Beiträge von Cassim

    Cassims Angebot hatte sein Ziel nicht verfehlt. Ganz im Gegenteil! Der Thraker, der wie er sagte, bereits Erfahrungen mit einer Flucht hatte, wußte, worauf zu achten war, um den gleichen Fehler, den er einst gemacht hatte, nicht ein zweites Mal zu machen.
    "Da bin ich ganz deiner Meinung! Wir müssen einen Weg aus der Stadt finden. Dann müssen wir einen Hafen erreichen, von wo aus wir nach Syrien kommen. Bis dorthin, sind es ungefähr acht oder neun Tage. Doch das ist nur unsere geringste Sorge!", schätzte Cassim. An die Überfahrt, die ihn von Syrien nach Rom gebracht hatte, konnte er sich nur bruchstückhaft erinnern, denn aufgrund seiner Verletzung hatte er oft geschlafen. Nur aus Erzählungen wusste er, wie lang er auf dem Schiff gewesen war.
    "Wenn wir dann in Syrien sind, müssen wir uns bis zur Grenze durchschlagen. Das kann einige Wochen dauern und auch sehr kräftezehrend werden, denn wir werden uns abseits der Straßen bewegen müssen, durch unwegsames Gebiet. Wüste und Gebierge. Am Tag ist es heiß, sehr heiß und die Nächte sind kalt." Der Parther wurde etwas nachdenklich. "Meinst du, du kannst das auf dich nehmen? Es wird kein Spaziergang werden!"

    Sein Blick lastete bleischwer auf der Römerin. Dieses Weib! Sie hatte ihn so in Rage gebracht. Am liebsten hätte er .... Nein, dazu kam es nicht mehr. Chimerion griff ein, stellte sich zwischen sie. Er mahnte ihn zum einlenken. Aber das war doch nicht möglich! Sie waren zu zweit! Sie hätten ohne große Schwierigkeiten, dem römischen Zuckerpüppchen zeigen können, wann eine Frau zu schweigen hatte. Hier ging es schon lange nicht mehr um diese dumme Katze! Konnte er nicht ihre Angst erkennen? Sie hatte Angst vor zwei Sklaven! Aber nun das! Unverständnis und Enttäuschung lag in Cassims Blick, als er zu dem Sklaven sah. Er ließ seine Hand sinken. Kaum hatte er dies getan, erstarkte die Römerin wieder und begann zu schimpfen. Weshalb sie ihn nicht bestrafte, war ihm schleierhaft. Diese Frage beschäftigte ihn auch noch den Rest des Tages. Das Letzte, was er bei der Römerin vermutete, war Gutmütigkeit.
    Ihrer Aufforderung, das cubiculum zu verlassen, kam er sofort nach. Ohne ein Wort zu verlieren, wandte er sich zur Tür um und ging.

    Der Magen des Parthers hatte so laut geknurrt, dass selbst sein Falke, mit dem er täglich arbeitete, leicht nervös wurde. Cassim hätte sich natürlich niemals an seinem Liebling vergriffen. Er war schließlich ein kultivierter Mensch. Alternativ dazu, begab er sich in den Speisesaal, um sich dort den Höhepunkten der flavischen Sklavenküche zu stellen. Einst war er der Freund großer Küche gewesen. Im Grunde hatte sich daran nichts geändert! Nur die Qualitätder Küche hatte sich geändert. Wäre die Köchin/ der Koch die/ der seine gewesen, hätte er sie/ihn für ihr/ sein Verbrechen zahlen lassen. Jedoch daran , was er täglich zu Essen bekam, konnte er erahnen, wie tief er gesunken war. Dies musste ein Ende haben! Eine innere Stimme aber mahnte ihn zur Geduld. Sein Tag würde kommen!
    Mit einem Teller "Futter" in der Hand, bahnte er sich seinen Weg durch die Massen. Er hatte es wieder einmal geschafft, zur Hauptverkehrszeit an der Essensausgabe zu erscheinen. Jetzt nicht auch noch das sogenannte Essen im stehen einnehmen müssen!
    War das nicht Chimerion, den soeben sein Blick erhascht hatte? Er verließ bereit wieder den Speisesaal. Kurz darauf wanderten seine Augen zu dem Tisch, an der er gesessen hatte. Als er dann auch noch die beiden Hübschen erblickte, drängte es ihn förmlich dorthin, bevor ein Anderer die Gelegenheit nutzte.
    Es war unvermeidlich, sich dem Gespräch der beiden Schönen nicht zu entziehen. Brot und Äpfel? Das klang gut! Das klang besser, als die undefinierbare Masse auf seinem Teller!
    "Meine Damen, ist hier noch frei?" Ein charmantes Lächeln folgte seiner Frage, bei dem jedes weibliche Wesen dahin schmelzen musste.

