Beiträge von Iunia Axilla

    Was daran nun so beeindruckend gewesen sein sollte, verstand Axilla nicht. Alle sagten immer, wie beeindruckt sie davon waren, aber für sie war es ganz normal gewesen. Gut, Alexandria war eine schöne und vor allem große Stadt gewesen, noch dazu eine für das Reich sehr wichtige. Aber... sie war da ein niemand gewesen. Naja, gut, sie war der Scriba von jemandem gewesen und die Cousine von jemandem, aber sie selbst war eigentlich ein niemand. Was daran so beeindruckend sein sollte, ein niemand an einem großen Ort gewesen zu sein, konnte sie nicht nachvollziehen.
    “Ja, er hat mich persönlich eingeladen. Weißt du, mein Vetter ist sein Klient, und bei seiner Rettung kam er ja durch Alexandria, aber er kam nicht bei uns vorbei. Weil Senatoren ja gar nicht nach Ägypten dürfen und das alles geheim war. Und ich hab ihm dann einen Brief geschrieben, als er wieder in Rom war... naja, und jetzt bin ich hier.“
    Dass sie sich beschwert hatte, weil er sie nicht besucht hatte, das ließ sie weg. Die meisten reagierten darauf etwas befremdlich. Aber so war es halt nunmal gewesen, sie konnte auch nichts dafür. Nun, eigentlich konnte sie schon was für ihre große Klappe, nur an deren Auswirkungen hatte sie so nicht gedacht.
    “Und ich weiß nicht, ob man das als rauschendes Fest bezeichnen kann. Oder Alexandria, wobei es dort schon... bunter ist als hier. Warst du schonmal da?“
    Endlich kamen sie bei der Topfpflanze an. Leider aber redete Sermo nicht lange und ausschweifend genug über sich, sondern hielt sich da erstaunlich knapp. Verdammt, er sollte doch abgelenkt sein. Sie hoffte nur, er fragte sich nicht, warum sie ausgerechnet hier Halt machten.
    Nun, da half dann nur Plan B: Improvisieren. Axilla also schaute kurz grübelnd, dann interessiert in eine Richtung. “Sag, ist das das künftige Brautpaar da drübern?“ Und just, als Sermo sich umdrehte, bekam die Pflanze einen halben Becher von etwas anderem Düngemittel. “Oh, doch nicht. Naja, egal.
    Wo genau hast du denn studiert? Und was? Die Philosophen?“

    “Du lässt mich doch nicht etwa betteln?“ meinte sie noch schelmisch, ehe er wieder tiefer rutschte, ihre Hände weiterhin an den Handgelenken festhielt und ihr ein paar Küsse etwas anderer Art zeigte. Und er ließ sie nicht nur betteln. Sie flehte, jauchzte, bebte. Auch, wenn es bei dieser Behandlung eigentlich zweitrangig war, er ließ sich davon nicht erweichen.
    Irgendwann hörte er auf und Axilla lag nur schwer atmend da. Ihr war noch furchtbar schwindelig, und ihr ganzer Körper kribbelte. Sie schaute hoch zur Decke und wand sich noch ein wenig wohlig, als Archias auf einmal wieder zu reden anfing. Essen? Wie konnte er jetzt essen? Männer! Die verstehe, wer will.
    Sie drehte sich leicht auf die Seite und schnurrte dabei einen Augenblick wohlig wie eine Katze, ehe Archias noch einen zweiten Satz sagte, und Axilla erstmal kurz zusammenzuckte. Das verpasste ihrer Stimmung doch einen kleinen Dämpfer. An den hatte sie ja gar nicht mehr gedacht.
    “Naja, wäre schon angebracht, oder? Aber erstmal müsstest du mein Kleid aus dem Gästezimmer holen, oder soll ich ihn so begrüßen?“
    Dass sie genau das in gewisser Weise schon getan hatte, konnte sie ja nicht wissen. Sie hatte ja keine Ahnung, wer der Bartträger von der vergangenen Nacht gewesen war. Archias hatte ihr seinen Verdacht nicht verraten.

