Musste denn alle Welt immer mit ihr streiten, wenn sie einen guten Einfall hatte? War es denn wichtig, wie viel er gekostet hatte oder wie brillant er war oder warum sie ihn an Vala schenkte? Konnte er nicht einfach die Klappe halten und mitspielen? Axilla verdrehte etwas hilflos die Augen.
“Nochmal, zum mitschreiben. Vala war mit mir nie im Bett. Er hat mich noch nie geküsst oder angefasst. Also, nicht auf die Art. Und er macht auch absolut keine Anstalten, das irgendwie zu ändern.“ Und zwar nicht die allerkleinsten. Vala war der perfekt tugendhafte Mann. Mehr noch, Axilla meinte manchmal, dass er sie als Frau wohl gar nicht wahrnahm, was sie dann trotz allen Verheiratet-Seins ärgerte.
“Und wieviel du gekostet hast, ist mir egal. Ich kann es mir leisten, dich zu kaufen und zu verschenken. Er hat nicht so viel Geld, zumindest nicht im Moment. Ich hätte ihm schon vor Tagen das Geld für dich geliehen, nur er wollte es nicht. Er will nichts von mir leihen, und schenken durfte ich es ihm auch nicht. Aber wenn ich dich jetzt habe und ihm schenke, dann kann er nicht nein sagen. Er wollte dich damals schon kaufen, nur konnte nicht. Das kann er nicht ablehnen, wenn ich dich schon gekauft habe und dich eigentlich nicht brauche, er aber schon. Dann ist es egal, wieviel Geld du gekostet hast.“ Wieso bloß verstand er das nicht, dass ihr die zehn Goldstücke absolut nichts bedeuteten?
“Und Archias darf nichts wissen, weil er sonst dasselbe denkt, wie du. Oder was wohl jeder denken würde. Dass ich dich ihm schenke, weil ich mit ihm ins Bett gehe. Aber das ist nicht so! Das stimmt nicht. Ich will doch nur... ach, das verstehst du sowieso nicht!“ Die letzten Worte waren gefaucht und entnervt. Warum zankte sie sich hier eigentlich mit einem Sklaven. Es war doch egal, warum er den Besitzer wechseln würde. Er musste nur die Klappe halten, sollte es doch dazu kommen, dass er irgendwannmal auf ihren Mann traf. Das würde sowieso nicht passieren, da dieser nicht in die Casa Iunia ging. Sie kümmerte sich allein um das Haus der Gens, damit hatte er nichts am Hut. Aber Axilla wollte einfach nicht, dass es aufflog.
“Mein Mann ist einfach vollkommen übergeschnappt, was Vala betrifft. Bei der Hochzeit von diesem anderen Aurelier mit der Tiberia hat Archias Vala ja eine Schüssel mit Süßspeise über den Kopf gelehrt, und seitdem ist er wie besessen von dem Gedanken, dass Vala sich rächen will. Und ich wurde im Frühjahr überfallen und...“ Sie blieb stehen und wartete, bis Sirius so nahe war, dass niemand sonst mithören konnte. “Ich hab ein Kind dabei verloren.“ Eigentlich wollte Axilla das nicht erzählen, aber sie war gerade zum einen in rage und zum anderen verstand er dann vielleicht, warum ihr Mann so verbissen war und warum der nichts wissen durfte. “Und mein Leibsklave wurde getötet. Und Archias denkt, dass das Vala war, aber das ist vollkommener Quatsch. Aber weil er das denkt, will ich nicht, dass er weiß, dass ich mich noch mit Vala treffe, und erst recht nicht, dass ich ihm etwas schenke.“
Beiträge von Iunia Axilla
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Bei seinen Worten stieg ein leichtes, wütendes Knurren in Axillas Kehle hoch, aber sie unterdrückte es. Zumindest das meiste davon. “Zunächst einmal teilt er mit mir nicht das Bett. Er ist ein guter Freund, und ich bin verheiratet.“ Sie ging zwei Schritte weiter, bis ihr noch eine zweite Stelle auffiel, die es zu dementieren galt. “Und den Kopf verdreht er mir auch nicht!“ So langsam glaubte sie Sirius machte das mit Absicht, um sie zu ärgern. Entweder das oder er war sehr hartnäckig der Meinung, Vala wäre ihr Geliebter.
Zwar etwas angesäuert, aber im Großen und Ganzen recht ruhig, begann Axilla also zu erzählen, was sie von Vala so wusste.
“Also, er wohnt bei Prudentius Balbus, also dem Präfekt der Prät... du weißt sicher, wer das ist, wenn du die ganzen Namen kennst oder?“ Ein fragender Blick, dann erzählte Axilla weiter. “ Er ist auch Scriba bei Senator Aurelius... dingens... der Blumen gern mag..der ältere.“ Axilla machte eine auffordernde Handbewegung, als könne sie damit den Namen aus ihrem Gedächtnis locken, aber er kam nicht, also erzählte sie weiter. “Mein Mann denkt, er will mich umbringen, was aber total verrückt ist. Er würde mir nie etwas tun. Aber deshalb mag mein Mann ihn nicht besonders, und deshalb darf er auch hiervon nichts wissen. Also, für den äußerst unwahrscheinlichen Fall, dass mein Mann mal in die Casa Iunia kommen sollte, was er sowieso nicht tut, dann weißt du von absolut nichts und hast den Namen Duccius Vala nie gehört, ja?“ Der Blick jetzt war fest und unnachgiebig. Das war Axilla wichtig. Sie hatte keine Lust, sich mit ihrem Mann noch mehr als so schon zu streiten, schon gar nicht wegen Vala. Dann kam er nur wieder damit an, dass dieser sie umbringen wollen würde.
“So... was noch? Achja, er hat einen Griechen als Lehrer. Ich weiß nicht wofür, wohl nicht griechisch, denn er kann es nicht oder nicht sehr gut. Und er kandidiert jetzt als Vigintivir, und will dann auch weiter machen, bis er Senator ist. Irgendwannmal. Noch was.... er ist nicht verheiratet und hat soweit ich weiß auch keine Kinder. Früher hat er gekämpft, ich weiß nicht wo. Er hat ein paar Narben auf dem Körper, aber er wird wütend, wenn man ihn darauf anspricht....“ Was konnte sie noch erzählen? Dass er wunderbare graue Augen hatte? Dass er sie mit einem Blick zum Schweigen bringen konnte? Dass er meistens dreinschaute, als wolle er einen Fressen? Und dass sie trotzdem gerne Zeit mit ihm verbrachte? Wohl kaum. “Gewöhnlich streiten er und ich uns, wenn wir uns sehen. Er nimmt manche Dinge sehr ernst, auch wenn er behauptet, dass es nicht so ist. Du solltest ihn vielleicht nicht unbedingt Barbar nennen... ja....“ Axilla fiel nun nichts mehr ein. Zumindest nichts, was sie ihm erzählen konnte, ohne ihn wieder auf die Idee zu bringen, Vala und sie würden doch das Bett teilen. -
Ob sie sich langweilte war wohl eine Fangfrage. Axilla konnte doch jetzt wohl nicht mit 'Ja, und wie!' antworten? Was würde dann Archias Vater von ihr denken? Axilla wusste, eine römische Matrone hatte zu ertragen, und zwar alles. Es war egal, ob ihr langweilig war, einer Matrone hatte nicht langweilig zu sein. Dann sollte sie weben und sticken und all das machen, was Axilla absolut gar nicht konnte. Und wofür auch keinerlei Notwendigkeit bestand, es zu können. Und sie kannte Calvaster gerade vielleicht eine halbe Stunde, und egal wie locker er zu sein schien oder wie freundlich er war: Sie kannte ihn erst eine halbe Stunde. Da würde sie mit ihm sicher nicht darüber reden, wie es ihr ging. Das tat sie noch nichtmal mit Menschen, die sie schon mehrere Monate kannte.
