Beiträge von Iunia Axilla

    Leucos der Sklave


    Es klopfte an der Türe. Leucos war eigentlich nicht dafür zuständig, aber wenn es an der Tür klopfte, musste man öffnen. Immerhin könnte es wichtig sein.
    Der alte Sklave ging zur Tür und öffnete sie. Draußen stand ein Mann. Offensichtlich kein Römer. Also entfiel das Salve, statt dessen kam der ortsübliche Gruß.
    Chaire. Du wünscht?

    Ihr Atem verließ Axilla mit einem Mal, ganz so, als hätte sie etwas Schweres in den Rücken getroffen. Sie wusste, dass sie eigentlich Schmerz spüren musste, aber da war… nichts. Sie fühlte absolut nichts. Als hätte alles Leben mit einem Mal ihren Körper verlassen und zurück blieb nur eine so gewaltige Leere, die nicht einmal mehr durch Schmerz gefüllt werden konnte. Es dauerte lange, bis sie diese unendliche Leere auch nur mit Atem wieder zu füllen begann. Erst dann setzte auch der dumpfe Schmerz ein, der sich wie Gift durch alle ihre Adern zu ziehen schien.
    Ich… ich kann mich ändern, Silanus! Was muss ich tun, was muss ich sagen? Ich… bitte, du kannst mir nicht sagen, dass du im Balneum nicht mehr für mich empfunden hast als die Liebe eines Verwandten. Ich… bitte, Silanus, ich mach auch alles, was du willst.
    Es war verzweifelt, es war lächerlich, aber Axilla wusste keinen anderen Weg. Es konnte nicht sein Ernst sein? Es durfte nicht so sein! Sie liebte ihn! Er konnte doch nicht nur väterliche Gefühle für sie hegen. Sie hatte es doch gespürt, hatte seinen Körper gefühlt, seine Hände, seine Küsse! Küsse logen doch nicht?
    Und sie hatte Tage damit zugebracht, im Museion alles zu erfahren, was es gab. Und jetzt, da sie es endlich wusste, endlich zu träumen wagte, wie es wäre, mit ihm zusammen zu sein, jetzt liebte er sie nicht? Das durfte nicht so sein!

    Wie sollte sie es denn dann verstehen? Wie sollte sie die letzten Wochen verstehen? Axilla sah ihn sehnsüchtig und tieftraurig an und suchte in seinen Augen nach einer Antwort. Sie versuchte, herauszufinden, was sie nun machen sollte. Sie wusste es einfach nicht.
    Ich liebe dich.
    Jetzt war es raus. Einen Moment überlegte Axilla, ob es ihr leid tat. Aber das tat es nicht. Sie wollte es ihm in dieser Klarheit schon so lange sagen und hatte nie den Mut gefunden. Und jetzt, wo es raus war, fühlte sie sich irgendwie freier. Trauriger, aber auch freier.

    Was bildete dieser Kerl sich ein? Axilla stand einen Moment nur mit offenem Mund da und schaute ungläubig diesem undankbaren Wesen hinterher. Sie hatte ihn grade durch ein paar Worte vermutlich davor bewahrt, die nächsten drei Tage irgendwo eingesperrt in einer dunklen Zelle zu verbringen, und was war der Dank dafür? Er schnauzte sie an!
    Sollte er doch bleiben, wo der Pfeffer wächst! Philosoph, pah! Holzklotz, das traf es eher! Offenbar hatte er nicht nur vergessen, wie er sich einem Legionarius gegenüber zu verhalten hatte, sondern auch, wie er sich gegenüber einer Römerin zu verhalten hatte. Nein, schlimmer noch, er hatte die ganze natürliche Ordnung der Dinge vergessen! Offenbar glaubte er immer noch, er sei in Han und Beamter und Befehlshaber der Stadt. Aber hier in Alexandria war er nichts! Er hatte noch nicht einmal bezahlte Arbeit. Axilla hätte ihm ja gerne geholfen, aber bitte, wer nicht will, der hat schon.
    Während Marcus also noch einmal zu dem Legionarius ging, machte sie wütend auf dem Absatz kehrt und ging nach Hause. Sollte er doch selber zuschauen, wo er blieb. Vielleicht ließ ihn der Ianitor ja sogar zu Urgulania. Sie jedenfalls würde sich jetzt keine Gedanken mehr um ihn machen. Wenn er es sich so unbedingt mit jedem verscherzen wollte, sollte er.