    Wie jetzt? Axilla verstand im ersten Moment nur Pferdewechselstation. Er dachte, das Kind sei... sei von PISO! Aber wie kam er denn auf diese völlig abstruse Idee? Vor allem, wie kam er auf die Idee, dass es von Piso sein müsse, wenn sie beide noch viel öfter und in ja annähernd gleichem Zeitraum.... War das so eine Männersache, die man nicht verstehen musste?
    “Aber du kannst ihn doch nicht verhauen! Caius! Oder was hast du vor?“ Axilla sah ihn scharf an. Immerhin war Piso doch sein freund! Axilla wusste zwar nicht allzu viel, aber die beiden kannten sich schon Ewigkeiten. Irgendwie war es ja schon unendlich süß, dass er ihr diese Freundschaft opfern würde, aber das konnte sie von ihm doch nicht verlangen. Das würde sie sich nie verzeihen! Vor allem, wenn es doch einen Unschuldigen... naja, zumindest in Bezug auf das Kind... traf.
    “Ich meine, ich find das ja süß, aber... er kann doch gar nichts dafür. Das ist doch alles ganz allein meine Schuld.“

    Er weiß es... schoss es ihr immer wieder panisch durch den Kopf, und sie konnte ihn gar nicht mehr anschauen deswegen. Wenn er wusste, was sie getan hatte...er würde sie nie wieder ansehen, wie er sie früher angesehen hatte. Axilla wollte aber nicht, dass er, wenn er sie ansah, immer nur diese Sache sah. Sie wollte nicht, dass er sie nicht mehr begehrenswert fand deswegen. Sie fühlte sich doch schon schlecht genug deswegen, und sie wollte es ja auch nie mehr riskieren. Aber es war etwas anderes, wenn der Mann, den es betraf, es ebenfalls wusste und dieser daher nicht mehr wollte.
    Ihr Geist suchte panisch nach einer Möglichkeit, wie sie sich einreden konnte, dass sie ihn nur falsch verstanden hatte. Er musste es ja nicht zwangsläufig so gemeint haben. Oder? Er hatte ja nicht gesagt 'ich weiß, dass du mein Kind abgetrieben hast'. Nein, hatte er nicht. Also vielleicht verstand sie ihn ja nur falsch.
    Eine Sache beispielsweise verstand sie gar nicht. “Was meinst du denn? Wer hat mir weh getan? Mir hat jemand weh getan?“ Wer sollte das denn sein? Oder... oh Götter, nein! Er hatte das von Piso erfahren! Ja, das war doch das einzige, was sein konnte! Hatte dieser dämliche Flavier etwa seinen Mund nicht halten können und Archias gegenüber zugegeben, sie betrunken gemacht und dann abgeschleppt zu haben? Was anderes kam ja eigentlich gar nicht in Betracht! “Was hast du gemacht?“ fragte Axilla fast schon etwas panisch und überging seine ungläubige Stimmlage wegen ihrer Wortwahl zur 'kleinen Sache' geflissentlich.

    Er sah so bedrückt aus, dass Axilla es gar nicht verstand. Sie wusste ja noch nicht, dass er wusste, was mit ihr in Wirklichkeit los war. Offiziell hatte sie nur eine schlimme Magenverstimmung gehabt, die sie eben ein paar Tage außer Gefecht gesetzt hatte. Es gab ja immer wieder mal Fleisch, das eben nicht mehr ganz so frisch war, und da passierte es schonmal, dass der ein oder andere eben so lange ausfiel, bis der Körper die Konsequenzen der Lebensmittelvergiftung überwunden hatte – oder eben auch nicht.
    Er setzte sich neben sie, und dann redete er los. Axilla sah ihn erst verwirrt, dann erschreckt an. Was er sagte... aber, er konnte nicht wissen... nein, bestimmt hatte sie das falsch verstanden. Hastig schaute sie beiseite, damit er die Wahrheit nicht in ihren Augen lesen konnte. Axilla war zwar eine gute Schauspielerin, aber keine besonders gute Lügnerin. Vor allem Leute, die sie kannten, sahen ihr genau an, wann sie log und wann die Wahrheit sagte.
    “Ich... weiß nicht, was du meinst. Ich meine, du kannst doch nichts dafür. Und, und, ich bin ja auch fast wieder gesund. Bestimmt kann ich nächste Woche schon wieder arbeiten. Ja, ganz bestimmt sogar.“
    Immer wieder schaute sie nur verstohlen aus den Augenwinkeln zu ihm rüber und checkte seine Reaktion auf ihre Worte. Panik machte sich breit. Was, wenn er es wirklich wusste? Woher wusste er es? Und... war er ihr böse deswegen? Immerhin hatte sie sein Kind umgebracht, und das hoffentlich erfolgreich. War er dann noch ihr Freund? Axilla wollte nicht, dass er es wusste. Das machte alles so kompliziert! “War ja nur eine kleine Sache...“ sagte sie noch, aber es klang mehr wie eine Frage.