So suchte sie also nach einer Erklärung, was sie dann machte und holte etwas hilflos Luft, als zum Glück die nächste Frage kam. Alexandria. Das war einfach, da konnte sie erzählen, ohne sich etwas dabei zu denken. “Oh, in Alexandria steht mein Farbmischer, da hab ich dann oft vorbeigeschaut. Oder auf dem Xenai Agorai ein wenig gebummelt. Und ich hatte ja auch viel Arbeit, ich war ja Scriba des Gymnasiarchos und späteren Epistates. Und weil Urgulania ja auch Exegete war, hatten wir auch immer wieder besuch im Haus, mit dem ich mich dann unterhalten habe. Oder Freunde. Und wenn es wirklcih gar ncihts zu tun gab, bin ich in die Bibliothek und hab ein wenig gestöbert. Oder raus vor die Stadt zum Lacus Maetoris, ein wenig die Schiffe beoba...“
Die Tür ging auf und Calvaster schrie gerade noch rechtzeitig, bevor seine fein geschnitzte Pferdeherde hätte dran glauben müssen. Axilla brach ab – vor allem, weil sie ihren Satz vergessen hatte – und schaute zu Archias, der im Türrahmen lehnte und seltsam locker wirkte. Er scherzte auch ganz leicht und wollte sie entführen. Axilla war sich etwas unsicher, ob er das so meinte, oder ob er es um den Schein vor seinen Eltern zu wahren spielte.
“Geisel würde ich nicht sagen. Eher Komplizin“, versuchte sich Axilla auch an einem Scherz. Sie lächelte auch, aber es war nicht ihr echtes Lächeln und auch der Tonfall klang zwar fröhlich, traf es aber nicht ganz. Bestimmt genug, um Calvaster zu täuschen, aber bei Archias war sie sich nicht sicher.
Als er sie dann auch noch scherzhaft bedauerte, mühte sich Axilla mehr mit dem Lächeln, dass sie Calvaster schenkte. “Achwas, es war doch sehr schön und sehr lehrreich. Wir hatten viel Spaß.“ Eine Lüge, denn nach wie vor war sie sich nicht ganz sicher, ob Calvaster sie wirklich nur hergebracht hatte, um ihr das Spielzeug zu zeigen. Aber die klang nun wirklich echt.
Trotzdem ging Axilla gleich auf Archias zu, um aus dem Raum hinauszugehen. Wenn er ihr das Haus noch zeigen wollte, konnte er das machen. Vielleicht musste sie sich dann nicht mehr so viel verstellen wie im Moment. -
Sirius sagte nichts mehr. Er überlegte, und sie gingen langsam weiter. Vielleicht hatte sie etwas gesagt, was ihn überzeugt hatte? Wenn Axilla jetzt nur wüsste, was es gewesen war, ihr kam das Gesagte irgendwie so schwach und unlogisch vor. Nach rhetorischen Maßstäben waren ihre Argumente bestenfalls minderwertig, aber realistisch wohl eher grauenhaft. Und Axilla überlegte schon, was sie als nächstes tun sollte, wenn er weiter ablehnte. Ob er sich wohl bedrohen ließ? Axilla hatte noch nie ernsthaft jemanden bedroht, hegte aber keinen Zweifel daran, dass sie das könnte, wenn sie wütend genug war. Und wenn Sirius wieder ablehnen sollte, wäre sie wohl wütend genug, weil ihr Plan nicht funktionierte. Genug Phantasie hatte sie auch. Sie nahm einfach die ganzen grausligen Geschichten, die sie kannte, und suchte sich ein paar schöne Foltermethoden zusammen, die sie ihm androhen würde. Finger brechen. Nägel rausreißen. Sowas eben. Ihr fiel dann schon was ein. Auch wenn sie sowas nicht tun würde – außer, er forderte sie wirklich heraus, weil er dachte, sie traue sich nicht – sie konnte ja so tun, als würde sie das machen. Konnte er ja nicht wissen, dass sie das nur sagen würde, um ihm Angst zu machen.
Sie gingen schon eine Weile, und Axilla hatte inzwischen ein ganzes Repertoire an Abscheulichkeiten angesammelt, die sie ihm im Falle der Nicht-Kooperation androhen wollte, als er einlenkte. Einfach so. Naja, er beschrieb Vala etwas merkwürdig. Mord im Blick? Axilla sah viele Dinge, wenn sie ihm in die grauen Augen sah. Stärke. Entschlossenheit. Zuversicht. Selbstvertrauen. Sicherheit. Aber Mord? Das klang abscheulich und unrecht, und sowas sah sie nicht.
“Also bist du einverstanden, dass ich dich ihm schenke?“ fragte sie ihn noch einmal. Sicher war sicher. -
Naja, du bist ein Sklave, du bist nicht frei. Dein Herr kann mit dir im Grunde machen, was er lustig ist. Das geht von Knuddeln und mit Wattebällchen bewerfen bis hin zu verprügeln und einsperren (wobei letzteres die wenigsten machen, keine Sorge
) Man sollte sich dessen bewusst sein, dass man eben keinen freien Bürger spielt, der mal fröhlich über den Markt streift und Sachen für sich einkauft, sondern eben einen Sklaven.
http://www.imperiumromanum.net/cms.php?a=v&p=378
Da hat sich Iulia Helena mal viel Mühe gegeben, das alles gut und anschaulich zusammenzufassen. Vielleicht einfach mal in Ruhe lesen
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Es gibt hier 2 Arten von Sklaven. Einmal solche, die - wie du schon richtig festgestellt hast - richtige ID's sind. Du kannst ja bis zu 3 ID's haben, und davon ist eben eine ein Sklave.
Den kannst du genauso anmelden wie einen Peregrinen oder einen Römer auch, und bei der Erstellung kannst du dir aussuchen, ob du schon einen Besitzer haben willst (der dem dann zustimmen muss, ähnlich der Zustimmung durch eine Gens), oder ob du dich von unserem guten Titus Tranquillus in einem Ort deiner Wahl verkaufen lassen möchtest und damit den Besitzer kriegst, der eben am meisten für dich zahlt
Mit so einer ID kannst du (mit den üblichen EInschränkungen für Sklaven) genauso verfahren wie mit deiner Haupt-ID, also du kannst damit irgendwo im IR spielen. Du musst nicht zwangsläufig mit allen deinen ID's in einer Stadt sein.Die zweite Art von Sklaven betrifft Patriziersklaven. Um den Lebensstandard eines Patriziers zu simulieren dürfen sich Patrizier-ID's eine zusätzliche, 4. Sklaven-ID zulegen, die aber nicht verkauft werden darf. Manche nehmen das in Anspruch, andere nicht.
