Beiträge von Iunia Axilla

    Würde man nicht sehen, wenn jemand unter der Decke lag? Nunja, der Raum war unordentlich genug, dass ein kleiner Hügel auf dem Bett unter der Decke nicht weiter auffallen würde. Eigentlich war hier wohl alles zu finden, nur keine jungen Hunde. Trotzdem war es leichter gesagt als getan, sich zu beruhigen. Vor allem, als Archias mit einem Mal seine Hand auch noch von ihr weg nahm. Axilla hatte die nämlich gar nicht so wirklich wahrgenommen, erst jetzt, als er sie wegzog, und es war ein schlechtes Gefühl, so diese, Stückchen seiner Nähe beraubt zu sein.
    Als er schließlich seine Frage stellte, lief Axilla rot an. Sie war froh, dass es so dunkel war und er es nicht sehen konnte, aber sie fühlte es genau, wie ihr da sBlut in die Wangen schoss. Ja, warum wollte sie zu ihm...? Eine gute Frage, deren Antwort zwar leicht zu denken, aber schwer auszusprechen war. Und so kam von Axilla auch erstmal nichts, ehe sie ganz kleinlaut und stammelnd versuchte, ihm zu antworten.
    “Also, ich wollte... nicht allein sein, und... also, ich meine... wenn du nicht willst, wir hätten auch nicht... also, es wäre auch schön... zu schlafen. Also, nicht allein.... also, ich meine, einschlafen, nicht allein... und... ich meine, mehr hätte ja gar nicht... außer du hättest gewollt....“
    Im Moment fühlte sie nur zu deutlich, wie sehr sie sich wieder an ihn geschmiegt hatte. Ein Bein lag halb über seinen, einen Arm hatte sie um ihn geschlungen, ihr Kopf lag wieder auf seiner Brust... und sie hatte nach wie vor im Gegensatz zu ihm absolut nichts an, denn die Decke, in die sie sich gewickelt hatte, bedeckte nun zusammen mit seiner mehr oder weniger sie beide. Und Axilla schämte sich ohne Ende, dieses Geständnis machen zu müssen, aber dennoch konnte und wollte sie nicht von ihm abrücken.

    Woher sollte Axilla denn wissen, wer das denn war, bei dem sie gelandet war? Sie hatten sich einander nicht vorgestellt, und Axilla hatte auch nicht vor, das noch irgendwie zu tun. Wie würde das denn aussehen. 'Achja, unbekannter Mann, mit dem ich ganz sicher nicht schlafen wollte, ich bin Axilla. Freut mich, dich kennen zu lernen.' ? Nein, eher nicht.
    Und dass er auch Angst hatte, das gehörte zu den Dingen, die Axilla ganz sicher nicht hören wollte. Ihr Kopf ruckte hoch, und sie sah – naja, in die Dunkelheit, wo sie Archias' Kopf vermutete. Es war zu dunkel, um etwas zu sehen. Trotzdem starrte sie ihn kurz einfach an. Beunruhigt legte sie sich wieder an ihn. Ihr Körper war unruhig, am liebsten wollte sie aufspringen und laufen, einfach nur laufen. So lange laufen, bis jeder Muskel brannte und weh tat, bis ihre Lunge bersten wollte und sie keine Angst mehr fühlte, nur noch den Schmerz der brennenden Glieder. Zu gerne hätte sie diese Furcht jetzt einfach weggelaufen und hinter sich gelassen. Aber das ging nicht. Sie konnte hier nicht weg. Und so blieb ihr nichts, als im Bett etwas unruhig herumzurutschen an Archias' Seite und sich auf der Unterlippe herumzukauen.
    Archias versuchte auch, sie zu beruhigen, aber das hatte nur mäßigen Erfolg. Ihr Herz klopfte einfach immer weiter wie wild, und wirklich entspannen konnte Axilla sich nicht.
    “Bist du sicher? Ich meine, vielleicht halten sie mich ja für eine Diebin, oder eine Meuchlerin, oder sowas. Ich meine, meinst du wirklich, dass sie hier nicht reinkommen?“
    Und da fiel Axilla gleich noch etwas ein, und ganz verschreckt zuckte sie kurz zusammen. “Und wenn sie hereinkommen, dann sehen sie, dass wir... also...Ich meine...“ Ihre Unruhe verstärkte sich noch ein wenig, so dass ihre Beinmuskeln zu zittern anfingen. Wie gern würde sie jetzt laufen. Zum Glück war Archias nicht nackt – wie sie – das könnte den Eindruck ein wenig abmildern. Aber... verdammt, Axilla brauchte ein Ventil für ihre Unruhe. Ihr Körper wurde aufgepeitscht von Adrenalin, und sie hatte ncihts, wohin sie diese Kraft investieren konnte.