    Ganz vertieft in die Ilias – die Axilla zwar schon in und auswendig runterrattern konnte, die sie aber immer und immer wieder gerne las – bemerkte Axilla erst gar nicht, dass sie einen Gast hatte. Sie sah nur aus den Augenwinkeln einen neuen Blumenstrauß und grinste schon vor sich hin. Sie wusste, wie sehr Araros inzwischen die Blüten hasste, aber das machte ihr nichts. Sie fand es irgendwie süß, dass Archi sich so Sorgen um sie machte und sie offenbar so gern hatte, dass er ihr so viele Blumen schickte. Es war ein sehr schönes Gefühl, von jemandem so gemocht zu werden.
    Erst, als kein Gemecker kam, sah sie doch nochmal auf und vor Schreck und Freude gleichermaßen fiel ihr erstmal das Buch runter. Archias hatte Blumen dabei – diesmal lilafarbene und rosane – die er neben sie legte, ehe er sie ganz vorsichtig drückte. Und hielt. Und hielt. Und hielt. Es war ja wirklich sehr schön, aber so langsam wurde es schon komisch und Axilla musste kichern.
    “Caius? Willst du dich nicht zu mir setzen?“ meinte sie schließlich grinsend und lockerte ihrerseits den Griff ein wenig.

    Ihr Körper bog sich ihm entgegen und kleine Laute ließen Archias nur zu deutlich wissen, dass Axilla seine Behandlung sehr gefiel. Sie wand sich ein wenig, um ihn dazu zu reizen, wieder über sie zu kommen. Ihr Bein fuhr neckisch an seinem entlang, und ihr Atem beschleunigte sich wieder ein wenig. Seine Liebkosungen taten so unendlich gut.
    “Wie kann man... hmmm.... dich nicht... aaaah, küssen wollen. Ja, da da!“ Sie verbog ihren Körper, so weit sie nur konnte, um sich ihm entgegenzurecken. Und einen Moment war sie nur damit beschäftigt, zu genießen und nicht zu laut dabei zu werden. “Wenn ich an … hmmm... ihrer Stelle wäre, ich würde.... gar nicht mehr damit aufhören, dich zu küssen, und... zu liebkosen.“
    Sie umfing ihn mit ihren Beinen und zwang ihn mit sanftem Druck etwas höher, was dazu führte, dass er seine Tätigkeit kurz unterbrechen musste. Sie wusste, dass ihre Augen vor Lust wahrscheinlich nur noch schwarze Pupillen waren, aber sie wollte ihm dennoch einmal in die Augen sehen. “Und ich würd gerne noch was ganz anderes machen, als dich zu küssen“, meinte sie neckisch. “Und das, obwohl du ein ausgezeichneter Küsser bist...“

    Und plötzlich war sie gefangen. Sie wand sich ein wenig in seinem Griff, allerdings nicht ernsthaft. Es hatte etwas sehr, sehr reizvolles, ihm unterlegen zu sein, und ihr freches Grinsen zeigte auch deutlich ihren Gedankengang. Neckisch schnappte sie nach seiner Nase, als wolle sie ihn beißen.
    Und es ließ ihn wohl wirklich nicht los. Es hatte ihm wohl sehr gefallen, mehr als nur ein wenig. Axilla erinnerte sich verschwommen noch an die Erkenntnis, dass man damit Männer um den Finger wickeln konnte, eben weil es ihnen so sehr gefiel, warum auch immer. Axilla konnte nicht ganz begreifen, was daran so erregend war. Sie brauchte einen Mann, einen richtigen Kerl. Eine andere Frau war im Grunde uninteressant.
    “Na, meinst du denn Seiana hätte mehr Küsse von mir gewollt?“ fragte sie also nach und grinste ihn frech an. Eigentlich wollte sie jetzt nicht über die Decima sprechen. Sie wollte ihn noch ein wenig ungeteilt haben. Aber das ging auch nur, wenn sie sich mit Archias unterhielt, auch wenn sie nicht verstand, worauf er hinaus wollte. “Oder würde sich nochmal von mir küssen lassen?“

