Pünktlich wie gerufen war Avianus heute in den Senatshallen erschienen, gewandet in der Toga Candida, mit makellosem Äußeren und gut durchdachter Rede im Gepäck. Obwohl er schon mehrfach in diesen Hallen als Kandidat stand, schon mehrfach vorsprach und dabei immer wieder von sich überzeugen konnte, so war jede Kandidatur auf ihre eigene Art eine neue Erfahrung für den Aurelier. So etwas wie Gewöhnung gab es hier nicht, denn jede Rede hier in diesen Hallen konnte anders verlaufen und dessen war er sich bewusst. Diese Tatsache und der Drang, sich beweisen zu müssen, um voranzuschreiten trieben den Aurelier immer wieder an, hier zu stehen und sein Bestes zu geben. Doch er war nicht mehr der unerfahrene, junge Vigintivir ohne Werdegang, der heute hier und jetzt seine Rede halten würde. Heute stand am Kandidatenpult ein ganz anderer Avianus, mit Erfahrung aus dem Vigintivirat, zwei Amtsperioden als Tribunus Laticlavius und an der Seite des damaligen Konsulen Tiberius Durus als Quaestor Consulum. Diese Male war es gut gelaufen - würde er die unendlich wertvolle Möglichkeit bekommen, seinen Werdegang weiter auszubauen?
Das würde sich bald zeigen, denn erneut war es soweit. Seine dritte Kandidatur im Bunde und noch war es ein mit Aufregung und Gedanken gefüllter Moment. Angesichts der Reden, die er schon gehalten hatte, kam er sich hier vor, als wäre dies seine Erste.
Avianus nickte dem amtierenden Konsulen freundlich zum Dank und trat hervor. Kurz sah er in die Menge, in die Senatoren, die gerade mit verschiedenen Dingen beschäftigt waren, die Avianus betrafen. Die einen nuschelten sich gegenseitig Worte ins Ohr, die anderen sahen gespannt in seine Richtung. Er fühlte die Blicke der gesamten Senatorenschaft in diesem Raum auf sich lasten. Bei seiner ersten Kandidatur waren diese erdrückend. Doch hatte er im Gegensatz zu damals gelernt, diese Last zu stemmen.
Er holte tief Luft, feuchtete seine Kehle an, bevor er mit seiner Rede begann.
"Patres Conscripti", rief er die Senatoren mit kräftiger Stimme an, "Ein weiteres Mal stehe ich hier vor Euch, dieses Mal um für das ehrenvolle und bedeutungsvolle Amt des Aedilis Curulis zu kandidieren! Einmal mehr bitte ich Euch um Eure Unterstützung und Euren Segen in meinem Vorhaben, Rom treu und ergeben zu dienen, meine heilige Pflicht als Senator Roms auch im Cursus Honorum erfüllen zu dürfen! Meine Pflicht zu der politischen Mitwirkung im Imperium Romanum ausüben zu dürfen! Meine Pflicht und mein Segen als Patrizier und Senator zugleich, im römischen Kaiserreich meinen Platz in der nächsten Stufe des Cursus Honorum einzunehmen!"
Damit war die Rede eröffnet und Avianus ließ seine Worte ein wenig in die Menge einwirken.
"Schon viele Pflichten habt ihr mir anvertraut, die ich erfüllt habe! Es fing alles mit meiner ersten Kandidatur als Vigintivir Litibus Iucandis an und setzt sich fort mit zwei Amtszeiten als Tribunus Laticlavius in der germanischen Legio II! Nach meiner Rückkehr wurde mir die wertvolle Gelegenheit zuteil, an der Seite des damaligen Konsulen Tiberius Durus als Quaestor zu dienen! Nach all jenen getanen Pflichten, die ich als wertvollsten Schatz in der Truhe meiner Erfahrungen ansehe, ehrte mich der Kaiser mit dem Senatorentitel! All jene Pflicht und jedes Amt, welche man innehaben kann, sind jedoch nichts ohne Hingabe und Treue zum römischen Reich! Beides kann ich vorweisen, beides werde ich in Leistungen umwandeln, um ein umso besserer Diener im Staate sein zu können! Wenn mir heute die Gelegenheit zuteil wird, ein weiteres Amt im Cursus Honorum auszuüben, so verspreche ich bei meiner Ehre, werde ich mein Amt pflichtbewusst und eifrig erfüllen! Auch bei meinen letzten Ämtern soll dieses Vertrauen nicht vergebens gewesen sein!
Heute stehe ich hier und ich bitte Euch darum, Senatoren Roms, mir erneut euer Vertrauen zu schenken, auf dass ich unserem glanzvollen Imperium zu noch mehr Glanz und noch mehr Ruhm verhelfen möge."
Damit war seine Vorstellungsrede beendet und Avianus holte erneut Luft, um sich für das Zuhören zu bedanken.
"Ich danke für Euer Gehör, Väter Roms!"