Es war Markttag in Rom und die Stadt platzte beinah aus allen Mauern. Aus dem ganzen Umland waren die Bauern angereist, um ihre frischen Waren anzupreisen, Obst, Gemüse und Fleisch - sowohl lebendes als auch totes, daneben die Fischer mit ihren Fluss- und Meeresfischen und -früchten. Dazwischen alle möglichen anderen italischen und Fernhändler mit allem, was der Mensch in Rom brauchte oder glaubte zu brauchen, angefangen von Verwertbarem wie Gewürzen, Süßigkeiten, Duftölen und Cremes, über Gebrauchs- und Alltagsdinge wie Kleidungsstücke, Schuhe, Geschirr aus Holz, Ton, Glas und Metall, kleinere Möbel, Sklaven, Lampen, Tücher und Decken, bis hin zu Tand und Nippes, der nicht unbedingt notwendig, aber für einen Römer jeder Klasse natürlich obligatorisch zum Leben dazu gehörte - Schmuck, kleine Statuen und Figuren, die wahlweise Götter, Helden oder Tiere darstellten, Blumen in Sträußen oder Kränzen, dekorative Vasen und Schalen, alle möglichen Arten von Anhängern und Medaillons, um Böses abzuwenden oder das Glück anzuziehen, und dergleichen mehr. Einen Teil der Waren konnte ich riechen, einen Teil hörte ich in Form der Händler, die ihre Vorzüge anpriesen und den Rest beschrieb mir Tuktuk in seiner phantasievollen Art, in der nervös scharrende Hühner zu dämonischen Wesen wurden, die mit ihren scharfen Klauen den Boden aufkratzten um sich durch ihren Käfig hindurch einen Tunnel in die Unterwelt zu graben, in der bunte Steine und stumpf glänzender Metallschmuck zum Geschmeide von Kaisern und fremdländischen Königen wurde, welches in Rom wohl an jeder Ecke zu erwerben war, und in der ein Stand mit Ölen zu einer Oase der Körperkultur heranwuchs, mit unzähligen Dosen und Pötten voller kostbarster Ingredienzen und Essenzen.
Wir waren mitten in diesem Trubel, irgendwo in Rom, ohne noch zu wissen wo genau. Eigentlich wollte ich zu den Tempeln auf dem Kapitol. Ich hatte mich extra in Schale geworfen, denn vor den Göttern wollte ich nicht wie ein Tölpel dastehen, sondern wie der, der ich war, ein Claudius. Vor einem Opfer stand aber natürlich der Einkauf der Opfergaben und in meiner Naivität hatte ich geglaubt, wir könnten diese schnell auf dem Weg erwerben. Ich hatte mich immer noch nicht daran gewöhnt, dass Rom nicht Ravenna war. Wenigstens hatte sich meine Nervosität in diesen Massen langsam gelegt und ich begann, die vielen Eindrücke zu genießen. Obwohl es im Grund viel zu viele Eindrücke waren, um sie alle auch nur halbwegs zu verarbeiten. Der markante Duft frisch gebackener Brote schwebte durch die Luft und ich glaubte eindeutig eingebackene Oliven darin mitschwingen riechen zu können. Mein Magen grummelte leise, obwohl ich am Morgen ausführlich gefrühstückt hatte. Ich drehte den Kopf und hatte kurz ein ziemlich aufdringliches Parfüm mit viel Bergamotte in der Nase, das mich diese instinktiv rümpfen ließ. Zwei Sklaven, Klienten oder Liktoren schufen schräg hinter mir Platz, vermutlich für eine Sänfte, allerdings nannten sie keinen Namen, sondern setzten sich mit unwirschem 'Platz da!' und 'Aus dem Weg!' durch. Tuktuk brachte mich aus dem Weg und wir blieben stehen.
"Ich habe Hunger", sagte ich unvermittelt zu meinem Sklaven. "Wie wäre es mit einer Kleinigkeit zu Essen? Ich warte hier am Straßenrand, du besorgst etwas."
"Was möchtest du?"
"Egal. Schau einfach, was du findest."
"In Ordnung, aber rühr' dich nicht vom Fleck, njaatigi."
Ich löste meine Hand von seiner Schulter und Tuktuk wurde vom Gewühl des Menschen verschluckt. Leise Furcht keimte in mir auf, davor, dass er mich nicht mehr finden könnte und ich plötzlich allein mitten in Rom stand. Doch ich atmete tief ein und verdrängte den Gedanken mit den nächsten Gerüchen, die durch meine Nase zogen. Der Tag war bisher viel zu aufregend, um sich Gedanken über Eventualitäten zu machen, die sowieso nicht eintreffen würden. Tuktuk hatte mich noch nie irgendwo allein zurück gelassen.
Ich drehte meinen Stock zwischen den Händen und versuchte ein paar Gesprächsfetzen aus der Umgebung aufzufangen, als plötzlich jemand gegen mich rannte. Die Berührung kam trotz der Menschenmenge so unvermittelt, dass ich vor Schreck den Stock fallen ließ und die Person bei der Schulter fasste, weniger aus Angst, selbst zu fallen, als dass ich sie aus dem Gleichgewicht gebracht hätte (ich hatte in meinem Leben schon so einiges zu Fall gebracht). Mehr als die Kollision erschreckte mich allerdings ihr ruppiger Tonfall.
"Entschuldige, das war nicht meine Absicht!"
Ich war zwar nur so herum gestanden, doch ich wusste nicht, ob ich nicht vielleicht doch irgendwie ungünstig im Weg herum stand oder durch eine unbedachte Gewichtsverlagerung in ihren Weg hinein geraten war.
"Ich hoffe, es ist nichts passiert?" fragte ich ehrlich besorgt nach und ließ ihre Schulter wieder los, nur durch diese Berührung sicher, dass sie noch vor mir stand und nicht längst weiter gegangen war.