Beiträge von Sergia Calvina

    Wie es mir auferlegt worden war, stand ich am nächsten Morgen früh auf und ging nicht zum Unterricht, sondern zum Tablinium.
    Ich klopfte und trat dann vorsichtig ein. Die drei Anwesenden, die mich sofort anblickten und ihr Gespräch stoppten, grüßten mich mit einem Nicken.


    "Salve. Ich sollte mich heute hierher begeben. Entschuldigt die Störung."

    Mittlerweile hatte ich mich an die Ausstrahlung dieses Ortes gewöhnt. Nicht nur dass der Tempel nun das größte Heiligtum für mich war und ich mit für das Feuer in ihm verantwortlich war, es war auch einfach ein sehr beeindruckender Ort. Das leise Knistern der Flammen in der sonst alles verschluckenden Ruhe des Tempels. Es ging eine Kraft von diesem Tempel aus, die mich tief bewegte.


    Als Occia mich ansprach, gab ich ihr sogleich die Schaufel, den Löffel und den Besen von der Halterung auf die sie deutete. All das tat ich schweigend, um die Ruhe an diesem Ort keinesfalls zu sehr zu stören.

    Ich hatte nickend zugestimmt und kam tatsächlich am Nachmittag zum verabredeten Treffpunkt. Vor dem Tempel wartete ich etwas und ging dann hinein, in der Hoffnung dort Occia anzutreffen, damit ich mit ihr die Asche aus dem Herd putzen konnte.

    Erneut beeindruckt von der Geschichte, die in diesen Gebäuden die nun zu meinem Leben gehörten lebendig wurde, schüttelte ich nur den Kopf.


    "Nein im Moment habe ich keine Fragen. Es ist so viel was ich gelernt habe und bestimmt noch lernen werde, dass mir moment nichts einfällt. Aber wenn ich Fragen habe, werde ich Sie stellen."


    Doch in diesem Augenblick fiel mir doch noch eine Frage ein.


    "Mir fällt doch noch etwas ein. All dieses Wissen, die Geschichte über die Gebäude hier, die Feiertage und so weiter. Gibt es hier auch eine Bibliothek für uns Vestalinen? Wo all dieses Wissen gesammelt ist?"

    Ich war erfreut zu hören dass ich am Equus October teilnehmen würde und war schon gespannt und etwas nervös. Für mich ergab sich vorerst keine weitere Frage. Wahrscheinlich auch weil ich so nervös war.


    "Nein, im Moment habe ich keine Frage.


    Ich versuchte mich etwas zu beruhigen und weiter konzentriert den Worten Atillas zu lauschen.

    Nach kurzer Zeit des Nachdenkens nickte ich.


    "Am Equus October sammeln Vestalinen das Blut des geopferten Pferdes. Beim Fest der Bona Dea begleiten Vestalinen die Frauen die den Ritus ausüben. Die Virgo maxima ist beim Fordicida anwesend und hat eine wichtige Rolle inne. Am Matronalia wird das Feuer im Tempel von den Vestalinen neu entfacht. Und schließlich gibt es noch den Festtag der Vestalia. An diesem Festtag der Vesta geben die Vestalinen das mola salsa* an das Volk aus."


    Sim-Off:

    *= Opferbrot

    Nachdem ich die Schale abgestellt hatte, folgte ich Papiria Occia aus dem Tempel. Erst als wir draußen standen, sprach sie wieder mit mir.


    "Ja ich habe mir versucht alles zu merken."


    Das war ein beeindruckender Tag bis hierhin und irgendwie freute ich mich bereits auf jenen Tag, an dem ich das erste Mal das Feuer im Tempel schüren musste.

    Ich hatte Papiria die ganze Zeit genau beobachtet und hatte alles was sie tat genau gemerkt. Plötzlich blickte sie mich an und deutete auf etwas an der Tempelwand.


    Etwas überrascht blickte ich in die Richtung in die sie zeigte. An der Tempelwand stand ein Kohlebecken und eine goldene Schale. Ich schaute nocheinmal zu Papiria und ging dann so leise wie möglich in die Richtung in die sie deutete.


    Dann nahm ich die goldene Schale und legte vorsichtig ein paar Kohlen hinein. Schließlich erhob ich mich und ging mit der Schale in den Händen zu meiner Schwester. Als ich ihr gegenüberstand hielt ich ihr die Schale hin und hoffte nichts falsch gemacht zu haben. Fragend blickte ich sie an.

    Unsicher ob ich die Frage richtig verstanden hatte, schaute ich erst nachdenklich und antwortete dann.


    "Die Vesta wird sitzend oder stehend dargestellt. Sie ist immer komplett gekleidet und verschleiert. Mindestens eines ihrer Symbole wird ebenso abgebildet. Die Symbole oder Attribute sind die Opferschale, die Fackel, das Palladium und der Zepter."

    "Unsere Göttin Vesta ist die Göttin des römischen Staatsherdes, die Hüterin des heiligen Feuers. Sie garantiert Personen, Städten und dem Staat das Heil. Sie ist auch Göttin von Heim und Herd, wird also im Privaten verehrt. Der Legende nach zündete sie das erste Feuer in der Stadt Lavinium an. Das Feuer ist auch ihr Zeichen, ihr Tier ist der Esel. Die Göttin ist selbst keusch geblieben und hat sich mit keinem anderen Gott vereint, so müssen auch wir Vestalinen keusch bleiben. Es gab nur eine Ausnahme, die Mutter Romulus und Remus war Vestalin."