    Er roch so gut! Axilla vergrub ihr Gesicht an seiner Schulter und hielt sich ein wenig an ihm fest. Dass er sie so vorbehaltlos weggehen lassen würde, schmerzte ein wenig. Sie wusste, dass es wohl das Beste für sie beide war. Aber dennoch hatte sie sich ein klein wenig gewünscht, dass er sie bei sich halten wollte, dass er jede Trennung von ihr genauso schlimm empfand wie sie. Oder dass er zumindest ein klein wenig eifersüchtig war. Irgendwas.
    Sie hielt sich an ihm fest, bis ihr Atem wieder ruhig war und auch die Tränen endgültig versiegt waren. Es war so schwer, zu akzeptieren, dass er sie nicht liebte. Es tat so unendlich weh. Aber sie wollte es akzeptieren. Sie musste es akzeptieren.
    Vielleicht sollte ich ihn morgen noch einmal fragen, wann genau die Reise geplant ist. Und bis dahin… weiß nicht…
    Sie hasste es, wenn er ihr so aus dem Weg ging. Die beiden letzten Wochen waren schlimm gewesen, aber die folgenden würden wohl noch schlimmer werden.

    Axilla verfolgte das Gespräch ein wenig ungläubig. Wie konnte jemand, der Philosophie studiert hatte und soviel von Harmonie redete, nur so ein Trampel sein? Entweder er wollte eingesperrt werden, oder die Jahre fernab der Zivilisation – den jedes nicht-römische Land war für Axilla gleichbedeutend mit nicht-zivilisiert – hatten seine Manieren verschwinden lassen. Sie überlegte, ob sie sich einmischen sollte, oder ob sie Marcus das alleine ausbaden lassen wollte und einfach schon mal vorging. Wenn er sich Ärger suchen wollte, wollte sie darin nicht unbedingt verwickelt sein. Sie hatte schon genug andere Probleme. Dass getuschelt würde, sie pflege Umgang mit einem Aufwiegler, musste nicht unbedingt dazukommen.
    Aber so ganz hängen lassen wollte sie Marcus nun auch wieder nicht. Dazu war sie doch zu weichherzig. Sie trat also noch einmal kurz neben ihm und raunte ihm so leise wie möglich zu: „Wenn du eingesperrt werden willst, bist du auf dem richtigen Weg.
    Dann wandte sie sich charmant lächelnd noch einmal an den Legionarius. „Verzeih, Legionarius. Mein Begleiter war lange Zeit außerhalb des Imperiums und hat in der Fremde wohl vergessen, wie man sich einem Soldaten gegenüber zu verhalten hat.
    Sie hoffte, damit war es nun gut. Wenn Achilleos weiterhin Ärger suchen wollte, würde sie ihn nicht mehr retten. Sie hoffte, dass er es nun gut sein ließ und mit ihr mitkam. Sie jedenfalls machte sich auf den Weg.

    Dass eine Wache sie aufhalten wollte bemerkte Axilla erst, als er hinter ihr herkam und sie ansprach. So sehr war sie in Gedanken vertieft gewesen.
    Was, wo? Begehr?“ Verwirrt blinzelte sie den Soldaten an, als Marcus das Wort ergriff und sie und sich vorstellte. Erst da war sie wieder ganz bei der Sache und lächelte entschuldigend.
    Oh, ich bin wohl schon so gewohnt, hier einfach durchzuspazieren. Tut mir leid, ansonsten ist immer einer deiner Kameraden da, die kennen mich schon. Und Achilleos begleitet mich nach Hause. Für eine Dame ist es schließlich nicht schicklich, völlig ohne Begleitung in der Stadt herumzulaufen, nicht?
    Axilla setzte ihr bezauberndstes Lächeln für den Soldaten auf. Sie mochte Soldaten, sie erinnerten sie immer an ihren Vater, und deshalb war sie immer nett und ein wenig neckisch zu ihnen. Sie glaubte nicht, dass es ein Problem gab, wenn Marcus sie begleitete. Schließlich war er auch ihr Gast.
    Dürfen wir dann passieren?

