Beiträge von Iunia Axilla

    Der Ianitor sah sich das Siegel an und warf noch einen Blick auf den verhüllten Käfig. Ein Löwe würde da wohl kaum drin sein, und wenn der Bote hier damit so herumlief, wohl auch sonst nichts gefährliches.
    “Wäre besser gewesen, du hättest einen Termin ausgemacht. Du wirst warten müssen.“
    Er öffnete die Tür ganz und führte den Mann mitsamt seinem Käfig ins Tablinum.

    Decima Seiana war noch nicht wieder in Rom. Aelia Germanica war bei ihrem Mann. Folglich war es an Axilla, als oberste Vertreterin der Acta hier in Rom die Stellung zu halten. Auch wenn sie diese Pflicht mehr als nur nachlässig verfolgte und im Grunde nur einmal in der Woche in der Acta vorbei kam. Mit dem Fortschreiten der Schwangerschaft war es ihr auch zunehmend unwichtiger geworden, denn wenngleich der Notstand wieder aufgehoben war, Rom war immernoch gefährlich. Und Axilla wäre immernoch am liebsten anderswo.
    Dennoch musste sie wohl oder übel in Rom bleiben, Imperiosus ließ sich in seiner Meinung bezüglich Salinator nicht beirren. Und dennoch musste die Arbeit in der Acta gemacht werden.


    So war es wohl Zufall, dass Axilla ausgerechnet heute im Gebäude der Acta war und im Grunde genommen nur alle Berichte als „nicht veröffentlichbar“ abwies. Es gab jede Menge berichte. Über Unruhen auf den Straßen. Über den Notstand. Über die Sorgen der Menschen wegen dem Notstand. Über Gerüchte am Mord vom Kaiser und seinem Sohn. Über die Verhaftungen und den vielen verschwundenen Senatoren. Aber all das konnten sie nicht schreiben, ohne selbst demnächst Besuch von Schwarzröcken zu bekommen. Einmal waren die Prätorianer ja schon in den Räumlichkeiten der Acta gewesen.
    Axilla also saß da, eine Hand auf dem erschreckenderweise schon mehr als gut sichtbaren Babybauch, und las sich gerade einen zwar schönen, aber unveröffentlichbaren Bericht über die Krawalle auf den Straßen Roms direkt nach Verkündigung des Notstands durch, als einer der Schreiber der Acta zu ihr mit dem vorbeigebrachten Schrieb Salinators vorbeikam.
    Axilla nahm das Schreiben entgegen, und wieder fühlte sie diese Kälte, die sich um ihr Herz legen wollte. Das Kind fühlte es auch und trat kräftig gegen Axillas sich wölbende Bauchdecke. Es standen drei Namen drauf, von denen Axilla zwei kannte. Manius Flavius Gracchus hatte ihr die herrlichen Bücher Ovids zur Hochzeit geschenkt. Nicht nur eines oder zwei. ALLE. Und sie hatte das Gespräch in den lucullischen Gärten vor einem Jahr nicht vergessen.
    Sextus Aurelius Lupus. Das war der Mann von Flavia Nigrina. Die beiden waren auch vor nicht einmal einem halben Jahr auf ihrer Hochzeit gewesen.
    Den dritten Mann auf dem Blatt kannte Axilla nicht. Cornelius Palma war niemand, den sie kannte.


    “Sollen wir die Meldung dann rausgeben?“ fragte der Schreiber nach, als Axilla nach einer viertel Stunde noch immer keinen Pieps gesagt hatte. Das Kind in ihrem Bauch tanzte fast so schlimm wie die Gedanken in ihrem Kopf. Es gibt nur wenige Tugenden für einen echten Römer, Axilla. Virtus, Fides, Pietas. Axilla hörte die Stimme ihres Vaters, der sie mit diesen Wertbegriffen großgezogen hatte, ihr immer wieder erzählt hatte, wie wichtig es war, dass man treu zu den Menschen stand, die einem vertrauten. Wenn man selbst nicht vertrauenswürdig war, wie konnte man dann auf andere vertrauen? Der Fluch der Lügner und Feiglinge war nicht, dass niemand ihnen mehr traute, sondern dass sie niemandem trauen konnten.
    Und dies hier, das war ein Fall für Pietas, das Pflichtbewusstsein. Es ging um Freunde, oder um die Männer von Freunden. Sicher hätte Axilla um ihrer eigenen Sicherheit und der ihres Kindes willen den Bericht einfach weiterreichen sollen. Und aus Sorge um ihr Kind würde sie sich auch nicht offen gegen diese Anweisung stellen können. Aber zumindest einen kleinen Vorsprung, den konnte sie ihnen gefahrlos geben.
    “Das soll reichsweit veröffentlicht werden. Außerdem steht da auch gar nichts von "sofort" drauf. Ich denke, da benötigen wir die Einwilligung der Auctrix.“
    “Na, aber die letzte Anweisung des Praefectus Urbi...“
    “Die war ja auch nur für Rom und nicht so gewaltig. Bei dem hier brauchen wir die Rückmeldung von Decima. Also schick einen Boten zu ihr.“
    Der Schreiber sah sie mehr als nur zweifelnd an. Also fügte Axilla noch ein “Na hopp!“ an und scheuchte ihn nach draußen.


    Verhindern würde es die Meldung nicht. Natürlich würde Seiana sagen, dass sie es veröffentlichen sollten. Aber es würde den Männern noch 2 Tage Vorsprung geben, in denen sie sich unbehelligt bewegen konnten.