Ich hoffe, ich konnte dir helfen
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Eine ganze Tirade an Gründen kam daher, warum Axilla Sirius nicht hergeben sollte, aber nicht etwa bittend oder überredend, nein, im Befehlston! Axilla war davon im ersten Moment so verblüfft, dass sie einen Moment brauchte, um zu verstehen, worauf er mit seinen letzten Sätzen anspielte. “Ich will aber nicht mit dir ins Bett!“ empörte sie sich lautstark. Als sie die sichtlich belustigten Blicke der umstehenden Leute bemerkte, lief sie leicht rot an, teils aus Scham, teils aus Wut, und zog Sirius einfach mit sich mit. Das konnte sie nicht hier ausdiskutieren. Überhaupt, warum diskutierte sie? Sie hatte ihn gekauft, sie konnte ihn schenken, wem sie wollte! Nur wäre Vala wohl wenig begeistert von einem mürrischen und zickigen Sklaven, der ihn als Barbaren betitelte. Axilla erinnerte sich noch an die Diskussion, die sie geführt hatten, nur weil ihr dieses Wort herausgerutscht war.
Erst nach einer Weile blieb sie wieder stehen, diesmal an einer ruhigeren Ecke, und sah Sirius eindringlich an. Verdammt, warum konnte er nicht einfach mitspielen? Sie wollte ihm doch nichts böses, und bei Vala war sein Talent sicher nicht verschwendet. “Gut, hör mir zu... Also, Vala ist kein Barbar. Egal was du gehört hast, er ist ein ehrbarer und aufrechter Mann. Er hätte dich vor ein paar Tagen schon selber gekauft, nur hat er nicht so viel Geld, und er ist viel zu stolz, es von mir zu leihen. Ich weiß noch nichtmal, ob er zulässt, dass ich dich ihm schenke.
Aber bei ihm wärst du richtig. Er braucht jemanden, der ihm griechisch beibringt, und von mir würde er es nicht lernen wollen. Er braucht jemanden, der ihm hilft mit der Nobilitas und den Namen und das alles.“ Auch wenn Axilla das bis gerade eben nicht gewusst hatte, es passte einfach so prima. “Er kandidiert gerade als Vigintivir, und da braucht er das alles. Und ich werde nicht zulassen, dass sein Stolz ihn daran hindert. Oder dein Stolz! Vor ein paar Tagen hast du dich noch prima mit ihm unterhalten. Also bitte. Bitte. Versau das nicht.“ Axilla atmete noch einmal durch. Sie wollte doch nur... sie wusste es selbst nicht so genau, aber sie wollte Vala helfen. Nicht uneigennützig, denn sie wollte, dass Vala sah, dass sie ihm half. Aber das ging nicht, wenn Sirius so bockte, oder mit ihr ins Bett wollte. “Er ist wirklich kein Barbar. Er ist der klügste Mann, den ich bisher getroffen habe, mit scharfsinniger Beobachtung und... tiefen, philosophischen Gedanken, und Mut, und Ehre, auch wenn er das bestreitet, und... lern ihn doch erstmal kennen, bevor du über ihn urteilst.“ Axilla ging die Munition aus. Wie sollte sie ihn denn überzeugen? -
Zehn Ellen? Vala war groß, aber wenn er 5 Ellen erreichte, war das auch schon viel. Wahrscheinlich sogar zu viel. Und er war ziemlich kräftig, zumindest kräftig genug, um sie vom Aventin bis zur Casa Iunia über die Schulter geworfen zu tragen wie ein Sack Korn. Gut, sie wog nicht so viel wie ein Sack Korn. Dennoch. Aber so, wie Sirius das sagte, hörte es sich irgendwie negativ an, und ein leichtes Grummeln stieg in Axilla wieder auf. Doch diesmal hatte sie sich besser im Griff.
Vor allem, da sie ihn aus dem Konzept brachte. Sie ging schon weiter, um in Richtung Casa Iunia zu gelangen, als Sirius mit seinen Beschreibungen von Vala aufhörte und nochmal nachfragte. “Ja, ich werde dich verschenken an den barbarischen Riesen mit einem Hauch von Güte.“ Axilla warf Sirius ganz kurz einen leicht beleidigten Blick zu, hatte sich aber dann wieder unter Kontrolle. Und kurz danach schalt sie sich eine Idiotin, weil der Sklave jetzt ja erst recht denken musste, sie steige mit Vala ins Bett! Sie wandte die Augen kurz gen Himmel, aber keiner der Göttlichen fühlte sich berufen, ein bisschen kosmischen Verstand hinunterzuschmeißen.
“Allerdings nicht sofort. Erstmal gehen wir in die Casa Iunia.“ Eigentlich hatte Axilla ihren genialen Plan anders vorbringen wollen. Eben irgendwie... genialer. Nur klang er ihr jetzt immer mehr danach, als wäre Sirius ein Geschenk an einen Liebhaber, was von Genialität weit weg war. “Deshalb kriegst du auch kein Zeichen. Also, ich lasse meinen Sklaven sowieso nichts einbrennen. Wie Vala das dann macht, weiß ich nicht. Ich werde ihn in den nächsten Tagen einladen, wenn er Zeit hat, und dich ihm dann schenken.“ Irgendwie klang das ganz und gar nicht mehr genial. -
“Axilla“, meinte sie nur bei der sicher angebrachten aber doch ungewohnt förmlichen Anrede, die Sirius wählte. “Sag einfach domina Axilla, wenn wir so miteinander reden.“ Auch wenn sie ihn wieder hergeben würde, diese förmliche Distanz lag Axilla einfach nicht. Außerdem redete sie keiner ihrer Sklaven so an.
Allerdings änderte sich Axillas Gesichtsausdruck recht rasch, als Sirius anfing, sich an ihren Namen zu erinnern. Und an den ihres Ehemannes. Und als er meinte, sie habe sich hochgeschlafen, schnappte sie einmal nach Luft und blieb abrupt stehen, um ihn geschockt anzustarren. “Hochge... also... das...jetzt hör mal! Auch wenn mein lieber Vetter alles daran gesetzt hat, den spärlichen Einfluss meiner Gens noch weiter zu schmälern, hatte es noch keine Iunia nötig, sich irgendwo hochzuschlafen, ja?! Meine Familiengeschichte ist 600 Jahre alt und voll von Senatoren und Konsuln und... anderen.“ Tyrannenmördern, um genau zu sein. “Und Titus Duccius Vala ist sicher niemand, den man zu Kleinholz verarbeiten sollte, oder der das mit sich machen lassen würde! Er ist ein ehrenhafter und aufrechter Mann und ein guter Freund!“
Axilla schaute noch einmal zornig und stapfte dann los, die Hände zu Fäusten geballt und murmelte etwas vor sich hin, wobei ein “Ich glaub's ja nicht...“ mehrfach vorkam und auch verständlich war, weil sich dabei ihre Stimme immer leicht hob. Das dachten also die Leute von ihr? Dass sie sich hochgeschlafen hatte? Eigentlich sollte sie das nicht aufregen, im Grunde bedeutete so ein Ruf, dass sie eine gewisse Skrupellosigkeit besitzen würde. Und ein Fünkchen Wahrheit war ja auch daran, sie hatte mit Archias geschlafen, ohne verheiratet zu sein. Aber nicht aus Kalkül oder gar, weil sie ihn da hatte heiraten wollen. Sie hatte schlicht mit ihm schlafen wollen. Nichtmal mit ihm, mit irgendeinem Mann. Auch wenn sie ihn damals schon gern gehabt hatte. Aber es störte sie, zumindest im Moment.