    Sie legten sich hin und Archi breitete seine Decke mit über sie aus. Axilla robbte ein wenig herum, so dass sie nun dicht an ihn gekuschelt da lag, ihren Kopf aber noch immer fest an seiner Schulter, als wäre er dort festgeklebt. Ihr Ohr lag auf seiner Brust und sie lauschte seinem Herzschlag. Ihr eigener hämmerte noch immer wie wild, während seiner ganz ruhig und gleichmäßig lief. Es gab ihr ein Gefühl von Sicherheit, und genau das brauchte sie jetzt. Sie kuschelte sich noch etwas enger an ihn, ignorierte seinen Protest wegen ihrer Körpertemperatur und suchte einfach noch ein wenig mehr von dieser Sicherheit.
    “Ich weiß nicht, wer das war. Ich bin in das falsche Zimmer, und ich dachte, es ist dein Zimmer. Und da bin ich zu ihm ins Bett, weil ich doch dachte, das wärst du. Und er hat geschlafen und mich an sich gezogen im Schlaf. Und dann hab ich gefühlt, dass er einen Bart hat, und ich konnte nicht weg, weil er mich doch so fest gehalten hat. Und dann ist er aufgewacht, und ich bin aus dem Bett gefallen, und ich bin dann weggelaufen. Aber er hat einen Nacki um Hilfe gerufen, und jetzt suchen sie mich ganz sicher.“
    Auch bei der Wiederholung wurde Axillas Erklärung nicht wirklich langsamer, und sie hatte immernoch furchtbare Angst. Aber Archias würde ihr sicher helfen. Er würde sie sicher beschützen. Oder? Sie hatte ja nichts böses getan. “Ich hab so Angst“, gestand sie ihm und kuschelte sich noch ein wenig mehr in seine Sicherheit.

    Im ersten Moment verspürte Axilla nur blanke, unverfälschte Panik. Der Mann wachte auf, und sie saß in der Falle. Raus konnte sie nicht, und hier drinnen würde es gleich Ärger geben. Ihr Herz hämmerte so sehr, dass es fast schmerzhaft wurde, und am liebsten hätte Axilla laut aufgeschrien, nur, um diesen Druck loszuwerden, der sich hinter ihrer Stirn auszubreiten schien. Sie wollte hier weg, wollte abhauen, wollte im Boden versinken, irgendwas. Nur nicht hier stehen bleiben und sich der Situation stellen.


    Und dann erkannte sie die Stimme.


    Einen Moment verharrte Axilla ganz still, bekam die Frage nach der Sanduhr nur so am Rande ihres Bewusstseins mit, und dann überwältigte sie die Erleichterung. Ohne irgend eine Form des Einverständnisses abzuholen, ging sie schnell durch die Dunkelheit – stieß dabei irgendwas anderes um, was mit einem dumpfen 'Plopp' auf den Boden fiel und von etwas überdeckt wurde, was sich nach einem Wäscheberg anhörte - zu Archias. Instinktiv fand sie ihn, krabbelte zu ihm aufs Bett und flüchtete sich geradezu an seine Brust und auf seinen Schoß. Fast wie ein Kind kuschelte sie sich an ihn, ihren Kopf an seine Halsbeuge gelehnt und sich an ihm festhaltend.
    “Caius, ich bin ja so froh, dass ich dich gefunden habe. Das war ganz furchtbar. Ich wollt eigentlich zu dir, aber das warst gar nicht du, und dann konnt' ich nicht weg, weil er mich festgehalten hat, und dann ist er aufgewacht und ich bin weggelaufen. Und jetzt suchen die mich sicher“, plapperte sie leise und ohne Punkt und Komma auf ihn ein. Die Decke hatte sie immernoch so halb um den Körper, da sie sich aber mit beiden Händen an ihm festhielt, rutschte diese beständig weiter von ihren Schultern. Aber das war Axilla egal.

