Avianus war in der Tat nicht sonderlich angefressen darüber, dass ihm nicht der Ehrenplatz zuteil kam. Dafür war der junge Senator noch nicht mächtig, noch nicht bedeutend genug. Heute noch nicht, vielleicht jedoch später, so die Götter wollten. Also legte er sich auf den ihm bestimmten Platz hin, kurz darauf erschien Annaeus Modestus, der dritte Gast im Bunde. "Salve", grüßte er Modestus. Noch hatten sie nicht viel miteinander zu tun gehabt, doch sie würden sich im Laufe des Abends gewiss kennenlernen.
Nachdem die Vorspeisen serviert waren, griff auch Avianus ganz nach dem Beispiel seines Patronen zu und genoss das Mahl, während er aufmerksam, aber zunächst schweigend, das Gespräch mitverfolgte. Auch er war der Ansicht, dass Macer zum Consulen gewählt werden würde. Es war keine Frage und dass er überhaupt Wahlen gab, war wohl in diesem Fall nur eine Floskel. Doch Avianus wusste, dass Hochmut vor dem Fall kam. Zu unterschätzen war nichts und da war auch dieser lästige Praefectus Urbi, der immer die Senatsdiskussionen zerstörte, ihre Tradition zunichte machte, seine Macht gnadenlos für eigene Interessen einsetzte! Gerne hätte Avianus jetzt nicht an ihn gedacht, doch wie es der Zufall so wollte, reden sie nun gerade über diesen Mann.
"Der Praefectus Urbi mag handeln, doch schadet dieses Handeln langfristig unseren althergebrachten Traditionen. Rom ist durch diese Traditionen groß geworden und dieser Vescularius scheint sich seine eigenen 'Traditionen' etablieren zu wollen. Es ist ohne jeden Zweifel ein Machtkampf und wenn der Senat untätig bleibt, verliert er", schilderte der Aurelier seine Meinung und das nicht ganz, ohne die Abneigung gegen den Praefectus Urbi durch den Tonfall zur Schau zu bringen, "Den gemeinen Plebs auf seiner Seite zu haben, bedeutet Macht. Und wir sollten uns diese Macht sichern. Daher sollten wir, wie du sagtest, nicht tatenlos sein."