Beiträge von Iunia Axilla

    Nerv getroffen! Prisca hätte keine schönere Bestätigung für Axillas Zielgenauigkeit geben können, als eben jenen kalten Blick. Entweder hatte Axilla die Aurelia damit ganz kalt erwischt, oder aber dieser Teil der Familiengeschichte war etwas, dass die Aurelia gern unter den Teppich gekehrt hätte.
    So oder so, eine weise Frau hätte es damit gut sein lassen und sich damit begnügt, hier einen feinen Stich angebracht zu haben. Zu demonstrieren, dass trotz noch so hochnäsiger Worte man jederzeit dazu willens und vor allen Dingen fähig war, die Nase des Gegenübers ein paar Stockwerke tiefer zu bekommen. Nur eine kleine Machtdemonstration eben. Und sich an dem aufplusternden Getue nicht weiter zu stören sondern es nur als Untermalung des eigenen Sieges anzusehen. Nun, Axilla war nicht weise. Und schon gar nicht friedlich. Und schon weitaus wichtigere Persönlichkeiten hatten feststellen müssen, dass sie es mit ihrer Familienehre sehr genau nahm und sich bei dieser nicht beleidigen ließ. Auch nicht von scheinbar wohlmeinenden Neuadeligen.


    Leider aber kam Seiana zwischen Axilla und ihre direkte Antwort, die schon als giftige Bemerkung auf ihrer Zunge lag. So nahm Axilla stattdessen einen Schluck Wasser und noch ein kleines Häppchen Fleisch – man wollte ja sich nicht auch noch mit der Gastgeberin anlegen, weil diese dachte, man verschmähe ihre Gastfreundschaft – und wartete auf das Ende der Worte der Decima. Leider passte ihre eigentliche Antwort nun nicht mehr, allerdings war Axilla doch recht schmerzfrei, was politisch korrekte Höflichkeit anging, oder gar die Möglichkeit, einen Rückzieher zu machen. Ein Soldat Roms wich nicht zurück! Das hatte ihr Vater mehr als einmal gesagt. Rom weicht nicht zurück, und seine Soldaten auch nicht. Und sie war vielleicht nicht Rom und sicher kein Soldat, dennoch verlangte es ihr Stolz, keinen einzigen digitus zurückzuweichen.
    Mit leichtem Amüsement, das aus ihrer Stimme beim Reden herauszuhören war, wandte sie sich ganz ruhig und überaus freundlich an Prisca. “Wie Decima Seiana schon sagte, für die Acta Diurna benötigt man so etwas wie ein wenig Grundneugier. Und gerade, weil ich Iunia bin, interessiert es mich natürlich, was neuerdings an Familien aufsteigt und was nicht. Auch wenn ich Händler aus Syria nun nicht dem Pöbel zuordnen würde.“
    Sicher, Prisca hatte das, was sie gesagt hatte, nicht so gemeint. Aber sie hatte in einem Atemzug die eigenen plebejischen Wurzeln erwähnt, dass diese nichts nützten, und im nächsten Atemzug darauf hingewiesen, dass sie mit dem Plebs nur den Pöbel meinte. Man konnte also mit Fug und Recht behaupten, dass sie ihre eigenen plebejischen Wurzeln grade als solche bezeichnet hatte, die der untersten Kategorie der römischen Gesellschaft entsprangen, und das auch noch mit einem Ton, der an Abfälligkeit und Hochmut kaum zu überbieten war. Und es benötigte nicht viel Interpretationsfähigkeit, um daraus einen abfälligen Kommentar über ihre eigene Familiengeschichte herauszuhören.
    “Gut, sicher sind sie keine Italiker, und nicht jeder kann auf acht Jahrhunderte Familiengeschichte zurückgreifen, oder sich bis zu den Weggefährten Aeneas zurückführen. Aber ich bin sicher, dass auch dort ehrbare Römer zu finden sind. Andernfalls würde unser Kaiser denke ich nicht so großzügig mit den Privilegien eines hohen Standes sein.“
    Zuckersüß, unschuldig, sogar die Aurelia ein wenig in Schutz nehmend. Ja, Axilla war durchaus zufrieden mit sich. Ob die Aurelia sie leiden mochte oder nicht, war ihr hingegen vollkommen egal. In Axillas Augen hatte sie versucht, die Iunier zu beleidigen und damit dieses bisschen Spott mehr als verdient.