    Axilla wusste definitiv, dass jemand anderes hier schief, als sie hörte, wie jemand sich auf den Rücken drehte. Und als sie das Schnarchen hörte, war sie sich sicher, dass dieser jemand ein Mann war. Und, dass er tief und fest schlief. Was sehr beruhigend war, zumindest im Vergleich zu all den Todesängsten, die sie hier gerade ausstand.
    Axilla war schon wieder an der Tür und lauschte ganz ruhig. Nichts war zu hören und sie überlegte schon, die Tür vielleicht doch einen Spalt zu öffenen. Nur kurz rausspicken und schauen, wie die Lage war. Ganz vorsichtig und leise...
    Auf einmal knackte irgendwas direkt neben ihr! Axilla war sich ganz sicher, nichts berührt zu haben. Einhundert Prozent sicher. Sie war nirgends angestoßen, hatte nichts berührt. Was also konnte da knacken? Aber es hatte geknackt, und direkt danach raschelte was.
    Axillas Herzrasen kam wieder, und sie hörte ein Stöhnen in der Dunkelheit, als der Mann erwachte. Ihr Fluchtinstinkt regte sich wieder, aber was, wenn draußen jetzt alles voller Wachen war?
    “Nein, bitte, schlaf weiter. Ich hab mich nur in der Tür geirrt...“ versuchte sie eine verzweifelte und leise Erklärung und hoffte einfach, dass dieser jemand genau das tun würde und den panischen Unterton in ihrer Stimme ignorierte.

    Axilla hörte sowas wie ein Schnappendes Atemgeräusch, und dann war wieder Stille. Sie bewegte sich nicht einen Zehntel Digitus von der Stelle und hielt die Luft an, so lange sie konnte. Erst, als sie meinte, gleich zu ersticken, erlaubte sie sich einen leisen Atemzug. Ihr Herz hämmerte so sehr, dass sie meinte, das müsse jeder laut wie Kriegstrommeln hören können, selbst draußen auf dem Gang noch.
    Aber es hörte scheinbar niemand, keine erwachende Stimme, kein aufgeregtes Geschrei. Hätte Axilla nicht Angst, draußen auf dem Flur gleich erwischt zu werden, sie hätte sich jetzt rausgeschlichen und versucht, ihr Zimmer wiederzufinden. Nur wusste sie nicht, was auf dem Gang los war, und sie traute sich nicht, nachzuschauen.
    So blieb sie einfach stehen, tastete vorsichtig wieder zur Tür. Es knirschte leicht auf den Boden, weil sie auf irgendwas drauftrat. Fühlte sich unter den nackten Füßen an wie Muschelschalen und Sand, aber das ergab keinen Sinn. Und Axilla wollte vielleicht auch gar nicht so genau wissen, auf was sie herumtrat. Ganz leise stellte sie sich wieder an die Tür und wartete. Vielleicht hatte sie ja Glück, und die da draußen verschwanden bald?

    Mit bis zum Hals klopfenden Herzen stand Axilla in der Dunkelheit direkt an der Tür. Sie hatte keine Ahnung, wo genau sie war, sie hoffte nur, nicht wieder bei jemandem ins Zimmer gestolpert zu sein, den sie gleich wecken und zu Tode erschrecken würde. Sie hörte das Rufen des ihr unbekannten Mannes, gedämpft durch das Holz der Tür. Er rief nach einem Nacki oder so ähnlich, und Axilla meinte auch, aufgeregte Schritte zu hören. Oder war das doch nur ihr Herz, das so hämmerte?
    Das Ohr an das Holz gepresst lauschte Axilla angestrengt, was draußen im Gang vor sich ging. Ihr eigener Atem erschien ihr so verräterisch laut, und sie versuchte, ihn so lange wie es ging, anzuhalten. Sie betete zu allen Göttern, dass niemand sie hier fand.
    Doch da! Waren das Schritte, vor der Tür? Oder bildete sie sich das ein? Nein, ganz bestimmt! Axilla spannte sich an und ging einen kleinen Schritt rückwärts. Es war wirklich nur ein winziger Schritt, aber scheinbar reichte der, dass ihre Decke an irgendwas hängen blieb, was sich gleich raschelnd daran machte, zu Boden zu kullern. Wie erstarrt blieb Axilla einfach stehen, absolut reglos in der Dunkelheit. Sie hatte das Gefühl, gleich müsse sie sterben, entweder vor Scham, oder vor Angst, oder vor beidem. Dieser Abend war definitiv der Schrecklichste in ihrem ganzen Leben!