    Seine Berührung machte es eher schlimmer als besser. Sie konnte einfach nicht aufhören, zu weinen! Sie wollte ja, unbedingt, aber so, wie er sie hielt, musste sie nur daran denken, wie schön es wäre, wenn er sie auch lieben würde. Wie schön es wäre, wenn er auch bei ihr sein wollte und sie nicht nur hielt, weil er ein schlechtes Gewissen hatte.
    Sie schüttelte sich aus seiner Umarmung frei. Weil sie direkt vor der Wand stand, konnte sie nicht weggehen, wie sie es eigentlich wollte. Sie war wütend. Wütend auf die Situation, wütend auf sich, dass sie nicht aufhören konnte, ihn zu lieben, und vor allem nicht aufhören konnte, zu weinen. Und wütend auf ihn! Warum nur war er immer so nett zu ihr, nachdem er ihr die Dinge sagte, die sie nicht hören wollte?
    Da sie nicht fliehen konnte, drehte sie sich zu ihm um und schlug nach ihm. Nicht fest, dazu fehlte ihr die Kraft und sie standen viel zu nahe, aber ihre hilflose Faust traf auf seine Schulter. Ihre andere traf ihn auch, und hilflos und schwach traf sie ihn ein paar Mal. Schließlich überwog die Verzweiflung die Wut, und kraftlos sank sie in seine Arme, ihren Kopf an seiner Schulter. Sie hielt sich an ihm fest und schluchzte. Warum bei den Göttern, warum musste sie von allen Männern auf der ganzen, weiten Welt ausgerechnet ihn lieben, wo er sie nicht liebte?
    Vielleicht sollte sie davonlaufen. Einfach weg, und ihn und ihre ganze Familie vergessen. Einfach hinaus in die Wüste, und nie mehr wiederkommen. Vielleicht wäre das das beste. Oder sie ging nach oben in ihr Zimmer und holte Vaters Schwert aus der Truhe. Vielleicht hätte er es selbst gegen seine Tochter gerichtet, wenn er gehört hätte, was sie getan hatte. …Nein, hätte er nicht, egal was sie getan hätte, und sie hatte kein Recht, sich aus dieser dummen Verzweiflung heraus selbst umzubringen. Sie durfte Silanus nicht so schaden.
    Langsam beruhigte sich ihr Atem und die Tränen wurden weniger. Ihr Körper zitterte, und sie hielt sich einfach an ihm fest.
    Es… tut mir leid… ich…sollte vielleicht… besser ein… wenig gehen… weg gehen… ich hab eine… Einladung… von Aelius Archias… zu den Pyramiden… er und … seine Zukünftige…“ Ein kurzer Heulanfall unterbrach ihre Worte, ehe sie sich wieder gefangen hatte. „…dann… musst du nicht so… mir aus dem Weg gehen… weil ich dich liebe… dann ist es… vielleicht besser…

    Erst atmete sie nur, dann schluchzte sie. Axilla hatte sich so sehr vorgenommen, nicht enttäuscht zu sein, wenn er sie nicht wollte, aber sie konnte nichts dagegen machen. Sie liebte ihn doch so sehr! Warum nur war das nicht genug? Sie verbarg ihr Gesicht in ihren Händen, weil sie nicht wollte, dass er sah, wie sie weinte. Sie versuchte auch, sich zu beruhigen, versuchte, sich zu zwingen, ruhig zu atmen. Sie wollte nicht weinen, und sie wollte erst recht nicht, dass er dachte, sie wollte ihn erpressen.
    Schnell stand sie auf und ging zur nächsten Wand, den Rücken ihm zugewandt. Wenn sie ihn nicht sah, war es nicht so schlimm, und so konnte er ihr Gesicht nicht sehen. Dass dies eine Vogel Strauß Taktik war, wusste sie natürlich, aber trotzdem half es. Zumindest ein wenig.

    Hallöchen,


    ich habe ja mitbekommen, dass es mit dem letzten CRV wohl einige Probleme gab. Seit dem letzten gab es auch keinen neuen CRV.


    Ich wollte mich einfach kurz nach der Lage erkundigen. Und da ich denke, dass es noch mehr Leute vielleicht interessiert, dachte ich "Machste mal ein Thema auf".
    Ich will wirklich keinen hetzen oder gar Vorwürfe machen. Wirklich nicht. Ich möchte mich nur erkundigen, ob demnächst mal wieder ein neuer CRV geplant ist.
    Ich hätte nämlich gerne noch das Wahlrecht :D


    Öhm, ja, das wars von meiner Seite aus auch eigentlich schon wieder.

