Beiträge von Tiberius Aurelius Avianus

    "Wenn man von dieser Tatsache absieht, meinte ich", lachte auch Avianus, denn ihm wäre im Traum nicht eingefallen, den Brief einem Besuch vorzuziehen, wenn beides ebenso möglich war. "Ich bin sicher, dass die Leute, die mit dir arbeiten deine Qualitäten zu schätzen wissen. Und wenn man zumindest von zu Hause aus den Rücken gestärkt bekommt, hat man beste Voraussetzungen." Der Wert einer Familie, die einem in jeder Lebenslage half, war in der Tat unvorstellbar.


    "Ich kann über meine Amtszeit nicht klagen... zumindest unterfordert mich der Konsul nicht", erklärte der Aurelier, "Ich habe vor weniger Zeit bei der Organisation der Feriae Latinae unterstützt und helfe dem Tiberier sonst bei seinen Angelegenheiten. Es macht zwar Arbeit, die Fülle der römischen Gesetze einzustudieren, aber es ist nichts, was mir eines Tages nicht von Vorteil sein könnte." Avianus nickte und schnitt anschließend ein etwas anderes Thema an, welches er durchaus wichtig fand. "Doch sag, Patron... du hast mir bis jetzt mit deiner Fürsprache im Senat sehr weitergeholfen. Wäre die Zeit nicht reif, dass ich mich dafür erkenntlich zeige? Gibt es etwas, womit du einen Klienten betrauen könntest?"

    Avianus´ Erscheinen war (wie erwartet) so freudig aufgenommen worden, wie immer. Lächenlnd trat er in den Raum hinein und waren nicht einmal wenige Schritte gesetzt, bemerkte er auch ein kleines Mädchen, welches über Avianus´ Anwesenheit ein wenig erschrocken war und mit großen, kindlich unschuldigen Augen über die Schultern des dunkelhäutigen Sklaven in seine Richtung spähte. Die Kleine hatte er öfter in der Villa herumrennen sehen, er fragte sich jedoch jedes Mal, zu wem sie wohl gehörte? Was mochte sie verschrocken haben? War es der Stoffsack, den Avianus bei sich trug? Nun, zugegeben, er war ein wenig mysteriös damit.


    Auf das Angebot seines Vettern, Platz zu nehmen, ging Avianus sehr gerne ein. "Ach, nichts Besonderes, Titus. Einige Kleinigkeiten für euch zu den Saturnalien." Kaum hatte der junge Aurelier ausgeredet, schon kam der nächste Aurelier in den Raum hinein und größte genau so, wie es Avianus getan hatte. So allmählich wurde es wider seines Erwartens voll hier! "Io Saturnalia, Manius!" Im nächsten Moment, Ursus hatte die paar Sekunden der Ablenkung gut genutzt, erhielt Avianus ein Geschenk seines Vetters entgegengesetzt. Ein wenig verdutzt, anschließend lächelnd nahm er er entgegen. "Wo hast du das denn versteckt", witzelte der Quaestor und packte das Geschenk aus. Es war ein wunderschönes Geschenk und Avianus wurde, als er es erblickte, mit seinen funkelnden Augen und angehaltenem Atem einen Moment lang wieder zum Kind, bis er anschließend lächelte und seinem Vettern dankte. "Das... das ist wunderschön, Titus. Ich danke dir." Es war ein sehr individuelles Geschenk und zeigte, dass Ursus sich damit Mühe gegeben hatte. Das wusste man zu schätzen.


    Nun war der Moment reif, dass Avianus seinen geheimnisvollen Stoffsack aufmachte und Geschenke verteilte. Er löste die Schnur und zum Vorschein kamen sie - das, war für Ursus bestimmt war, reichte er ihm sofort weiter. Nach Avianus´ Meinung nichts Besonderes... ein wunderschöner, dunkelfarbener Seidenmantel und ein individuell gefertigtes Kurzschwert mit der Aufschrift: "Ehre, wem Ehre gebührt" auf der Klinge. Er hatte sieben Schmiede nach einer solchen Spezialanfertigung fragen müssen.

