Beiträge von Tiberius Aurelius Avianus

    Kurz nickte der Aurelier... er hatte dem nichts hinzuzufügen. "Das werde ich", sagte er trocken und wollte die Ruhe des Purgitiers nicht weiter mit seinen Sorgen stören. "Danke, dass du Zeit erübrigen konntest", sagte Avianus und nickte zum Dank noch zu, ehe er einige Schritte zurücktrat, um zu gehen.


    "Salve, Macer."

    Avianus hielt sich eher zurück, dem Gastgeber zu widersprechen. Dennoch dachte er nicht unbedingt, dass der Kaiser unbedingt kein Interesse am Senat hätte. Aber man wusste nie: Manchmal waren die Söhne die extremen Gegensätze ihrer Väter. Vielleicht war es auch hier so, denn Ulpianus hatte ohnehin anders regiert. Hatte vielleicht auch mehr Möglichkeiten.


    "Es ist ein wenig... hart, wie du es ausdrückst, Tiberius", wandte er ein, "Nicht dass ich deine Meinung infrage stelle, doch liegt es auch nahe, dass des Kaisers Vertrauen zu uns nicht zu niedrig, sondern sein Vertrauen zu Salinator zu hoch ist."

    Selbst wenn Avianus es im Grunde schwer fiel, sich das einzugestehen, er eigentlich wusste, dass es ihrer Beiden Pflicht war, hier nachzuforschen, so kam er nicht umhin einzusehen, dass die Fragen langsam aber sicher lästig wurden. Dabei tat auch das gute Verhältnis zu Durus nichts zur Sache, wussten sie doch beide, dass persönliche Symphatien in solchen Belangen einen dezenten Schritt nach hinten machen mussten.
    Das Nachdenken des Tiberiers verhieß nichts Gutes. Er suchte nach etwas und das hieß, sie waren nicht glaubwürdig genug. Die Fassung und einen ruhigen Schein bewahrend beobachtete Avianus ihn und abwechselnd auch seine beiden Verwandten.


    "Ich persönlich denke nicht, dass ein Blick ins Arbeitszimmer Dich zufrieden stellen wird, Tiberius", sagte Avianus wenig Hoffnung schürend auf den Gedanken des Tiberiers hin, "Doch wenn Du es sehen willst, so soll es sein." Mit einer einladenden Geste wies er die Besucher darauf hin, ihnen zu folgen.

    Kurz nickte er, sah bedächtig drein... für ihn war zu diesem Zeitpunkt völlig ausgeschlossen, dass seine Familie in diese Angelegenheit verstrickt war, in egal welcher Weise. Aber er konnte ja nicht wissen... nicht ahnen, nicht einmal in seinen entferntesten Träumen daran denken, dass anstelle eines dreisten Emporkömmlings tatsächlich die Gemahling seines Onkels und ein - wenn auch kleiner - Teil der Familie in den Frevel verstrickt war.


    "Ich verstehe", sagte er nur knapp, in Ahnungslosigkeit, was er noch dazu sagen sollte.

    Avianus übte sich nun in zurückhaltung, da er sich ungefragt nur ungern in die Runde einmischen wollte. Daher verfolgte er ruhig die Gespräche, sein Kollege bei den Salii Palatini hatte das "Thema Salinator" erneut in Runde getragen. Es war alles nicht einfach und Avianus konnte sich nur schwerlich vorstellen, dass Valerianus ihnen misstraute. Nein, viel mehr dachte er einfach, dass er Salinator zu sehr vertraute. Dieses große Vertrauen schien ausgenutzt zu werden, hinter dem Rücken des Kaisers spielte der Praefectus Urbi wahrscheinlich mit all seiner Macht. Als Avianus sich dies ausmahlte, fuhr ihm ein kalter Schauer über den Rücken.


    Es wurde Gebäck serviert und um nicht appetitlos oder unhöflich zu wirken, nahm sich der Aurelier ein Stück, aß, während die anderen noch lebhaft Diskussionen und Vermutungen anstellten, alle möglichen Szenarien durchgingen. Für Avianus war eines klar: Das alles konnte kein gutes Ende nehmen. Doch passieren könnte, vermochte er nicht zu verhersagen. Gleichwohl wusste er, der Senat musste die Karten ausspielen, die er hatte. Und davon waren beileibe nicht viele da. Eigentlich, vermutete er, standen ihre Karten eher schlecht.
    "Der Kaiser vertraut Salinator, ja... vielleicht wird das Vertrauen ja missbraucht. Ich fände es wichtiger, zu erfahren, ob dies wirklich des Kaisers Wille ist und das sollten wir irgendwie herausfinden. Aber wie Claudius schon sagte, dürfte er schwierig werden, ihn zu kontaktieren."