    Der Parther war sich gewiss, von all dem, was letzte Nacht vorgefallen war und im Besonderen, die Position, in der er sich am Morgen danach vorgefunden hatte, hatte der Römer keinen Schimmer. Glücklicherweise war ihm dies alles entgangen. Er verschwendete auch nicht einen Gedanken daran, dass auch im Gedächtnis des Römers einige Fetzen des Geschehenen sich hätten verfangen können. Nicht auszudenken, wenn er geahnt hätte, was Cassim mit seinem Bein angestellt hatte! Der Parther hätte glatt sein Gesicht verloren! Er hasste es, vor einem Fremden, einem Feind sogar, sein Innerstes zu entblättern.
    Den Römer wähnte er noch schlafend. Er schlummerte noch einem Baby gleich, dort, wo er ihn gefunden hatte. Cassim selbst blieb noch einige Zeit dort liegen, wohin er sich sozusagen in einer unverfänglicheren Situation abgelegt hatte. Er hatte sich schlafend gestellt, doch seine Sinne waren hellwach. Im Geiste ging er noch einmal durch, woran er sich noch erinnern konnte und wo seine Erinnerungen lückenhaft wurden. Er kam zum Schluss etwas zu viel über den Durst getrunken zu haben. Ahura sei dank, seine Kopfschmerzen hielten sich in Grenzen. Auch den Rausch der Pfeife hatte er einigermaßen nebenwirkungsfrei überstanden. Das lag womöglich daran, weil sein Körper daran gewöhnt gewesen war, von Zeit zu Zeit mit der Droge in Kontakt zu kommen.
    Die Augen des Parthers waren nur einen engen Spalt weit geöffnet. Eng genug, um ihn noch für schlafend zu halten, weit genug, damit er sich einen Überblick über die weiteren Geschehnisse machen konnte.
    Es war unschwer zu erkennen, als der Römer sich erhob. Cassim vermochte zwar nicht genau sagen zu können, in Welche Richtung seine Blicke gingen, doch wuchs in ihm die Erkenntnis, noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen zu sein. Rechtzeitig, wie sich für ihn nun herausstellte, war er erwacht und hatte sich aus einer Peinlichkeit gerettet, die im mit Sicherheit Schimpf und Schande eingebracht hätte.
    Alsbald wurde der Raum mit Licht geflutet, nachdem der Römer ans Fenster getreten war und den Fensterladen aufgestoßen hatte. Die sich ändernden Lichtverhältnisse blendeten Cassim, so dass er nichts sehen konnte. Doch das musste er auch nicht, denn er konnte hören, was sich weiter abspielte.
    Das Mädchen wurde geweckt. Allerdings nicht auf die liebevoll zuvorkommende Art, so wie man am Morgen danach seine Liebste weckte. Der Ton, den der Römer anschlug, glich eher dem unfreundlichen Bellen eines Hundes. Cassim konnte auch das darauf folgende Stöhnen der erwachenden Flötenspielerin vernehmen. Sie war es gewohnt, am nächsten Morgen von ihren Kunden so behandelt zu werden. Indessen verschwendete der Parther keinen Augenblick mehr an sie. Womöglich hätte er sie besser behandelt, wäre er an Stelle des Römers gewesen. Letztlich war sie nichts weiter, als eine Hure gewesen, die ihren Körper für Geld darbot. Auch wenn dies in ihrem Fall nicht ganz freiwillig geschah, so hatte doch auch sie letzte Nacht ihren Spaß gehabt!
    Unmittelbar nachdem er das Mädchen fortgeschickt hatte, wandte sich der Römer Cassim zu und forderte ihn, in ungefähr dem gleichen Ton auf, zu erwachen.
    Der Parther bot nun gekonnt seine schauspielerischen Fähigkeiten dar, reckte und streckte sich und öffnete schlussendlich blinzelnd seine Augen. Gähnend erhob er sich, während seine Augen nach seiner Tunika suchten, die er dann unter einem der Kissen fand. Erst dann, nachdem er sie sich übergestreift hatte, wanderten seine Augen zu dem Römer. Ein vages Lächeln ging von ihm aus. Er wusste etwas, wovon der Römer keine Ahnung hatte. Das glaubte jedenfalls der Parther, zu wissen.

    Dieses Weib gefiel ihm, je mehr sie sich in diese Sache hineinsteigerte und zorniger wurde. Sie hatte wirklich Biss. Jammerschade, dass sie eine Römerin war! Wenn dadurch nicht seine Flucht zum scheitern verurteilt gewesen wäre, hätte er sie liebend gerne mitgenommen, nach Hause nach Parthia. Sie wäre eine Bereicherung für jeden Harem gewesen!


    Es hatte schon etwas groteskes, wie rührend sie sich um dieses Katzenvieh sorgte. Die Katze war wohl eines ihrer unzähligen Spielzeuge, Chimerion mit eingeschlossen, über die sie verfügen konnte. Die Katze jedoch, tat das, was alles Katzen taten, sie zeigte ihre Undankbarkeit, indem sie in Abwehrhaltung ging. Die Römerin wurde daraufhin noch wütender und drohte Chimerion und Cassim. Noch fand der Parther diese Szenerie sehr belustigend. Dieses Weib konnte wirklich sehr abendfüllend sein!
    Das Grinsen jedoch wich ganz schnell wieder aus Cassims Zügen, als sie plötzlich vor ihm stand und ihm an seiner Tunika packte, wie einen Lump. Das war zu viel, für Cassims Geschmack.
    Er packte seinerseits die Hand der Römerin und riss sie von sich. "Lass mich, Weib! Ich bin mein eigener Herr und sonst niemand!" Seine Augen hatten sich zu schmalen Spalten geformt und der blanke Hass sprach aus seinen Worten.

    Der Parther nickte bedächtig. Chimerions Volk war bereits das widerfahren, wovor sich sein Volk bislang hatte erfolgreich schützen können. Die römische Pest hatte sich schon großflächig ausgebreitet und an allen Enden streckte sie noch weiterhin unersättlich ihre Pranken aus, um noch mehr zu bekommen.
    Aber Cassim konnte den Sklaven beruhigen. Das Angebot, welches er bereits vor Wochen schon Hannibal offeriert hatte, konnte er auch Chimerion anbieten.
    "Meine Familie würde dich mit allem Respekt in ihre Arme schließen, denn du bist mein Freund und unser Gast. Dir werden sämtliche Annehmlichkeiten zuteil, die dir meine Familie und ich bieten können. Komm einfach mit mir, Chimerion! Wir beide zusammen können es schaffen. Meine Heimat wird deine Heimat sein."
    Der Parther musterte den Thraker, wie er sein Angebot aufnahm. Er konnte ihm eine Aussicht damit bieten. Eine Aussicht auf eine Zukunft in Freiheit und Würde. Nun lag es nur noch an Chimerion, ob er sein Angebot annahm.