    Schweigend ließ sich Avianus zum Tablinium der Casa Purgitia führen, wo er schon von seinem Patronen mehr oder weniger erwartet wurde. Bescheiden trat er hinein und grüßte seinen Patronen. "Ich grüße Dich, Purgitius Macer." Anschließend nahm er den ihm angebotenen Platz mit einem dankbaren Nicken an und lächelte.
    "Ja, ich hatte ein wenig Freizeit übrig und dachte, dass ich meinen Patronen besuche. Ich weiß, dass Du kein leidenschaftlicher Briefeschreiber bist, deshalb dachte ich, wieder einmal Kontakt zu Dir aufzunehmen. Zumindest versuche ich, nicht zu viel Ruhe zwischen uns kehren zu lassen. Sag, wie geht es dir und deiner Gemahlin? Findest Du Freude mit deiner Amtszeit?"

    Zitat

    Original von Manius Tiberius Durus
    Der Ianitor ließ den Quaestor einige Zeit im Atrium warten, während er seinen Herrn suchte. Dann kam er zurück und zog den Vorhang beiseite, der Atrium und Tablinium voneinander trennte, sodass der Aurelier eintreten konnte.


    Wie so häufig saß Durus gemeinsam mit seinem Sekretär und einem weiteren Schreiber an seinem Schreibtisch und diktierte wohl einen Brief. Als sein "Hilfsmagistrat" eintrat, lächelte er freundlich und unterbrach sein Diktat.


    "Aurelius, welch eine Überraschung!"


    Der Ianitor machte, als er dem Aurelier die Pforte öffnete, keinen allzu gesunden Eindruck und seine Nase war vom ständigen Abwischen rot gescheuert. Scheinbar ging der Schnupfen oder eine Grippe bei den Tiberiern um... es war auch kein Wunder, die letzten Tage waren so kalt gewesen, dass einen nicht einmal mehr warme Gedanken Freude bereiten konnten. Er nutzte die paar Minuten Wartezeit im Atrium der Villa aus, um die Ruhe zu genießen. Nur wenige Sklaven striffen gelegentlich teilnahmslos an ihm vorbei.
    Anschließend bat der Ianitor Avianus hinein ins Tablinium, wo der Consul sich gerade aufhielt. Es wurde geredet, bevor er eintrat und es war einer dieser peinlichen Momente, als Avianus den Tiberier bei etwas scheinbar ungemein Wichtigem störte.

    "Salve, Consul! Ich hoffe, nicht bei ungemein wichtigen Tätigkeiten deines Amtes zu stören. Allerdings komme ich mit Vorschlägen zu gewissen, zurzeit geltenden Gesetzen. Hast du Zeit?"

    Imbrex war erst seit Kurzen in Rom und Avianus war sich ziemlich sicher, dass dies für ihn eine Umstellung sein musste. Wenn er sich aus dem ruhigeren Sardinien kommend schnell hier im Großstadtleben eingelebt hat, so war dies zwar löblich und erstaunlich zugleich. Doch in Anbetracht dieser Tatsache zog Avianus seinen frisch eingezogenen Verwandten etwas zu sich heran und begann, beinahe verschwörerisch zu flüstern: "Dennoch sage ich dir - Rom ist eine Großstadt und hier wimmelt es von Halsabschneidern, Taschendieben und Pestträgern. Nimm dich in Acht, wenn du durch die Straßen gehst, vor allem in der Subura. Nur ein kleiner Rat."


    Anschließend setzte sich Avianus und bot mit einer einladenden Geste einen Sitzplatz gegenüber seiner selbst an. Anschließend hörte er Imbrex genau zu. "Ich verstehe... nun, ich habe selbst keine Einwände, ganz im Gegenteil - ich würde Zuwachs mit offenen Armen willkommen heißen. Ich werde gleich morgen eine Abstimmung herbeiführen. Es wäre ein gutes erstes Bild, wenn du mit mir kommen würdest, Publius."