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    Na, wenn sein Gegenüber keine Ahnung hatte, woher sollte Levi dann eine Ahnung haben? Manchmal war das Leben als Sklave furchtbar kompliziert, denn scheinbar machte sich niemand Gedanken um die Durchführbarkeit von Wünschen.
    Gut, da sein Auftrag aber darin bestand, zwar zu fragen, aber nicht zu nerven, konnte er wohl nichts mehr machen. Wahrscheinlich war sein Gegenüber sowieso schon genervt, und Levi wollte lieber verschwinden, ehe er unangespitzt in den Boden gerammt wurde.
    “Gut, dann einen schönen Tag noch. Vale.“ Levi winkte dem griesgrämigen Kerl nochmal jugendlich zu und machte sich dann auf den Weg.

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    Gründlich sein, aber nicht auf die nerven Fallen, das hatte seine Herrin gesagt. Leichter gesagt als getan! Der Molosserhund hier vor ihm schien ihm nicht unbedingt vertrauenswürdig, aber was sollte er denn machen, wenn er ihm nicht völlig auf die Nerven gehen wollte?


    “Gut.“ Ihm fiel nichts brauchbares ein, also übergab er einfach mal die Rolle mit dem Brief.



    Pactum Nuptialium


    PARS PRIMA – Allgemeiner Eheteil
    (1) Dieser Vertrag ist eine schriftliche Aufstellung des mündlich geschlossenen, gültigen Ehevertrags zwischen den Eheleuten


    Caius Archias aus der Gens der Aelier, Sohn von Decimus Aelius Calvaster, im weiteren Vertrag als Ehemann, Bräutigam oder Mann bezeichnet;
    und
    Axilla aus der Gens der Iunier, Tochter von Atticus Iunius Cassiodor, im weiteren Vertrag auch als Ehefrau, Braut oder Frau bezeichnet.


    (2) Beide Parteien erklärten vor Eheschließung, dass
    alpha) sie sui iuris sind und keine anderen Rechte an ihre Person geltend gemacht werden können, die diese Ehe ungültig sein lassen könnten. Dies beinhaltet im Speziellen, aber nicht ausschließlich, patria potestas, Verlöbnisse oder bereits gültig geschlossene Ehen.
    Beta) sie und ihre Verwandten, insbesondere die Eltern, Großeltern und Urgroßeltern, keiner Infamie unterlegen waren. Weiter erklären sie, dass auch keine anderen Ehehindernisse vorliegen, die die Ehe für ungültig erklären könnten.
    Gamma) sie die Ehe aus eigenem Willen schließen.


    (3) Eine Sponsalia wurde nicht bekannt gegeben.


    (4) Die Ehe wurde sine manu geschlossen. Ein Gewaltübergang auf den Ehemann durch usucapio wurde ausdrücklich ausgeschlossen. Selbst im Fall, dass das trinoctium nicht durchgeführt wurde, sollten dennoch keine Rechte, weder über Person noch über Vermögen der Braut, auf den Bräutigam übergehen.


    (5) Wohnsitz war derjenige Stammsitz, den der Bräutigam erwählte. Zur Zeit der Ehe war dies das Domus Aeliana im Palatium Augusti, in welchem die Ehefrau für die Dauer der Ehe Wohnrecht hatte.
    alpha) Die Braut behielt sich ein zeitweiliges Wohnrecht in der Domus Iunia in Roma vor, dessen Inanspruchnahme die Ehe weder auflöste noch unterbrach.