    Axilla hörte die Schritte auf dem glatten Marmorfußboden, ehe sie ihren Mann sehen konnte. Sie erkannte ihn daran mittlerweile schon sehr gut. Die Sklaven schlichen immer durchs Haus, ganz leise, kaum hörbar. Imperiosus stapfte. Es war nicht so, als ob er trampelte, das nicht. Aber in seinem eigenen Haus gab es für ihn keinen Grund, besonders leise von Raum zu Raum zu schleichen.
    Und so war da eine leichte Anspannung schon da, als er in Axillas Blickfeld kam und zu ihr herüberging. Sie wartete, schweigend, was er sagen würde. Ihm als Hausherrn stand ja immerhin eigentlich das letzte Wort zu. Ohne sein Einverständnis durfte niemand im Haus sein. Auch wenn Axilla die Hausherrin war, selbst sie durfte nur solange hier sein, solange Imperiosus sich nicht von ihr scheiden ließ und sie rauswarf – oder sie selber gehen würde. Aber das römische Recht und die Sitten und Gebräuche waren da doch sehr eindeutig.
    Axilla hatte nun nicht Angst, dass er SIE rauswerfen würde. Es gab Momente – wie auch jetzt, als er zu ihr herüberkam und sie einfach nur kurz küsste, so wirklich offensichtlich vor einer Fremden – da war sie sich sehr sicher, dass Imperiosus sie wirklich, wirklich gern hatte. Vielleicht liebte er sie sogar. Sie hatte ihn ja auch wirklich gern, wenngleich nicht mehr als das. Aber vielleicht gefiel ihm die Bewerberin da nicht, und er warf DIE raus.
    Doch nichts dergleichen, im Grunde zeigte er nur kurz seine Anwesenheit und ging auch gleich wieder zur Arbeit. Er arbeitete viel. Im Grunde genommen fast immer.
    “Gut“, schickte Axilla ihm noch unsicher hinterher. Natürlich wusste sie, wo sie die Sklaven fand. Die waren überall im Haus und auch alle sehr nett.


    Als Imperiosus sich wieder entfernt hatte, sah Axilla wieder auf die Frau hier vor sich, die noch immer geduldig und ruhig wartete. Ihr Kind schlief noch immer. Und Axilla war sich noch immer nicht wirklich sicher, was sie tun sollte.
    Das Schweigen breitete sich aus, bis es unangenehm und drückend wurde. Die Iunia räusperte sich einmal und rutschte ein wenig in ihrem Korbsessel herum. Sie fühlte wieder dieses Kribbeln im Bauch und wusste, dass es das Kind war. Sie wusste einfach, dass es sich bewegte. Das machte es in letzter Zeit häufiger. Vor allem, wenn sie angespannt war.
    “Dein Sohn hätte auch große Verantwortung...“ sagte Axilla schließlich, einen vagen Gedanken aussprechend, der ihr in den Sinn kam. Es war nicht wirklich eine Frage. Dennoch erhielt sie eine Antwort.
    “Es wird ihm sicher eine ebensolche Ehre sein, wie es mir wäre. Es ist ein lieber Junge.“
    Axilla sah sich das schlafende Kerlchen noch einmal an und war sich da nicht so sicher. In dem Alter, wie konnte seine Mutter es da so sicher sagen, wie er werden würde? Vielleicht würde er ja auch ein gemeiner Rabauke werden? Vielleicht würde er Axillas Kind hauen und piesaken. Wer wusste das schon? “Dir ist bewusst, dass wenn er... oder du... nicht so sind... nicht... sanft zu meinem Kind sind... nicht richtig, dann wird mein Mann...“ Nein! Da wollte Axilla sich nicht hinter Imperiosus verstecken. Der Gedanke, diese Frau könnte ihrem Kind etwas antun, zuckte nur einen Moment durch ihre Gedanken, und sofort ballte sich ihre Faust wie von ganz alleine und ihr Herz schlug so laut, dass es einen Moment lang jedes andere Geräusch ausblendete. “Wenn mein Kind zu leiden hat, dann werde ich dich nicht nur auf die Straße setzen. Das weißt du?“
    Axilla hatte noch nie jemandem gedroht, soweit sie wusste. Es war auch nie nötig gewesen. Es hatte schlicht nichts gegeben, wegen dem sie hätte drohen können oder müssen. Aber jetzt, Valas Kind... es war keine Drohung. Sie wusste, dass sie jedem etwas schreckliches antun würde, der dem Kind etwas tat. Sie kannte dieses Gefühl gar nicht von sich. Nicht einmal ansatzweise hatte sie so etwas je gespürt. Sie hätte noch nicht einmal gedacht, jemals sowas sagen oder fühlen zu können. Aber es war einfach da.


    Und die Salvia nahm es auch durchaus ernst. “Natürlich, Herrin! Sei versichert, dass ich nie etwas tun würde, das deinem Kind schadet!“
    Es kamen noch weitere Versicherungen der Frau, die die Drohung wohl durchaus so ernst nahm, wie sie gemeint war. Axilla hörte nur so halb hin und grübelte weiter. Es war wirklich nicht einfach.
    “Du würdest hier in der Casa wohnen, mit deinem Kind. Nicht da, wo du sonst gewohnt hast. Du erhältst hier Sicherheit und Komfort und Essen, aber dafür bleibst du auch im Haus und kümmerst dich um das Kind, wenn ich es sage. Du müsstest tun, was ich sage. Deine Freunde oder dein Mann dürfen nicht hereinkommen. Und du erhältst pro Woche, die du da bist, einen Sesterz. Und wenn mein Kind zwei Jahre alt ist und keine Amme mehr braucht, erhältst du noch einmal einen Denar für jede Woche, die du da warst.“
    Üblicherweise blieben Ammen mehr als 2 Jahre. Hauptsächlich, weil dann häufig noch weitere Kinder kamen, die gestillt werden mussten und man auf eine Frau dann zurückgriff, die man schon kannte, und nicht jemand neuen suchte. Dennoch war Axillas Angebot eigentlich nichts ungewöhnliches, sogar etwas großzügig, auch wenn es nicht so klang. Aber immerhin hatte die Salvia so ein Dach über dem Kopf, einen gewichtigen Namen, der sie schützte und ihr Türen öffnete, etwas zu essen für sich und ihr Kind, vermutlich auch einen Lehrer für ihr Kind, und einen treuen Freund für ihr Kind, der, wenn alles gut lief, den kleinen Manius wie einen Bruder lieben würde. Das war viel für jemanden ohne nennenswerte Herkunft. Und sehr viel für das kleine Kind in ihrem Arm.
    Und die Salvia sah das wohl auch sofort. “Das wäre ein sehr großzügiges Angebot, domina.“
    Noch ein letztes Zögern, ehe Axilla dann doch nickte. “Gut. Dann machen wir es so.“

