.


    "Es geht doch nicht um die Übung als solche. Meinst du denn nicht, ich wäre nicht froh, mal endlich raus zu kommen und nicht diesen ewigen Drill über mich ergehen lassen zu müssen?", fragte er Einar. Der grinste, als hätte er gerade sein römisches Bürgerrecht bekommen.

    "Wir haben die schönsten und stärksten Pferde der gesamten römischen Armee in den Stallungen stehen! Begreift ihr das denn nicht?!"
    , fragte er laut seine Kameraden. "Und wir sollen auf unseren Stiefeln querfeldein laufen. Das ist doch verrückt! Und jeder, der das Gegenteil behauptet, ist es auch!" So langsam redete sich Gisco in Rage.


    "Ich habe ja nichts dagegen, wenn wir den Kampf zu Fuß trainieren. Wenn man mal vom Feind vom Pferd gestoßen wird, ist das sicherlich sinnvoll. Aber das wir jetzt auch noch laufen sollen! Ne, ne. Da kann mir jemand sagen, was er will. Aber ich bin bei der Ala, verdammt nochmal!"

    Da kam Arianus zu ihnen und schwafelte wieder etwas von keine Pferde und so. Gisco sah ihn missmutig an. Also entweder seinem Kameraden gefiel es, ihm das immer wieder auf die Nase binden zu wollen. Oder er wusste tatsächlich mehr. Doch ehe er seinem Unmut Luft machen konnte, trat der Decurio vor die Probati und wünschte ihnen einen guten Morgen. Mit angehaltenem Atem und nicht bester Laune hörte Gisco ihm zu. Eine zweitägige Feldübung! Das klang gut in seinen Ohren. Wenn da nicht die Sache mit den Pferden wäre. Verteidigen? Wer sollte sie denn angreifen? Vielleicht würden sie in Gruppen eingeteilt.


    Als der Decurio jedoch die Pferde erwähnte, hatte Gisco blitzartig wieder gute Laune und grinste Arianus an. Von wegen, dachte er sich. Wäre auch wirklich zu gemein gewesen. Dann befahl er das Abtreten. Ein halbe Stunde! Das war nicht viel Zeit. Aber sie musste reichen. Schnell machte er sich auf den Weg zur Unterkunft. Die Equites, die noch vor kurzem auf dem Forum gefegt hatten und von deren Existenz nur noch einige Besen auf dem Boden zeugten, waren ihm nicht aufgefallen. Unterwegs sprach er Viridovix an. „Jetzt kommst du ja doch noch als Signalgeber zum Einsatz.“ Er grinste.


    In der Unterkunft angekommen überprüfte er schnell seine Ausrüstung. Da er sie am Abend zuvor nochmals genauestens kontrolliert hatte, war sie in einem tadellosen Zustand. Er entschloss sich, als Proviant Brot, Speck und Käse für zweit Tage einzupacken. Die Ausführungen des Decurio hatte sich für ihn so angehört, als würden sie kaum dazu kommen, Korn für den Puls zu mahlen. Der Wasserschlauch war schnell aufgefüllt. Er sah sich um. Die anderen Kameraden schienen klar zu kommen und waren auch soweit. „Na dann!“, sagte er aufgeregt zu ihnen und ging zu den Stallungen.


    Dort machte Gisco Trueno bereit. Natürlich bekam der Hengst die Aufregung um ihn rum mit, so dass er ebenfalls nervös wurde. Danach waren die Packtiere dran. Sie hatten eine Menge zu schleppen. Das Schanzzeug, die Pila Muralia, Kochgeschirr, die Zelte, die Gerste für die Pferde, Stroh für die Nachtlager und vieles mehr. Nachdem sie von den Probati fertig bepackt worden waren, ging es mit ihnen und den Pferden Richtung Forum. Die Probati waren natürlich aufgeregt und schnatterten in einem fort. Sie spekulierten wild, was wohl alles passieren würde. Gisco hatte aufgrund der Worte des Decurio den Verdacht, dass das alles andere als ein Honigschlecken werden würde.