    PARS SECUNDA – Dos und donatio
    (1) Die donatio ante nuptias besteht aus Goldschmuck, Seidenkleidern und dem fortgeführten Recht auf Entscheidungsbefugnis bei den Betrieben des Caius Aelius Archias. Die Braut durfte diese nach ihrem Ermessen verwenden, aber nicht verkaufen oder verschenken. Auch durften nur solche Geschäfte damit getätigt werden, die das Vermögen des Ehegatten erhöhten. Bei Beendigung der Ehe durch Scheidung wären diese Geschenke in jedem Fall zurückzugeben gewesen, unabhängig von der Schuld einer der Parteien.


    (2) Die Dos wurde von der Braut selbst gestellt.
    alpha) Die Braut bewilligte dem Bräutigam Beteiligung an ihren Handelswegen. Sämtliche Vergünstigungen, Rabatte und Vorkaufsrechte bei ihren Geschäftspartnern gingen gleichermaßen in den Besitz des Caius Aelius Archias über. Dies schloss insbesondere den Handelsweg nach Germania zu den langjährigen Geschäftspartnern der Iunia Axilla, der Freya Mercurioque, ein. Auch hatte der Ehemann das Recht, ihre Sklaven und Dienstleister für sich zu beanspruchen, ebenso wie die Marktstände an den Absatzorten.
    beta) Ein Betrag von fünfzig Aurei ging als Dos in den Besitz des Caius Aelius Archias über. Das Geld wurde von Lucius Iunius Silanus zu diesem Zwecke bestellt und an Iunia Axilla hierfür übergeben. Die Übertragung erfolgte durch traditio.
    gamma) Bei Beendigung der Ehe durch Scheidung sollte die Braut den Teil ihrer Dos zurückerhalten, der ihr dem Gesetz nach zusteht, aber mindestens ein Sechstel des Geldes und vollumfänglich ihre geteilten Rechte aus Handels- und Absatzwegen. Aus der Dos kann kein fortführendes Anrecht auf Wege, Dienstleistungen oder Absatzplätze durch den Ehemann gestellt werden.


    PARS TERTIA – Kinder
    (1) Beide Parteien erklärten, dass sie fruchtbar sind und gemeinsam Nachkommen zeugen möchten. Bei Unfruchtbarkeit eines Teiles hätte der andere Ehepartner das Recht zur Scheidung gehabt, ohne dass ihm daraus Nachteile entsstanden wären. Dies schloss insbesondere eine Schmälerung bei Herausgabe von Dos oder Donatio mit ein.


    (2) Söhne aus dieser Verbindung sollten nicht nur, wie es Sitte und Brauch ist, den Ahnen der Aelii ihren Respekt und ihre Ehre erweisen, sondern auch denen der Iunii. Insbesondere sollten sie zu den Parentalia an den Gräbern der Iunii Opfer bringen und diesen Brauch auch an ihre Kinder weitergeben. Wäre die Ehefrau vor dem Ehemann gestorben, hätte dieser sich verpflichtet, dies auch dann zu erfüllen und seinen Söhnen zu befehlen, die Ahnen der Iunii zu ehren.


    (3) Der erste Sohn sollte den Beinamen Atticus erhalten, zu Ehren des Vaters der Braut. Über den Praenomen sowie über die gesamte Namensgebung aller weiteren Kinder hätte, wie es Brauch und Sitte ist, der Ehemann entschieden.


    (4) Der erste Sohn, der das Mannesalter erreicht hätte, sollte, so er tauglich ist, der Legion beitreten. Die Parteien verpflichteten sich, ihm nach Möglichkeit den Stand eines Tribuns zu verschaffen. Zu diesem Zwecke sollte er die Rüstung des Atticus Iunius Cassiodor erhalten, die im Eigentum der Iunia Axilla ist. Diese Rüstung soll sein gesondertes Erbe sein, das durch keine anderen Rechte eingeschränkt werden kann.


    (5) Über Maßnahmen zur Erziehung der Kinder bis zum Alter von sieben Jahren konnte die Ehefrau selbständig entscheiden. Der Ehemann erhielt bei allen Entscheidungen ein Einspruchsrecht. Dies schränkte seine Rechte durch Patria Potestas NICHT ein.