    Langsam wich die Farbe aus Cassims Gesicht. Dieses Weib hatte ihn an einer seiner Empfindlichsten Stellen getroffen, wo sie ihn hätte treffen können. Ihre Worte störten ihn nicht sonderlich. Ihre herablassende Art, mit der sie ihn zu demütigen versuchte störte ihn. Sie sah in ihm lediglich eine Sache und nicht den Mann, der er war. Das verletzte seinen Stolz. Seine Kiefer pressten aufeinander vor Zorn. Sie fühlte sich ihm überlegen. Wahrscheinlich brauchte sie das. Dann sollte sie doch!
    Von einem Weib, wie diesem hätte er sich gerne als Sklave bezeichnen lassen. Wenn er gekonnt hätte, dann hätte er ihr vielleicht sogar gezeigt, wozu dieser Sklave noch fähig war.
    Mit Trotz und Widerstand kam er hier nicht weiter. Das wäre nur Wasser auf ihren Mühlen gewesen. Also machte er gute Miene zum bösen Spiel und lächelte ihr charmant entgegen."Genau, du schönste Blume im Garten. Ich bin der Parther! Vor dem sich alle fürchten. Und momentan ganz dein Sklave! Kennen wir uns von irgendwoher?"
    Im gleichen Moment ließ Chimerion die Katze frei. Unversehrt, wie sich herausstellte. Sie torkelte nur ein wenig leicht benommen, was in sich schon eine Art Komik barg. Schadenfroh grinste der Parther. Natürlich tat er das in einem Moment, in dem die Römerin ihn nicht ansah.

    "Was denkst du denn? Meinst du, ich warte, bis ich in diesem Locher vermodert bin?" erwiderte Cassim forsch. Für ihn war alles klar! Er wusste, was zu tun war, er musste nur den richtigen Zeitpunkt abpassen. Ob ihn letztendlich jemand auf seiner Flucht nun begleiten würde oder nicht, war ihm mittlerweile gleich. Fest stand, seine Tage in der Villa des Römers waren gezählt. Natürlich war es besser, jemanden an seiner Seite zu wissen, der sich mit den Gegebenheiten bestens auskannte. Doch lag in einem Begleiter auch das Risiko höher, entdeckt zu werden. Deshalb musste er auf Nummer sicher gehen, wen er mitnahm. Ob er Chimerion in dieser Hinsicht trauen konnte, musste er erst noch in Erfahrung bringen. Sein Gefühl sagte ihm, der Sklave könnte sein Mann sein, wenn er das wollte. Sein Gefühl hatte ihn nur ganz selten getrübt.
    Offenbar war der Parther auf Interesse bei Chimerion gestoßen. Auch wenn der nicht sofort in Begeisterungsstürme ausgebrochen war. Der Sklave tat das, was Cassim auch an seiner Stelle getan hätte, er zeigte nur mäßiges Interesse.
    Für Cassim gab es auf diese Frage nur eine Antwort.
    "Ich würde das tun, was jeder tun würde, den man der Heimat beraubt hat! Ich würde wieder nach Hause gehen, nach Parthia, zu meinen Frauen und meinen Kindern. Sie warten dort auf mich. Ich weiß es. Sie sehnen sich nach mir, so wie ich mich nach ihnen sehne!"

    In diesen Teil der Villa hatte es den Parther bisher noch nicht verschlagen. Den Raum, den die beiden Sklaven betraten, war reich und vornehm ausgestattet. Cassims Augen gefiel es, was sie sahen. Sie wanderten von einer Seite des Zimmers zur anderen und blieben schließlich auf der weiblichen Person haften, der sich die beiden Männer genähert hatten. Sie sah in ihrem Zorn sehr charmant aus. Auch wenn Cassim einer seiner Frauen nie gestattet hätte, so mir ihm oder einem anderen Mann zu sprechen, milderten sich seine Züge und seine Mundwinkel begannen zu zucken. Dieses Weib hatte Feuer im Blut und Haare auf den Zähnen!
    Auch ihr war sein erscheinen nicht entgangen, was ihren Zorn noch weiter anzufeuern schien. Dem Pather fielen bei dieser Gelegenheit wieder die Worte des Römers ein, wie er die römischen Frauen beschrieben hatte.
    "Mein Name ist Cassim und ich war dabei, als wir deine Katze ge..rettet haben." Er war hinter Chimerion hervor getreten, stand jetzt unmittelbar vor der Römerin und besah sie mit seinem verwegenen Blick. Sie war ein Prachtweib! Ihre dunklen Haare, der weiße Teint, die tiefen schwarzen Augen und der rote Mund. All das gefiel Cassim. Vielleicht hatte sie ein wenig zu viel Schminke für seinen Geschmack aufgetragen. Aber so waren nun mal die Frauen!