    Dumm wäre es auch gewesen, wenn die Tiberierin dieses Angebot abgeschlagen hätte, dachte sich Avianus und lächelte freundlich zurück. Er sah zur Seite, dort war diese Sklavin, auf die sich Faustina offenbar bezog. Ungern wollte der Aurelier in ihrer Haut stecken, doch die Dienerin hatte sich etwas erlaubt, ohne die Herrin um Erlaubnis zu fragen. Und das war doch ein immenser Unterschied, fand er.


    "Sehr gut! Wenn du zum Mons Esquilinus findest, erledigt sich der Rest von selbst... ich kann dir den Weg zeigen", sagte Avianus und ging eine der Straßen Richtung Nordosten entlang, um die Tiberierin zum Ziel zu bringen.

    Zitat

    Original von Claudia Romana
    Die Claudierin lächelte knapp und unverbindlich, als Ursus Avianus ihr vorstellte. “Es freut mich sehr, dich kennen zu lernen, Senator Aurelius Avianus“, sprach sie mit freundlichem Tonfall, und blickte sich kurz nach hinten um, als Durus wieder zu reden begann. Ihr Lictor Mancinus und ihre Scriba Personalis Parthenope waren hier, ansonsten gehörte der Rest zu Durus. Romana brauchte einen solchen Anhang nicht. Geschwind wandte sie ihren Kopf wieder der Konversation zu.


    Avianus nickte seinem Vettern kurz zu. Die Vorstellung kam richtig, denn er kannte zwar Tiberius Durus, aber die Vestalin lief ihm zum ersten Mal unter die Augen. "Die Freude ist ganz meinerseits, Claudia Romana", schloss sich Avianus den freundlichen Formalitäten an, obwohl er wusste, dass es alles andere als ein freundlicher Anlass war, dass sie hier redeten. Im Grunde wollte er sich selbst keine Freundlickeit vorgaukeln (oder vorgaukeln lassen) und war anschließend mit erstem Gesichtsausdruck wieder bei der eigentlichen Sache.


    Er wollte gerade mit geöffneten Mundwinkeln losreden, um der Vestalin zu antworten, als sich plötzlich Lupus einmischte. Gedankenbehaftet sah er zu der Ecke, aus der die Stimme kam und warf dem Vettern einen überraschten Gesichtsausdruck entgegen. Wer hatte ihn gerufen und vor allem, hatte ihn jemand unterrichtet, was sie den Beiden hier überhaupt erzählen wollten? Er hoffte, das war keine dumme Aktion von Lupus, die sie erst recht ins Unheil reiten würde.


    Zitat

    “Gab es vielleicht en Abschiedsschreiben? Von Flavia Celerina oder von Aurelius Corvinus? An irgendwen innnerhalb oder ausserhalb der Gens?“, schloss sie sich der Fragerei des Tiberiers an.


    "Nein", entgegnete der Aurelier kurz und knapp, aber entschlossen, "Mir ist nur ein Testament bekannt, welches Corvinus aufgesetzt hatte. Und dies tut nichts zur eigentlichen Sache." Er sah Ursus und Lupus fragend an, denn vielleicht wussten sie ja etwas mehr. Aber es war selbstverständlich in diesem Fall besser, wenn sie umso weniger helfen konnten. Und das wusste zumindest Ursus und hoffentlich auch Lupus. "Wie wäre wohl ein Abschiedsschreiben möglich gewesen? Celerina hat sich gewiss nicht ausdenken können, dass sie im Hain würde geschändet werden, um noch einen Brief zu hinterlassen", hängte er an.