    Zitat

    Original von Titus Duccius Vala


    Titus Placcus
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    Dem Öffnen der Türe folgte ein kalter Lufthauch durch die Straßen der Placcus frötseln ließ: "Sa.. Salve, ich bin Titus Placcus. Ich habe hier etwas abzugeben für Gaius Pompeius Imperiosus und Huna Axilla... von Titus Duccius Vala, aus Aegyptus. Hier ist ein Brief...."
    Sprach's, zuckte erneute unter einem Kälteschauer zusammen und hielt dem Mann eine versiegelte Schriftrolle mit dem Siegel des Absenders entgegen:



    "Es wurde darum gebeten, das Geschenk so lange verhüllt zu lassen, bis die Empfänger es sich gemeinsam ansehen können... eh.. keine Sorge, ich habe den Käfig heute erst gereinigt. Ist beinahe blitzblank...", fügte der Bote hinzu, und begann von einem Bein auf das andere zu wechseln um sich ob der plötzlich auftretenden Kälte warm zu halten. War es heute morgen nicht relativ warm gewesen? Welcher Gott hatte ihnen nun das hier eingebrockt?

    Die Hunderte an Iuniern und Pompeiern würden sie vermutlich heute Nacht in ihren Träumen als Manen und Larven verfolgen, um sie zu geißeln und zu strafen für ihre Niederträchtigkeit. Vor allem wohl die Pompeier. Aber Imperiosus hatte insoweit wohl recht, dass sie die nächste Zeit überstehen würden. Auch wenn Axilla allen Grund zur Sorge hatte und noch mehr Grund, Angst vor Salinator zu haben, in der nächsten Zeit würde der Mann vermutlich zuviel zu tun haben um seine Zeit mit Gedanken an die Frau eines Klienten zu verschwenden. Und dann würde ihr Bauch sie hoffentlich erst einmal schützen. Axilla konnte sich nicht vorstellen, mit dickem Babybauch noch attraktiv für den Mann zu sein. Also vorerst war sie wohl wirklich sicher.


    “Hinlegen?“ fragte sie etwas lahm nach und blickte aufs Bett. Eigentlich hatte sie daran jetzt nicht gedacht, aber es war ein sehr guter Vorwand. “Ja, ein wenig vielleicht. Ich fühl mich grade doch ein wenig erschöpft.“ Das war sogar wahr. Die ganze Angst und die Ungewissheit zehrten doch ganz ordentlich an ihr.

    Zunächst öffnete sich nur die kleine Klappe auf Augenhöhe. Prüfend sah der Ianitor nach draußen, wer da vor der Tür stand, ehe er die Tür richtig aufmachte. In diesen verrückten Zeiten musste man aufpassen, wem man die Tür öffnete. Es konnte ein Bote sein, oder eine Abordnung Prätorianer.
    Sein Blick fiel fragend auf das große Gestell, das mit einem Tuch verdeckt war, und kurz darauf später noch viel fragender auf den Mann, der damit unterwegs war und angeklopft hatte. “Ja bitte?“ eröffnete er also die Konversation mit dem unbekannten Fremden.

    “Ich hoffe es“, murmelte Axilla mehr, als dass sie es sprach. Auch wenn bei ihr die Normalität sicher anders aussah als bei Imperiosus. Für sie wäre Normalität, wenn der fette Kerl irgendwo weit weg wäre, sie in Sicherheit wäre und Rom einen guten Kaiser hätte, vor dem sie nicht mehr Angst haben musste wie man eben vor einem Kaiser haben sollte. Aber die Hoffnung, dass das passieren würde, war wohl doch eher klein. Und nichts, was sie ihrem Mann sagen konnte.


    Axilla löste sich langsam von ihm und setzte sich auf ihr Bett. Ihr Blick fiel ganz flüchtig auf die versiegelte Wachstafel, glitt aber sofort weiter, um sich nicht zu verraten. Ihr Entschluss, sie zu versenden, stand fast noch mehr als zuvor. Sie hatte noch immer Angst. Und sie wünschte sich so sehr, Vala wäre hier. Er hätte sie bestimmt verstanden. Mit ihm hätte sie reden können. Er hätte sie verstanden. Oder? Nun, vielleicht auch nicht. Trotzdem hätte sie sich sicherer gefühlt. Ein wenig vielleicht.
    “Du... du musst doch sicher noch in die Kanzlei, wegen... dem allen?“ fragte Axilla nochmal, ohne Imperiosus wirklich dabei anzusehen. Es war ja nicht so, als ob sie ihn hinauskomplimentieren wollte. Aber er musste nichts von ihrem Brief wissen. Oder ihren Gedanken dazu. Oder ihren Sorgen. Wie schwer es ihr viel, diese Maske hier zu tragen. Axilla wollte ja, dass diese Ehe funktionierte. Und das würde sie nicht, wenn Imperiosus alles wüsste. Da war es leichter, wenn er erst einmal wieder ging. Dann musste sie sich darüber keine Gedanken machen.

    Zitat

    Original von Titus Duccius Vala


    Titus Placcus
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    Was hatte er sich während der Ausgangssperre mit den Dingern rumgequält! Die Ohren hatten sie ihm vollgeschrien, und sein ganzes mickriges Cubiculum in einer der Insulae in Ostia stank nach Vogelmist. Er hatte sich so sehr an die Viecher gewohnt, dass er schon vergessen hatte, dass sie überhaupt nicht seine eigenen waren, sondern einfach nur abzuliefern... in Rom... bei dieser Adresse. Den mit einem Tuch bedeckten hölzernen Käfig sorgsam neben der Porta abgestellt klopfte er kräftig an, und hoffte, dass er einen nicht allzu schäbigen Anblick bot.