    Also wollte auch Cotta zu den Saliern... natürlich nahmen alle den Vorteil wahr, dass Avianus der Magister der Vereinigung war und er freute sich gleichermaßen, in seinem Amt für Zuwachs gesorgt zu haben. "Das ist gut, dass du es erwähnst... Cotta muss zwar nicht dabei sein, aber ich könnte gleich für beide abstimmen lassen. Das wäre einfacher und schneller!"


    Sim-Off:

    Okay, dann schauen wir mal, ob sich Appius meldet... ich würde sagen, wir schreiben die Abstimmung bei den Salii aus und Cotta kann aufschließen, wenn er wieder da ist. ;)

    Avianus lächelte darüber, dass der Diener seines Patronen so gut informiert war und nickte, denn er hatte auch richtig geschlussfolgert, dass Avianus zu Macer wollte. "Salve - genau zu ihm möchte ich. Ich hoffe, ich störe nicht bei den Festtagesvorbereitungen, das läge mir fern", bestätigte Avianus noch einmal, der Formalität halber, sein Anliegen.

    Mit einer Hand voll Ideen zur derzeitigen Gesetzesregelung trat Avianus vor die Porta der Villa Tiberia. Er hatte sich vorgenommen, als Quaestor Consulum seinem Vorgesetzten - eben den Consulen - bei seinen Vorhaben, Gesetzesänderungen herbeizuführen, tatkräftig zu unterstützen. Mehrere Nächte waren Vergangen, bis Avianus Ideen ausgearbeitet hatte, die ihm fruchtbar schienen.


    Vor der Villa Tiberia angekommen klopfte der Aurelier an und wartete darauf, dass ihm die Tür geöffnet wurde.

    Es war nur zwei Tage vor dem Beginn der Saturnalien, als sich Avianus entschloss, seinem Patronen einen Besuch abzustatten. Dieser Besuch sollte heute keiner geschäftlichen Unterredung gleichen - es war eher etwas Persönliches, und nicht einmal etwas, was nur von Avianus´ Interesse war. Der Aurelier fand, dass zwischen seinem Patronen und ihm zu oft Stille herrschte. Dies hatte der Purgitier damals in den Thermen auch offen kritisiert, und da Avianus wusste, dass Macer kein leidenschaftlicher Briefschreiber war und weil er die nötige Zeit hatte, wollte er eben unter vier Augen mit ihm sprechen.


    Vor der Casa beschrat der den kleinen Weg in Richtung der Haupteingangspforte und zupfte sich, bevor er klopfte, noch einmal die Toga zurecht. Für seinen Besuch beim Patronen hatte er sich sorgfältig vorbereitet und dafür gesorgt, dass jede Falte so saß, wie sie sollte. Anschließend klopfte er an - drei Mal und kräftig.

    Das Gesicht, das schon kurz nach seinem Hereinrufen zum Vorschein kam, war dem jungen Aurelier keineswegs unbekannt. Ganz im Gegenteil, obwohl er Imbrex im Leben aufgrund der weiten Distanz, die sie voneinander entfernt gelebt hatten, nur wenige Male persönlich zu Gesicht bekommen hatte, blieb er ihm sehr gut in Erinnerung. Nur hatte Imbrex sich seit ihrem letzten Treffen sehr verändert, weshalb er einige Sekunden brauchte, bis Avianus gemerkt hat, wen vor ihm stand.


    "Publius?! Du hier", fragte Avianus erstaunt und grüßte den Verwandten aus Sardinien mit einer leichten Umarmung, "Es ist lange her - wie geht es dir?" Es mag so gewesen sein, dass sie nicht oft miteinander zu tun hatten - für Avianus war Imbrex dennoch ein Familienmitglied, weshalb er ihn ebenso herzlich begrüßte, wie einen anderen Verwandten. Als der andere Aurelier mit seinem Anliegen bezüglich der Salii Palatini begann, horchte Avianus auf.
    "Nein, du störst nicht", auch wenn die Papiere auf seinem Tisch eine andere Meinung sprachen, "Ich bin ganz Ohr - wenn ich helfen kann, womit?"

