Beiträge von Sveija

    Es ist seltsam, durch welche Signale unsere Erinnerungen an Freudiges und Trauriges ausgelöst werden: ein Geruch, ein Geräusch oder auch eine ganz andere Wahrnehmung kann von jetzt auf gleich ein Gefühl auslösen, einen Gedanken aus dem Dunkel unseres Gedächtnisses hervorgraben.


    Als Sveija den Geschmack der Suppe bemerkte, wurde sie von Erinnerungen an ihre Mutter überrollt. Die Suppe schmeckte genau wie daheim, genau so, wie ihre Mutter sie immer gemacht hatte... Ihre Mutter, die vor wenigen Wochen erst an einer ganz fürchterlichen Erkältung gestorben war...
    Der Gedanke war vernichtend und sie konnte nicht länger an sich halten. Sie weinte. Erst leise, ehe sie dann doch schluchzte...


    Zitat

    Original von Numerius Duccius Marsus
    "Sveija?"


    Von irgendwo weit weg hörte das Mädchen, wie sein Name gerufen wurde. Sie kannte die Stimme, den wohligen Klang, aber sie konnte nicht glauben, dass ausgerechnet ER jetzt hier sein sollte, so weit weg von daheim...


    Sveija blickte auf. Durch die Schleier ihrer Tränen erkannte sie, dass außer dem Verwalter jetzt noch jemand in der Küche war. Konnte es sein?


    Wit... Witjon? fragte sie leise und mit leicht krächzender Stimme.

    Ja, Herr. Danke, Herr.


    Dankbar nahm Sveija die Schale mit Suppe entgegen und setzte sich an den großen Tisch, der da stand. Sie aß zwei drei Löffel und spürte zunächst nur die wohltuende Wärme des Essens in ihrem Körper. Dann kam der Geschmack dazu, und sie ließ langsam den Löffel sinken.


    Der Blick des Mädchens nahm einen seltsam leeren Blick an und schließlich kullerte eine dicke Träne über ihre linke Wange. Sie begann zu weinen...

    Der Mann bat Sveija herein und ging mit ihr zu einer Lampe, damit er das Papyrus lesen konnte. Während er das tat, blickte sich das Mädchen um und war schon allein von der Größe der Eingangshalle extrem beeindruckt. Nicht einmal die gute Nachbarin, mit deren Kindern zusammen Sveija aufgewachsen war und die sie schon immer hatte "Tante" nennen dürfen, besaß in ihrem Haus eine so große Eingangshalle, und jenes Haus gehörte schon zu den größten Gebäuden in Brogilus...


    Zur gleichen Zeit las der ältere Mann das Papyrus.


    Meine werten Anverwandten, geschätzte Neffen und Nichten, liebe Kinder,


    Dieser kurze Brief sollte Euch von einer jungen Dame überbracht worden sein, die sehr schwere Zeiten durchgemacht hat und vor dem völligen Ruin steht. Das gute Kind heißt Sveija und ist - oder besser war - die Tochter unserer Nachbarn hier in Brogilus. Sie hat binnen der letzten zwei Winter ihre gesamte Familie verloren und steht nun völlig allein da.


    Zuerst starb ihr Bruder im letzten Winter auf der Jagd, als ein wild gewordener Keiler seinem Ger auswich, ihn angriff und tötete.
    Und diesen Winter verlor sie Vater und Mutter bei einem fürchterlichen Unfall auf dem Eis. Sie brachen zu dritt ein, und ihr Vater Runold schob noch seine Tochter und seine Frau Griet aus den eisigen Fluten, ehe er darin ertrank.
    Griet verstarb bald darauf an schwerer Krankheit, die der Medicus aus der Colonia Agrippina Pneumonia genannt hatte.


    Zu allem Überfluss hatte Runold Geld von den Herren der Villa Vaslicia geliehen, welches diese nun in Form des Hofes, Sveijas Erbes, zurückforderten. Somit nahmen wir das Kind zunächst auf. Sie ist nur wenig älter als Uthi, meine Jüngste, und zusammen mit meinen Kindern aufgewachsen. Wir konnten ihr also ein wenig Trost über all den Unbill, den die Nornen auf sie warfen, spenden.
    Jetzt ist aber meine Tochter Albit in freudiger Erwartung und wir haben gerade genug Platz für uns und unsere eigenen Bediensteten, so dass Sveija unmöglich ganz zu uns kommen konnte.