    Als plötzlich Araros mit einem gewaltigen Blumenstrauß in die Bibliothek hereinspaziert kam, staunte Axilla schon nicht schlecht. Auch heute hatte sie sich wieder die Freiheit genommen, den Tag in der Bibliothek zu verbringen statt im Bett, aber damit hatte sie nicht gerechtnet.
    Araros übergab ihr ein Briefchen, dass er aus dem Gürtelbund herauszog und wartete auf Anweisung, wo sie die Blumen hinhaben wollte.
    “Bring sie doch ins Cubiculum, bitte“ bat Axilla den Ianitor mit noch immer etwas schwächlicher Stimme und widmete sich solange dem Briefchen.

    Liebe Axilla,


    wie die Dunkelheit am Morgen
    vertreibt das deine Sorgen.
    Ich wünsche dir Besserung gute
    und hoffe dass ich dir nicht zu viel zumute?
    Und dass man dir meine Grüße bestellt
    und dass dir mein schlechtes Gedicht dir gefällt.
    Zumindest ein klein bisschen.


    Dein Freund Caius


    Axilla überflog die Zeilen und musste erstmal grinsen. Er hatte ihr ein Gedicht geschrieben. Ihr. Selber, so wie es ausschaute. Weil sie krank war und deshalb ein paar Tage nicht zur Arbeit kam. Gut, es war etwas holprig, aber es war definitiv das Süßeste, was jemals irgendwer für sie gemacht hatte. Sie hatte noch nie ein Gedicht gekriegt. Da war es egal, dass es ein bisschen holperig war, ein bisschen nach 'Reim dich, oder ich fress dich' klang. Es war einfach wunderschön. Axilla legte sich auf der Kline zurück und zog die warme Decke gemütlich über ihre Füße, las es nochmal. Das war wirklich süß.

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    Araros nahm das Bouquet und das Briefchen entgegen. Natürlich würde er alles gleich überbringen – oder überbringen lassen, wenn grade zufällig ein Rangniedrigerer an ihm vorbeistolperte – und wollte gerade noch etwas sagen, als der komische Besuch auch schon fersengeld gab. “Vale...“ konnte er grade noch hinterhermurmeln und machte sich dann wieder auf den Weg nach drinnen. Leute gabs...

    Nach 3 Tagen wollte Axilla nicht mehr nur im Bett liegen. So glaubte ihr ja keiner, dass das nur eine besonders schwere Magen-Darm-Grippe war, so dumm war ja noch ncihtmal Silanus, der ihr zum Glück noch immer ziemlich aus dem Weg ging. Aber die Parentalia standen auch kurz bevor, und Axilla wollte bis dahin wieder fit sein. Also hatte sie darauf bestanden, aus dem Bett aufzustehen.
    Einen Dickkopf hatte sie schon immer, so dass es auch diesmal nicht gelang, sie daran zu hindern. Aber ihre Kraft war noch nicht groß genug, um lange Streifzüge zu machen, ja selbst kurze Gänge durchs Haus waren anstrengend. Und so hatte man ihr kurzerhand eine kleine Leseecke in der Bibliothek gebastelt. Hier bei den Büchern war die Versuchung nicht so groß, viel herumzulaufen, und doch hatte Axilla ihren Willen und war nicht im Bett, sondern auf einer Kline. Zwar mit warmer Decke und allen Annehmlichkeiten, aber nicht im Bett.


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    Die Blumen von Archias hatte Axilla von Leander sofort erhalten. Sie hatte geschlafen, als Archias da gewesen war, und so hatte Leander sie nur leise in eine Vase gestellt und ihr neben das Bett gebracht, damit sie sie beim Aufwachen sah. “Damit du schnell wieder gesund wirst, von Aelius Archias“ hatte nur erklärt, und Axilla hatte im ersten Moment Angst gehabt, im zweiten allerdings wurde sie direkt von Leander beruhigt. “Du bist doch bei ihm als krank gemeldet worden.“