    Oh je. Das war nicht gut. Und Macer sah alles andere als gut aus. Avianus musste sich jetzt zunächst rausreden, bevor er nun Fehler machte, die sie ihre Familienehre kosten würde. Zumal er nicht wusste, was wirklich geschehen war. Doch Corvinus - hat er wirklich... ?!
    "Was bei allen Göttern ist denn passiert", fragte Avianus ungläubig nach, "Was konnte denn so Schreckliches passiert sein? Ein Frevel ist schlecht. Sehr schlecht. Das wird die Götter sehr erzürnen!"

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    Original von Spurius Purgitius Macer
    "Aber er zählt nicht zu deinen Klienten?", fragte Macer nach, denn nach diesen hatte er ja explizit gefragt. Andererseits war ein Verwandter auf dem Weg in die Politik besser als nichts. "Wer ist es denn?" fragte er daher auch noch nach, denn den Namen schonmal gehört zu haben konnte ganz sicher nicht schaden, auch wenn er ihn im zweifelsfall schon bald wieder vergaß.


    "Nein", erwiderte Avianus und kratzte sich leicht verlegen am Hinterkopf, "Ich habe nämlich keine Klienten. Dafür muss ich wohl etwas mächtiger im Senat werden." Immerhin hatte Macer Avianus´ Anmerkung nicht in den Wind geschlagen. Besser noch, er fragte, wer es sei. Wieder eine Möglichkeit, einem Verwandten zu helfen.
    "Sextus Aurelius Lupus", nannte er, "Ich kenne ihn als sehr fähigen und motivierten Mann."

    Avianus hingegen hatte (normalerweise) nicht viel mit fremden Sklaven zu bereden und ignorierte diejenigen Sklaven, die nichts mit seinen Eigenen zu tun hatten. Stattdessen konzentrierte er sich auf die junge Tiberierin, die ihn verlegen anblickte. Und der Aurelier fand sie gar hübscher, wenn sie das tat.
    "Vielleicht... kann ich dir ja den Weg erklären, wenn du irgendwo hin musst. Also, wenn du willst, meine ich", bot Avianus an und setzte ein freundliches Lächeln auf.

    Als Avianus in seinem Cubiculum erfuhr, dass sie hohen Besuch hatten und dass dieser Besuch alles andere als freundschaftlich sein sollte, brauchte er zunächst einige Sekunden, um in seinem Cubiculum herumzulaufen und seine Gedanken zu sammeln. "Bei den Göttern, uns bleibt doch kein Übel erspart", dachte er, mit den Händen durch die Haare fahrend. Jetzt suchte sie schon die Inquisitio heim. Nur die Ruhe, beruhigte sich Avianus. Er würde sie jetzt brauchen, denn er war heute auch gefragt und er würde alles in seiner Macht stehende tun, dass die Haushaltsmitglieder in guter Verfassung hier herauskamen. Er prüfte seine Gewandung. Alles saß. Nur sein Gemüt hatte vielleicht nicht den besten Tag erwischt, denn vom Frevel im Hain der Diana hatte der Aurelier erst vor einigen Tagen mitbekommen und es lag alles andere als gut im Magen.


    So hastete er hinaus, aus dem Zimmer in Richtung Atrium, wo Ursus schon da war, zusammen mit Tiberius Durus und einer ihm unbekannten Frau, die dem äußeren Schein nach Vestalin war. Jetzt schon sah er Übles kommen, doch er unterdrückte seine Gefühle und Bestürzung, tauschte sie ein gegen Ernsthaftigkeit und Selbstsicherheit, die ihre Aussagen untermauern sollte. "Salvete", grüßte Avianus und nickte seinem Vettern zu, der extra aus Mantua gekommen war. Er nahm an, dass Ursus sich um die Formalitäten schon gekümmert hatte. "Es wurde nach den Hausherren gerufen?"

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    Original von Spurius Purgitius Macer
    Macer hatte mit einer solchen Frage gerechnet, wenn auch eher im Senat als hier bei diesem Essen. Aber trotzdem war er geradezu vorbereitet. "Es klingt banal, aber meine Maßnahme wird es vor allem sein, meine Aufgabe zu machen. Was ist die Aufgabe eines Consuls? Er ist Vorsteher des Senats und hat Kontrollfunktion gegenüber anderen Magistraten. Und genau das werde ich tun. Also werde ich schauen, dass alle Magistrate ihre Arbeit machen und dafür sorgen, dass im Senat die Sachthemen dominieren. Es gibt viele Senatoren, die vom Senat mit Aufgaben verschiedener Art betraut wurden - als Vorsteher des Senats werde ich sie über ihre Aufgaben berichten lassen. Es gibt Senatoren, die keine besondere Aufgabe haben - als Vorsteher des Senates werde ich sie fragen, wie sie ihre Rolle als Senator stattdessen nutzbringend für Rom ausfüllen. Ob diesem einfachen Weg Erfolg beschieden ist, werden wir sehen müssen. Aber ein Versuch ist es wert."