    Da die Müdigkeit ihn noch nicht eingeholt hatte und ihm auch noch zu viele Dinge im Kopf herum schwirrten, richtete sich Cassim auf und blieb mit dem Rücken gegen die Wand gelehnt, auf seinem Lager sitzen. In Chimerion hatte er einen Gleichgesinnten gefunden, mit dem er reden konnte.
    "Ach die paar Kratzer! Die verheilen wieder ganz schnell!" Abschätzig winkte er mit der Hand ab. "Ich hatte in meinem Leben schon ganz andere Verletzungen, die viel schlimmer waren, als das." Er griff mit der Hand an seine Brust, um die Narbe zu fühlen, die er aus dem Krieg davongetragen hatte. Inzwischen war sie gut verheilt. Der griechische Arzt, der ihn behandelt hatte, hatte gute Arbeit geleistet. Auch wenn er ihn für die unermesslichen Schmerzen, die er ihm bei der Behandlung zugefügt hatte, hätte töten können.
    "Ja, ich war, ich bin Soldat! Das heißt, ich werde es bald wieder sein!" Er war ein Kriegsgefangener. Was die Römer aus ihm gemacht hatten, interessierte ihn nicht. Die erste Pflicht eines Soldaten war es, zurück zu seiner Truppe zu gelangen, koste es, was es wolle.
    "Ja, das haben wir! Wir haben die elenden Hunde aus unserem Land verjagt! Und wir haben ihren Kaiser zu Strecke gebracht!" Die Römer sahen das wahrscheinlich ganz anders, doch für Cassim war es so und seine Worte waren mit solch einem Stolz erfüllt. Vom Verlauf des Krieges nach seiner Gefangennahme, hatte er zwar nur einiges aus den Gesprächen seiner Bewacher und von den Berichten der anderen Gefangenen gehört, die nach ihm gefangen genommen worden waren. Nachdem bekannt geworden war, dass der Kaiser tödlich verletzt worden war, hatten dies auch die parthischen Gefangenen zu spüren bekommen. Er, der verletzte Parther hatte nichts von den Römern zu erwarten und doch hatte er den Transport nach Rom, wie durch ein Wunder überlebt. Ein Mitgefangener hatte sich, so gut es ging, um seine Wunden gekümmert.

    Der Parther folgte Chimerion ins Innere der Villa. Genaugenommen hätte er ihn nicht begleiten müssen, denn diese Katze gehörte ja Chimerions Herrin. Die Neugierde war es aber, die Cassim trieb. Er wollte sich diese Römerin aus der Nähe betrachten. Dafür war das die beste Gelegenheit. Mit römischen Frauen hatte er noch keinerlei Erfahrung. Nur das, was der Römer ihm erzählt hatte, wusste er.
    Vor einer Tür kamen sie zum stehen. Dahinter musste sich das Gemach von Chimerions Herrin verbergen. Er wartete, bis der Sklave die Tür öffnete und eintrat. Cassim folgte ihm und hielt sich etwas im Hintergrund, von wo aus er sich die Räumlichkeit betrachtete.

    Als die Tür sich öffnete und Schritte sich näherten, zog das nur unwesentlich die Aufmerksamkeit des Parthers auf sich. Er sah nicht einmal auf, sondern blieb reglos auf seinem Lager liegen. Dies war einer jener Abende, an denen er sich nach seinem Heim sehnte. Schmerzlich musste er feststellen, dass er in den letzten Wochen nur wenig darüber nachgedacht hatte, wie er schnellstens wieder nach Hause kommen konnte. Die wunde auf seiner Brust war längst verheilt. Nur noch eine Narbe war geblieben und kündete von seiner Verletzung. Die Zeit, die er sich zur Erholung gegeben hatte, war vorbei. Ab jetzt würde er sich ganz seiner Rückkehr widmen. Eine Flucht, die auch gelang, musste gut durchdacht sein. Es musste auch einen Alternativplan geben, für den Fall, dass etwas nicht so lief, wie es laufen sollte. Wenn man noch einen weiteren Sklaven dafür gewinnen konnte, sich der Flucht anzuschließen dann war das durchaus von Vorteil. Er dachte da an Hannibal. Er hatte ihn ja bereits darauf schon einmal angesprochen und versucht, ihm eine gemeinsame Flucht nach Parthia schmackhaft zu machen.
    Ein Flüstern vom Bett gegenüber, riss den Parther aus seinen Plänen. Es war Chimerion, der ihn fragte, ob er noch wach war. Den Sklaven hatte er vor wenigen Stunden im Garten kennengelernt. "Chimerion? Ja, ich bin noch wach!" Gemeinsam hatten sie den Kampf gegen diese Katze bestanden, die versucht hatte, sich auf recht schmerzhafte Weise in seinem Gesicht zu verewigen.
    Flüchtig überkam ihn die Idee, auch diesen Sklaven für seinen Plan zu gewinnen. Aber konnte er Chimerion denn vertrauen? Er beschloss, erst einmal Zurückhaltung zu üben und den Sklaven naher kennenzulernen.