    Ich nickte und legte eine Wachstafel vor mich.


    "Ja. Ich habe das Collegium der Quindecimvir ausgewählt."


    Das Collegium der Quindecimvir ist hauptsächlich für die Interpretation der sibyllinischen Bücher und die Einbindung anderer Gottheiten zuständig. Die sibyllinischen Bücher sind eine Sammlung von Orakelsprüchen die der römische König Tarquinius einer Wahrsagerin abkaufte. Die Bücher dürfen ausschließlich von den Quindecimviris eingesehen werden. Sie interpretieren sie und legen die Rituale fest um bei unheilverkündenen Zeichen Sühne zu leisten oder Unglücke zu vermeiden. Der Senat beauftragt die Quindecimvir, diese können sich aber auch in Notlagen an den Senat wenden. Nachdem einer der Priester den Vortrag vor dem Senat geleistet hat, stimmt der Senat den Empfehlungen der Quindecimviri zu oder nicht.
    Die Quindecimviri sind ebenso für den Kult des Apollo und der Ceres zuständig. Sie führen die Apollo geweihten Spiele durch.
    Nichtrömische Kulturen wenden sich ausschließlich an die Quindecimviri, um die fremden Kulte einzubinden. Die Quindecimviri benennen die Priester der fremden Kulte, legen die Rituale der Kulte fest und binden diese in unseren Kalender ein. Somit sind nur sie für die Pflege und Ausübung nichtrömischer Götter zuständig.
    Zuerst war dieses Collegium auf zwei Personen begrenzt, später waren es zehn, dann waren es fünfzehn Priester, später wurden es immer mehr. Die Mitgliederzahlt varriert inzwischen.


    Nachdem ich die Tafel vor mich gelegt hatte, holte ich eine zweite hervor.


    "Ich habe mir Flora als Göttin ausgesucht."


    Flora hatte ich gewählt, weil ich mich so gern erinnerte wenn ich als Mädchen von meiner Mutter einen Blumenkranz bekam und wir der Flora unblutige Opfer brachten.


    Flora ist eine der Vegetationsgötter. Sie ist die Göttin der Blüte und der Blumen, des Frühlings, Göttin der Pflanzen und der Natur. Sie wird auch als Göttin der Jugend, des Lebensgenusses und der Schwangerschaft verehrt.
    Flora hat hier in Rom zwei Tempel. Einen auf dem Quirinal und einen in der Nähe des Circus Maximus. Der Priester der Flora heißt Flamen Floralis. Das Besondere an ihrer Kultverehrung ist, dass ihr keine blutigen Opfer dargebracht werden dürfen.
    Vom 28. April bis zum 3. Mai wird sie in Rom mit den ludi florales gefeiert. Besonders Plebejer feiern dieses Fest mit Tanz und Gesang. Die Häuser werden mit Blumen geschmückt, Frauen kleiden sich in buntes Tuch und schmücken sich mit Blumenkränzen. Es finden auch Spiele im Circus statt, dort wird Jagd auf Hasen und Ziegen gemacht. Diese Tiere sind Symboltiere der Fruchtbarkeit. Am 3. Mai findet der Festtag der Floralia statt. An ihm wird ganz besonders das Blühen des Getreides geehrt. Es finden auch Prozessionen zum Heiligtum der Flora statt.


    Es war eine intensive Arbeit gewesen. Ich hatte vieles aufgeschrieben, wieder verworfen, neu geschrieben und noch einmal verändert. Aber ich war ganz zufrieden mit meinem Werk und hoffte Atilla zufrieden gestellt zu haben.

    Es war kein sehr langer Fußmarsch den Calvina, Papiria Occia und ihr Liktor zurücklegen mussten. Den Tempel der Vesta hatten sie längst hinter sich gelassen. Das morgendliche Gedränge war bereits recht groß, Karren zogen durch die Gassen und Menschen gingen ihrem Tagesgeschäft nach. Der Liktor hatte nicht allzuviel Mühe den Weg für die beiden Vestalinen freizumachen.


    Nun waren sie also an ihrem Ziel angekommen und Calvina hatte sich den Weg hierher versucht zu merken, für den Tag an dem sie diese Arbeit übernehmen müsste.


    Nun stand ich vor der Quelle, von der Papiria gesprochen hatte und beobachtete wie meine Schwester nun ihrer Arbeit nachging.

    Wie mich Papiria Occia gebeten hatte, wartete ich vor dem Tempel auf sie. Ich war früh aufgestanden um sie nicht zu verpassen. Nach dem Aufstehen hatte ich mich schnell frisch gemacht und war sofort losgegangen. Nun stand ich vor dem Tempel der mich immer noch sehr beeindruckte.

    Nach weiterem Überlegen antwortete ich recht schnell.


    "Das Collegium der Haruspices ist für Weissagungen verantwortlich und besonders für die Eingeweideschau. Die wichtigste Aufgabe ist aber durchaus die Zeichendeutung die vom Senat in Auftrag gegeben wird. Das Collegium der Quindecimviri ist besonders für die Götter anderer Völker zuständig. Es benennt Priester für Götter anderer Völker, legten die Rituale für die Götter fest und banden diese in den Kalender ein. Außerdem interpretieren sie die sybiillinischen Bücher."