    Auf dem Forum angekommen, warteten sie auf den Decurio. Gisco wandte sich an seine Kameraden. „Also ich glaube, die zwei Tage werden richtig hart werden. Alleine durch das Wacheschieben werden wir kaum zum Schlafen kommen. Und tagsüber wird uns der Decurio bestimmt ohne große Pausen durch die Gegend scheuchen.“ Aber er freute sich darauf. Konnte er doch zeigen, was er in seiner Ausbildung gelernt hatte. Und zum Schluss winkte die Beförderung zum Eques. Der Grund, warum Gisco die ganze Schinderei auf sich genommen hatte.

    Auf dem Weg zur Unterkunft fiel Gisco auf, wie Arianus stolz eine der Tafeln, die in der Schola zum Notizen machen, rumgelegen hatten, mit sich trug. Da Gisco zu spät gekommen war, kam er auf den Gedanken, seinen Kameraden zu fragen, ob er sich mal seine Notizen ansehen dürfte. Schnell ging er auf ihn zu.


    "Salve, Arianus. Wie ich sehe, warst du fleißig und hast dir ein paar Notizen gemacht. Darf ich mal einen Blick drauf werfen. Ich habe leider den Anfang verpasst. Nicht, dass der Decurio uns nachher abfragen will, und ich nicht alles weiß.", sagte Gisco zu seinem Kameraden.

    Da meldete sich Arianus zu Wort. Was er erzählte, klang ziemlich einleuchtend. Feldmarsch und nicht Ausritt. Gisco brummelte in seinen nicht vorhandenen Bart. Das Schmunzeln von Arianus konnte ihn nicht im mindesten aufheitern.


    "Na toll!", sagte er schlech gelaunt. "Da geht man zur Ala und darf dann wie ein hirnamputierter Legionarius durch die Gegend rennen." Er schüttelte den Kopf. "Also manchmal denke ich, die Römer haben sie nicht mehr alle."Wütend ging er zu seiner Pritsche und warf den Helm auf sie. "Pah!", rief er aus und setzte sich.

    Bei der Antwort von Viridovix musste Gisco herzhaft lachen. Sein Kamerad hatte ihm seinen kleinen Scherz nicht übelgenommen.


    "Höchstwahrscheinlich treffen sie dich nur nicht, weil sie von deiner Rüstung geblendet werden.", antwortete er ihm grinsend.


    "Nö, keine Ahnung was hier abgehen soll.", antwortete Gisco auf die Frage seines Kameraden und zuckte mit den Schultern.


    "Ich wollte dich genau das Selbe fragen. Und ich hoffe doch nicht, dass wir wie die Grashüpfer durch die Lande ziehen werden. Ich habe keine Lust, dass ganze Zeug auf meinem Rücken durch die Gegend zu schleppen. Hätte ich das gewollt, dann wäre ich in eine Infanteriehilfstruppe gegangen."

    Das der theoretische Teil der Ausbildung so schnell vorbei sein würde, hätte sich Gisco nicht träumen lassen. Er versuchte noch, sich die letzten Ausführungen des Decurios zu merken, als dieser endete und ihnen das Abtreten befahl. Das ließ sich Gisco nicht zweimal sagen. Schließlich war er zu spät aufgetaucht. Wenn er jetzt mit den anderen Probati aus dem Raum ging, würde er dem Decurio nicht auffallen. So stand er auf und verließ mit den anderen die Schola. Draußen angekommen atmete er tief durch. Das schien ja nochmal gut gegangen zu seinund ging zu der Unterkunft.

    Wie befohlen ging auch Gisco zum Forum. Er war gespannt, was das alles zu bedeuten hatte. Denn er hatte keine Ahnung. Nur das Wort feldmarschmäßig versprach Abwechselung vom Kasernenalltag.