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    “Jop, tot. Mausetot sogar.“ Hach, war das ein erbauliches Gefühl, mehr zu wissen als alle anderen. So langsam konnte Levi die Lehrer verstehen, die ihre Nase immer besonders hoch trugen. Hatte durchaus was für sich, diese Allwissenheit und Erhabenheit.


    Allerdings tat Sirius ihm nicht den Gefallen, darüber zu spekulieren, welche Auswirkungen das haben konnte, oder Levi gar nach seiner Meinung zu fragen, was er denken würde, welche Auswirkungen das haben würde. Da hätte er erst vielleicht philosophieren können! Auf dem Schiff war das auch schon Thema gewesen, denn so ziemlich jeder Reisende, der in Ostia mit an Bord gegangen war, hatte von nichts anderem geredet. Also, wenn sie sich nicht grade wegen dem Seegang übergeben hatten.
    Doch entschädigte Sirius ihn dann immerhin doch noch mit was zu essen und auch der Möglichkeit, früher heim zu kommen. Ob er den Brief jetzt selber übergab oder Sirius, war ja auch sicher egal. Hauptsache, er kam an.
    “Oh, das ist wirklich sehr nett von dir. Hier bitte“, streckte er die versiegelte Wachstafel dem anderen hin. “Zur Küche geht’s da hinten durch?“ Die meisten Häuser waren ähnlich aufgebaut, und die Küche in fast allen in der hintersten Ecke.
    Und so ließ sich Levi gern da hinkomplimentieren, steckte noch einen Happen ein, quatschte ein wenig mit den Leuten in der Küche (und gab auch hier mit seinem phänomenalen Wissen an), ehe er ein zwar nicht trockenes, aber wenigstens nicht ganz so gräßlich verregnetes Stückchen Licht nutzte, um wieder heim zu gehen.
    Schönes Wort. Heim!




    LEIBSKLAVE - IUNIA AXILLA

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    Levi nahm das Wasser an, auch wenn er nichts trank. Nachdem er im Regen schon bald ersoffen war, hatte er nicht unbedingt großen Durst im Moment. Etwas zu essen wär ihm weitaus lieber, nur machte Sirius da keine Andeutungen, dass sie doch in die Küche gehen und da warten konnten, wie es eigentlich üblich war. Oder zumindest machten die Iunii es so mit Boten.
    “Was passiert ist? Ihr wisst das noch gar nicht?“ fragte Levi dann aber doch nach, als Sirius so ganz unwissend schien. Er wusste etwas, was der weitaus gebildetere und ältere Sklave nicht wusste? Das war wie Öl für sein Ego.
    “Der Kaiser ist tot, das ist passiert. Und sein Sohn gleich mit. Ich hab jetzt nur den Stand von vor drei Wochen, keine Ahnung, ob noch was dazugekommen ist.“ Levi lehnte sich leicht gegen die nächste Wand, was gleich in einem schicken Wasserfleck im Putz resultierte, wo seine Tunika die Wand tränkte. Und erzählte munter weiter. Wenn er schon einmal mehr wusste als alle anderen anwesenden, musste das genutzt werden. Ausgekostet. “Auf jeden Fall hat der Praefectus Urbi gleich mal den Notstand verhängt und wohl gewettert, dass er die Mörder fangen und hinrichten lassen will. Gab wohl auch ein paar Hausdurchsuchungen gleich in den Tagen. Hauptsächlich Leute, die sich mit dem Vescularius angelegt haben wohl. Axilla glaubt ja, dass der selber den Kaiser um die Ecke gebracht hat, um endlich an die Macht zu kommen. Ihr Mann glaubt aber, das waren irgendwelche Senatoren. Muss er aber auch, ist ja Klient vom Vescularius.
    Ist vielleicht nicht ganz so schlimm wie bei Sulla, wobei ich auch weg war, bevor es richtig los ging. Aber erinnert schon so ein wenig daran. 'nen Nachfolger hatten sie auf jeden Fall noch nicht bestätigt, als ich an Bord des Schiffes in Ostia bin. 'nen Mörder allerdings auch noch nicht. Ich denk ja, das gibt noch mächtig Ärger. Der Senat und der Vescularius waren sich ja nicht unbedingt grün.“

    Die Hälfte, achwas, Dreiviertel von dem, was Levi an Phrasen von sich gab, war nicht das, was er selber dachte. Er hatte viel zu wenig Ahnung von Politik. Sowas war Leanders Ding gewesen, ehe der erstochen worden war. Levi war da mehr oder weniger hineingerutscht, zwangsweise. Im Grunde gab er nur wieder, was er in Gesellschaft seiner Herrin, die ja immerhin auch Lectrix der Acta war, so mitbekam, oder was sie zu ihm sagte und ihn fragte, was er meinte.
    “Oh, und, achja, ich soll einen Brief überbringen an Duccius. Von meiner Herrin.“ Er wedelte mit der versiegelten Wachstafel in seiner Hand.




    LEIBSKLAVE - IUNIA AXILLA

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    Die Aufforderung, einzutreten, ließ Levi sich natürlich nicht zweimal sagen. Er konnte sich ganz gewiss schöneres vorstellen, als im Regen auf einer schlammigen Straße rumzustehen und langsam durchgeweicht zu werden. Da tropfte er lieber das Vestibül des Ducciers voll.
    “Danke. Scheiße, ist das nass draußen. Hört ja zum Glück in einem Monat endlich wieder auf.“ Rudimentär klopfte Levi sich ab, was aber nicht von besonderem Erfolg gekrönt war. AM besten, er blieb einfach ruhig stehen und produzierte damit nur eine Pfütze und nicht mehrere.
    “Axilla? Ähm, also, Domina Iunia.“ Ein kurzer, fragender Blick, aber hier war offenbar für ein loses Mundwerk keine Strafe zu erwarten. “Ne, die hat geheiratet und wohnt jetzt in der Casa Pompeia in Rom. Und so schnell kommt sie da wohl auch nicht weg. In Rom ist der Notstand ausgerufen worden und alle sollen daheim bleiben. Nur bei uns Sklaven juckt natürlich keine Sau, was wir machen. Weshalb ich gleich mal zum Boten gemacht wurde.“ Levi zuckte leichthin mit den Schultern.
    “Wann kommt der Duccius denn wohl wieder?“ Nicht, dass Levi es heute eilig hatte. Er war wieder daheim, da machte es nichts, wenn er ein paar Stunden weg war. Er war über ein Jahr weg gewesen und hatte es überlebt. Aber trotzdem wollte er schon wissen, wie lange er sich die Beine in den Bauch wohl stehen durfte.