    Das Mädchen hatte er für sich gewonnen. Er hatte sie zu sich gezogen und erkundete ihren Körper mit seinen fordernden Küssen. Das Mädchen ihrerseits scheute sich auch nicht und begann ihn mit all ihren Künsten zu verwöhnen. Cassim ließ sich verwöhnen, bis er in schließlich in schillernder Ekstase verschmelzen wollte. Das Opium und der Wein erreichten bald ihre volle Wirkung. Der Parther schwebte auf einer bunten Wolke hinfort, um ihn herum pralle Leiber, die sich an ihn schmiegten und ihn küssten und liebkosten und auch er kostete lustvoll diese Leiber um ihn herum. Schon lange nicht mehr hatte er eine solche Befriedigung seiner Bedürfnisse erfahren. Yasmina, du Schöne komm.. Meral, meine Königin lass mich von deinen Lippen kosten. Er spürte, wie sich beide seiner liebsten Gefährtinnen zu ihm gesellten. Nach so langer zeit des Entsagens waren sie ihm ganz nah. Er konnte sie fühlen, sie riechen, sie schmecken und er gab auch ihnen, was er zu geben vermochte, bis er ganz erschöpft in die weiche Wolke zurück fiel, die in diesem Moment in allen Farben zu leuchten begann. Dort blieb er liegen, mit einem zufriedenen Lächeln auf seinen Lippen und schlief friedlich ein. Er war nicht alleine. Meral und Yasmina waren ihm immer noch ganz nah. Ihre Leiber wärmten ihn und er wärmte sie. Meral hielt er in seinen Armen, so wie er es gewohnt war, ihr schmaler schöner Körper an seinem Körper eng aneinander geschmiegt. Yasmina wärmte seinen Rücken mit ihrem Körper. Cassims Atem ging gleichmäßig. Seine Liebste regte sich in seinen Armen. War es denn schon morgen? "Bleib noch liegen, Liebste!" murmelte er verschlafen. Seine Augen öffneten sich einen Spalt weit. Es war noch dunkel. Noch hatten sie Zeit. Er strich Meral zärtlich über ihren Körper. Eigenartig, ihre Haut war so anders! Sie war doch immer so zart gewesen. Cassim öffnete nun seine Augen zur Gänze. Im Schein der Öllampe erkannte er schrittweise, dass es nicht Meral war, die er umschlungen hielt. Es war ein Bein, ein männliches Bein, das Bein des Römers! Erschrocken sprang er auf. Meral und Yasmina waren im Nichts verschwunden. Stattdessen lag der Römer bei ihm. So nah, wie er dem Römer freiwillig nie kommen wollte. Wie widerlich, dachte er und verzog sein Gesicht. Doch dann erkannte er einen weiteren Körper, der neben und unter ihm gelegen hatte. Es war das syrische Mädchen, die Flötenspielerin, die nun stöhnte, weil er sie versehentlich getreten hatte. "Meral.. Yasmina..bei Ahura Mazda, was ist hier passiert?" zischte er leise. Zum Glück schlief der Römer noch! Cassim atmete erleichtert auf. Aber im nächsten Moment begann er sich bereits zu fragen, wie lange der Römer denn schon schlief und was er noch alles über die Vorgänge der letzten Nacht wusste. Er selbst hätte nur wenige Angaben dazu machen können. Dunkle, vage Erinnerungen gepaart mit nebulösen Vorstellungen von dem, was er erlebt hatte hatte, waren übrig geblieben. Wenn er sich anstrengte und nachdachte, kamen nur bruchstückhaft einige Erinnerungfetzen an die Oberfläche und sanken gleich wieder ab. Er wußte nur, er hatte bei seiner Frau und seiner Lieblingssklavin gelegen, die sich allerdings als der Römer und das Mädchen entpuppt hatten. Nur Gott alleine wusste, was er in der letzten Nacht getan hatte oder was man mit ihm getan hatte. Und was war mit dem Römer und dem Mädchen? Grübelnd sah er zu ihrem nackten Körper, der noch halb verschlungen mit dem des Römers war. Auch sah er den Flavier, wie er ebenfalls, so wie Cassim natürlich auch, völlig entblößt da lag. Es war besser, sich wieder schlafend zu stellen, dachte Cassim, doch diesmal außerhalb der Reichweite des Römers. Nicht dass er bei seinem Erwachen einen falschen Eindruck bekam, was Cassim hinterher mehr als peinlich gewesen wäre. Hätte er nur ahnen können, dass es dafür bereits zu spät war!

    Wie jeden Abend, nach getaner Arbeit, ließ es sich Cassim nicht nehmen, im balneum servorum ein Bad zu nehmen. Dies diente in erster Linie seiner Säuberung aber auch der Entspannung, auch wenn das Bad der Sklaven wenig an Luxus bot, den er von seinem alten Zuhause gewohnt war. Vor allen Dingen vermisste er die wohltuenden Hände Yasminas. Das alles war unendlich weit weg und unerreichbar für ihn. Sehnsuchtsvoll erinnerte er sich da an die Nacht zurück, in der er mit dem Römer zusammen in der Stadt gewesen war. Die kleine Syrerin war wirklich ihr Geld wert gewesen. Weniger sehnsuchtsvoll dachte er an den darauffolgenden Morgen zurück. Dies war aber eine andere Geschichte!
    Er kleidete sich in eine frische Tunika und kämmte sein Haar. Die Kratzer in seinem Gesicht, die von einer Auseinandersetzung der anderen Art herrührten, hatten längst aufgehört zu bluten. Trotzdem sah er recht mitgenommen aus.
    Er ging in den Schlafraum, in dem er und einige andere Sklaven zu nächtigen hatten. Einer seiner Schlafgenossen schlief schon, die anderen Betten waren nuch unangerührt. Mit einem leichten Seufzer ließ er sich auf seinem Lager nieder und streckte sich aus. Zum Schlafen besaß der Parther noch nicht die nötige Bettschwere, so starrte er an die Decke und wartete, bis das der Schlaf ihn einholte.