    [Blockierte Grafik: http://img39.imageshack.us/img39/9646/araros.jpg]


    Oh Götter, helft! Nicht noch mehr Blumen! Eigentlich hätte Araros ja als geflissentlicher Ianitor erst einmal nachfragen sollen, ob es seiner Herrin entsprechend ging, aber angesichts dieser Drohung übersprang er diesen eher obligatorischen Teil einfach mal. Natürlich würde Axilla ihn empfangen, und wenn Araros sie selbst darum bitten musste, damit diese Blumenschickerei aufhörte.
    “Ja, der Herrin geht es schon bedeutend besser. Folge mir bitte, domina Axilla ist in der Bibliothek

    [Blockierte Grafik: http://img39.imageshack.us/img39/9646/araros.jpg]


    Inzwischen konnte Araros schon keine Blumen mehr sehen. Rote, blaue, gelbe... er hatte nichtmal gewusst, dass jetzt so viel wuchs! Und nicht kleine Sträußchen, nein, riesige Sträuße! Sie wussten ja schon gar nicht mehr, wo hin mit dem Zeug! Die Bibliothek und Axillas Schlafzimmer sahen inzwischen aus, wie der Tempel der Flora. Araros wartete eigentlich nur darauf, dass der Flamen mit der Statue der Göttin unter dem Arm vor der Tür stand und Einlass verlangte.
    Und auch heute kam wieder ein Blumenstrauß dahergelaufen, und etwas entnervt öffnete Araros die Tür. “Wie lange soll das denn noch so weiter...? Oh!“ Wie hieß er doch gleich, der Mann, der so unbedingt zu Axilla hatte wollen. Araros konnte sich nur noch an den Gensnamen erinnern. “Aelius. Verzeih, bitte. Ich nehme an, du möchtest zu domina Axilla?“

    Im Moment war einfach alles wundervoll. Er gehörte ihr, und nur ihr. Zumindest jetzt. Nachher, wenn sie aufstanden, war es wieder anders, und Axilla wusste das auch. Sie wollte sich ja auch wirklich nicht zwischen ihn und Seiana drängen, nie im Leben würde sie daran auch nur denken. Auf komisch verdrehte Art mochte sie Seiana sogar, auch wenn es ein sehr seltsames Gefühl war, zu wissen, dass sie bald Archis Frau sein würde. Es war nicht so, dass Axilla eifersüchtig wäre. Nein, bestimmt nicht. Sie gönnte ihrem Freund ja sein Glück, wirklich. Sie wollte, dass er glücklich war, rundum, dass er mit der Frau zusammen war, die er liebte. Das wünschte sie sich für ihn wirklich aus ganzem Herzen. Aber... sie wollte ihn nicht hergeben. Nicht so ganz. Sie genoss diesen Moment so sehr, eben weil sie ihn jetzt gerade nicht hergeben musste, sondern er bei ihr und nur bei ihr war.
    Nunja, bis er seine Frage stellte. Kurz zuckte Axilla leicht zusammen, ehe sie damit weitermacht, ihn zu streicheln und sich ein wenig anders hinlegte. Sie zögerte mit der Antwort und sah dann zu ihm hoch. “Ich weiß nicht. Ich war betrunken und hab nicht darüber nachgedacht, schätze ich.“
    Es war eine ehrliche Antwort, aber sie meinte, dass Archias etwas anderes hören hatte wollen. Sie kitzelte ein wenig frech mit ihren Fingern in seine Seite. Sie wollte ihn jetzt nicht schon verlieren. Sie wollte ihn noch ein wenig für sich. “Wieso, hat es dir gefallen?“ fragte sie keck und küsste ihn wieder leicht.