    Archias wollte sie wohl betrunken machen? Als Axilla sich dem Trinkspruch anschloss und an ihrem Wein nippte, merkte sie, dass er für ihren ungeübten Gaumen ziemlich stark war. Andererseits vertrug sie auch nichts, aber auf alle Fälle musste sie vorsichtig sein. Also setzte sie den Becher wieder ab und wollte für etwas „Grundlage“ in ihrem Magen sorgen, damit der Wein ihr nicht zu Kopf stieg.
    Das Essen kam auch gleich und wurde vor ihr und Archias abgestellt. Es duftete beides einfach verlockend, und Axillas Magen meldete sich auch sogleich. Entschuldigend sah sie nach unten.
    Ihr „Das da“ war ein Stück soßiges Fleisch mit Gemüse und einem großzügigen Stück Brot. Das einzige Problem war: Es war noch heiß und Axilla hatte keine Ahnung, wie sie es essen sollte. Sie nahm also das Messer zur Hand und suchte einen passenden Ansatzpunkt. Wie ein guter General beobachtete sie erst und entschied sich dann für die passende Taktik. Eine Weile studierte sie die Lage, ehe sie eine Schwachstelle entdeckte und den Angriff einleitete. :D
    Nachdem so der erste Bissen in ihrem Mund verschwand, konnte Axilla ein wohliges Seufzen nicht unterdrücken. „Das schmeckt so gut. Was immer es auch ist.
    Jetzt war sie bereit, sich auch wieder am Tischgespräch zu beteiligen.
    Ich würde gerne mal nach Germania reisen, um es anzusehen. Ich hab gehört, im Winter schneit es dort so viel, dass der Schnee einem bis zur Hüfte reicht.
    Axilla erinnerte sich an Schnee. In Tarraco gab es den zwar selten, aber manchmal schneite es doch. Und dann konnte man den ganzen Tag mit dem weißen Wunder herumtoben und die schönsten Schneeballschlachten veranstalten.

    Verwundert über seine Frage blickte Axilla wieder hoch.
    Was? Nein. Also, ich meine ja. Ich möchte schon nach Rom. Ich…
    Warum konnte sie es nicht einfach sagen? War es denn wirklich so schwer, diese drei kleinen Wörtchen? Was konnte denn jetzt schon noch passieren, was nicht schon längst passiert war? Hatte sie denn wirklich noch etwas zu verlieren? Und trotzdem konnte sie gerade diese Worte nicht sagen. Sie beschloss, nie wieder jemand anderem Liebestipps zu geben, denn ganz offensichtlich hatte sie dazu kein Recht.
    Sie sah zu Silanus, und wie er da saß, zu ihr halb über den Schreibtisch gebeugt, sehnte sie sich so sehr nach ihm. Wie von selbst lehnte auch sie ein wenig nach vorne und legte den Kopf leicht schief. Als es ihr bewusst wurde, sank ihr Kopf wieder traurig nach unten.
    Ich kann nicht aufhören, an dich zu denken. Ich… ich habs versucht, aber…“, gestand sie ihm mit trauriger Stimme.

    Aus seinem Gesicht konnte sie den Grund dafür nicht ablesen. Warum? Warum wollte er, dass sie mitkam? Sie wollte es so gerne wissen, so gerne Sicherheit haben. Axilla sah zu Silanus hinüber und hatte das Gefühl, gleich zu zerspringen. Warum konnte er ihr nicht einfach sagen, woran sie war? Sah er denn nicht, wie sehr sie litt? Oder waren die ganzen letzten zwei Wochen nur dazu gewesen, sie etwas zappeln zu lassen?
    Silanus, ich…“ Die Stimme blieb ihr wieder weg und sie musste sich räuspern. Ihre Wangen überzog eine sanfte Schamesröte, als sie wieder zu Boden blickte. Sie konnte ihn nicht einfach fragen, ob er auch etwas für sie empfand.
    Da redete sie so hochtrabend auf Archias im Museion ein, aber selber bekam sie keinen Ton hinaus in Silanus’ Gegenwart.