    Da Gisco nicht gerade der Frühaufsteher war, kam er nicht als erster auf dem Forum an. Er sah Viridovix und einige andere Probati dort stehen und sich miteinander unterhalten. Na wenigstens war er nicht zu spät dran. Denn vom Decurio war weit und breit noch nichts zu sehen. Etwas mürrisch, wie er es jeden Morgen war, ging er auf die anderen Probati zu. Bei Viridovix angekommen blieb er stehen.


    „Na, Viridovix. Du musst ja schon in aller Frühe aufgebrochen sein.“, sagte er zu ihm, klopfte ihm auf die Schulter und grinste schief. „Und? Hat dir noch kein Vogel auf deine geputzte Rüstung geschissen?“, fragte er ihn. Es war von ihm nicht böse gemeint. Eher ein derber Scherz unter Soldaten.


    Aber er hatte es sich nicht verkneifen können. Er hatte gestern abend schon bemerkt, mit welcher Hingabe Viridovix seine Lorica geputzt hatte. Natürlich hatte auch Gisco seine Ausrüstung gereinigt. Doch bei weitem nicht so sehr wie sein Kamerad. Der blinkte und blitzte, dass sie ihn bei Sonnenschein zum Signale geben verwenden könnten.

    Als Gisco von den Stallungen zur Unterkunft der Ausbildungsturma zurückkehrte, sah er den Zettel mit dem Befehl am Aushang. Also würde es endlich mal rausgehen. Aber so ganz wurde er nicht schlau aus dem, was er dort las. Was hieß feldmarschmäßig ausgerüstet? Aber vielleicht wussten die anderen, was das bedeutete.


    Er ging zur Unterkunft und trat ein. "Sagt mal, kann mir mal einer von euch erklären, was feldmarschmäßig bedeutet?", fragte er seinen Kameraden, die er vorfand. "Heißt das, wir sollen wie die Schlammhüpfer ausstaffiert auf dem Forum erscheinen? Oder sollen wir unsere Pferde mit dabei haben?" Natürlich hoffte er letztes. Denn er hatte keine Lust, wie ein dummer Legionarius durch die Gegend zu marschieren.

    Zitat

    Original von Gisco Maxentius
    Doch dafür hatte Gisco keine Zeit, denn nun kam der Kamerad des Eques in die erste Linie vor und stach sofort nach ihm.


    Gisco konnte sich gerade noch schnell genug hinter seine Parma ducken, so dass der Stich über den Schildrand wischte, ohne ihn zu treffen. Er machte große Augen. Denn hätte diese Aktion gesessen, dann hätte er mindestens einen Schmiss im Gesicht gehabt. Das war doch ein Übungskampf. Kaum hatte er sich hinter sein Schild geduckt, prassselte eine Serie von Schlägen auf dieses nieder. Scheinbar war sein Gegner hochmotiviert. Gisco blickte vorsichtig über den Schildrand, während er die Schläge abfing. Der Eques war schon gehörig ins Schwitzen gekommen und atmete keuchend. Kein Wunder bei dem Körpereinsatz. Dann ging dieser plötzlich in die Hocke und schlug nach Giscos Beinen. Dank der Hinweise des Decurios beim Waffentraining, dass er sich mehr auf seinen Füßen bewegen sollte, gelang es Gisco noch rechtzeitig einen Schritt nach hinten zu machen, so dass die Übungsspatha seines Gegners an seinen Schienbeinen vorbei zischte. Er selbst konterte mit einem Hieb. Doch damit musste der erfahrene Eques gerechnet haben. Denn während dieser seine Parma hochriss, um den Hieb abzufangen, schnellte er noch oben. Der Schwertarm von Gisco wurde dadurch mit nach oben gedrückt. Mit seiner Parma schob der Gegner den Arm zur Seite und machte gleichtzeitig eine Vorwärtsbewegung. Während Giscos Arm ziemlich nutzlos in der Luft hing, benutzte der Eques seine zurückgezogene Parma und schleuderte sich mit seinem ganzen Gewicht gegen den Probatus. Die Schilder prallten aufeinander. Gisco schwankte etwas aus dem Gleichgewicht gebracht. Das nutzte der Eques und stach um den Schild des Probatus nach seiner Brust. Treffer! Gisco spürte ihn nur zu deutlich. Erst erstaunt und dann wütend sah er den Eques an, der seinen Blick mit einem breiten Grinsen quittierte. Am liebsten hätte Gisco vor Ärger aufgeschrien. Es hatte so gut angefangen. Und nun war er ganz schnell aus dem Spiel ausgeschieden. Er nickte dem Eques kurz zu und verzog sich nach hinten. Dort angekommen verfolgte er das traurige Spiel. Die Schar der Probati bestand nur noch aus einer handvoll Männer, die gegen die Eques schon aufgrund ihrer geringen Anzahl keine Chance mehr hatten. Dies hatte wohl auch der Decurio bemerkt, denn er lies zum Ende der Übung blasen. Verdammt, dachte sich Gisco. Hätte er nur noch ein paar Augenblicke länger durchgehalten, würde er auch noch in den Reihen der Kämpfenden stehen.