    PARS QUARTA – Eigentum


    (1) Jeder Ehegatte behielt sein Eigentum. Durch die Ehe finden keine Vermischungen der beiden Eigentumsteile statt.
    alpha) Die Betriebe, die jeder Ehegatte führte, waren trotz Abtretungen von Rechten stets vollumfänglich im Eigentum des jeweiligen Ehepartners und gingen als solches ausdrücklich nicht in den Besitz des anderen über. Sämtliche Gewinne und Verluste trägt nur derjenige Ehepartner, dessen Betrieb diese erwirtschaftet. Sie gehen in das direkte Vermögen nur jeweils eines Teiles über.
    beta) Jeder Ehepartner behielt seine eigenen Sklaven. Der andere Ehepartner konnte diesen zwar Befehle erteilen, ihre Treuepflicht galt allerdings nur demjenigen Ehepartner, dem sie gehören. Auch nur derjenige Ehepartner konnte sie bestrafen oder verkaufen.


    (2) Wie es Recht und Sitte ist, waren Schenkungen während der Ehe unter den Ehepartnern nicht zulässig und verblieben rechtlich im Eigentum des Schenkenden.


    PARS QUINTA – Rechtsklauseln
    (1) Sollten einzelne Bestandteile dieses Vertrages nicht, nicht mehr oder künftig nicht dem geltenden Gesetz entsprechen, so wird dadurch die Wirksamkeit der übrigen Vertragsbestandteile nicht berührt. Unwirksame Klauseln sollen durch solche ersetzt werden, die ihrem Sinn nach den jetzigen entsprechen und vor dem Gesetz Bestand haben.
    (2) Zeugen dieser Verbindung und einzelner Punkte dieser Vereinbarung waren:
    - Lucius Iunius Silanus, ehemaliger Procurator ab Epistulis
    - Iunia Serrana
    - Quintus Germanicus Sedulus, Senator Roms und Curator operum publicorum



    “Sofern er da ist und du sie ihm gleich geben magst, soll ich noch fragen, ob ich kurz bleiben soll, falls dein Herr Fragen hat oder eine Nachricht zurückschicken möchte.“ Was ein sehr großes Falls war, aber unaufdringlicher konnte Levi mit seinen 15 Jahren das nicht ausdrücken.

    Er war Statthalter von Germania gewesen? Hatte Axilla gar nicht gewusst. Hätte sie aber eigentlich wissen sollen, schalt sie sich kurz. Ein wenig mehr Vorbereitung für dieses Gespräch wäre vielleicht nicht schlecht gewesen. Sie war einfach recht blauäugig hierher marschiert und hatte darauf vertraut, dass schon alles irgendwie gut gehen würde. Tat es ja meistens auch, irgendwie zumindest.


    “Keine Ahnung, ich war nie dort. Ich hab die Keramiken nie gesehen.“ Axilla zuckte die Achseln und sah den Consul unschuldig an. Sie war zwar schon sehr viel in ihrem jungen Leben gereist: Von Tarraco nach Alexandria und jetzt nach Rom, was in etwa 2 Mal um die ganze Welt – zumindest das ganze Imperium – war. Nur nach Germania hatte es sie nie verschlagen, und das würde wohl auch so bleiben. Warum auch sollte sie dorthin reisen?
    “Aber vielleicht kann ich Duccius Rufus ja in einem Brief bitten, mir solche Keramik zuzuschicken. Wenn sie dort oben so stolz darauf sind, muss sie ja hübsch anzusehen sein, nicht?“ Vom praktischen Nutzen her sollten alle Amphoren und Vasen ja gleich sein, egal wie bunt oder unbunt sie waren.
    “Warst du lange in Germania?“ fragte Axilla dann völlig unbedarft, als würde sie sich mit dem Consul nebenbei auf einem Fest unterhalten und nicht im erweiterten Rahmen eines Verkaufsgespräches. Das war schon seit dem Händedruck so ziemlich vergessen.

