Ah, dann war das also Seianas Bruder! Axilla hatte schon ganz vergessen, dass sie einen hatte. Wirklich geplaudert hatten sie ja auch nie, im Grunde ließen sich die beiden Frauen weitestgehend in Ruhe und redeten nur über Geschäftliches. Aber da war vor einiger Zeit mal ein Artikel gewesen über die Blemmyrer, wo Seiana etwas von einem Bruder gesagt hatte. Glaubte Axilla zumindest. “Oh, ich dachte, du wärst noch in Ägypten. Seiana hat gar nicht erzählt, dass du schon zurück in Rom bist“, meinte sie unbeschwert und merkte nichts von der plötzlichen Gemütsschwankung ihres Gegenübers.
Ihr möglicher Wettpartner sagte nichts zu ihrem Vorschlag einer neuen Wette, und auch nichts dazu, dass sie den Kämpfer zuerst wählen wollte. Dafür sagte aber ein weiterer junger Mann etwas, und das ganz unvermittelt. Axilla drehte sich noch immer lächelnd zu dem Neuankömmling um und bekam so gerade noch mit, wie dieser verlegen etwas errötete. Ihr Lächeln bekam eine verlegene Note, da sie den Grund für die Reaktion ihres neuen Gesprächspartners nicht kannte, sich aber eine Möglichkeit in ihrem Bewusstsein dafür herauskristallisierte. “Ich glaube so langsam, ich wurde umzingelt. Wären wir Figuren beim Soldatenspiel, wär ich wohl geschlagen“, meinte sie keck auf die Vorstellung des jungen Decimus hin. Sie war ja wirklich schon umringt von seiner Gens. “Aber ich geb trotzdem nicht auf“, fügte sie noch kokett an und rückte etwas zu Malachi auf, damit der junge Mann sich auch irgendwohin setzen konnte. Und wenn er nicht bei einem seiner Verwandten auf dem Schoß sitzen wollte, blieben hier auf der engen Tribüne nicht mehr viele Möglichkeiten sonst. “Setz dich doch“, forderte sie ihn freundlich auf.
Erst bei der folgenden Bemerkung von Serapio merkte Axilla, dass irgendwas anders war. Er stellte sie dem Neuankömmling nicht vor, wie sie es erwartet hätte – weshalb sie es nicht selber gemacht hatte – sondern nur den Soldaten der Classis. Überhaupt sah er gar nicht mehr zu ihr, obwohl sie sich so nett unterhalten hatten, und sagte auch nichts zu der Wette, die soeben mit dem Urteil von Salinator ganz hochoffiziell verloren ging.
“Ich fürchte, du hättest lauter rufen müssen, der Praefectus Urbi scheint deinen Wunsch nicht gehört zu haben“, versuchte sie es dennoch scherzend bei dem jungen Tribun, während um sie herum die Menge geteilte Meinungsäußerungen ausstieß. Die einen waren hochzufrieden mit dem Urteil und jubelten dem Vescularier zu, die anderen hätten nur zu gerne Blut gesehen und machten enttäuscht, bisweilen sogar wütend ihrem Unmut laut.
Und da ihr wohl nichts anderes übrig blieb und sie ja nicht einfach nur eine Namenlose für ihre neue Bekanntschaft bleiben konnte, übernahm sie die Vorstellung eben noch einmal selber. “Ich bin im Übrigen Iunia Axilla.“ Und noch ein Lächeln für den jungen Mann, der sich nun entweder neben sie setzen konnte oder weiter stehenbleiben musste.