    Die Bestie hatte ihre scharfen Krallen tief in Cassims Haut geschlagen. Mit seinen Händen versuchte er die Katze weg zu drängen. Das war aber leichter gesagt als getan. Je mehr er versuchte, sie von sich loszureißen, desto fester verhakte sie sich mit ihren Krallen. Dabei stieß sie ein fürchterliches Geschrei aus. Beim besten Willen, Katzen waren nicht seine bevorzugte Tierart! Da blieb er lieber bei seinen Falken. Die konnte er wenigstens einschätzen, im Gegensatz zu dieser Ausgeburt der Hölle!
    Chimerion kam ihm noch rechtzeitig zu Hilfe und befreite ihn schließlich von dem Tier. Er schaffte es und ließ die Katze wieder in ihrem Sack verschwinden, allerdings nicht ohne vorher auch noch einmal mit ihren Krallen Bekanntschaft zu schließen.
    Der Parther rappelte sich auf und wischte sich mit einer Hand das Blut aus dem Gesicht. An seinen Wangen hatte sie ihn erwischt. Sein Glück, seine Augen waren nicht in Mitleidenschaft gezogen worden. "Danke, Chimerion! Dieses Mistvieh hat es wirklich in sich!" Er lachte erleichtert auf. "Laß uns dieses Höllenwesen wieder dort hinbringen, wo es hingehört!" Was im Zweifelsfall die Gemächer von Chimerions Herrin waren. Er war neugierig, die Flavierin einmal aus der Nähe zu sehen.

    Der Parther hatte nun doch nicht die Erfahrung mit Katzen, die er gerne gehabt hätte und die eigentlich notwendig gewesen wäre, um zu wissen, wie diese Tiere sich bei äußerster Gefahr verhielten. Dies war ein solcher Zustand, in jeder Hinsicht. Die Katze musste in ihrem Gefängnis toben und jede menschlichen Gliedmaße, welche ihr zu nahe kamen, hatten mit dem Schlimmsten zu rechnen. Doch davon ahnt Cassim nicht nichts. Er wähnte sich in Sicherheit, als er darauf wartete, bis das der Sack samt tierischem Inhalt den Gesetzmäßigkeiten der Schwerkraft folgend, vom Baum herunterfiel, damit er ihn auffangen konnte. So war ja sein Plan gewesen.
    Der andere Sklave gab ihm ein Zeichen. Der Sack fiel. Aufgrund der aussichtslosen Lage, versuchte die Katze sich hin und herzuwinden. Es gelang ihr schließlich, sich während des Fluges halbwegs aus dem Sack zu befreien. Schließlich landete das Tier mit ausgefahrenen Krallen, ein scheußliches Geräusch abgebend, samt seinem Verpackungsmaterial im Gesichtsfeld des Parthers. Der durch den Sack leicht geblendet, schrie auf, als er die Krallen des Tieres zu spüren bekam. Mit seinen Händen versuchte er sich von der Bestie zu befreien. "Hilf mir, Chimerion!" rief er hinauf. Letztendlich verlor er das Gleichgewicht und landete, mit der Katze im Gesicht, recht unsanft auf dem Boden, wobei er immer noch unermüdlich mit der Bestie rang. Das Tier musste ihm bereits mit seinen scharfen Krallen einige Wunden beigebracht haben.

    Cassims Blicke wichen nicht mehr von dem Mädchen. Ihre Frivolität hatte auf ihn etwas Anziehendes. Der Wein und das Opium taten ihr Ihriges dazu, dass er sich mehr und mehr ausgelassen fühlte. Er wollte dieses Mädchen für sich haben und es möglichst mit niemandem teilen müssen. Am Besten hier gleich. Sie brachte sein Blut zum kochen und beraubte ihm all seiner Sinne. Nur mit halben Ohr nahm er die Antwort des Römers war. "Mhm, ahja!" Im Augenblick interessierte es ihn recht wenig, wo Baiae lag oder wer dort aufgewachsen war. Nur sie stand in seinem Mittelpunkt. Sie ganz alleine. Ihr ganze Erscheinung verzauberte ihn und ihr keckes Auftreten hatte ihn wahrhaft hungrig gemacht. Er verfolgte jede ihrer Bewegungen und er stellte sich vor, wie es war, sie in Besitz zu nehmen und sich an ihr zu erfreuen. Einzig daran störte ihn, wie der Römer sie betrachtete. Dem Parther kam es so vor, als habe auch er ein verlangen nach ihr. Sie entsprach augenscheinlich auch seiner Wunschvorstellung seines bevorzugten Frauentypus. Welch seltsamer Zufall! Hatten die beiden Männer doch mehr gemein, als ihnen lieb sein konnte. Das machte ihn missmutig. Er hatte sich aber noch in der Gewalt, nichts gegen die aufreizenden Blicke seines "Rivalen" zu unternehmen.
    Der Römer erzählte weiter, doch alles, was gesagt wurde, ging an Cassim mehr oder minder vorbei. Fast alles. "Hm, was? Harum? Haras? Nein, nein, es heißt Harem!" Er sah kurz verstört zu ihm hinüber, obwohl dies bedeuten musste, dass er seinen Blick von ihr lösen musste. Offenbar war der Genuss des Alkohols und des Opiums auch nicht spurlos an dem Flavier vorüber gegangen. Der Römer, wie zufrieden er da lag, das Mädchen beäugend, während er trank, rauchte und aß. Cassim ergriff darauf entschlossen seinen Becher, der sobald er leer war, stets wieder gefüllt wurde. "Sie halten euch von der einen oder anderen Dummheit ab? Aha…!" Er sah etwas konsterniert drein und fragte sich, wie die Römerinnen das wohl schaffen konnten. Er hätte ein solches Verhalten bei seinen Frauen nicht zugelassen. Jedoch dieser Gedankengang verlor auch wieder ganz schnell an Bedeutung, als sich die Flötenspielerin erhob, ihm ihre Hand entgegen streckte und sie beide aufforderte, sie zu begleiten. Der Parther ließ sich nicht zweimal bitten und trotz seiner leichten Angetrunkenheit und der zunehmenden Benebelung seiner Sinne, gelang es ihm, recht schnell in die Höhe zu kommen.
    Er hatte nur noch Augen für sie und wäre ihr überall hin gefolgt. Es hatte etwas Surreales an sich und Cassim konnte es kaum erwarten, sich diesem Traum vollkommen hingeben zu können. Auf dem Weg dorthin, sah er flüchtig zu den verblassten Fresken auf, die einem Unbedarften wie eine Art Anleitung erscheinen mussten. Der Raum, in den das Mädchen sie führte, erinnerte Cassim eine kurze Spur an sein eigenes Zuhause, hätte nur die Ausstattung nicht einen derartigen abgegriffenen Charakter gehabt. Schnell verwarf er diese Erinnerung wieder.
    Er tat es dem Römer gleich und ließ sich auch in die weichen Kissen einsinken, allerdings ohne dass dabei sein Blick von dem Mädchen wich. Eine Andere? Wozu eine Andere, wenn ich dich haben kann, dachte er leise für sich. Er nahm die Pfeife entgegen und nahm einen Zug davon. Das Opium entfaltete vollends seine Wirkung. Es ließ ihn sich frei und unbeschwert fühlen und es löste alle Spannungen seines Körpers. Seine Augen lagen auf ihr und verfolgten sie, als ihre Tunika zu Boden ging. Gänzlich nackt stand sie vor ihnen und trat näher. Dieser Anblick förderte noch mehr seine Begierde. Dass sie sich erst dem Römer näherte, war für Cassim mit leichten Irritationen verbunden. Sie küsste den Flavier, zog sich aber sogleich wieder von ihm zurück und kam zu Cassim. Der Parther wollte sie keineswegs so einfach entwischen lassen, wie es bei dem Römer der Fall gewesen war und griff bereits nach ihr, als sie sich ihm näherte, um ihn ebenfalls zu küssen. Er zog sie zu sich her und erwiderte ihr Küssen. Seine Lippen gruben sich in ihre zarte Haut und er flüsterte ihr etwas Unmissverständliches in seiner Muttersprache zu. Die gutturalen Laute mussten brefremdlich auf fremde Ohren wirken. Aber der Parther hatte Hoffnung, sie könne ihn verstehen.
    Cassim hatte alles um sich vergessen, wo er war, was er war und mit wem er war…