Levi wiederum kannte schon die Ausbrüche seiner Herrin, bei dem gern mal die eine oder auch andere Puderdose ihr Leben ließ und zuckte nur einmal für Sirius mit den Schultern und deutete ihm, einfach zu folgen, bis der Anfall vorbei war. Das ging normalerweise recht rasch.
Und auch hier waren sie noch nicht einmal vom Markt runter, als schon Axillas Körperhaltung verriet, dass sie sich abreagiert hatte. Die Schritte wurden langsamer, unsicherer, sie kratzte sich am Unterarm. Ab und zu blickte sie verstohlen zu Sirius hin und kaute sich auf der Unterlippe herum. Auch wenn er nur ein Sklave war, er konnte ja nichts dafür. Er konnte es ja nicht wissen. Und Axilla war kein herrschsüchtiges Weib. Sie hatte ihre dunklen Momente und es gab auch Dinge, die sie nicht verzieh, aber das hier gehörte nicht dazu. Dennoch brauchte sie zwei Anläufe, ehe sie etwas sagte. “Tut mir leid. Ich wollte nicht... so laut werden. Es ist nur...“ Ja, es war nur, dass er Vala verbal angegriffen hatte. Bei ihr selber hatte es sie auch geärgert, dass er gemeint hatte, sie hätte sich hochgeschlafen, aber das Tröpfchen zuviel war, dass er Vala zu Kleinholz verarbeiten wollte. Aber das konnte sie so nicht sagen, ohne sich total lächerlich zu machen! Als nächstes dachte der Sklave dann noch, sie wäre ihrem Mann untreu. “... also, ich hab dich nicht für mich gekauft.“ Halber Themenwechsel, aber genug, um abzulenken. Hoffte Axilla zumindest. -
Jeder fand wohl eigene Wege mit dem umzugehen, was am Rand des Bewusstseins schlummerte. Axilla hatte ihre eigenen Geister und Dämonen, die sie von Zeit zu Zeit geißelten. Aber sie ließ es einfach nicht zu, dass diese sie daran hinderten, das zu tun, was sie tun musste. Sie ließ die Angst einfach nicht zu. Jeder Mensch hatte Angst, die Frage war nur, ob man sich davon beherrschen ließ oder nicht. Ihr Vater hatte ihr das gesagt, als sie klein war und ihn einmal gefragt hatte, ob er keine Angst hatte, wenn die Gegner kamen und er kämpfte. Und Axilla hatte schon damals beschlossen, sich nicht von ihrer Angst beherrschen zu lassen. Niemals.
Und daher schwankte sie zwischen Gereiztheit und Mitleid, als Serrana in ihren Augen jammerte, welche Ängste sie denn litt. Axilla konnte damit nur nicht wirklich was anfangen. Es war doch ganz gleichgültig, wie man starb, und dass man starb, das stand so oder so fest. Menschen waren sterblich, so war das eben. Das war weder etwas schreckliches noch entsetzliches und auch nichts furchterregendes. Was machte es da also für einen Unterschied?
“Ich versteh dich nicht. Macht es einen Unterschied, ob du bei einer Geburt stirbst oder bei etwas anderem?“ Axilla konnte das einfach nicht nachvollziehen. Und dass Serrana jetzt herumlief, machte das ganze auch nicht besser, verlieh es ihrer Unsicherheit doch nur noch weiter Ausdruck. “Und du bist doch Priester, da siehst du jeden Tag jede Menge Blut, oder bist du nur im Tempel der Flora?“ Immerhin war die die einzige Göttin, die keine blutigen Opfer annahm, soweit Axilla wusste. “Und der einzige Weg, um auszuschließen, dass du bei einer Geburt sterben könntest, besteht darin, dass du dienen Tod selbst wählst. Aber Dis holt uns auf die Weise, die ihm gefällt. Nur dass er uns holt, das ist sicher. Auf das Wie haben wir nur dann Einfluss, wenn wir ihm die Arbeit abnehmen.“
Was sollte Axilla denn sagen? Serrana musste ihren Weg finden, mit ihrer Angst zu leben, wie jeder andere auch. “Du kannst nicht ständig in Angst leben. Was ist das denn für ein Leben?“ Axilla konnte sich nichtmal vorstellen, ständig so verschreckt zu sein. Auch wenn sie schüchtern reagierte, wenn sie unsicher war, und sich zurückhaltend verhielt, aber solche unverständliche Angst, die ließ Axilla schlicht nicht zu. Daher konnte sie damit auch nichts anfangen. -
“Und das macht sie allwissend, oder was?“, fuhr Axilla auf, deutlich ungehalten wegen Serranas Treugläubigkeit, die absolut nichts hinterfragte. Abgesehen davon, dass Axilla sich sicher war, recht zu haben. Die Vestalinnen waren für vieles zuständig, aber nicht für die Zukunft und den Willen der Götter. Dafür gab es Auguren, Haruspices und Orakel, die Sybillischen Bücher auch noch. Aber nicht den Kult der Vesta – wobei sie den noch nie so genau mitbekommen hatte. Immerhin war sie in Tarraco aufgewachsen und dann nach Alexandria gegangen, und Vestalinnen gab es nunmal nur in Rom.
Nur, weil man den Vestalinnen Respekt entgegen brachte war das für Axilla noch lange kein Grund, sie zu behandeln, als seien sie allwissend. Das waren sie nämlich ganz sicher nicht! Sie hatten Fehler wie jeder andere Mensch auch, einige von ihnen brachen ihr Gelübte oder gaben sich anderen Lastern hin. Das war ebenso bekannt wie die eigentliche Tugendhaftigkeit, die sie haben sollten. Und für Axilla war das Grund genug, wegen Serranas Frömmelei da aus der Haut zu fahren.Und dass sie nicht wollte, dass Sedulus das wusste, konnte Axilla auch verstehen. Wenn der Mann nur einen Funken Verstand im Leib hatte, würde er genau dasselbe sagen wie sie: Nur, weil Romana komisch war, hieß das nicht, dass Serrana sterben musste. Sie fragte sich nur immer mehr, warum ihre Cousine ausgerechnet sie damit hineingezogen hatte. Sie musste wissen, dass Axilla das für Unfug hielt.