    LEIBSKLAVE - IUNIA AXILLA

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    Es dauerte, bis sich etwas hinter der Tür regte. Und dauerte. Und dauerte. Und es regnete derweil weiter. Und weiter. Und weiter. Levi ging ein paar Schritte von der Tür weg, sah am Haus entlang nach oben, ob er irgendwo Bewegung ausmachen konnte. Ließ sich von außen natürlich immer schwer sagen, aber vielleicht hörte er ja was. Er konnte sich irgendwie gar nicht vorstellen, dass so gar niemand in dem Haus sein sollte. Irgend ein Sklave, und sei es nur einer in der Küche, war doch immer da. Und als kaiserlicher Gesandter sollte man ja einen bestimmten Status innehaben.


    Ab er es dauerte, und Levi war schon kurz davor, aufzugeben, ehe er doch was hörte. Die Tür ging auf, und ein nicht-ganz-so-flüchtiger Bekannter öffnete die Tür.
    “Na, das will ich auch hoffen, wir haben drei Wochen lang jeden Tag miteinander gegessen“, begrüßte der junge Judäer den Griechen – zumindest glaubte Levi, dass der andere Grieche gewesen war. Konnte auch Italiker gewesen sein, oder Thraker oder sowas. Kein Jude, das wusste er noch. Und den Namen kannte er auch noch. “Sirius! Ich bin's. Levi! Weißt schon, Sklave bei den Iunii.“ Was sein Gegenüber wohl auch an dem IVN AX an der Plakette um seinen Hals inzwischen hätte lesen können.
    “Hab gar nicht gewusst, dass du auch hier in Ägypten bist. Also, dass Dominus Duccius dich mitgenommen hat. Ist er da?“ plapperte Levi in jugendlichem Übermut einfach weiter und streckte sich ein wenig, um über Sirius Schulter ins Innere des Hauses zu schauen.



    LEIBSKLAVE - IUNIA AXILLA

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    Das Haus war wirklich kaum zu verfehlen gewesen. Im Grunde ging es nur immer gradeaus, bis man zur größten Querstraße des ganzen Lagers kam. Und da standen dann auch nur 4 Häuser zur Auswahl, die es eventuell sein könnten. Bei einer Chance von 25%, das richtige Haus auf Anhieb zu finden, dauerte es auch nicht lang, bis Levi schließlich vor dem richtigen stand und beherzt anklopfte.



    LEIBSKLAVE - IUNIA AXILLA

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    Levi nickte zu den Ausführungen und machte sich nicht viel aus der ablehnenden Haltung des Soldaten. Er war Sklave, es gab Leute, die ihn WEIT schlimmer ansahen und WEIT schlimmer ansprachen. Wenn man das sein ganzes Leben so erlebte, gewöhnte man sich mit der Zeit daran und dachte sich nicht mehr sehr viel dabei.
    “Besten Dank, Legionarius“, bedankte sich Levi artig und stapfte wieder weiter durch den Regen zum beschriebenen, kaum zu verfehlenden Haus.




    LEIBSKLAVE - IUNIA AXILLA

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    Er war wieder zuhause! Levi war wieder zuhause angekommen! Die Reise war zwar hart gewesen und alles andere als bequem, und sie schien sich jeden Tag länger zu ziehen, aber schließlich und endlich war er wieder daheim angekommen. In Alexandria angekommen war er sogar kurz zu Boden gesunken – was aber auch daran liegen mochte, dass der Boden ganz entsetzlich zu hüpfen schien, viel schlimmer als das Schiff die Wochen zuvor.
    Sauberer war Alexandria nicht geworden. Oder leiser. Das Schiff hatte am Portus Minor angelegt, um seine Ladung direkt am Fremdenmarkt abladen zu können, der trotz des beständigen Regens natürlich zum Bersten voll gewesen war. Und doch war es Levis Zuhause!


    Zwar hatte er wirklich vor, den Auftrag seiner Herrin nach bestem Wissen und Gewissen auszuführen, aber als er sich wieder aufgerappelt hatte und sich seinen Weg durch die Stände gebahnt hatte, hatten seine Füße irgendwie etwas anderes gewollt. Er war auf kürzestem Weg zur Villa Iunia nach Basileia gelaufen. Und obwohl er nun zwei Jahre weg gewesen war, kannte er noch die Wachen beim Namen und konnte so ohne Probleme nach Hause. Wieder zurück zu dem Ort, wo er geboren war. Zurück zu dem Mädchen, an die er als erstes sein Herz verloren hatte. Zurück zu den Freunden, die er gehabt hatte.



    Es war also zwar nicht das, was Axilla sich vorgestellt hatte, aber dennoch nachvollziehbar, dass es fünf Tage brauchte, ehe Levi sich doch aufgemacht hatte, um den Auftrag seiner Herrin zu erfüllen. Wo kein Richter, da kein Henker. Und seine Herrin konnte kaum nachprüfen, wann genau er jetzt losgegangen war, um die Wachstafel zu überbringen. Das Schiff hätte ja auch fünf Tage länger für die Reise brauchen können. Wahrscheinlich auch zehn. Allerdings hatte sich nach fünf Tagen doch Levis Gewissen gemeldet. Nachdem er ein so großzügiges Geschenk erhalten hatte – und nichts anderes war seine Rückkehr nach Ägypten – da konnte er nicht lange so undankbar sein und den Vorwand seiner Rückkehr aufschieben.
    Und so hatte er sich schließlich doch nach Nikopolis aufgemacht, einen Nubier als schlagkräftige Begleitung für den Fall der Fälle, und stand im Regen vor dem Tor des Lagers.
    “Salve.“ Bei Römern begrüßte man besser in ihrer Sprache. “Ich bringe eine Botschaft für den Gesandten Duccius Vala, der hier im Castell wohnen soll und erbitte Durchlass zu seiner Wohnung.“
    Dass Levi ein Sklave war, konnte man unschwer an der um den Hals getragenen Bulla erkennen, ebenso, dass der magere Kerl an seiner Tunika keine Waffen mit sich führte. Im Grunde erhoffte er sich eher eine bessere Wegbeschreibung zum Haus hier von den Wachen als Durchlass, der ihm wohl gewährt werden würde.