    Keuchend öffnete Axilla ihre Augen und sah auf Archias hinunter. Kalt? Nein, ganz sicher nicht. Ganz bestimmt nicht. Statt einer Antwort bekam Archias aber nur ein etwas unbestimmtes Stöhnen, als sie nochmal ihre Hüfte neckisch etwas bewegte, um ihn zu ärgern, ehe sie sich zu ihm herunterbeugte und ihn sehr begehrlich küsste. Ihretwegen könnten sie das auch den ganzen Tag lang machen, immer und immer wieder. Es war verrückt, je öfter sie beieinander waren, umso schöner wurde es. Inzwischen wusste Axilla schon sehr genau, wie sie ihn halten, wie ihm über den Rücken kratzen durfte, um ihn anzustacheln. Und im Gegenzug wusste er Dinge von ihr, die sie selbst nicht gewusst hatte, bis er sie mit ihr getan hatte.
    Mit einem leicht bedauernden Laut rutschte sie von ihm herunter und legte sich erstmal leicht neben ihn, um ihren Körper kurz ein wenig auskühlen zu lassen, ehe sie doch wieder näher zu ihm kam und damit fort fuhr, seinen Oberkörper mit Küssen zu bearbeiten. Dabei schnurrte sie ganz leise vor sich hin und konnte nicht damit aufhören, zu grinsen. Sie wusste, dass es falsch war, ganz entsetzlich falsch sogar, aber... es tat so verdammt gut. Und sie hatte Archias so gern und vertraute ihm so sehr. Und ihr Körper brauchte es! Bevor sie in Alexandria miteinander geschlafen hatten, hatte so endlos lange kein Mann mehr ihren Körper auf diese Weise berührt. Über ein halbes Jahr. Viel zu lange. Und bei Archias passte es einfach, er wusste genau, was sie brauchte. Sie wollte es nicht missen.
    “Nein, nicht mehr“, schnurrte sie an seiner Brust und wanderte mit ihren Küssen wieder nach oben, um nun diese Aufmerksamkeit seinem Mund zu schenken. “Und auch sonst ist grad alles sehr schön.“

    Er saß nur da und schaute sie an. Wie sehr hätte sie sich gewünscht, dass er einfach zu ihr rüberkommen und sie aufs Bett zurückdrücken würde. Das hätte das ganze so viel leichter gemacht. Vor allem hätte es ihr gesagt, dass er es wollte, und sie ihn nicht dazu überredete. Sie hatte ihn am gestrigen Tag schon überredet, und heute Nacht hätte sie es auch, wäre da nicht die Verwechslungsgeschichte dazwischengekommen – oder sein Einschlafen.
    Unsicher zog Axilla die Beine an und umschlang ihre Knie mit ihrem rechten Arm. Ihre Decke rutschte wieder runter, aber nun verdeckten ihre Beine ja alles wesentliche. Sie kaute sich wieder auf der Unterlippe herum, wie immer, wenn sie unsicher war und etwas wollte, es aber nicht zu sagen traute. Kurz glitt einer ihrer Füße leicht vor und stupste so leicht gegen Archias' Knie, ehe sie ihn wieder zurückzog und ihn mit diesem Rehblick anschaute, der wohl deutlich sprach, was sie fühlte.
    “Mir ist ein bisschen kalt...“ sagte sie schließlich leise, weil sie irgendwas ja sagen musste.

    Verdammt, hätte er nicht noch ein paar Minuten länger brauchen können? Vorhin war Axilla ja schon unausgeglichen gewesen, aber das jetzt, das war in einem Wort zusammengefasst schlicht und ergreifend gemein. Und er schaute sie so streng an, dass sie gleich noch viel roter wurde.
    “Hunger?“ echote sie noch immer etwas außer Atem und sah erst ihn ziemlich lange dabei an. Oh, sie hatte Hunger, brennenden Hunger sogar. Er wusste ja gar nicht, wie ausgehungert ihr ganzer Körper im Moment war. Nur nicht nach Essen.
    Ihr Blick glitt kurz an ihm runter, zu einer recht eindeutigen stelle, ehe sie es merkte und beschämt beiseite schaute. Ihr war schon wieder leicht übel, und von der Tätigkeit gerade eben war ihr Mund wie ausgetrocknet. “Ich... möchte nichts essen, danke.“ Vorsichtig und verstohlen schaute sie noch einmal zu ihm herüber. Ihr Blick blieb wieder auf seiner Brust haften, und ihr Atem beschleunigte sich nochmal ein wenig. Konnte sie ihn nicht einfach fragen? Konnte er es nicht einfach sehen? “Caius...?“ fragte sie ganz vorsichtig und blickte zu ihm auf. Bitte, sieh es... flehten ihre Augen und sie hatte wieder Angst, er könnte gleich nochmal hinausstürmen.