    Voller Spannung verfolgte der Parther von unten den Kampf zwischen Mensch und Tier. Wobei es ja von vorneherein bereits feststand, wer von den beiden am Schluss den Kürzeren zog. Das Tier hatte keine Chance! Trotzallem musste die Katze dem Sklaven einige Verletzungen mittels ihrer Krallen beigebracht haben. Sie tobte nicht schlecht, als Chimerion die Katze in den Sack steckte. Jetzt musste er nur noch heil vom Baum herunterkommen. Dass der Sack mit dem Katzentier darin hinderlich war, verstand er. Doch wie sollte Cassim das Seil zu Chimerion auf den Baum bringen, ohne dabei selbst klettern zu müssen?
    Da hatte er eine viel bessere Idee! "Chimerion, wirf sie einfach runter! Ich fang sie dann auf!" rief er zu ihm nach oben. Der Parther postierte sich bereits unter dem Baum, breitete seine Arme aus und wartete, bis der Sack seinen Weg nach unten nahm, damit er ihn auffangen konnte. Er war sich seines Planes mehr als sicher und verschwendete nicht einen Gedanken daran, dass etwas schief gehen könnte.

    Mit seiner Hilfe gelang es dem Sklaven mühelos den Baum zu erklimmen. Cassim beobachtete ihn, wie er Ast für Ast nach oben kletterte. Chimerion war sehr geschickt darin. Schon bald hatte er sich dem Tier genähert, damit er nach ihm greifen konnte. Die Katze jedoch ließ sich das nicht gefallen. Sie tat ihre Abneigung kund, indem sie ihre Pfote gegen den Sklaven erhob. Der Parther vernahm den anzüglichen Fluch des Sklaven und musste einfach grinsen. Hatte er ein Glück, nicht auf den Baum klettern zu müssen und sich der Lächerlichkeit preiszugeben! Nicht dass Cassim den Sklaven deswegen verachtete. Nein, ganz im Gegenteil. Es schenkte ihm eine ordentliche Portion Bewunderung, für dass, was er tat. So war es für den Parther auch nur selbstverständlich, Chimerion zu Hilfe zu kommen. "Warte, ich besorge dir ein Behältnis!"
    Cassim entfernte sich von dem Baum, um nach etwas zu suchen, worin man die Katze stecken konnte, damit sie nicht wieder entwischte und dem Fänger mit ihren scharfen Krallen keinen Wunden zufügen konnte. Er konnte sich lebhaft vorstellen, welch schmerzliche Spuren das Tier damit hinterlassen konnte.
    Bald schon wurde er fündig. Er hatte einen Jutesack gefunden. Damit lief er zurück zum Baum, in dem Chimerion noch immer tapfer ausharrte. "Hier, ich habe einen Sack gefunden!" Er brach en einem Busch einen Ast ab, mit dessen Hilfe er den Sack dem Sklaven entgegen streckte.