    Es waren heute nicht viele von den Aureliern im Hause, einige der Familienmitglieder schienen es also doch vorgezogen zu haben, anstatt mit der Familie in der Stadt zu feiern. Zumindest war Abends vor allem zu dieser Festzeit in der Stadt viel los und Rom konnte sich auch sonst nie über ein trübes Nachtleben beklagen. Wenn man wusste, wo, konnte man sich in der Hauptstadt des Imperiums einen sehr schönen Abend machen.
    Dies jedoch nahm Avianus nicht in Anspruch, der viel lieber in der Villa verblieben war, um die Saturnalien mit den anderen da gebliebenen Familienmitgliedern zu verbringen. Er hatte sogar sehr viel Zeit darin investiert, die passenden Geschenke in der Stadt zu suchen und fündig war er auch geworden... mit dem dunklen Stoffsack, in welchem er alle Geschenke transportierte, wirkte der junge Aurelier jedoch wie ein Weihnachtsmann, den man zu dieser Zeit selbstverständlich noch nicht kannte.


    So schrat er, den Sack fest in der Hand, durch die Gänge der Villa und fragte sich, wer wohl heute alles zu Hause geblieben war. Grelles Licht leuchtete aus dem Triclinum in den weniger gut beleuchteten Gang und auch Stimmen waren zu hören. Vertraute Stimmen. Es war sehr ruhig, da ja bis jetzt nur drei Personen anwesend waren und diese Stimmen sich aus dem Gang heraus nur sehr leise anhörten. Dennoch konnte sich Avianus ausmahlen, wer wohl schon im Speiseraum saß.
    Ein kurzer Schritt um die Ecke und schon stand er schon an der Türschwelle und identifizierte die Teilnehmer an der Feier. Es waren Ursus, Imbrex und dieser Leibwächter von Ursus... dieser Sklave, den er nicht so gut kannte. Wie hieß er noch gleich? Ciman? Cimun? Ach nein, Cimon war es...
    "Io Saturnalia", rief Avianus freudig in den Raum hinein, welcher festlich geschmückt war und eine Atmosphäre ausstrahlte, wie sie hätte nicht angenehmer sein können!

    Avianus fühlte sich merkwürdig, ganz und gar, stand er vollkommen neben sich. Wie könnte das denn sein, dass er nicht einmal, wieder richtig in Rom angekommen, Fuß gefasst hatte und es dann vom tragischen Ableben einer Verwandten erfuhr? Es war merkwürdig und fühlte sich an, wie ein böser Traum. Würde er denn bald wieder aufwachen? Ein Ruck im Bett und auf einmal lag er auf der Pritsche und es war doch alles in Ordnung? Nein - es war real und das merkte Avianus auch.


    Auch Prisca schien die Geschichte sehr nahe zu gehen, was Avianus noch trauriger machte. Sie redete den Satz mit den Ärzten nicht zu Ende und Avianus umarmte sie, um ihr die Kraft zu geben. "Wir können es nicht mehr ändern. Wir müssen nun in die Gegenwart schauen, um unsere Zukunft zu bestimmen.", meinte Avianus mit ernst klingender Stimme.
    Dass die Cousine dem jungen Aurelier trotzdem helfen wollte, fand dieser schön, doch nie wäre ihm in den Sinn gekommen, seine Familienmitglieder zusätzlich mit seinen eigenen Problemen zu belasten. Nein, dazu waren diese zu zahlreich, wusste er und es galt Vorrang, Minervina eine würdige Bestattung zukommen zu lassen, damit diese sich würdig zu den Ahnen der Familie hinzugliedern konnte. "Es wird nicht nötig sein. Ich habe keine Probleme, mit denen ich nicht selbst klarkommen könnte." Das war angesichts der Tatsache, dass er die Mörder seines Vaters noch suchte, ein wenig gelogen, doch er wollte nicht zusätzlich belasten.