“Ich versprech gar nichts“, wich Axilla abwehrend zurück. Wär ja noch schöner, wenn sie sich in diese Verrücktheit so mit reinziehen ließ! “Und du solltest dir überlegen, ob du Drogen nehmen musst, um zu schlafen. Die verwirren einen.“ An und für sich war an einem Rausch nichts schlechtes, auch nicht an einem Drogenrausch. Auch Bacchus wollte geehrt werden, ab und an mal, und das Gefühl war ja befreiend. Aber wenn Serrana nur noch so schlafen konnte, war das bedenklich.
Axilla blieb wieder stehen, atmete einmal durch und sah Serrana streng an. Im Moment fühlte sie sich ganz schrecklich erwachsen und weise, aber das war im Moment auch nicht weiter schwer. “Du kannst doch nicht dein ganzes Leben lang Angst haben, zu sterben. Dir kann auch ein loser Ziegel auf den Kopf fallen, der dich erschlägt, oder das Haus kann einstürzen, oder du wirst überfallen...“ Kurz stockte sie, weil sie an Leander dachte, und schüttelte den Kopf, als ob sie den Gedanken abwerfen müsse. “Vielleicht stirbst du bei der Geburt, kann auch sein. Aber jetzt anzufangen, Panik zu haben, wo man noch nicht einmal einen Bauch sieht und das Kind noch abgehen kann, ohne dass es jemand merkt, ist albern. Also lass das mit den Versprechungen.“ -
Einfach nur schnitzen und anmalen? Einfach so? Axilla sah sich die Ausbeute der Jahre an, die hier im Raum verteilt stand und fragte sich einen Moment, ob das sowas wie eine Flucht nach innen wohl war. Und sie kam auch sehr rasch zu der Entscheidung, dass sie sowas nicht könnte, einfach dasitzen und ein Stück Holz bearbeiten, auch noch über Jahre hinweg immer und immer wieder, weil ihr etwas nicht passte. So schüchtern und still und leise sie auch war, wenn sie dachte, dass sie Schuld an etwas trug, so wenig konnte sie ertragen, wenn sie keine Schuld an etwas hatte. Sich so zurückzuziehen und sowas zu machen, das würde bei ihr nie funktionieren.
Und dann fing Calvaster an, sie solle Figuren anmalen. Axilla besah sich die Äffchen und den Feldherrn, rührte sie aber nicht an. Sie sollte jetzt anfangen, und sie anmalen? Und das einzige gute Kleid, das sie mit hatte, mit Farbe bekleckern, so dass seine Frau später nur noch viel wütender auf sie war? “Ich halte das nicht für so eine gute Idee. Ich meine, das sind doch deine Figuren, da solltest auch du sie anmalen...“ Es war eine Ausrede, aber Axilla fiel kein anderer Weg ein, höflich abzulehnen. Sie konnte hier jetzt nicht anfangen, mit Farbe rumzupanschen. Außerdem war ihr künstlerisches Talent bestenfalls mittelmäßig.
Und dann kam auch schon die frage, was sie in ihrer Freizeit machte. Ähm... nichts?“ Das war es ja, Axilla langweilte sich, weil es zuviel Zeit gab, in der sie ncihts zu tun hatte. “Ich kümmer mich um meine Betriebe oder geh zum Markt oder les etwas...“ Axilla zuckte die Schultern. Was sollte sie denn groß tun? Figuren schnitzen? Das war nichts für sie. -
Gar keins? Axilla verstand nicht, was er meinte. Er hatte keins gemacht? Aber er hatte doch genickt? Das war verwirrend. Und die geschlossene Tür war beunruhigend. Und überhaupt kam Axilla sich gerade vor wie ein Eindringling. Ein wenig verlegen kratzte sie sich am Arm und nickte, als er fragte, ob sie ihr gefielen. “Ja, die sind sehr hübsch. Und was machst du mit all den Sachen?“ Axilla hatte hier keine kleinen Kinder gesehen, aber sie war ja auch noch nicht lange hier. Vielleicht hatte Archias ja irgendwelche Nichten und Neffen, von denen sie nichts wusste. Wobei sie meinte, er wäre Einzelkind....? Egal, es war ja nicht so wichtig, und Calvaster würde sie sicher aufklären.
Zu der Sache mit Caenis hielt sie wohlweißlich den Mund. Schwiegermutter... das Wort klang seltsam. War Caenis das jetzt für sie, eine Schwiegermutter? Axilla hatte ja schon Probleme, damit klarzukommen, was mit ihrer eigenen Mutter gewesen war. Wie diese gewesen war. Sie wusste nicht, ob sie schon reif für eine Schwiegermutter war.
“Helfen?“ Axilla wurde etwas aus ihren Gedanken gerissen und sah nur verwirrt zu Calvaster, der mittlerweile in seinem Sessel saß. Was sollte sie ihm helfen? Sie hatte noch nie geschnitzt, zumindest nicht sowas. Wozu auch? Oder meinte er etwas anderes? Die Angst von vorhin kam wieder, auch wenn Axilla sich einredete, dass das Unsinn sei, dennoch sah sie ein wenig ängstlich zu dem älteren Mann herüber und spielte die Unwissende. -
Axilla hatte vieles, aber keine zarten Frauenhände. Und als Calvaster danach griff, zuckte sie im ersten Moment auch erschreckt zurück. Allerdings hielt er sie den kurzen Moment fest, und danach ließ es Axilla unsicher über sich ergehen, dass er ihre Finger so genau unter die Lupe nahm. Nach der langen Zeit, die sie keine Arbeit mehr hatte, konnten keine Tintenflecken mehr vom Schreiben an den Fingern sein, dennoch schaute sie instinktiv darauf, ob da nicht doch ein Fleck wäre. Aber da war nichts, so sehr Calvaster auch zu suchen schien, bis er schließlich zufrieden schien und sie mitnahm.
Als Axilla ihre Hand wieder hatte, barg sie sie erst einmal instinktiv schützend an ihrer Brust. Das ganze kam ihr reichlich seltsam vor. Und als Calvaster sie dann noch an einen abgelegenen Raum führte und davon zu reden anfing, dass man sich besonders während einer Ehe 'entspannen' müsse, dachte Axilla an etwas völlig anderes. Sie blieb einen Schritt zurück und sah Archias Vater erschreckt an. Der meinte doch jetzt nicht etwa, dass er seine neue Schwiegertochter in jeder Beziehung auf Tauglichkeit als Ehefrau prüfen könnte? Hatte er deshalb vorhin ihre Hand so angesehen, um zu begutachten, ob sie seinem Gemächt auch schmeicheln würde und nicht zu rauh wäre? Axilla machte einen Schritt von der Tür weg und den Mund auf, aber ihr wollte keine Ausrede einfallen. Was sollte sie sagen? Konnte sie sich überhaupt weigern? Würde Archias ihr glauben, wenn sie ihm das erzählte? Sein Vater schien doch so nett zu sein! Und offenbar war der Raum auch abschließbar, denn er zog irgendwoher einen Schlüssel hervor und entriegelte damit das Schloss. Die Muskeln in Axillas Oberschenkeln zuckten schon, als sie mit aller macht den Fluchtreflex unterdrückte.