    Die erhoffte Shishe stellte sich als Pfeife heraus, so wie man sie in Ägypten benutzte. Ein Sklave brachte sie und vergaß auch nicht die notwendigen Utensilien mitzubringen, die benötigt wurden, um die Pfeife für den Gebrauch zu präparieren. Das Präparieren überließ er dem Römer, während Cassim sich am Fleisch bediente. Er musste es zugeben, so gut wie an diesem Abend hatte er schon lange nicht mehr gespeist und auch der Wein war vorzüglich. Dann kam noch das angenehm klingende Flötenspiel des Mädchens hinzu und nicht zu vergessen, sie selbst war ein optischer Leckerbissen. Zu schade, dass der Römer sie für sich selbst wollte.
    Cassims Blick wurde wieder von der exotischen Schönheit abgelenkt. Er staunte nicht schlecht als der Flavier ihm von den Ansichten seiner Mutter berichtete. Sollte er dies als Kompliment auffassen? Es wäre interessant, die alte Dame einmal kennenzulernen. "Deine Mutter? Lebt sie auch hier?" Bisher war es ihm sehr gut gelungen, den anderen in der Villa lebenden Römern aus dem Weg zu gehen. Nicht dass er sich vor ihnen gefürchtet hätte, ganz im Gegenteil. Es war eher sein Stolz, der ihn dazu verleitete, immer einen großen Bogen und jene Römer zu machen. Es bereitete ihm einfach Schwierigkeiten, sich als Sklave zu bezeichnen und das würde sich auch so schnell nicht ändern.


    Inzwischen hatte der Römer die Pfeife entzündet und genoss den ersten Zug. Der Geruch des Rauches zog in Cassims Nase und weckte auch in ihm das Verlangen, in den Genuss der Pfeife zu kommen. Er besah sich das aufwendig angefertigte Utensil, welches sich in der Hand des Römers befand. Erneut führte er es an seinen Mund und nahm einen weiteren Zug. Dabei entging Cassim nicht jener irritierte Blick des Römers. Der Parther hatte keine Vorstellung davon, was diesen Blick hervor gerufen hatte. Doch er musste nicht allzu lange auf eine Antwort warten. Es war seine Bemerkung über seinen Harem, was den Römer so ungläubig aufblicken ließ.
    "Der Platz einer Frau ist ihr Heim! Nein, das Einkaufen übernehmen die Sklaven. Theater und Spiele ist reine Männersache. Eine Frau stört da nur. Nur Häteren zeigen sich in der Öffentlichkeit. Eine Frau von Ehre hat unsichtbar zu sein. Einige meiner Frauen haben schon seit Jahren nicht mehr das Haus verlassen und wenn sie es verlassen, dann nur in einer Blickgeschützen Sänfte. Wenn du so willst, ja, unsere Gesellschaft ist der der Griechen sehr ähnlich.." Das hatte durchaus seine Vorteile. Inwiefern sich seine Frauen in ihrem Harem wohlfühlten, war Cassim nicht bekannt. Seiner Meinung nach mussten sie sich wie in einem Paradies fühlen. Dort hatten sie alles, was ihr Herz begehrte und dort waren sie vor den Blicken fremder Männer geschützt. Nur die wenigsten Frauen wehrten sich gegen ihr Schicksal. Sie waren so erzogen worden. Meist waren es fremde Weiber, die ein solches Leben vorher nicht kannten.


    Cassim nahm dankend die Pfeife entgegen und inhalierte den Rauch der Pfeife. Lange war es her, seit er in solch einen Genuss gekommen war. Gleich verspürte er die Wirkung des Rauches. Noch einmal zog er daran und er fühlte sich gleich leichter und ungehemmter, als er es zuvor gewesen war. Er sah auf, als die Flötenspielerin ihre Weise unterbrach. Jetzt sah sie zu ihm herüber. Sie war wunderschön und bei jeder ihrer Bewegungen gewann sie noch an Anmut. Schon war sie an den Tisch der beiden Männer herangetreten und schenkte ihren ersten Blick Cassim. Ihre schwarzen Augen und ihr ganzes Auftreten wirkten äußert anregend auf den Parther. Sie setze sich vor sie und begann, wieder zu spielen. Er konnte seine Augen einfach nicht von ihr lassen und es fiel ihm schwer, sich auf die Worte des Römers zu konzentrieren.
    "Was? Sie kommandieren euch zu Hause herum? Nein?! Und ihr lasst das zu?" Cassim schüttelte den Kopf. Er musste zugeben, die Römer waren wirklich nicht zu beneiden. Dergleichen würde er sich niemals von einer seiner Frauen gefallen lassen. Das wusste er. "Unsere Frauen sind auch wie die Rosen. Wenn aber ihre Dornen uns stechen, dann entfernen wir einfach die schärfsten."
    Cassims Blick ging wieder zu dem Mädchen vor ihnen. Ihm war nicht die Hand des Römers entgangen, die sich zärtlich an ihrem Rücken zu schaffen machte.
    Eigenheiten? Cassim sah auf. Er bezeichnete den Harem als Eigenheit. Das war er ganz und gar nicht! Es bot ihm die Möglichkeit, im eigenen Haus auch einmal Abstand von der Familie zu haben und seinen Frauen bot es den Schutz, den sie bedurften. Aber der Römer würde das nicht verstehen. In diesem Punkt waren ihre Völker und deren Ansichten einfach zu verschieden.
    Das Mädchen gewann wieder seine Aufmerksamkeit, als sie ihren Namen preisgab. Rhea! Ihre Stimme passte, zu dem, was Cassims Augen bereits gesehen hatten. In ihm entstand der Drang, sie berühren zu wollen. Da kam die Frage des Römers nach einer Freundin, die noch zu den beiden Männern gesellen konnte, wie gerufen. Wobei es bei genauer Überlegung wohl eher so gelagert war, dass jene Freundin für den Sklaven bestimmt sein sollte, während der Herr sich das Prachtstück unter den Nagel zu reißen gedachte. Also doch, lieber keine Freundin! Cassim hatte es auf sie abgesehen und in seiner Lendengegend pulsierte es bereits. Das Mädchen indes, war von dieser Idee auch nicht ganz so überzeugt und den Vorschlag den sie nun machte, hatte etwas leicht Frivoles, was den Parther dazu veranlasste, laut los zu prusten. Die Kleine hatte es wirklich in sich!