    LEIBSKLAVE - IUNIA AXILLA

    Die Frau stand schon eine ganze Weile im Atrium, ehe Axilla dazukam. Sie hatte ein kleines Kind, etwas mehr als ein Jahr alt, auf dem Arm. Ein hübscher, schlafender Junge. Sie wartete auf die Hausherrin. Immerhin hatte die Iunia sie auch eingeladen. Oder nicht ganz so explizit. Eigentlich hatte Axilla Imperiosus' Sklaven gefragt, ob sie ihr jemand geeigneten suchen konnten, so dass sie nur noch zustimmen oder ablehnen musste. Axilla hatte ja keine Ahnung, wie man so etwas sonst anstellte und wen man da fragen konnte. Und wie man da fragte. Und wo man überhaupt suchen sollte und wo besser nicht.
    Aber so hatten die Sklaven sich aufgemacht und jemanden gefunden, der 'wunderbar passte', wenn Axilla die genaue Wortwahl noch richtig erinnerte. Aber so gänzlich sicher war Axilla da nicht, trotz all der ermutigenden Worte und den Lobpreisungen von Seiten der Sklavenschaft. Wohl auch ein Grund, warum die Frau so lange hatte warten müssen, ehe Axilla wirklich von ihrem Cubiculum runter ins Atrium gegangen war, um sie anzuschauen.
    “Salve, domina“ grüßte sie mit melodisch klingender Stimme. Axilla fühlte sich dabei irgendwie unbehaglich. Nervös kratzte sie sich an ihrem Arm. “Salve...“ erwiderte sie den Gruß, ehe sie sich an ihre Stellung erinnerte und auf dem von den Sklaven bereitgestellten Korbsessel platznahm. Die Frau blieb stehen, das Kind noch immer auf den Armen. Der Junge regte sich kurz im Schlaf, und ganz leicht wiegte sie sich, schaukelte ihn sacht, so dass er weiterschlief.
    “Dein Sohn?“ fragte Axilla noch immer etwas verschüchtert. Sie fühlte sich in ihrem Körper gerade nicht besonders wohl. Die Übelkeit hatte aufgehört vor einigen Wochen, sehr zu Axillas Erleichterung. Aber andere Dinge waren dafür passiert. Erschreckende Dinge. Zum einen war Axilla dicker geworden. Gut, sie wusste ja, dass das passieren würde, sie hatte schon mehr als genug Schwangere Frauen in ihrem Leben gesehen. Aber... es war erschreckend, an sich selbst festzustellen, dass sich der Bauch leicht nach außen wölbte. Sie war immer schon eher fast zu dünn gewesen, ein bisschen jungenhaft sogar. Aber jetzt hatte sie das Gefühl, als würde ihre Hüfte doch etwas breiter, auch wenn ihre Ornatrix meinte, sie würde sich das einbilden und das läge nur an der leichten Wölbung, die ihr Bauch mittlerweile machte. Wenn sie etwas fließendere Kleider trug, dann konnte sie es noch sehr gut verbergen. Problem war da, dass sie fast nichts hatte, das so war. Ihre geliebten Seidenkleider aus Ägypten waren alle durchaus figurbetonter. In dem, was Axilla jetzt trug, auch wenn es ebenso kostbar war und alle ihr sagten, wie hübsch sie darin aussehe, in diesen schönen Kleidern kam sich Axilla vor, als würde sie einen Lumpensack übergestülpt haben.
    Und das war noch nicht einmal das schlimmste! Ihre Oberweite war explodiert! Naja, fast. Axillas blick schweifte über die Brüste der Frau vor ihr, die ihr gerade mit wirklich schöner Stimme antwortete. “Ja. Sein Name ist Manius. Er ist ein sehr lieber und vor allen Dingen gesunder Junge, domina.“ Die Brüste der Frau waren sehr groß und schwer und hingen leicht nach unten. Irgendwie wirkten sie selbst auf die Entfernung weich. Und voll. So sah man also aus, wenn man selber stillte? Axillas Entschluss, das nicht zu tun, wuchs noch mehr an als ohnehin schon.
    Sie konnte sich ja fast glücklich schätzen, dass es bei ihr nicht so schlimm war. Ihre Brüste waren auch so sehr gewachsen, dass es ihr unangenehm war. Eigentlich hatte sie eine angenehm kleine Oberweite immer gehabt, die ohne Weiteres durch ein Strophium gestützt werden konnten, wenn es nötig war. Ansonsten benötigte sie nicht einmal eines. Aber jetzt füllten diese Dinger fast eine ganze Hand aus! Axilla fand es schrecklich. Viel zu groß! Sie hoffte nur, dass es mit dem wachsenden Bauch nicht so auffallen würde, und dass sie nach der Geburt wieder kleiner wurden. Nicht, dass sie bei einer weiteren Schwangerschaft noch größer wurden...
    “Und dein Name?“ Aber das, was Axilla am meisten Angst machte, war, dass sie seit mittlerweile zehn Tagen etwas fühlte. In ihr. Sie konnte das Kind fühlen. Anfangs hatte sie ja noch gedacht, sie würde sich das einbilden. Es war nicht viel mehr als ein Kribbeln ab und zu, ein leichtes Zwicken im Bauchraum. So ein wenig wie das schwummerige Gefühl, wenn man gerade lange im Gras gelegen und in den Himmel hinaufgeschaut hatte und dann zu plötzlich aufstand.
    “Salvia Pulchra, domina.“
    Axilla nickte leicht. Das würde sie sich wohl merken können. Es war nicht so schwer. “Und dein Mann?“ fragte sie weiter. Das Kind musste ja einen Vater haben.
    “Mein Mann ist bei den Legiones, domina. In sechs Jahren ist seine Dienstzeit vorbei, so dass wir heiraten können. Der Junge ist von ihm. Er hat ihn auch angenommen.“ Axilla horchte bei dieser Antwort kurz auf, brach aus aus ihren Grübeleien und sah sich die Frau doch nochmal genauer an. Ihr Mann war bei den Legionen. Das Kind war einem ehelichen gleichgestellt, auch wenn der Vater die Mutter erst nach seiner Dienstzeit heiraten konnte. Aber das war nicht das eigentlich entscheidende. Das, was Axilla aufhorchen ließ, war, dass die Frau das Kind eines Soldaten großzog. Eines richtigen Legionärs.
    “Und dein Junge... Manius... er ist kräftig?“ Im Moment schlief er ja, da ließ sich das schwer sagen.
    “Ja, domina. Sehr kräftig und sehr gesund.“ Axilla nickte und sah den schlafenden kleinen Kerl nachdenklich an. Ihr Kind würde dieselbe Milch trinken, was den Jungen zu seinem Milchbruder machen würde. Das war ein starkes Band. Das sollte man nicht leichtfertig vergeben. Aber er war das Kind eines Soldaten. Das war schon einmal sehr nach Axillas Vorstellungen.
    “Wenn ich dich nehme, würdest du das Kind aus einer der ältesten Gentes der Welt mit großziehen.“
    “Es wäre mir eine große Ehre, dem Hause Pompeia zu dienen, Herrin. Ich bin mir dieser Ehre sehr wohl bewusst.“
    Eigentlich hatte Axilla die Iunii gemeint. Ihr Kind war kein Pompeius. Imperiosus war nicht wirklich der Vater. Auch wenn er es als seines annehmen würde und denken würde, dass es einer wäre. Und da das Kind also kein Pompeius war und kein Duccius werden konnte, war es ein Iunius. Und so flackerte es kurz in ihrem Blick, ehe sie beiseite schaute und schwieg. Und überlegte. Warum war das so schwer?