    Da aber meine Söhne Arbjon und Witjon schon zu Euch nach Mogontiacum gegangen sind und bei Euch so herzliche Aufnahme gefunden haben, möchte ich Euch bitten, doch auch Sveija aufzunehmen.
    Sie ist sehr tüchtig und kann nähen, spinnen und weben, ein wenig backen und kochen und versteht sich ein bisschen auf die Malerei. Sie kann allerdings kaum Latein und auch recht wenig lesen und schreiben. Die römischen Zahlen beherrscht sie allerdings bis M und kann mit ihnen auch rechnen.


    Ich hoffe, ihr habt Verwendung für eine gute Kraft in Eurem Haushalt, die für Verpflegung und Unterkunft sicherlich wundervolle Dienste leisten wird.


    Ansonsten entbiete ich Euch meinen Gruß und den meiner Töchter und hoffe, dass Ihr alle bei bester Gesundheit seid. Richtet meinen Söhnen aus, dass sie mir ruhig einmal wieder ein paar Zeilen schreiben könnten und achtet mir bitte darauf, dass Witjon auch genug isst und nicht allzu viel trinkt.


    Mit liebem Gruß und besten Wünschen


    Ildrun

    Erleichtert atmete Sveija auf. Der Mann sprach ihre Sprache und würde sie verstehen. Er sagte, dass sie hier richtig sei, was sie noch weiter erleichterte. Mit neuem Mut blickte sie den Mann, der dann wohl der Verwalter dieses Hofes sein musste, an.


    Verzeih die Störung, Herr, mein Name ist Sveija und ich komme den weiten weg aus dem Dorf Brogilus, das beim Oppidum Ubiorum liegt, welches die Römer Colonia nennen. Tante Ildrun hat mich geschickt, weil ich hier vielleicht Arbeit und ein Heim finden könnte.


    Das Mädchen sprach mit einem recht breiten ubischen Akzent. Sie kramte kurz in ihrem Bündel und zog eine kleine Papyrusrolle heraus, die mit einem dunkelblauen Band zusammengefasst war. Sveija hielt sie dem Verwalter hin.


    Dies hat Tante Ildrun mir für die Familie der Duccier mitgegeben.

    Als die Tür geöffnet wurde, stand ein älterer Mann vor ihr, der sie neugierig ansah. Als er sie begrüßte, tat er dies natürlich auf Latein. Aber Sveija hatte sich gewappnet und versuchte nun, ebenfalls auf Latein zu antworten.


    Sal-weh, Sveija bin. Dies Haus Duccia ist? Herr von Haus du bist?

    Es hatte dann doch eine Weile gedauert, ehe Sveija das große germanische Haus gefunden hatte. Es war bereit sehr finster und der Mond ging gerade auf, als sie schließlich vor der Tür anlangte. Sie strich sich noch einmal ihr schlichtes, germanisches Kleid glatt, packte ihr Bündel ein wenig fester und klopfte dann an...

    Es war schon recht spät am Abend, als der Wagen des Händlers, der Sveija netterweise mitgenommen hatte, auf das Tor von Mogontiacum zurumpelte. Das Mädchen kannte zwar die Colonia Agrippina, in deren Nähe sie aufgewachsen war, aber es war doch ein imposanter Anblick, die hohen Mauern aus Stein zu sehen, die sicherlich jeder Gefahr trotzen konnten.


    Am Tor hielt der Wagen kurz an und die Wachen sprachen mit dem Händler. Sie verstand zwar fast alles, aber einige der Worte waren dann doch seltsam in ihrem Ohren. Was war ein portorium? Und wer mochte wohl mit filiola gemeint sein? Es klang zumindest danach, als ob sie sich über eine Person unterhielten.


    Bald darauf gelangten sie am Forum an, wo sich Sveija von dem Händler verabschiedete und sich dann auf die Suche nach dem großen Haus machte, das so unverkennbar germanisch aussehen sollte...

    Hallo, ich möchte hier gerne teilnehmen.


    Name: Sveija
    Stand: Peregrina
    Wohnort: Mogontiacum


    Vielen Dank.