    Es gab, seiner zurzeitigen Amtsperiode entsprechend, wieder mehr als genügend Schreibarbeit zu erledigen, was der junge Aurelier in erster Linie in seinem Cubiculum tat, wenn er an irgendeinem anderen Ort keine Gelegenheit dazu fand. Es waren absolute Langwiligkeiten, die nur diejenigen wirklich interessierten, welche direkt oder indirekt mit solcher Materie zu tun hatten. Jetzt studierte Avianus zum Beispiel einige Gesetzesabschriften und suchte für den Consulen akribisch nach potenziellen Schwächen und möglichen Änderungen in der aktuellen Legislative. Es war ruhig im Raum und nur das warme Lichte einer Öllampe auf seinem Tisch spendete das nötige Leselicht.


    Der Aurelier blickte auf zur Tür, als es bei ihm klopfte. Das musste ein Familienmitglied sein, und um einem Familienmitglied zu helfen, ließ er sich gerne stören. "Herein", ertönte es aus dem inneren des Raumes. Avianus lehnte sich leicht zum Tisch, gespannt, wer ihn zur Abendstunde besuchen kam.

    Nahtlos schraten sie hinüber zu der Opferung der Tiere, nach Avianus´ Meinung eines der wichtigsten Teile der Zeremonie. Der amtierende und zugleich noch frischgebackene Konsul als Hauptveranstalter der Feriae Latinae, Tiberius Durus, trat hervor und wurde tatkräftig von seinen Dienern unterstützt. Ein kalter Schauer lief Avianus den Rücken hinunter, dies geschah ihm bei diesen Feierlichkeiten immer.
    Die Worte erklungen, die vor dem Tiberier schon von unzähligen Personen aufgesagt wurden, jedoch Worte waren, die man immer wieder aufs Neue fühlte, die sich nie abgedroschen oder aufgebraucht anfühlten. Auch wenn der Tiberier dabei Hilfe in Anspruch nahm, als er die Worte aufsagte, so klangen sie spirituell belebend, inspirierend, fromm... je nachdem, wie es der Einzelne empfand.


    "Agone", fragte man ernst, als die Worte verklungen waren und während Avianus abseits der Menge, jedoch als Magistrat nah am Geschehen stand, stellte er fest, dass die Menschen so still geworden waren, dass Avianus das Flüstern des Windes wahrnehmen konnte. Ein kalter Hauch fuhr durch die Menge, bis die Consulen endlich "Age!" zur Antwort gaben. Das Schicksal des Stieres war besiegelt. Besiegelt, um die Vorzeichen zu deuten, welche ihnen die Götter gaben. Der blutige Teil des Werkes hielt Einzug und still betrachtete Avianus, wie das Tier innerhalb weniger Sekunden verstarb, dem Hammerschlag erliegend. Es war ein kräftiger Schlag gewesen, welcher selbst ein Tier dieser Größenordnung dahinstreckte. Wahrlich, dachte sich Avianus, eine blutige Aufgabe, den Stier jetzt auseinanderzunehmen.

    Mit Avianus und Reatinus stelle ich die Postingtätigkeiten erstmal bis Dienstag ein und hoffe danach, wieder ein wenig mehr posten zu können. Ich hoffe, alle, die momentan auf mich warten, haben dafür Verständnis und die wenigen Tage Geduld. :)


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    Die Tage, die Avianus am meisten an den Nerven gezerrt haben, waren endlich vorbei. Dass dieser Stier hier war, dass Trockenholz für das große Finale bereitstand, dass die Speisen vorbereitet wurden und heute alles seinen Lauf nehmen konnte, dies konnte man nicht nur Avianus verdanken. Nein, denn auch er hatte seine Diener um sich geschart, welche auf seinen Befehl hin hart gearbeitet haben, um den Anforderungen gerecht zu werden. Avianus wiederum trug die Verantwortung für alles. Für alles, was gut und schlecht an dieser Feier war. Und Schlechtes würde sich nicht finden lassen, hoffte der Aurelier doch sehr.