Aber dann öffnete er schon die Tür, und anstatt einer Lasterhöhle oder auch einem Bett oder nur einem Ballen Stroh kam etwas anderes zum Vorschein. Spielzeug. Jede Menge Holzspielzeug. Soviel, wie Axilla noch nie gesehen, geschweige denn besessen hätte. Der Fluchtreflex verschwand und machte unsicherer Neugier platz, als Axilla den Raum betrat und sich umsah. Ihre Hände streiften über die Tiere und Soldaten, die alle in mühevoller Kleinarbeit gefertigt worden waren. “Du hast die alle gemacht?“ fragte Axilla noch einmal nach und nahm dann ein geschnitztes Pferd einmal in die Hand, drehte es ein wenig, ehe sie es wieder hinstellte. Sie kaute auf ihrer Unterlippe herum, wie immer, wenn sie nicht so recht wusste, was sie sagen sollte. “Das ist viel Spielzeug...“ -
Dass Calvaster sich über irgend einen Teil ihrer Worte wunderte, entging Axilla komplett. Sie schaute sowieso die meiste Zeit entweder etwas verträumt ins Wasser oder auf die Pflanzen oder auf die Gebäude, und nur dann und wann zu dem Mann neben ihr. Vor allem, als er dann anfing, dass jemand wie sie jemand dabei haben sollte, weil sonst sonstwas passieren konnte. Axilla hielt eher eisern ihr leichtes Lächeln bei, auch wenn sie wohlweißlich den Kopf abwandte, damit Calvaster nicht ihre Augen sehen konnte. Sie war geübt darin, ihren Schmerz zu verbergen und hinter scheinbar unsinniger Fröhlichkeit zu verstecken, und auch jetzt machte sie sich innerlich hart und schob die Gedanken weit von sich. Sie lächelte einfach schweigend weiter und betrachtete scheinbar fasziniert eine Hummel, die von Blume zu Blume flog.
“Ich kann auch nicht so viel mit Pflanzen anfangen. Ich hab immer Angst, ich mach sie kaputt“, gestand sie, um nicht allzu lange zu schweigen und um subtil von den unangenehmen Themen abzulenken.
Dass er aber von einer persönlichen Leidenschaft als Sockenschuss redete, machte Axillas Schmunzeln doch wieder ein stückweit echter, auch wenn sie sich beherrschen musste, nicht zu amüsiert dreinzuschauen. “Gerne. Also, wenn du es mir zeigen magst. Und... ähm... ich weiß ja nicht, wie lange Caius badet....“ Sie wusste jetzt nicht, ob das Absicht war, dass sie allein mit Calvaster war, damit sich sein Vater ein Bild von ihr machen konnte, oder ob Archias nicht doch eigentlich auf sie wartete. -
Von der schneeweißen Marmortribüne aus hatte man einen wunderbaren Blick in die Arena. Axilla saß neben ihrem Gastgeber, einem Mann in den Vierzigern mit fein säuberlich rasiertem Gesicht und strengen Augen. Er hatte sich als Spurius Iuventius Murcus vorgestellt, und Axilla hatte einen Moment gebraucht, ihre eigene Neugier bezüglich seines Namens in Neugier zu dem, was auf dem Platz vorging, umzuwandeln. Immerhin war er der erste Spurius, den sie traf, und dieser Name war nichts weiter als eine Andeutung, dass ein Kind außerhalb der Ehe geboren war. Immerhin bedeutete Spurius 'unehelich' oder 'vaterlos'. Besondere Kreativität konnte man den Römern beim Finden von Namen wohl nicht vorwerfen.
Aber Axilla beherrschte sich, was wohl auch ganz gut war, und sah sich an, was in der Arena so vor sich ging. Pfähle steckten in dem sandigen Boden, und angetrieben von einem Mann, der früher wohl mal selbst Gladiator gewesen sein mochte, nun mit aber sicherlich 35 oder noch älter wohl nicht mehr in die Arena ging, hieben einige bewaffnete Männer gehorsam auf einzelne stellen dieser Pfähle ein, immer und immer wieder. Es hatte etwas mechanisches an sich, diese steten Wiederholungen, so dass Axilla beim Zuschauen beinahe in eine Art Trance verfiel und gar nicht mehr so richtig aufpasste. Unterdessen erzählte Murcus in einem fort. “Wie du siehst, sind alle unsere Kämpfer gut ausgebildet und gesund. Wenn du einen erwerben möchtest, ist der Preis selbstverständlich von der Erfahrung und der Bekanntheit des Gladiators abhängig. Du wirst verstehen, dass die Unterbringung und die Ausbildung hier teuer ist und diese Aufwendungen vor allem dadurch wieder gedeckt werden, dass der Gladiator Erfolgreich ist und das Publikum für sich gewinnen kann...“
Axilla hörte nur so halb zu, während sie ihren Blick über den Platz schweifen ließ. Nur immer wieder nickte sie oder schenkte ihrem Sitznachbarn ein bewunderndes Lächeln, um diesem den Eindruck zu vermitteln, sie hinge an seinen Lippen. Allerdings interessierte sie das genau Hin und Her der wirtschaftlichen Aspekte gar nicht. Für sie war der Name nicht wichtig, und auch der Preis nur insofern, ob sie es sich leisten konnte oder eben nicht. Überhaupt, sie wollte ja gar nicht kaufen und war nur hier, weil Levi sonst geschmollt hätte. Und damit sie beim nächsten Streit zu ihrem Mann sagen konnte, sie hätte sich schon umgesehen, aber nichts passendes gefunden.
Ihr Blick blieb auf einem großen Kerl hängen, einem Thraker, denn er trug Schwert und schuld und den Helm mit dem stehenden Kamm. Murcus bemerkte es und nickte einmal fast anerkennend. “Theodikles. Vielleicht hast du ihn schon einmal gesehen. 4 Jahre ist er jetzt hier, 12 Siege. 28 Jahre alt. Einer unserer Besten, wenngleich in einem Alter, wo er bald damit aufhören muss auf die eine oder andere Weise.“
Die meisten Gladiatoren starben, bevor sie 30 waren. Es war eben ein sehr gefährlicher Beruf. Ein Kampf konnte das Leben beenden. Wenngleich sie auch nur vielleicht 3 Mal in einem Jahr wirklich in der Arena kämpften. Vielleicht war es deswegen, dass es immernoch einige junge Männer gab, die für sich freiwillig dieses Los wählen wollten. Oder, weil die Zeit, in der man hier drinnen sonst lebte, außer vom Training noch erfüllt war mit dem Ruhm und der Bewunderung der Massen. Und Medizin, Kleidung, Nahrung.