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    Wuff! Da hatte aber jemand eine Laune wie ein Wachhund, der seit Tagen nichts mehr zu fressen bekommen hatte! Zum Glück hatte Levi ein äußerst sonniges Gemüt und ließ sich davon nicht beeindrucken.
    “Dir auch einen wunderschönen Tag. Meine Herrin Iunia Axilla schickt mich, ich soll hier etwas für deinen Herrn Tiberius Durus abgeben.“
    Er nahm den Tornister mit dem Brief darin ab, zögerte aber noch, diesen dem Griesgram hinzuhalten. Am Ende biss der ihm noch die Hand ab!
    “Kann ich das dem Maiordomus anvertrauen? Die Dokumente hier drinnen sind für deinen Herrn und meine Herrin sehr wichtig.“ Man durfte sich ruhig etwas aufplustern, wenn man grade mal halb so breit wie sein Gegenüber war. Und auch nur halb so alt.

    Das Kompliment kam etwas überrumpelnd, und entlockte Axilla ein schüchternes Lächeln und eine ausweichende Gestik. “Ach, so besonders ist das gar nicht. Ich hatte ja Hilfe und ein wenig Glück.“ Hoffentlich lief sie nicht rot an! Wobei ihre Wangen sich doch verdächtig warm anfühlten.
    Zum Glück bot Rufus etwas, auf das sich Axillas Gedankenwelt stürzen konnte, und was weit weniger mit unverhofften Komplimenten zu tun hatte. “Sein Cousin besitzt in Mogontiacum einige Marktstände und hat eine Händlervereinigung dort geschaffen. Freya Mercurioque. Und da sind wohl einige dort ortsansässige Händler beteiligt, die Farben gebrauchen können für bemalte Vasen oder gefärbte Stoffe und dergleichen. Und soweit ich weiß war Duccius Lando auch Praebitor Caesaris vor seinem Tod.“ Den Namen kannte Axilla wegen ihrer Tätigkeit in der Acta, immerhin hing im Eingang ein ziemlich großes Schild mit seinem Namen und einer Ehrung, und jedes Mal, wenn sie in die Domus Acta Diurna trat, musste sie daran vorbei.

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    Es war wirklich nicht schwer, die Villa Tiberia zu finden. Selbst ohne Wegbeschreibung hätte Levi wohl nach einmaligem Fragen hierher gefunden, denn das Haus war wirklich kaum zu übersehen. Den Nebeneingang zu finden war schon etwas anspruchsvoller, denn er konnte ja wohl schlecht ans Haupttor klopfen. Aber auch das war nach ein wenig umschauen erledigt.
    Ein letztes Mal schaute er an sich hinunter – auch wenn es nur der Seiteneingang war und damit wohl nur ein anderer Sklave ihn je zu Gesicht bekommen würde, wollte er ordentlich aussehen für seine Herrin – rückte die Bulla mit seinem Namen noch gerader und klopfte an.

    Axillas Händedruck war alles andere als der berühmte 'nasse Waschlappen', den man gerne von Frauen bekam. In der Beziehung war sie halt doch ein Kerl, und sie erwiderte den Händedruck ebenso beherzt, vielleicht aber nicht ganz so kräftig wie der Purgitier. Dafür fehlte dann doch ein wenig die Körperkraft.