    Die dazugehörige Botschaft brachte Leander allerdings erst an diesem Tag in der Bibliothek, weil es Axilla wieder einigermaßen gut ging. Sie war noch immer schrecklich blass, wie er fand, aber sie lächelte schon wieder. Und im Moment las sie gerade in einem Band von Ovid.
    “Herrin? Darf ich dich kurz stören“
    Axilla schaute von ihrem Buch auf und legte es beiseite. Ihre Kraft reichte noch nicht einmal dazu, ein Buch lange in Händen zu halten, und so legte sie sich zurock auf die Kline. “Natürlich, Leander. Was denn?“
    “Herrin... Aelius Archias hat mich gebeten, dir etwas auszurichten, wenn es dir besser geht. Ihm täte alles Leid, und er kommt dich besuchen, wenn es dir besser geht. Und ein Scharlatan würde dir nicht mehr weh tun?“ Den Teil hatte Leander schon beim ersten Mal nicht verstanden, aber auch in der Wiederholung wurde er nicht sinniger.
    Auch Axilla zog die Stirn etwas kraus und überlegte. Ein seltsames Gefühl beschlich sie, aber... nein, er konnte nichts wissen. Aber was er wohl mit dem Scharlatan meinte? Dachte er, jemand hätte sie krank gemacht? Nun, sie konnte es ihn ja fragen, wenn er sie besuchen kam.
    “Danke, Leander“, meinte sie nur etwas verwirrt und kuschelte sich in das grozügig gefüllte Kissen, das man zu ihrer Bequemlichkeit hierher gebracht hatte. Ein wenig ausruhen konnte nicht schaden, und dann weiterlesen noch ein wenig. Viel zu schnell würde sie wieder jemand ins Bett scheuchen, damit sie sich richtig ausruhte.

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    Leander nickte nur stumm und beobachtete dann, wie der Aelier von dannen zog. Er schaute eine ganze Weile hinterher, bis ihn das Kichern einer Passantin wieder ins hier und jetzt zurückholte. Er sah wohl lustig aus, wie er mit Blümchen in der Porta stand und mit verwirrtem Blick die Straße runterguckte. Er verzog kurz das Gesicht, als er die alte Schachtel, die ihn auslachte, anschaute, und ging dann nach drinnen. Die Tür fiel leise ins Schloss, und er ging vorsichtig zur Treppe, die zu den oberen Räumen mit den Cubicula führte. Vielleicht war Axilla ja wach, dann konnte er die verwirrende Botschaft gleich überbringen. Oder besser später, nicht, dass sie sich noch aufregte...



    LEIBSKLAVE - IUNIA AXILLA

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    Leander verstand nur Pferdewechselstation. Ihm wurde ein Blumenstrauß entgegengestreckt und er hörte Worte, allein, sie gaben keinen Sinn. Welcher Scharlatan? Wovon redete der Mann da?
    “Ähm, ja, Herr. Ich glaube, sie schläft gerade, Herr, aber wenn sie wach ist, werde ich es ihr ausrichten. Und natürlich die Blumen geben.“
    Irgendwie war das doch sehr seltsam. Sehr, sehr seltsam. Er nahm die Blumen und schaute Archias etwas fragend an. “Kann ich sonst noch etwas für dich tun, Herr?“



    LEIBSKLAVE - IUNIA AXILLA

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    Araros hatte ihn schon gesehen, als er zur Tür kam. Immerhin gab es aus gutem Grund ein kleines Guckloch neben der Türe, von wo aus man die Straße beobachten konnte. Und er hatte schon befürchtet, dass er wieder klopfen würde. Dieses Mal hatte er Blumen dabei. Als ob das Axilla plötzlich gesund sein ließ. Nach gerade mal wieviel? 3 Stunden vielleicht?
    Araros ließ ihn klopfen und überlegte, was er tun sollte. Was sollte er schon anderes sagen als beim letzten Mal? Axilla war immernoch krank, verflixt noch eins! Das änderte sich wohl auch morgen und übermorgen noch nicht.
    Eigentlich war Araros kein Feigling, dennoch beschloss er, etwas zu tun, was er sonst nicht getan hätte. Er ging in Leanders Kammer und weckte den Sklaven ziemlich rüde.
    “An der Tür, für dich“ knurrte er nur kurz.