    Avianus nickte. "Und ich werde Dich unterstützen, wo ich kann, Patron." Leider musste er seine Laufbahn im Cursus Honorum überhaupt erst fortsetzen, um aktiver mitzuhelfen, aber er war ja immerhin selbst Senator und konnte damit ein wenig mehr Einflussnahme üben. Sicher würde er seitens des Patronen auch noch Aufgaben bekommen.
    Kurz, nachdem sie ausgeredet hatten, wurde die Redepause zum Abräumen des ersten Ganges genutzt, während Sklaven eifrig die nächste Portion essen servierten. Avianus bediente sich und hörte seinem Patron in seinem Anliegen aufmerksam zu. "Ich habe jemanden in der Familie, der sich in die Politik wagen will oder wird.*", antwortete der Aurelier.


    Sim-Off:

    *Unter der Annahme, dass die Wahlen ja noch nicht angelaufen sind. ;)

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    Herius Claudius Menecrates
    "Ich hoffe, du kannst mit deinem künstlerischen Abbild leben. Es trägt in der Mitte des Schopfes wild nach oben stehende Haare." Wenn Avianus nicht zu den übertrieben eitlen Menschen gehörte, sollte er darüber lächeln können, aber man wusste ja nie. Im Allgemeinen achteten viele Senatskollegen auf ein gepflegtes Erscheinungsbild.


    Als Avianus die Skizze seiner selbst war, musste er ein schallendes Lachen unterdrücken und grinste stattdessen amüsiert. Ja, aus diesem humorvollen Blickwinkel betrachtete man sich selbst viel zu selten. Deshalb konnte er über das Bild lachen, dass Menecrates von ihm gezeichnet hatte. "Wahrlich, du hast dich selbst übertroffen, Claudius! Ich hätte mich selbst wohl nicht besser aufzeichnen können!"


    Avianus lauschte dem Gespräch über die Politik weiter und dachte nicht im Traum daran, seinem Patronen beim diskutieren in den Rücken zu fallen. Irgendwo hatte der Purgitier schon Recht, dass der Senat auch etwas in die Hand nehmen müsse, um gegen Salinator zu bestehen. Andererseits konnte dieser Mann aufgrund seiner Position ohnehin alle Aktionen im Keim ersticken, wenn er seine Position dadurch gefährdet sah. Er war sich nicht sicher, ob das alles so einfach sei, wie es sich anhörte und gab vorerst nicht seinen Kommentar ab.
    "Es mag jetzt gewiss noch unbemerkbar sein, was Salinator mit seinem Handeln gedenkt. Dieses Mal hat er nicht gerade die höchsten Ämter besetzt, doch wer vermag die Zukunft vorauszusagen? Möglicherweise werden irgendwann nicht einmal mehr die Consulen vom Senat gewählt, wenn der Praefectus Urbi seinen Willen durchsetzt. Und bei den Göttern, dies wird er tun, denn er einer der mächtigsten Männer Roms", wandte Avianus ein.


    Zitat

    Manius Tiberius Durus
    [...] Dahin wird es führen: Ein Sittenverfall, aus dem alles Mögliche entstehen kann!"


    "So weit darf es nicht kommen. Wir müssen trotz allem bedenken, dass Rom durch seine Traditionen und Sitten zu dem Staat wurde, der er heute ist. Es darf nicht passieren, dass jemand umkrempelt, was uns zu dem macht, was wir sind."