    Irgendwie war die Spannung nun deutlich geschrumpft, und Axilla rutschte ein wenig bequemer in ihren Sitz und fing an, zu erzählen. Deutlich entspannter als noch eben gerade, als sie die ganze Zeit sich selbst daran erinnerte, wer da vor ihr saß und welche Stellung er hatte. Selbst ein Blinder hätte das wohl sehen können, denn die unbekümmerten Gesten wurden mehr, ihr Blick schweifte auch mal hier und dort durch den Raum, und das Lächeln ging gar nicht mehr so ganz aus ihrem Gesicht heraus.
    “Für meinen Honig hatte ich hauptsächlich zwei Tavernen als Abnehmer. Einmal eine Taberna Militaris und eine namens Silvia Nigra. Die setzen damit wohl ihren Wein an. Inzwischen liefere ich an die beiden aber über einen Zwischenhändler, das ist praktischer. Und mein Mann...“ Hier verließ sie doch kurz ihre fröhliche Haltung und nahm in einer selbstschützenden, unterbewussten Geste die Arme an den Körper, verschränkte sie leicht vor dem Bauch. “Er hatte auch einen Obsthain, eben in Ravenna. Aber der... krchm“ sie musste sich Räuspern, weil irgendwas ihr im Hals festzustecken schien. “Nunja, so hab ich das, was ich sonst auf dem Wochenmarkt in Ravenna verkaufen würde, frei, um es an dich zu liefern. Und das mit dem Honig mach ich sowieso nur nebenzu, viel interessanter finde ich meine Farbmischerei!“
    Da das eine Thema doch gefährlich in einen Bereich ging, über den sie sich nicht näher auslassen wollte (und es vielleicht auch nicht sollte), machte sie das, was sie immer tat: Thema wechseln. Und ihre Farbmischerei war ein geradezu begnadetes Thema, über das sie viel reden konnte, ohne nachdenken zu müssen.
    “Das war mein erster Betrieb, mein Vetter hat sie mir geschenkt. Als ich nach Alexandria kam – also, die Farbmischerei steht auch in Alexandria, und mein Vetter Iunius Silanus war damals Tribun bei der Zweiundzwanzigsten – und als ich also nach Alexandria kam, da fühlte ich mich so einsam und nutzlos, und da dachte er wohl, er gibt mir damit etwas zu tun. Und war ja auch so. Und mittlerweile ist das ja mehr als nur eine Beschäftigung, ich bin ja richtig gut. Ich bekomme kretischen Purpur, Drachenblut aus Indien, keltisches Blau, oder auch Goldbronze. Als Duccius Rufus in Alexandria war, war er gleich so begeistert davon, dass ich jetzt jeden Monat mehrere Amphoren bis nach Mogontiacum verschicke, kannst du dir das vorstellen? Und die Kosmetika sind quasi schon weg, bevor sie gemacht wurden. Mein Verwalter schwört ja bei Serapis, dass einer der Händler, die für den Palast Waren auf dem Fremdenmarkt organisieren, bei ihm immer wieder einkaufen würde, aber ich glaube, da übertreibt er.“
    Vermutlich war das weit mehr Information gewesen, als Macer jemals hatte haben wollen, aber Axilla hatte schon früh festgestellt, dass man Menschen mit Informationen sehr gut erschlagen konnte und damit von den Themen, die man umgehen mochte, fernhalten konnte. Man durfte ihnen nur nicht Gelegenheit geben, sich zu lange Gedanken um ein Thema zu machen.

    Er war einverstanden! So schnell, wie sich ihre eben noch grüblerische Miene in ein strahlendes Lächeln verwandelte, konnte man kaum schauen. Nun gut, der Spaß des Verhandelns war etwas kurz gewesen, aber viel mehr hätte Axilla sowieso nicht handeln können. Vor allem nicht, da der momentane Ädil sie am Ende noch abmahnen würde, wenn sie zu günstig wurde. Aber das hier, das war besser als verhandeln. Der Consul handelte mit ihr! Das war ein Erfolgserlebnis!
    “Gut, dann schlagen wir ein“ flötete sie in kaum verhohlener Freude Macer entgegen und hielt ihm die rechte Hand hin, um den Vertrag zu besiegeln. Damit wäre es auch bindend und abgemacht, und sie beide müssten sich daran halten. Gut, hier im Tablinum hatten sie jetzt keine Zeugen für den Handschlag, aber soviel vertraute Axilla dem Consul in jedem Fall, dass er diese rituelle Geste, die Jahrtausende später noch beim Pferdekauf ausschlaggebend sein würde, dann auch ernst nehmen würde. Selbst wenn seine Vertragspartnerin ihn gerade anstrahlte wie Sol Invictus höchstselbst und damit nicht unbedingt ernst wirken mochte.