    Dass die Männer sie und Seiana anstarrten bekam Axilla nur ganz am Rand mit. Überhaupt war grade alles in selbstgefälligem Wohlsein aufgelöst. Sie machte sich über gar nichts Gedanken. Dass sie Seiana in ein gedankliches oder gar emotionales Chaos gestürzt haben könnte, konnte sich nicht einmal der winzigste Teil ihrer selbst vorstellen. Und auch, wenn sie von der göttlichen Erkenntnis beseelt war, wie leicht man Männer um den Finger wickeln konnte, wie leicht sie dazu zu bringen waren, einen zu begehren, dachte sie nicht weit genug, um wirklich wahrzunehmen, welche Wirkung der Kuss wohl wirklich auf die hier anwesende Männerschaft hatte haben müssen. Ganz zu schweigen von der latenten Gefahr, in die sie sich potentiell begeben hatte, denn im Moment war sie weitestgehend wehrlos und darauf angewiesen, dass sich eben jene Männer ehrenvoll verhalten würden.
    Sie ließ sich einfach von Archias zu ihm hochziehen und merkte nichtmal wirklich was von seiner delikaten Lage. Nein, im Gegenteil, sie fühlte sich nur müde und ungemein liebesbedürftig – im reinen, kindlichsten und unschuldigsten Sinne. Sie lehnte also halb an ihm und rieb leicht ihren Kopf an ihm, die Augen halb geschlossen. “Streichel mich“ forderte sie im Halbschlaf und ließ sich neben ihm richtig auf der Kline nieder, so dass sie direkt an ihm lag. Ein Arm baumelte von der Liege bis zum Boden und ihre Augen wurden auch immer kleiner.

    Es dauerte. Und dauerte. Archias kam nicht. Axilla schaute zur Tür, aber er kam nicht. Nichts regte sich. Absolut gar nichts. Und das Verlangen ihres Körpers wurde auch nicht besser. Vielleicht könnte sie... also, nur kurz... dauerte ja nicht lange... Nein, nein, sie sollte standhaft bleiben. Sie war ein vernunftbegabter Mensch, nicht unterworfen ihren tierischen Trieben! So!
    Wieder ein Blick zur Tür, an der sich nichts regte. Sie musste es wirklich falsch gemacht haben. Ganz entsetzlich falsch. Er kam ja gar nicht mehr wieder! Wie weit war er geflüchtet? Oder aber... er brauchte eben auch einen Moment, um die Triebe seines Körpers unter Kontrolle zu bringen... sein Körper hatte ja doch recht eindeutig reagiert... War es da nicht unfair, dass sie nicht...? Doch, war es!
    Axilla wälzte sich wieder herum, auf den Rücken, und starrte zur Decke hoch. Wenn sie daran dachte, was sie geträumt hatte. Küsse, die ihren Hals entlang wanderten, und tiefer... ihre Hand fuhr die stellen nach. Sie seufzte leise und schloss die Augen. Kurz blickte sie nochmal zur Tür, aber da rührte sich nichts. Warum also nicht? Ihre Hand glitt tiefer...


    Axillas Körper war gerade dabei, sich in süßer Verzückung zu winden und zu verbiegen, als doch leise die Tür aufging und die Iunia völlig aus ihrer Entspannung zu reißen. Hektisch riss sie sich die Decke wieder über den Körper, der gerade doch wegen diverser Wärmeentwicklungen aufgedeckt gewesen war und schaute schwer atmend und mit hochrotem Kopf zur Tür, wo Archias gerade eintrat.
    “Ähm... es... du hast Frühstück?“ versuchte sie von dem abzulenken, was er wohl gerade gesehen hatte. Am liebsten wollte sie sich in Rauch auflösen.