    Dieser meinte, dass die Probati nicht schlecht gekämpft hätten. Aber gut sah bestimmt anders aus, dachte sich Gisco. Dann machte er sich zusammen mit den anderen auf den Weg zur Unterkunft.

    Wie es sich Gisco gedacht hatte, fand der Decurio die Ausführung der Übung mehr als saumäßig. Eigentlich konnte man mit ihm gut auskommen. Selten wurde er ärgerlich. Aber um so gefürchteter waren seine selten Wutausbrüche. So wie dieser.


    Unter den anderen auf seinem Pferd sitzend hörte Gisco dem Decurio zu. Erstaunt hörte er, dass sie die Hasta nicht im Gegner stecken lassen sollten, sondern sie rechtzeitig wieder rausziehen sollten. Das hatte er nicht erwartet. Eine schwierige Sache, insbesondere im schnellen Galopp. Da blieb kaum genug Zeit zum zustoßen, geschweige denn dem Herausziehen der Hasta. Aber da es der Decurio so befohlen hatte, würde er es versuchen.


    Erneut in Formation aufgestellt, gab der Decurio den Befehl zum Angriff. Wieder gingen mit ein paar Probati die Pferde durch. Diese Dummköpfe, dachte sich Gisco. Wenn das so weiter geht, würden sie noch den ganzen Tag diese Übung durchführen müssen. Er erhöhte langsam das Tempo und hielt seine Hasta noch in aufrechter Position. Kurz vor dem Erreichen des Zieles senkte er sie, zielte auf die Brust und traf. Er versuchte die Hasta wieder herauszuziehen, doch es gelang ihm nicht ganz. Sie wurde ihm aus der Hand geschlagen und fiel auf den Boden. Das war wirklich eine knifflige Angelegenheit. Er müsste das noch ausreichend üben, bis es funktionierte. Immer wieder übten sie den Angriff. Das mit der Hasta hatte Gisco irgendwann raus. Und selbst die dümmsten Probati blieben nun halbwegs in Formation.


    Die Sonne näherte sich schon dem Horizont, als der Decurio endlich das Ende der Übung befahl. Endlich. Denn der rechte Arm tat ihm höllisch weh. Nachdem Gisco sich bei den anderen Probati eingereiht hatte, hörte er zu seinem Erstaunen, dass die reguläre Ausbildung fast zu Ende wäre. Wäre er einer derjenigen, die zu Eques befördert würden? Er sah mit großen Augen seine Kameraden an. Sie schienen ähnliches zu denken. Gisco war sicher nicht immer der Vorzeigesoldat gewesen. Auf der anderen Seite hatte er sich keine groben Patzer erlaubt. Vielleicht mal abgesehen davon, dass er etwas zu spät zum Theorieunterricht erschienen war.


    Nachdem sie abtreten durften, ritt Gisco auf seinem Rappen gedankenversunken langsam Richtung Stallungen.