    Nach Rom?
    Axilla war im ersten Moment so verwirrt, dass sie gar nicht realisierte, dass sie mit sollte. Erst, als sich die Worte ein wenig gesetzt hatten, fragte sie noch mal, diesmal etwas erstaunter. „Nach Rom?
    Marcus war in diesem Moment erstmal vergessen. Sie wollte zwar wirklich diese Philosophie lernen, aber das hier war gerade wichtiger. Carpe diem.
    Und ich soll mit dir mitkommen, nach Rom?
    Sie sah ihn an. Warum wollte er sie mit in Rom haben? Damit sie in seiner Nähe war, weil er auch etwas für sie empfand? Oder wollte er nur auf sie aufpassen, dass sie keinen Blödsinn anstellte? Oder musste er als ihr Tutor in ihrer Nähe sein und hatte deshalb keine andere Wahl? Sie hoffte, wünschte so sehr, dass er sie mitnehmen wollte, weil es ihm genauso ging wie ihr. Der Gedanke, von ihm so weit getrennt zu sein, verursachte schon beinahe körperliche Schmerzen.

    Ja, natürlich. Sein Name ist Marcus Achilleos und er ist hier Gast am Museion. Er übersetzt dort die Schriften, die er von seinen Reisen mitgebracht hat. Er war im Land Han, wo er Beamter war. Urgulania kennt ihn auch.
    Ja, was sollte sie noch von ihm erzählen? Axilla überlegte, was sonst noch vielleicht wichtig sein könnte. So gut kannte sie ihn ja nun auch wieder nicht. Eigentlich war sie ihm nur zweimal auf den Fuß getreten, wenn man es ganz genau nahm. Und eben das sehr lange Gespräch im Museion, als er sie dann noch nach Hause begleitete.
    Ich weiß grade nicht, was ich dir sonst noch erzählen soll?
    Jetzt kam sie nicht mehr umhin, ihn anzusehen. Ihr Herz machte allein bei seinem Anblick einen großen Hüpfer. Sehnsüchtig sah sie ihn verliebt an, ehe sie mit einem tiefen Atemzug den Blick wieder senkte.

    Sie wusste nicht, ob sein Lächeln sie eher beruhigte oder aufwühlte. Axilla schloss die Tür hinter sich und ging zu dem angebotenen Platz. Mit jedem Schritt auf Silanus zu schnürte sich ihre Kehle weiter und weiter zu und ihr Herz pochte wie wild. Sie hoffte nur, dass man es ihr nicht ansehen konnte.
    Als sie saß, wollte sie zu sprechen beginnen, aber beim ersten Versuch versagte ihr die Stimme. Verlegen schaute sie zu Boden und räusperte sich noch einmal, ehe sie dann ihre Sprache wieder fand.
    Ich hab im Museion einen Griechen getroffen. Er hat die Philosophie in einem anderen Land studiert, und ich würde ihn gerne als meinen Lehrer haben. Denn das interessiert mich.
    Ihre Stimme wollte nicht ganz zu den Worten passen, und ihr Blick blieb auch die meiste Zeit auf den Boden gerichtet. Denn immer, wenn sie zu Silanus hoch sah, kam dieses sehnsüchtige Gefühl in ihr hoch, und sie wollte die kurze Distanz zwischen ihnen beiden überwinden und ihn berühren, ihn küssen und schmecken. Und sie war sich sicher, dass er das in ihrem Blick sehen konnte.

    Einen Moment zögerte sie noch, dann trat Axilla ein. In der Tür blieb sie stehen und schaute zu Silanus hinüber. Ihr Herz schlug schneller, und sie redete sich ein, dass das nur die Aufregung sei. Ihm ging es bestimmt nicht so wie ihr. Sie sollte das hier ruhig einfach alles sagen und dann wieder gehen. Es würde schon einen Grund haben, warum Silanus sie zurzeit möglichst wenig sehen wollte – denn an reinen Zufall diesbezüglich glaubte Axilla nicht. Den Klos in ihrem Hals schluckte sie kurz herunter, ehe sie zu sprechen anfing.
    Hast du einen Moment Zeit für mich, Silanus?