    Gerade wanderte Axillas Zunge in Richtung von seinem Ohr, als er sie auf einmal von sich runterschob und flüchtete. Axilla war im ersten Moment zu perplex, um etwas zu sagen, und dann war Archias auch schon weg, und sie konnte ihm nur verschlafen hinterherschauen. Hatte sie etwas falsch gemacht? Warum war er denn jetzt geflüchtet vor ihr? Sie hatte doch sehr deutlich körperlich zu spüren bekommen, dass er sie wollte. Und jetzt doch nicht? Hatte sie das falsch interpretiert?
    Noch nicht richtig wach ließ sie sich ins Bett zurückfallen und starrte zur Decke hoch. War er ihr böse jetzt? Sie hätte das ja eigentlich nicht tun sollen, das wusste sie auch. Eigentlich sollten sie beide ihre Finger voneinander lassen, ganz und gar. Vor allem, wenn Axilla wirklich für ihn arbeiten wollte. Da konnten sie ja auch nicht schnell eine Turnstunde auf seinem Schreibtisch einschieben, nur weil ihnen danach war. Eigentlich war es ja sogar richtig, dass er gegangen war, und damit ein deutliches Zeichen gesetzt hatte. Da war er offensichtlich willensstärker als sie.


    Axilla seufzte einmal und verdrehte die Augen. Verdammt, jetzt war ihr Körper bereit für mehr. Mehr als nur bereit für mehr. Im Geist war sie immernoch in ihrem Traum, wo Archais alles mögliche gemacht hatte, aber nicht herausgestürmt war. Sie fuhr sich einmal mit der Hand über ihren Körper, und schaute zur Tür. Nein, Archias würde gleich zurückkommen, sie sollte nichtmal daran denken.
    Frustriert wälzte sie sich auf die Seite und deckte sich nochmal zu. Ihr fiel ein, dass sie hier im Raum gar nichts zum anziehen hatte, ihr Kleid lag noch im Gästezimmer. Ihr blieb gar nichts übrig, als hier liegen zu bleiben und zu warten.

    Wann Axilla eingeschlafen war, wusste sie nicht. Es hatte auf jeden Fall eine ganze Weile gebraucht, weil sie immer und immer wieder aufgewacht war, weil sie glaubte, etwas gehört zu haben. Aber irgendwann war die Müdigkeit doch endgültig zufiel geworden und sie war eingeschlafen. Und wenn Axilla schlief, dann meistens wie ein Stein. Da hätte nebenher eine ganze Kohorte Prätorianer durchs Cubiculum stapfen können, sie wär nicht aufgewacht.
    Und so merkte sie auch nichts davon, dass Archias schon aufgewacht war und ihre Haare von seinem Gesicht strich, oder sich bewegte, um zu ihr zu sehen. Sie schlief tief und zufrieden und hielt sich einfach nur an ihm fest, gab ab und an einen leisen, wohligen Laut von sich und kuschelte sich noch ein wenig mehr an ihn. Sie brauchte Nähe, selbst im Schlaf suchte sie danach.
    Irgendwann aber, Axilla wusste selber nicht so genau, warum. Wachte sie doch auf. Sie hatte gerade geträumt, auch von Archias, und auch da waren sie im Bett gelegen. Nur hatten sie da nicht ganz so brav miteinander geschmust. Axilla blinzelte verschlafen und merkte im ersten Moment noch nicht wirklich, dass sie aufgewachte war. Verschlafen ruckte sie einmal ein wenig mit dem Kopf um zu Archias aufzusehen, und lächelte noch verträumt zu ihm hoch, ehe sie wieder die Augen schloss und sich noch ein wenig an ihn schmiegte.
    So viel Axilla nun auch über die männliche Anatomie gelernt hatte, so wenig wusste sie doch im Grunde darüber. Und so interpretierte sie eine Eigenschaft von Archias Körper etwas falsch, als sie ihr Bein etwas höher an ihm entlang zog, um sich enger an ihn zu schmiegen, und dabei an ein 'Hindernis' stieß. Noch immer im Halbschlaf grinste Axilla nur anzüglich – was er aber nicht sehen konnte, lag ihr Kopf doch schon wieder in seiner Halsbeuge – und fing ganz unverfroren damit an, seinen Hals mit Küssen zu liebkosen.