    Gerne hätte er mit all den Magistraten geredet, unter denen sich auch sein Patron befand. Doch dazu hatte er jetzt keine Zeit, denn er stand unauffällig abseits des eigentlichen Geschehens und wohnte der Opferzeremonie bei. Diese war schon in vollem Gange, die Priester sprachen den Göttern ihre Gebete aus und vollrichteten ihre Arbeit - und dies taten sie sehr gut. Erst, als die Diener des Kultes gespentsische Murmellaute von sich gaben, lief dem Aurelier ein kalter Schauer über den Rücken. Doch auch diese Worte waren alsbald gesprochen und einige Blicke der Diener lasteten auf Avianus. Sie warteten womöglich auf die Bestätigung, den nächsten Schritt durchführen zu können. Er nickte knapp und die Diener machten sich alsbald bereit, die Opferung des Stieres zu vollführen...

    Es war überaus anstrengend gewesen, sich den Weg bis zum imposanten Circus Maximus tanzen zu müssen. Obwohl Avianus für seine körperliche Ertüchtigung viel getan hatte und es ebenso gelernt hatte, eine Waffe richtig zu führen, war ein solcher Waffentanz wahrlich eine Herausforderung gewesen. Sie kamen mit Schweißperlen vor der Stirn und teilweise keuchend vor Roms bekanntester Wagenrennbahn an, welche heute zu einem ganz anderen Zweck eingesetzt wurde. Denn heute sollten keine brachialen Wagenrennen stattfinden, es wurden Tiere für die Götter geopfert. Das war, wie Avianus wusste, viel wichtiger.
    Die Masse marschierte teilweise eingeengt durch die zu engen Pforten des Circus, welcher feierlich und mit viel Liebe für das Detail durchschmückt wurde. Es gab keine Ecke und kein Ende, welche kahl und ohne Dekoration verblieben war. Die Stimmung erreichte indes ihren Höhepunkt, während die Menschenmenge laut plappernd und teilweise lachend in den Circus strömte. Es war eine Menschenansammlung, die man nur in den selteneren Fällen sah. Avianus, als Magister und Vortänzer, tat sich besonders schwer. Er durfte sich keinen einzigen Fehler erlauben, denn selbst der kleinste Fehler würde auffallen und somit alle singenden und tanzenden Salii mit in den Schmutz ziehen - denn immerhin war ein Magister, der seine Pflicht nicht richtig ausführte, kein richtiger Magister. Eher ein Amateur, der keine Ahnung von seiner Tätigkeit hatte. Und als solch etwas wollte der junge Aurelier nicht gelten, ganz im Gegenteil!


    Egal, wie groß das Gelächter war, wie energisch diskutiert wurde - die große Masse verstummte, als sie in den Circus geströmt war und sich das Opferritual anbahnte. Viele Unglückliche mussten draußen warten - genau genommen, alle Unglücklichen, denn was es in den Circus geschafft hatte, war im Vergleich nur ein winziger Teil. Die Angehörigen des Militärs und des Kultes gehörten zu diesen Glücklichen. Als sie an ihrem vorgesehenen Ort, unweit von den Soldaten ankamen, gebot Avianus zu halten. Es war eine Erlösung, endlich stehen bleiben zu dürfen. Endlich konnte sich der Aurelier die Schweißperlen von der Stirn wischen und dem wichtigsten Teil der Zeremonie beiwohnen.
    Während vorne die Stimmen der kultischen Staatsdiener erschallten, schienen die Leute ihren Atem angehalten zu haben. Abgesehen von einigen Personen, die sich gegenseitig anflüsterten, wagte es niemand, den Mund zu entsiegeln. Die übliche Gebete erschallten laut hörbar im Circus, die Opfertiere standen bereit, wohl im Wissen, dass ihr Ende bald gekommen war. "Agite", riefen sie. Und nacheinander wurden die Tiere geschlachtet und erlagen innerhalb weniger Sekunden dem Tod. Die Anspannung unter der Bevölkerung stieg und die Deutung des Opfers schien sich eine gefühlte Ewigkeit lang zu ziehen. Doch das Ergebnis stelle sich als positiv heraus. Die Opfergaben wurden gedeutet und als positiv verkündet. Die Menge jubelte einen Moment lang und die Salii mussten nun wieder ihren Tanz aufnehmen. Mit einer kurzen Handgeste forderte Avianus dazu auf und fing anschließend selbst an...