    Irgendwie zweifelte Axilla daran, dass Salinator Selbstmord begehen würde, jetzt, wo er doch so nah daran war, wirklich Kaiser zu sein und nicht nur wie einer mit vierundzwanzig Liktoren irgendwo zu erscheinen und den Senat herumzukommandieren. Aber das sagte sie ihrem Mann lieber nicht. Aus einem ihr unerfindlichen Grund schien er Salinator wirklich zu mögen, und sie wollte nicht, dass er sie noch einmal fragte, warum sie vor Salinator Angst hatte.
    “Achso“, machte sie nur leise und hoffte, dass ihr Mann die Erleichterung in ihrer Stimme nicht hörte. Denn ein klein wenig Hoffnung blieb, dass Imperiosus mit einer Sache doch recht hatte. Vielleicht nutzte wirklich jemand die Gunst der Stunde und versuchte, Salinator aus dem Weg zu räumen. Und vielleicht hatte er Erfolg? Axilla konnte sich nicht vorstellen, dass irgendjemand schlimmer oder weniger geeignet sein konnte. Zumindest für sie wäre wohl kein anderer so gefährlich wie der Vescularier.

    Der Doctor sah sich den Mann noch einmal von oben bis unten an, seine Haltung, die Stellung seiner Füße, ob er das Schild vernünftig halten konnte, und grunzte dann zum Schluss, was wohl sein Pendant einer Zustimmung sein mochte.
    “Gut. Das dort wird dein Pfahl sein, am dem du üben wirst. Die beiden Versager - er erhob bei dem Wort seine Stimme, so dass die beiden Männer, die gemeint waren, es auch ja mitbekamen – “links und rechts wollen auch mal Thraker werden. Sobald sie aufgehört haben, wie Mädchen zuzuschlagen und am Ende des Tages zu flennen!“ Letzteres wurde auch wieder an Kieran vorbeigebrüllt, ehe er mit einem Wink an seinen Platz geschickt wurde, um die Übungen mit den anderen mitzumachen. Noch war noch nicht einmal Mittag. Und wenngleich der Ausbilder gerade auch die positiven Seiten des Lebens als Gladiator gepriesen hatte, so gab es dennoch die andere Seite. Und die hieß Trainieren, Trainieren, Trainieren.

    Der Ausbilder nahm nun wieder seine schwere Peitsche aus Ochsenleder zur Hand, korrigierte mit dem klobigen Griff leicht die Haltung des Schwertes nach Oben und des Schildes nach unten, besah sich Kieran genau, während er in gebührendem Abstand um ihn herumging. Er war nicht so naiv, zu glauben, dass dieser eine Schritt der Einsichtsfähigkeit etwas zu bedeuten hätte. Dafür waren zu viele Kriegsgefangene über diesen Sand an ihm vorbeigewandert, und fast alle hatten sie selbst nach Jahren noch Anwandlungen gehabt, die zu Gewalt neigten. Es gab nur wenige, die das eigentliche Glück verstanden, das sie hier hatten.
    “Wir bilden dich zum Thraker aus. Du wirst reden, wenn man dich etwas fragt, und ansonsten schweigen. Du wirst tun, was man dir sagt, sonst werd ich dich höchstpersönlich bestrafen. Und glaub mir, ich hab mehr Männer gebrochen, als du Barbar zählen kannst. Du wirst lernen. Von mir, von den anderen. Und wenn ich irgendwann mal mit deiner Leistung zufrieden sein werde, so dass ich nicht das Gefühl habe, dass du diesen Ludus blamierst, vielleicht machen wir dann einen Gladiator aus dir, der einmal im Jahr in die Arena darf und dem Volk Roms zeigen, was für Kämpfer hier ausgebildet werden. Dann wirst du Weiber kriegen, die sich darum prügeln werden, mit dir vögeln zu dürfen. Gold, mit dem du dich in vielleicht zehn Jahren freikaufen kannst, wenn du gut bist vielleicht in fünf. Du wirst hier drei Mahlzeiten am Tag bekommen, davon mindestens eine warm. Die Medici werden dich gesund halten. Du wirst dich jeden Tag waschen, ohne Ausnahme. Und du bekommst einen Schlafplatz.
    Und solltest du diesen Ludus doch blamieren und in den Staub der Arena geschickt werden, dann bring ich dir wenigstens bei, es als Mann zu tun. Und nicht als wimmerndes Stück Dreck in den Minen, nicht als Hure von einem alten Senator und nicht als hirnloser Ochse auf einem Feld. Als Mann.
    Hast du das alles soweit verstanden?“