    Unruhig stand Axilla wieder vor Silanus’ Officium. Bei ihrem ersten Besuch war sie nur nervös, ob sie hier aufgenommen werden würde. Wie kindisch sie das nun im Nachhinein fand! Doch nun war der Grund ihrer Nervosität viel ernster.
    Sie hatte lange überlegt, was sie anziehen sollte. Es war das erste Treffen, wo sie beide allein sein würden und miteinander sprechen würden, seit der Sache im Bad. Und Axilla wusste nicht so recht, was sie wollte. Sie wollte schön sein für ihn, aber er sollte nicht den Eindruck haben, sie hätte sich für ihn hübsch gemacht. Sie wollte nicht, dass er dachte, sie käme nur, um ihn wieder zu verführen, wollte aber dennoch den Eindruck erwecken, dass – sofern er wollte – es möglich wäre. Und falls er nicht wollte sollte ihre Kleidung seriös genug wirken, dass sie sich damit abfinden könne. Es war sehr schwierig, und schließlich gab Axilla die Suche nach der perfekten Kleidung auch auf.
    Also trug sie nur eine mittellange Tunika, die ihr bis knapp über die Knie reichte und nicht viel feiner war als die Kleidung der Sklaven und Diener hier im Haus. Dazu hatte sie einen einfachen Gürtel aus Leder gegürtet, damit es nicht so nackt aussah. Ihre Haare waren mit einem einfachen, grünen Stoffband im Nacken zusammengebunden. Alles in allem hätte ein Gast sie so wahrscheinlich nicht für eine Iunia gehalten.


    Axilla atmete noch einmal tief durch und klopfte dann an. Sie wusste, dass Silanus da und momentan alleine in seinem Officium war. Und sie musste einfach mit ihm reden, wenn sie Marcus Achilleos als Lehrer haben wollte. Ganz zu schweigen von der Reise zu den Pyramiden mit Archias, wenn der es sich nicht noch anders überlegte.

    Axilla war schon so oft durch dieses Tor gelaufen. Herausgeputzt zum Fest des Alexanders, ganz normal wie heute oder bei ihrem ersten Treffen mit Archias, aber auch schon einfach mit Pferdeschwanz, kurzer Tunika und billigen Sandalen, wenn sie nur schnell etwas besorgen wollte und keinen Sklaven schicken wollte. Daher war es für sie so natürlich, einfach an den Wachen vorbeizulaufen, dass sie auch diesmal einfach vorbeischlendern wollte.
    Dass Marcus Achilleos als Nicht-Römer vermutlich noch nie hier entlang gelaufen war, vergaß sie vollkommen. Ebenso, wie dass sie ihn als Gast wohl anmelden musste. Sie war in Gedanken schon bei dem Gespräch mit Silanus, um seine Erlaubnis einzuholen. Da konnte sie auch gleich fragen, ob sie mit Archias zu den Pyramiden mitreisen durfte.
    So bemerkte sie das neue Gesicht am Tor nur unbewusst, während sie wie selbstverständlich an den Wachen vorbeispazierte.

    Axilla fühle sich ertappt und wollte schon alles abstreiten, aber Marcus hatte eine Art an sich, die sie verstummen ließ. Sie war sich sicher, er würde sie sofort durchschauen, wenn sie ihn anlog, und das wäre definitiv nicht gut. Also hielt sie lieber den Mund und überlegte kurz, was sie sagen sollte.
    Dass er so auf einen männlichen Verwandten bestand, passte ihr nicht ganz in ihren Plan. Sie wäre viel lieber den Umweg über Urgulania gleich gegangen, als Silanus zu fragen. Sie hatte ihn seit ihrer Begegnung im Bad nicht mehr gesehen und hatte das Gefühl, dass er ihr auch aus dem Weg ging. Und sie hatte ein bisschen Angst davor, ihn jetzt wiederzusehen, weil sie nicht wusste, was sie dann sagen oder gar tun würde. Aber wenn sie das lernen wollte, musste sie wohl in den sauren Apfel beißen.


    Ich werde meinen Tutor fragen. Und wenn ich seine Zustimmung habe, werde ich dich fragen.
    Axilla war bei diesen Worten ganz ruhig und ernst. Das passierte selten, daher wirkte es umso entschlossener. Noch dazu, dass Axilla Marcus dabei direkt ansah und seinem Blick nicht wie sonst üblich auswich und in der Gegend herumschweifen ließ.
    Erst, als ihr das auffiel, richtete sie ihren Blick wieder auf die Straße. Da vorne war schon das Tor zur Basilea, sie konnte von hier aus schon die Sonne auf dem Helm einer Wache blitzen sehen.