Axilla kümmerte es wenig, sie schaute schon weiter, diesmal zu einem Dimachaerus. Mit zwi Schwertern hieb er auf seinen Pfahl. Immer erst einmal auf Kopfhöhe, wo das Schwert nur leicht gegen das Holz tippte, dann blitzschnell auf Brusthöhe mit der zweiten Klinge, dicht gefolgt von der ersten nur etwas höher und kräftiger. Es sah sehr interessant aus, dem Fliegen der beiden Schwerter zuzuschauen. “Simonides, 8 Siege. Ich würde ihn dir für 3000 Sesterzen überlassen. Wenn du ihn weiter hier trainieren willst, kostet das natürlich dann weiterhin einen kleinen Obulus...“
Axilla winkte leicht ab. Sie wollte ja eigentlich gar nicht kaufen, erst recht nicht, um denjenigen weiter trainieren zu lassen, dass der in ihrem Namen weiter Siege einfuhr. Sie wollte... eigentlich gar nichts. Sie wollte dass Levi nicht böse war, weil sie es nicht versuchte. Sie wollte, dass Archias aufhörte zu nerven. Das wollte sie.Etwas seitlicher, fast am Rand, trainierte noch ein Gladiator. Weil es heiß war und er schwitzte nahm er den Helm ab und wischte sich mit dem Unterarm über die Stirn. Auch ein Thraker. “Und der da?“ fragte Axilla eher beiläufig. Sie fand es nur interessant, dass er als einziger grade nicht trainierte, sondern verschnaufte.
Murcus neben ihr war aber wohl nicht so freundlich neugierig, seine Augen verengten sich kurz und ein unwilliger Zug strich um seine Mundwinkel. “Ein Idiot...“ kam es kurz unwillig, als er dem Trainer kurz zunickte und dann in die Richtung deutete. Er schien nicht wirklich wütend auf den Mann zu sein, denn sogleich wandte er sich wieder den nächsten Gladiatoren zu. “Dort hinten, werte Iunia, haben wir noch einen vielversprechenden Parther. 4 Siege bisher in einem Jahr, 24 Jahre alt...“
Axilla hörte ihm nicht zu. Sie beobachtete, wie der Trainer auf den Mann zuschritt und dieser nach einem gebellten Befehl Haltung annahm. Und danach erstmal einen heftigen Schlag ins Gesicht einstecken musste, gefolgt von einer Tirade übler Schimpfworte, die alle mehr oder minder zum Inhalt hatten, dass er in der Arena seinen Helm nicht einfach abnehmen konnte, egal, wie warm es auch sei. Axilla sah in das Gesicht des Mannes, dessen Lippe jetzt blutete und der trotzdem einfach nur dastand und nichts erwiderte.
“Kann ich mit ihm sprechen?“ fragte sie aus heiterem Himmel, als Murcus ihr gerade etwas über einen Inder erzählen wollte, so dass ihr Gesprächspartner kurz aus dem Konzept kam. “Sicher, du kannst mit jedem Gladiator reden?“ Sein Blick folgte dem ihren, und ging wieder zurück zu ihr. “Ich sollte dir sagen, dass dieser Mann schon 29 Jahre alt ist und erst spät zu uns kam.“
“Das macht nichts. Gehen wir hinunter, oder kommt er herauf?“ Axilla interessierte doch das Alter nicht. Sie interessierte dieser Blick. Auch wenn sie ihn wohl nicht kaufen würde. Aber es machte sie neugierig.
Murcus musterte sie kurz, sichtlich nachdenklich, ehe er antwortete. “Er kommt hinauf. Allerdings nicht hier auf die Tribüne, sondern dort oben in einem Raum. Wenn du mit ihm ein wneig allein sein möchtest, gibt es da natürlich auch andere Möglichkeiten...“
Axilla blinzelte verwirrt, bevor sie verstand, was er meinte, und rot anlief. “Nein, ich will mich nur unterhalten.“
Der Iuventier nickte und stand auf. Er rief kurz nach dem Trainer und gab dem dann ein Zeichen, woraufhin der nickte und nochmal an der Rüstung des Mannes ohne Helm rüttelte, als wolle er ihn gleich in den Sand schmeißen. Dann gab er ihm mit ein paar harschen Worten zu verstehen, er solle sich vom Acker machen und nach oben gehen.
Axilla sah, wie der Mann zum Ausgang ging. Nur einmal blickte er kurz zu ihr hoch, so dass sich ihre Blicke trafen. -
Das schiefe Lächeln bemerkte Axilla noch immer grinsend. Natürlich war das nicht ihr ernst gewesen, sie war nur aufgekratzt und daher etwas alberner als sonst. Aber das musste man sich ja auch mal vorstellen, sie kaufte so einen teuren Sklaven, und noch nicht einmal für sich! Oh, sie hoffte nur, dass Vala nicht böse deswegen auf sie war. Sie wollte ja gar nicht daran glauben, dass er mit ihr dafür lachend durchs Atrium tanzen würde, für sie wär es schon schön, wenn er sich einfach nur einmal richtig freuen würde und sie anlächeln. Oder sowas. Irgendwas einfach. Hauptsache, er würde nicht sauer werden.
Als der Händler den Preis nochmal sagte, sah sich Axilla kurz um, ob auch niemand allzu nahe stand. Soviel Geld mit sich rumzutragen war schließlich gefährlich. Erst dann nickte sie Levi zu, der so tief in seine Tunika griff, dass man gar nicht wissen wollte, wo er das kleine Beutelchen herholte, das er dem Händler zuwarf. Die zehn Goldmünzen darin waren schon abgezählt worden, ehe sie losgegangen waren, in der vagen Hoffnung, der Sklave sei noch da.
Axilla wartete, bis der Händler nachgesehen hatte, ehe sie sich ganz und gar 'ihrem' Sklaven zuwandte. “Prima, dann komm mal mit. Bitte.“ Auch wenn die meisten keine Notwendigkeit sahen, Sklaven mit diesen kleinen Wörtchen wie Danke und Bitte zu bedenken, Axilla machte das. Dass das Sklaven verziehen könnte fand sie albern. Außerdem wäre es ihr viel zu anstrengend, jedes Mal darüber nachzudenken, ob das nun ein Sklave war oder aber jemand, bei dem sie sich um der Höflichkeit halber bedanken musste. Da war es einfacher, immer höflich zu sein.Axilla wartete, dass der Sklave mitkommen würde, und ging dann langsam mit ihm los. “Ich bin Iunia Axilla. Das da ist Levi“, stellte sie sich kurz vor und strahlte ihn an. Irgendwie war sie erleichtert, weil nun war der erste Schritt doch irgendwie getan. Auch wenn sie vor dem nächsten weit mehr Angst hatte. “Und wie heißt du?“ Denn eigentlich wusste sie von ihm nur, dass er Ohrringe klauen konnte und dass Vala ihn haben wollte.
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Wenn es ihr gefiel, heller zu sein? Ihr war es im Grunde ganz egal, sie hatte nichts gegen die Sonne. Aber sie wollte einen guten Eindruck machen. Zumindest einen besseren als jetzt, auch wenn der vermutlich noch schlechter gewesen wäre, wenn sie das grüne Kleid angezogen hätte, dessen Ausschnitt vorne bis zum Brustansatz ging und den Großteil des Rückens auch frei ließ. Im Grunde wurde das nur von den Spangen auf den Schultern gehalten. Vermutlich hätte Archias Mutter einen Herzanfall bekommen, wenn sie es gesehen hätte.