    "Dann könnt ihr ja mit der Organisation der Opfergaben anfangen... ich werde derweilen die Züchter aufsuchen und Opfertiere besorgen. Legt alles bereit, was ihr dafür braucht und anschließend dekoriert ihr den Tempel nach eigenem Ermessen. Wenn ich zurück bin, sehen wir uns die Consulenunterkünfte an", meinte Avianus rasch und wandte sich nach einem Nicken von dem Sacerdos ab. Der Ager Laurens würde sein nächstes Ziel sein.



    Avianus presste die Zähne so hart zusammen, dass sie beinahe zu knirschen und zu brechen anfingen. Der Consul war überhaupt nicht erfreut über diese Begebenheit, womit Avianus eigentlich auch gerechnet hatte. So musste Avianus wohl oder über anderenorts trockenes Holz besorgen - vielleicht verkauften einige Bauern in dieser Gegend etwas. Es hatte wohl keinen Sinn, jetzt Holz hacken zu gehen.


    "Ich kümmere mich darum", kommentierte Avianus anschließend, während der Consul sich rasch von ihm entfernte. Und mit ihm auch seine Diener.
    "Du", zeigte er auf seinen Sklaven, "Trommele alle von unseren Sklaven zusammen, sie werden gebraucht." Und schon rannte der Diener los,.
    "Und du machst mein Pferd bereit. Und hole auch unsere Wägen." Der Aurelier war angespannt, und das nicht wenig.


    Die beiden Beamten des Cursus Honorum wurden relativ schnell, mit großer Zielstrebigkeit und Effizienz abgeschirmt und konnten ihr wichtiges Gespräch alsbald auch völlig unbelauscht und ganz unter vier Augen führen. Der Consul wurde misstrausisch, obwohl es nach Avianus´ Meinung keinen Grund dazu gab - lediglich einen Anlass, ihm schnell einige Männer zur Bewältung einer solchen Aufgabe zur Verfügung zu stellen oder das Holz gleich bei jemandem zu kaufen, der es fertig gehackt hatte.


    "Die größten Teile der Feier sind nun vorbereitet, es fehlt uns jedoch das Holz für das Feuer am Ende der Feierlichkeiten - ich wollte dies während der Feiern bewerkstelligen, habe meine Prioritäten jedoch auf die Feriae selbst gesetzt und entschieden, dass es besser wäre, dieses Holz jetzt sehr bald zu verschaffen. Die Gäste müssen davon ja nichts erfahren", legte Avianus seinen Standpunkt offen, obwohl er sich unsicher ob der Reatkion des Tiberiers war.

    Tatsächlich hatte Avianus sonst nie sonderlich viel mit der Organisation von Opfern zu tun gehabt, war er doch vorher in ganz anderen Bereichen von Politik tätig und sah sich hier in der Orginsation einer religiösen Feier auf einem ganz fremden Gebiet stehen. Aber zum Glück wussten die Sacerdotes Bescheid und waren im Zweifelsfall hier, so dass der junge Aurelier ohnehin fragen konnte.


    "Es wird sich sicherlich jemand finden lassen. Ich werde mich bei besagten Züchtern erkundigen", erklärte Avianus autoritär, "Wenn es sonst nichts gibt, mache ich mich an die Arbeit."