    Eigentlich war das Leben als Gladiator alles andere als schlecht, verglichen mit dem Leben eines einfachen römischen Bürgers. Natürlich konnte man sterben: Beim harten Training, in der Arena, durch eine Strafe des Aufsehers, durch Willkür. Aber – das konnte man draußen auch! Hier verhungerte man nicht, erfror nicht im Winter, und nur selten starb jemand an einer Krankheit. Als Sklave außerhalb dieser Mauern konnte man auch jederzeit getötet werden, und nicht selten musste man ähnlich hart arbeiten. In den Minen sogar noch härter, bis hin zum Tod durch Erschöpfung.

    http://img51.imageshack.us/img51/9882/levik.jpg
    Der Weg aus der Stadt hinaus war nicht weiter schwierig für Levi gewesen. Niemand achtete auf einen einfachen Sklaven, der hinter einem Karren herlief. Schon gar nicht, wenn er seine Bulla umgehängt hatte. Ja, es las noch nicht einmal irgendwer, wer als Besitzer auf der Plakette denn stand. Und das war auch kein Wunder. Nichts desto trotz mussten die Wagen fahren und vor allem das Korn aus Ägypten von Ostias Häfen in die Hauptstadt bringen. Und natürlich auch wieder leer dorthin zurückfahren. Und so krähte wortwörtlich kein Hahn danach, wenn ein junger Sklave bei einem dieser Wägen mittrottete, quer durch Rom, und dann weiter Richtung Ostia. Selbst der Beutel mit den wenigen Habseligkeiten, die Levi mitgenommen hatte, interessierte keinen mehr, sobald Levi ihn auf dem Wagen abgelegt hatte und dem Ochsenführer einen Silberling in die Hand gedrückt hatte, damit dieser sich auch nicht weiter interessierte.


    Und so war Levi mitten in der Nacht nach Ostia gekommen, ohne dass sich irgendjemand großartig für ihn interessiert hätte. Um in einem Gasthaus zu schlafen, war es zu spät – oder früh, je nach Betrachtungsweise – und so verbrachte Levi die Stunden bis Sonnenaufgang am geschäftigen Hafen, immer in Gesellschaft von anderen, bis schließlich im Morgengrauen die Stadt endgültig erwachte.
    Völlig übermüdet hatte er sich auf die Suche nach einem Schiff gemacht, das in den nächsten Tagen nach Alexandria auslaufen würde. An sich wäre das nicht schwer gewesen, war das doch die Route, die Rom das meiste Getreide brachte. Nur dass jetzt im Winter kaum einer der Kapitäne so weit über das gefährliche Mare Internum fahren wollte. Schon gar nicht, da die Erntezeit des Weizens vorüber war und der nächste erst im März oder April geerntet werden würde. Natürlich gab es in den Getreidespeichern im Süden noch immer Getreide, das hergeschifft wurde, aber eben nicht so viel wie zu den Erntezeiten. Und die Speicher vor Rom waren auch damals gefüllt worden. Auch wenn sie sich dennoch aufgrund der schieren Größe Roms immer wieder bedenklich leerten und aufgefüllt werden mussten, so war das eben nicht ein so steter Schiffswechsel wie in den ruhigeren Sommermonaten. Und so war der Mittag schon deutlich überschritten und Levi mit dicken, schwarzen Augenringen im Halbschlaf, ehe er tatsächlich einen Kapitän ausfindig gemacht hatte, der binnen einer Woche über Sizilien, Kreta und Appolonia nach Alexandria segeln wollte. Und der für die Überfahrt von Levi mehr verlangte, als es merkurgefällig sein konnte. Vermutlich dachte er, Levi wäre von zuhause weggelaufen – und dumm genug, die Bulla umzulassen – und dachte sich daher, den Sklaven schröpfen zu können. Oder er wusste einfach, wie begehrt seine Passagen zu dieser Zeit sein würden, war Ägypten doch weit ab von allen Geschehnissen hier in Rom, sehr luxuriös und vor allen Dingen für den Senat verboten.
    So oder so war Levi nun fast alles seiner üppigen Reisekasse losgeworden, ehe er losstapfen konnte und sich ENDLICH eine Bleibe für die nächsten Tage in einem Gasthaus suchen konnte. Lieber wäre er bei irgendwelchen Freunden untergekommen, oder noch besser in einem iunischen Hause, nur hatte seine Domina so etwas in Ostia nicht, so dass er wohl oder übel sich in einem Gasthaus einkaufen musste und dort die nächsten fünf Tage verbrachte. Gern wäre er einfach wieder nach Rom gegangen, um dort die Wartezeit zu verbringen, aber die Anweisungen der Iunia waren eindeutig. Er sollte nach Alexandria. Und nicht zurückkommen. Er durfte dort bleiben. Und Levi war zwar jung, aber nicht so dumm, um nicht zu wissen, wie schwer seiner Herrin gefallen war, ihm genau das zu befehlen. Jetzt hatte sie niemanden ihrer Vertrauten mehr um sich.


    Und so hatte er die Tage in Ostia verbracht, sich noch ein paar Informationen geholt, was in Rom so passierte und was sich die Menschen erzählten, ehe das Schiff schließlich beladen wurde und anschließend eine für den Sklaven erschreckend große Zahl an Reislustigen an Bord ging, um Alexandria entgegenzusegeln.



    LEIBSKLAVE - IUNIA AXILLA