Sie schlenderten an einem riesigen Busch mit blassrosa Blüten vorbei auf das Plätschern zu, das sich alsbald als Wandbrunnen entpuppte. “Ja, genau, in Alexandria. Ich war dort die zweite Woche, und es war Sommer und entsetzlich heiß. Da bin ich in den Cursus Publicus gegangen, um ein bisschen Schatten zu finden, und hab Caius beim Essen überrascht. Das ist jetzt 2 Jahre her.“ Axilla lächelte kurz ganz leicht bei der Erinnerung. Später waren sie noch in diese Ägyptische Gaststätte gegangen zusammen mit Germanica Aelia und Duccia Venusia, auch wenn die beiden Frauen wenig gesprächig gewesen waren. Damals war alles noch viel leichter.Calvaster setzte sich auf den Brunnenrand, Axilla blieb noch einen Moment stehen und sah auch über das Land. Ja, es war wirklich schön hier. Und sehr viel freier als in Rom. Sie konnte ihn verstehen, warum er das hier gegen die Stadt getauscht hatte. Ihr Blick folgte in Richtung Stall, wo nun ihre Tiere gerade untergebracht wurden. Ihr Lächeln, das sie noch gut geschauspielert hatte bis eben, bekam ganz kurz einen traurigen Zug, ehe die Maske wieder saß. Sie setzte sich ebenfalls auf den Rand und planschte etwas gedankenverloren in dem Becken mit einer Hand.
“Also, ich fand Alexandria sehr schön. Dort war alles so bunt und groß und aufregend. Und ich kannte eigentlich alle wichtigen Personen der Stadt, sie waren oft Gast zuhause. Und ich konnte so viel tun... Urgulania hatte immer Angst, dass mir etwas passiert, bis ich ihr versprochen habe, immer einen Sklaven mitzunehmen...“ Ihr Blick wanderte in weiter Ferne, und kurz wurden ihre Augen glänzend, als sie an ihre Cousine und an Leander dachte. Sie hatte beide so sehr geliebt. Und beide waren sie jetzt tot. Und sie hatte nichts dagegen tun können. Aber sie ließ die Gedanken daran nicht zu, nicht jetzt. Also holte sie einmal Luft und richtete sich auf, sah sich etwas näher um. Irgendwas musste es ja geben, was sie aufgreifen konnte. “Die Blumen sind auch sehr schön“, war das erstbeste, was ihr einfiel. Auch wenn ihr ein vernünftiger Baum immernoch lieber war als jeder Blumenbusch der Welt. -
Und da war auch schon der Verkäufer. Eigentlich hätte Axilla vorher schnipsen sollen, damit es mehr wie ein Zauberspruch aussah, der ihn herbefohlen hatte. Als er dann aber fragte, ob er ihn einpacken sollte, konnte sie ihre gelassene Miene ganz und gar nicht beibehalten, sondern musste einmal laut und herzlich lachen. Sie sah den Sklaven, als sie sich gefangen hatte, einmal betont grüblerisch an. “Hmmmm, was meinst du, Levi? Rosa Schleifchen?“
Der Junge grinste einmal, wodurch man ihm seine 14 Jahre deutlicher ansah als nur durch den Körperbau, bei dem die einzelnen Teile noch nicht so ganz zusammenzupassen zu schienen. Er war etwas zu hochgewachsen für sein Gewicht, die Hände etwas zu groß für seine Arme und alles in allem wirkte er einfach schlacksig. Und im Moment grade wirkte er geradezu unverschämt jung, wie er dastand und grinste. Und Axilla nicht viel älter, denn sie grinste einfach zurück.
“Nein, ich nehme ihn gleich mit. Sofern das möglich ist“, wand sie sich wieder ernsthafter dem Verkäufer zu. Am Ende würde der Mann ihn sonst noch an den Palast liefern oder sowas, und Axilla wollte lieber sichergehen, dass alles klappen würde. Und das machte man am besten persönlich. Außerdem konnte sie so schon ihren genialen Plan mitteilen. Außerdem war das alles viel zu spannend, als dass es noch weiter verkompliziert werden sollte. -
Sie traten nach draußen in den großzügigen Hof. Landhäuser waren anders als Stadthäuser, und Axilla merkte erst jetzt, wie sehr sie das Landhaus in Tarraco, in dem sie aufgewachsen war, doch vermisste, als sie so an Calvasters Arm entlangschlenderte. Sein leichtes Kompliment entrang ihr ein kleines schüchternes Lächeln, ab er auch das konnte ihr nicht ganz die Befangenheit nehmen. Vor allem, als sie seine nächste Frage anders auffasste, als sie vermutlich gemeint war. “Ich komme eigentlich aus Tarraco, aber ich hab die letzten anderthalb Jahre in Alexandria gelebt. Aber ich bin schon viel heller geworden. Und ganz bestimmt werd ich noch heller.“ Das gängige Schönheitsideal für eine römische Matrone war schließlich, möglichst blass mit roten Lippen, am besten noch mit einer blonden Perücke auf dem Kopf. Die römischen Männer standen auf den nordischen Typ, so sagte man, weshalb nicht nur eine Germanin ihre Haare ließ, damit eine Italikerin auf einmal hellblondes Haar zur Schau tragen konnte. Axilla würde sich zwar sicher keine Perücke aufsetzen, aber sie wusste, dass man von ihr wohl erwartete, irgendwie... vorzeigbarer zu sein. Und so hoffte sie, dass ihre kleine Verteidigung ausreichte, den wohl schlechten Eindruck aufzubessern.
Dann fing Calvaster an zu erzählen, von einem Iunius Gracchus. Irgendwas klingelte bei Axilla, aber sie wusste nicht, wo sie den Namen zuordnen sollte. Der kam nicht aus ihrem Zweig der Familie und nicht aus ihrer direkten Ahnenreihe, das wusste sie, aber wo genau der einzuordnen war, hatte sie keine Ahnung. Vielleicht meinte er auch jemanden ganz anderen. “Der muss aus dem stadtrömischen Zweig sein... glaub ich. Ich kenne ihn nicht. Aber... meine Familie lebte auch ein wenig außerhalb.“ Was es nicht unbedingt besser machte, fand Axilla. Sie wusste, sie sollte mehr hermachen. Archias' Mutter hatte ja irgendwie recht. Sie kannte ihre Fehler. Und Archias war mit dem Kaiser verwandt, auch wenn ihm das wurscht war. Aber sie wusste ja, was Caenis dachte, und so sehr sich Axilla wünschte, es wäre anders, sie wusste, die Frau hatte im Grunde recht.
Aber jetzt wollte sie nicht so sehr darüber nachdenken. Ihr Blick glitt über das Stück Land, zu dem hin sich der Hof öffnete. Ein Wald war gar nicht mal so weit weg. Alles schien sehr friedlich und weit zu sein. “Es ist wirklich sehr schön hier“ wiederholte sie noch einmal ihre Bemerkung von vorhin und hoffte, Calvaster nahm ihr das nicht so übel, wie seine Frau es getan hatte.