    Unangenehm traf es nicht ganz, wie es sich anfühlte. Und 'ein bisschen brennen' war auch der Euphemismus des Jahrhunderts. Axilla zog so scharf die Luft ein, dass ihr selbst davon schwindelig wurde. Ihr Körper spannte sich an und sie versuchte instinktiv, sich wegzudrehen, aber sie wurde festgehalten und hatte ohnehin zu wenig Kraftreserven übrig, um sich noch zu wehren. Auch, wenn der Mohnsaft so langsam ihren Geist durchwaberte, bekam sie von der Tortur jede Sekunde mit, und auch jedes einzelne Gefühl spürte sie mit voller Wucht.
    Eigentlich war Axilla kein Weichling, aber sie musste weinen. Sie versuchte, sich zurückzuhalten, stark zu sein, aber sie heulte und schluchzte. Als Crios sie ansprach, wie es ihr ginge, wandte sie nur den Kopf von ihm weg, damit er die Tränen nicht sah, sagte aber nichts. Ihr ging es mit einem Wort elend, und wenn er nicht blind war, konnte er das sehen.



    [Blockierte Grafik: http://img705.imageshack.us/img705/5492/leander.gif]


    Leander hatte Adula so gut er vermochte geholfen, und hatte sich ansonsten gemüht, nicht im Weg zu sein. Es zerriss ihm schier das Herz, zu sehen, wie seine Herrin litt. Am liebsten woltle er den Arzt von ihr fortzerren, als er sah, wie Axilla sich wand und ihm zu entkommen suchte, aber er wusste, dass es notwendig war. Nichts desto trotz litt er mit. Sämtliche Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. Er hatte noch nie gesehen, dass ein Mensch so viel blutete, und es anschließend überlebte. Und auch Serrana sah nicht gut aus. Er hoffte, er hatte ihr nicht zuviel zugemutet, aber er hatte Axilla doch nicht allein lassen können!
    Als der Medicus nach heißem Wasser verlangte, nickte Leander kurz. “Ich geh schon.“ Kurz hier herauszugehen würde ihm sicher gut tun, auch wenn sein Herz bei seiner Herrin bleiben wollte. Was, wenn sie doch starb, und er war nicht da? Nein, darüber wollte er gar nicht nachdenken, während er schnell in die Küche ging und Wasser aufsetzte.

    Er schwieg. Und schwieg. Und schwieg. Axilla wollte schon vor Scham im Boden versinken. Bestimmt dachte er jetzt ganz schlecht von ihr, dass sie sich so unkeusch verhielt. Sie hatte ja nichtmal eine Nacht in ihrem Zimmer ausgehalten, sondern musste direkt zu ihm rübertapern. Und warum? Nur, weil er da war? Weil sie ihre Triebe nicht im Griff hatte? Bestimmt verurteilte er sie jetzt dafür. Das vorhin, das war nur gewesen, um sie abzulenken. Aber das jetzt, das wäre was anderes gewesen. Und dabei empfanden sie doch gar nichts füreinander! Oder, naja, nicht nichts, aber eben keine Verliebtheit.
    Und er schwieg immer noch. Und schwieg. Und... schnarchte? Axillas Kopf ruckte nochmal hoch, und sie schaute wieder skeptisch auf die Stelle in der Dunkelheit, wo sie sein Gesicht vermutete. Aber sie hörte ganz gleichmäßiges Atmen von dort, ruhig und tief, ganz leicht durchsetzt von einem winzigen Schnarchgeräusch. Er schlief! Sie stand hier Todesängste aus, schämte sich in Grund und Boden, hatte ihm mehr oder weniger grade gestanden, dass sie zu ihm gekommen war, um mit ihm die Nacht durchzu... naja. Und jetzt war der Kerl eingeschlafen!
    Axilla überlegte, ob sie ihm böse sein sollte und ihm eine in die Seite boxen sollte, oder nicht. Sie blieb eine Weile so halb aufgerichtet, ehe sie sich wieder hinlegte und an ihn schmiegte. Vielleicht war es gut, dass er eingeschlafen war. So war die Versuchung schon nicht so groß, doch etwas unanständiges zu tun. Auch wenn das vermutlich ihre eigene Unruhe doch auf ein anderes Ziel gelenkt hätte.
    Axilla legte sich hin und schloss die Augen. Sie versuchte, sich zu beruhigen und ebenfalls zu schlafen. Allerdings schreckte sie bei jedem kleinen Geräusch nochmal zusammen und lauschte, ob nicht doch jemand hereinkam. So einen ruhigen Schlaf wie Archias hatte sie definitiv nicht, und nach jedem Schrecken kuschelte sie sich nur ncoh enger an ihn. Sie atmete noch einmal durch und schloss mit einem “Ich hab dich lieb“ dann die Augen.