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    Leander hatte seinen Rausch ausgeschlafen. Naja, noch nicht so ganz. Aber zumindest hatte er geschlafen, nachdem er seit jener Nacht nicht mehr geschlafen hatte. Wie ein Stein. Aber nun wurde er wach, wischte sich mit einem “Was'n?“ etwas Sabber von der Wange und hörte dann schon das erneute Klopfen an der Tür.
    Er rappelte sich etwas verwirrt auf, wusch sich mit einem spritzer Wasser kurz den schlaf aus dem Gesicht und ging dann verwirrt zur Porta, die er öffnete. “Salve, wie kann ich... oh.“ Was machte Archias hier? Leander verschlug es glatt die Sprache, und er konnte nur eines Denken: Katander, die alte Petze, hatte geredet. Bestimmt!

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    Katander traf es ganz gut. Scheiße. Sie hatte sich doch wohl nicht in den Aelier verknallt? Nein, das konnte sich Leander nicht vorstellen, so, wie sie für diesen Duccius schwärmte. Man musste nur seinen Namen erwähnen, und sämtliche Resthirnfunktionen schienen bei Axilla in rosa Dunst aufgelöst zu werden.
    “Ich denke, du hast recht. Ich brauche definitiv mehr Wein.“ Er hielt Katander seinen Becher hin, damit dieser nachschenken konnte, und versuchte, zu vergessen, was für eine verdammte Situation das doch für jeden von ihnen war. Und wie kompliziert sie erst werden könnte, wenn Archias oder Seiana das herausbekämen. Oder aber auch Iunius Silanus. Nicht auszudenken....



    LEIBSKLAVE - IUNIA AXILLA

    Natürlich sah Axilla Ehre als das grundlegende Prinzip der Gesellschaft an. Nichtmal nur der römischen, denn eigentlich war Axilla ja so tolerant, nicht zu glauben, dass Römer bessere Menschen seien und alles andere Barbaren, die es verdient hatten, unterworfen zu werden, nein, nein. Sie glaubte durchaus, dass auch andere Menschen Ehre besaßen und ehrenhaft handeln konnten, und dass somit auch bei anderen Völkern eine ähnliche Moral herrschen konnte wie die, die von den Römern angestrebt wurde.
    Sie verstand seine Ausführungen zu dem, wie er Ehre definierte, nicht ganz, würde das aber niemals zugeben. Was er mit diesen ganzen Folgen und den Folgen daraus meinte, erschloss sich ihr nicht auf Anhieb, und sie musste wirklich genau zuhören, um alles zu begreifen, was er ihr sagte. Als er kurz etwas aß und sie mit vorgestrecktem Finger vom Argumentieren abhalten wollte, hätte sie ohnehin nichts sagen können, weil ihr Hirn die letzten Schlussfolgerungen noch nachvollziehen wollte, es aber nicht zur Gänze schaffte. Seine Argumente waren irgendwie widersinnig. Sowas komisches konnte auch nur einem Mann einfallen.
    Und mit den Thermopylen schließlich verwirrte er sie dann schließlich vollkommen. Gab er ihr damit nicht gerade recht, dass es ehrenvolle Handlungsweisen gab? Axilla witterte eine Falle, aber sie sah sie nicht. Und so saß sie einen Augenblick nur da mit gerunzelter Stirn und ernstem Gesicht, während sie ihre Gedanken wieder in die richtige Reihenfolge zu bringen versuchte.
    “Natürlich bildet die Ehre... oder sagen wir, recht und Ehre, die Basis für eine Gesellschaft. Und es ist mehr als nur die Furcht vor Konsequenzen, die Ehre ausmacht. Ehre ist...“
    Axilla schaute kurz in die Luft, als läge dort die Antwort auf diese wirklich schwierige Definition. “Ehre ist mehr, als nur das Richtige zu tun aus Pflichtgefühl heraus. Ehre ist das, was einem keiner geben kann. Die Summe aus Würde, Tugenden und Pflichtbewusstsein.
    Es ist mehr als nur das zu tun, was die Notwendigkeit erfordert. Gerade, wie du es bei den Thermopylen angesprochen hast. Natürlich war es ehrenvoll von Leonidas, sich und seine Männer zu opfern, damit andere nach ihm den Sieg davontragen konnten. Um die griechische Flotte zu retten war es geradezu heldenhaft.“