    Anschließend setzte sich Cotta doch hin. Avianus mochte sich gar nicht ausdenken, welchen Eindruck er momentan bei seinem Verwandten schindete. Vielleicht war seine Laune verwirrend, doch sie ließen sich vom eigentlichen Thema nicht abbringen - sehr zu Avianus' Vorteil, denn dann wurde er ja nicht gefragt, wo seine Laune wohl herkam! Das ersparte ihm die Rederei, wodurch er sich nur noch hineinsteigern konnte!
    "Sehr gut", sagte Avianus und betrachtete das Thema Austritt eigentlich schon im Geiste als abgehakt. Wenn Cotta die Collini verlassen würde, könnte dieses Vorhaben auf keinen großen Widerstand stoßen. Die Collini waren geschwächt durch ihren Skandal, hatten nicht viel in der Hand und mussten die Reisenden nun mehr denn je ziehen lassen. "Am Besten sagst du nicht direkt, dass du wegen dieses Skandals damals gehst. Das erspart dir unnötige Diskussionen und Geplänkel. Nur so als Ratschlag. Heb dir das lieber als Argument für die Aufnahme bei den Palatini auf."


    Avianus kratzte sich nachdenkend am Hinterkopf. Das größte Hindernis würde es wohl sein, die anderen Familien von einem weiteren Aurelier zu überzeugen. Manchmal hatte Avianus das Gefühl, je mehr Aurelier den Saliern beitraten, desto schwerer wurde es, weitere hinein zu bringen. "Das solltest du auch", sagte er, "Aber da wir im Dienste des Mars stehen, wird man da vielleicht auch keinen Hehl daraus machen. Du wirst doch wohl sinnvolle Gründe gehabt haben, oder nicht?" Ein fragender Blick seitens Avianus belegte Cotta.

    Zitat

    Original von Herius Claudius Menecrates
    [...]


    "Da sprichst du ein wahres Wort. Ich wünschte, ich könnte sämtliche Gesichter im Senat den jeweils richtigen Namen zuordnen. Aber ich habe ihm Laufe des Lebens gelernt, dass mich schriftliche Notizen vor peinlichen Situationen retten können. Dem Namen eines Neusenators, wenn er denn für mich wichtig werden könnte, gebe ich eine Karikatur an die Seite. Die Skizze von Plinius Theophanes zum Beispiel trägt eine Knollennase, weil er bei unserer ersten Begegnung völlig verschnupft war. Furius Tamphilus habe ich mir durch ein übertrieben groß gezeichnetes Ohrläppchen gemerkt und Tullius Medullinus durch einen Fisch neben dem Strichmann. Er hat einmal neben mir gestanden, da hat mich sein Atem fast umgebracht."


    Avianus musste unwillkürlich grinsen. Es war eine lustige, doch wie ihm schien sehr effektive Methode, sich eine Person zu merken. Und wer viele Leute beim Namen kannte, war klar im Vorteil. "Eine sehr kreative Art, sich jemanden einzuprägen", kommentierte Avianus und hängte mit Humor an, "Ich bin gespannt, wie du mich 'künstlerisch' umsetzen willst. Aber ich glaube, dir wird etwas einfallen."


    Wenige Momente später kamen auch interessantere Gesprächsthemen auf dem Tisch. Eines davon handelte von diesem Praefectus Urbi, der zwar nicht körperlich, aber zumindest verbal allgegenwärtig war. Der Mann war berechtigterweise oft das Gesprächsthema zwischen den Senatoren, die seine Auswüchse immer und immer wieder im Senat miterleben mussten.
    Wenig später mischte sich Tiberius Durus in dieses Gespräch ein.


    Zitat

    "Macer, hast du nicht mitbekommen, dass Salinator sich sogar in die Wahlen einmischt? Schön und gut, wenn er Kandidaten empfielt, aber sie überhaupt nicht mehr zur Wahl zu stellen? Ich finde das höchst bedenklich! Wenn sich diese Methode ausbreitet, wird der Senat bald nur noch aus Lakaien des Vesculariers bestehen!"


    "Das ist offensichtlich das, was dieser Mann mit seinen Aktionen bezwecken will. Seine Aktionen hinterlassen bei mir persönlich einen... sagen wir mal, faden Beigeschmack. Ich hoffe, ich bin nicht der Einzige, der so fühlt", sagte Avianus, ohne sein Denken in dieser Gruppe tiefer auszudrücken. "Ich habe die Befürchtung, dass er das irgendwann mit wichtigeren Ämtern tun wird. Und wenn seine Lakaien ganz oben sitzen, wird das den Senatoren in ihrem Dienst für Rom einen Riegel vorschieben, wenn sie etwas erreichen wollen."