    Axilla witterte noch immer eine Falle, aber sie wusste nicht, was er von ihr wollte. Es war irgendwie fast schon spannend, zu sehen, welchen Strick er ihr daraus drehen würde. Beinahe wollte sie ja, dass er diesen Satz als Anlass nahm, sie in Grund und Boden zu diskutieren. Hauptsache, sie redeten weiter. Hauptsache, er war ein echter Kerl.
    “Wenn du sagst, Ehre sei bloß geboren aus Notwendigkeit und Furcht vor Konsequenzen, was sind für dich dann die Tugenden? Mut, Pflichtgefühl, Treue? Sie alle sind Teil der Ehrenhaftigkeit eines Menschen. Sind sie dann auch nur Konstrukte aus Furcht? Aber wenn man sich an sie hält und dabei stirbt, wie gerade Leonidas Männer es getan haben, warum hält man sich dann an sie? Sollte man den Tod nicht mehr fürchten dann? Warum haben die Männer deiner Meinung nach Stand gehalten, haben sich geopfert für die anderen Griechen, die ja teilweise sogar ihre Feinde waren? Sparta hat nicht nur eine Schlacht geschlagen mit Athen, ständig lagen die Poleis im Krieg. Warum also sollten sich die einfachen Männer, denen vielleicht der Weitblick des Leonidas fehlte, warum sollten diese standhaft sich opfern für Männer, die sie nichtmal kannten, wenn nicht aus Gründen der Ehre und der Tugend?“

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    Was wurde der Kerl denn jetzt pampig? So, wie der reagierte, könnte man meinen, der wolle den Arzt verprügeln. Araros verstand die Welt nicht mehr. Die Jugend von heute... er wurde alt, denn der Mann hier vor ihm war bestimmt schon 30.
    “Nein Herr, präziser geht es nicht. Du wirst es aber sicher finden, es ist ein griechischer Iatros. So viele wird es davon direkt am Markt nicht geben. Vale bene.“
    Und die Tür war zu. Das war vielleicht nicht die zuvorkommendste Behandlung für jemanden, der mit dem Kaiser verwandt war, aber Araros war doch kein Denunziant. Abgesehen davon, dass er wirklich nicht wusste, wie der Medicus hieß. Leander hatte ihn mitgebracht, und der war nicht minder erledigt wie seine Herrin, wie es dem Ianitor schien.

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    “Wie heißt wer?“ fragte Araros verwirrt nach und wusste nicht, wen Archias jetzt schon wieder meinte. Es dauerte einen Moment, bis er begriff, dass nur der Arzt gemeint sein konnte.
    “Der Medicus? Keine Ahnung, es ist ihr Medicus. Ihr Leibsklave hat ihn abgeholt. Irgendwo am Trajansmarkt.“
    Na, offenbar war der Wunsch, hereinzukommen, abgeflaut. Gut, konnte er die Herrin schlafen lassen, war auch besser so.

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    Dea Dia, man mochte ja meinen, sein Leben hinge davon ab, mit Axilla zu sprechen. Jetzt raufte er sich schon die Haare! Araros sah mit Befremden, wie der Aelier mit sich rang und versuchte, sich an ihm vorbeizureden. Was meinte er denn damit, dass er sehen musste, ob es ihr gut ging?
    “Sei versichert Herr, es geht ihr gut. Der Medicus hat sie untersucht und ist zuversichtlich, dass sie in ein paar Tagen wieder gesund ist. Aber sie braucht Ruhe.“
    Natürlich könnte er Axilla fragen, das war nicht der Punkt. Aber seine Herrin brauchte Ruhe, und wenn es nicht wirklich wichtig war – und davon war Araros nicht gänzlich überzeugt – würde er diese Ruhe nicht stören. “Ich kann sie fragen, aber wenn du einfach in ein paar Tagen wiederkommen würdest, wäre das sicher klüger.“

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    Na also, ging doch! Auch wenn es nicht viel nützen würde, wenn er seinen Namen nannte, zumindest nicht in diesem Fall.


    “Domina Axilla ist krank und kann keinen Besuch empfangen. Komm in ein paar Tagen wieder, oder mach noch besser einen Termin mit ihr, dann hat sie sicher für dich Zeit.“
    In zweiterem Falle würde er einfach Leander herbeordern, dass der sich mit dem Aelier auseinandersetzte. Vielleicht war der ja durch den Hundeblick erweichbar, Araros war es definitiv nicht.