    Letzten Endes hatte Cotta natürlich für nichts eine Schuld, dies war Avianus klar. Und angesichts seines weniger erfreut klingenden Worte konnta man es ihm gut nachvollziehen, dass er jetzt doch keinen Platz nahm sondern erst einmal Avianus' Reaktion auf das angesprochene Thema sehen wollte. Cotta kam zwar schnell zur Sache, tastete sich jedoch merklich vorsichtig in Avianus' Gefühlswelt hinein.
    Immerhin war es nicht dieses unangenehme Thema, von dem der Senator und Magister nichts hören wollte. Er konnte Cotta also bei seinem Anliegen helfen. Zwar mit einem Seufzer, aber willig, ihn zu beraten.


    "Ich verstehe", sagte er bedächtig, "Die Möglichkeit steht offen und ich kann eine Abstimmung über deine Aufnahme veranlassen. Aber das nur unter der Bedingung, dass du höchst offiziell von den Collini austrittst. Und dann brauchen wir gute Argumente für deine Aufnahme, weil wir schon viele Aurelier sind und sich da die anderen Familien etwas quer stellen, wenn es wieder mehr werden."

    Zitat

    Original von Herius Claudius Menecrates
    Menecrates drehte sich um, als er von Avianus angesprochen wurde. Er neigte den Kopf zum Gruß, bevor er ebenfalls "Salve" sagte. "Freut mich, Aurelius. Man ist sich mehr oder weniger bekannt, und doch kennt man sich nicht", fasste er die Situation zusammen. "Claudius Menecrates mein Name." Er erwähnte es der Ordnung und Höflichkeit halber, denn eigentlich müsste sein Name durch die aktuelle Kandidatur jedem Senatsmitglied bekannt sein. Zumindest nahm er das an.
    Menecrates' Gedanken schweiften ab. Er erinnerte sich an die engen Beziehungen, die er einst mit der Aurelia gepflegt hatte. Bis, ja bis eine Verlobung gelöst und der Initiator dieser Lösung sich gänzlich von den Claudiern fern gehalten hatte. Nun ja, Menecrates sah damals auch keine Notwendigkeit, eben jenem hinterherzulaufen, im Gegenteil: Er verurteilte dessen Wankelmütigkeit und sah die Familienehre verletzt.


    "Der Mann, dessen Ableben die Aurelier im Augenblick zu beklagen haben, ist eine bedeutsame Zeit Verfechter derselben Ideale gewesen, wie ich sie pflege. Nachträglich noch mein Beileid!" Höflichkeit stand für Menecrates über privaten Animositäten.


    Ja, ganz unbekannt waren sie sich nicht gewesen, diese beiden Senatoren. Man hatte sich im Senat zweifelsohne schon einmal gesehen, doch war es noch längst nicht so einfach, den Gesichtern immer einen Namen zuzuordnen. Jetzt wussten sie nun zumindest beide ganz genau, wer der Andere war. Auch wenn Avianus den Claudier neulich schon in der Toga Candida im Senat hat stehen sehen. "Wenn man schon jeden einzelnen Senator beim Namen kennt, dann hat man gewiss schon eine kleine, persönliche Errungenschaft geleistet", lächelte Avianus. Sein Mulsum hatte er bereits ausgetrunken und bediente sich dann eifrig an der Vorspeise.


    Da war es wieder... dieses leidige Thema. Avianus wollte es vergessen, doch es war schwerer, als angenommen. Schwer war es, einen solchen schmerzlichen Verlust in kurzer Zeit zu verarbeiten. Noch schwerer, wenn man dauernd darauf angesprochen wurde. Es würde wohl eine lange Weile in Anspruch nehmen, bis sie diesen großen Stein alle hinter sich gelassen hatten. Corvinus' Tod hat eine kleine Welle in ihrem Umfeld ausgelöst und jeder erachtete es scheinbar als seine Pflicht, ihr Beileid zu bekunden. Sie konnten nicht wissen, dass es eigentlich sein Ziel war, diesen unbedachten, voreiligen Selbstmord seines Onkels als eines der düsteren Kapitel seines Lebens abzuschließen. "Danke", sagte Avianus, "Es mag ein großer Verlust sein, doch das Schicksal, dass uns die Götter vorbestimmt haben, ist unausweichlich. Auch für mich war Corvinus ein Vorbild. Er hat erreicht, wonach ich noch strebe."

    Viele der Männer, die heute Abend Gast beim ehemaligen Consulen waren, kannte Avianus mehr oder weniger. Einer der Bekannteren war Lupus, mit dem Avianus auch heute Abend (bis jetzt) noch keine größeren Gespräche aufgenommen hatte. Genau genommen, gar keine. Trotzdem beäugte Avianus seinen Verwandten mit einem verwunderten Blick, als dieser auf einmal hier erschien. Ein weiterer Verwandter war ein willkommener Anblick, obgleich sich Avianus die Frage auftat, warum Durus so viele Leute aus so verschiedenen Ständen und Rängen einludt. Irgendetwas hatte er vor und Avianus war begierig darauf zu erfahren, um was es sich handelte.
    "Salve, Macer", grüßte Avianus seinen Patronen. Die anderen Gäste, die ihm weniger bekannt waren, wollte er nicht auf persönliche Weise grüßen und tat dies deshalb nur mit einem distanzierten, aber dennoch höflichen "Salvete". Leider hatte Avianus einen der weniger bedeutungsvollen Plätze bekommen, doch er war sich darin gewiss, dass heute andere, viel bedeutungsvollere Persönlichkeiten anwesend waren. Daher störte es ihn nicht, einen Platz am Lectus Summus bekommen zu haben. Er saß direkt neben einem Claudier. Einer Patrizierfamilie, mit der Avianus selbst noch keinen Kontakt aufgebaut hatte. Allgemein stand die Beziehung zwischen ihren Familien sehr still. Aber Avianus konnte sich zumindest vorstellen, da Durus nicht die Gelegenheit hatte, alle Gäste einzeln zu benennen. "Salve", grüßte er Menecrates, "Ich bin Tiberius Aurelius Avianus. Sehr erfreut." Suchte er den spontanen Kontakt, während er zum Mulsum griff. Mit der Vorspeise wartete er noch, bis er austrank.


    Immerhin lachte sie, die Scheu schien gebrochen und das machte auch Avianus etwas gelassener. "Wer zum ersten Mal in Rom ist, der verirrt sich vielleicht. Hier ist alles etwas Größer und die Straßen sind voll. Man geht hier wirklich nicht jeden Tag spazieren", sagte Avianus, "Hast du dich auch verirrt?"
    Avianus dachte nach, wie viel er schon mit Dolabella zu tun hatte. Eigentlich war es nicht viel, aber er war ihm schon einmal persönlich begegnet. "Er hat sich bei mir um die Mitgliedschaft bei den Salii Palatini beworben. Daher sah ich ihn schon persönlich."

    Avianus saß, wie bei jeder Sitzung bis jetzt in den Rängen zwischen den jüngeren Senatoren und verfolgte interessiert die Rede seines Patronen mit. Es war eine der spannendsten Reden und Kandidaturen, die so hier vorkamen, immerhin war die Besetzung der Consularsämter eine der wichtigsten Wahlen, die sie zu treffen hatte. Ein bedeutungsvoller, mächtiger Posten, ohne Zweifel, dem auch nicht jeder gewachsen war. Doch diese Sorgen hatte Avianus bei seinem Patronen nicht, wusste er doch wie Viele in diesen Hallen, dass Macer ein kompetenter, pflichtbewusster Römer war.
    Avianus war ganz auf Macers Seite. Er war es ihm nicht nur schuldig, nein, auch aus überzeugung war es nötig, die Stimme zu erheben und dem Kandidaten eine kleine Fürstimme zu schenken. Eine zwar Kleine, doch jede Einzelne war es, die zählte. Er lächelte seinem Patronen wohlwollend zu. Gewiss würde es jedoch von diesem nicht gesehen werden. So sprach er, nachdem er das Gefühl hatte, dass sich nun auch jüngere Senatoren zu Wort melden durften.


    "Angesichts der zahlreichen Verdienste, die Purgitius Macer hervorgebracht hat, erachte ich es als eine gerechte Belohnung, ihm die Ehre, die Pflicht - die Chance - zuteil werden zu lassen, die das Konsulat mit sich bringt."