    Er war doch ein Agorahändler! Gerade, als sich Axilla in Sicherheit wog, fragte er sie ganz nonchalant nach einem günstigeren Preis. Die junge Iunia malte sich einen Moment aus, ob er auch wie Yusuf, der Tuchhändler, anfangen würde von seinen fünf bis zwölf Kindern – je nach Tageszeit – die verhungern müssten, wenn er bei dem Geschäft zu viel bezahlen müsse. Ein kurzer, prüfender Blick... nein, wohl eher nicht. Wobei Axilla DANN wirklich überrascht wäre.
    “Wenn deine Leute so die Kosten für Transport und so weiter senken würden, dann könnte ich ein wenig mit dem Preis wohl runter gehen. Aber auch nicht allzu viel, weil meine Händler müssen ja so oder so reisen, nur halt dann nicht ganz so weit. Und ich hätte sonst ja auch in Mediolanum noch etwas vielleicht gekauft...“ Die grübelnde Miene beim Feilschen hatte Axilla trotz aller allgemeiner Verplantheit dann doch raus. Sie machte das einfach zu gern – wenngleich die römischen Händler allesamt nicht halb so lustig waren wie Yusuf – und hatte es zu oft trainiert. Auch wenn sie sich nicht ganz so zu übertreiben traute, denn trotz allem war das da Purgitius Macer und nicht ein peregriner Tuchhändler. Aber wenn schon handeln, dann auch richtig!
    “Aber da es ja doch eine Ehre ist, mit einem Consul Roms zu handeln, und in Anbetracht der vielleicht noch steigenden Menge, mach ich dir einen Freundschaftspreis. Was hältst du von zwei fünfundzwanzig pro sextarius? Also dann hundertundachtzig statt zweihundert für die ganze Lieferung?“ Das schmälerte zwar ihre Gewinnspanne nicht unbeträchtlich, war aber noch verschmerzbar. Grade so. Aber den Spaß war es ihr wert.

    Zum Glück war Axilla im Kopfrechnen besser als im Abschätzen von Weggefahren. 200 Sesterzen war ein guter Preis für die Menge an Honig, und Axilla war ziemlich erleichtert, dass sie richtig geraten hatte, was das Verhandlungstalent des Prugitiers anging. Auf dem Fremdenmarkt hätte sie jetzt ein ordentliches Verlustgeschäft gemacht, weil man sie gnadenlos runtergehandelt hätte, hier aber hatte sie wohl Glück gehabt, nicht einen zu hohen Preis angesetzt zu haben. Jetzt ging es nur um die Menge.
    “Naja, sehr viel mehr Honig werde ich nicht produzieren können, ohne mehr Bienenstöcke aufzustellen. Und das geht erst im Frühjahr, vorher kann ich kein neues Bienenvolk züchten.“ Axilla hatte wenig Ahnung von der Imkerei, aber sie hatte sich die Erklärung ihres Verwalters damals gut gemerkt, als sie ihn gefragt hatte, warum sie nicht noch mehr Bienenkörbe aufstellten, um mehr Honig zu bekommen.
    “Von daher wäre das erst einmal mein Preis. Wenn du sagst, du benötigst definitiv mehr Honig, den du von mir kaufen willst, können wir das im Frühjahr gerne noch einmal besprechen. Dann züchte ich ein paar neue Bienenvölker und stelle mehr Körbe auf, dann kann ich dir auch billigeren Honig sicher geben.“
    Eine Schnapsidee fuhr Axilla gerade durch den Kopf, und ehe sie die zuende gedacht hatte, plapperte sie sie auch munter aus. “Ich könnte die neuen Körbe dann auch direkt bei dir bei den Obstgärten aufstellen. Da brauchen die Blüten doch sicher auch den Segen der Bienen?“
    Ein treuherziger Blick nach oben, gefolgt von der sich in ihren Augen widerspiegelnden Erkenntnis, dass sie vielleicht nicht ganz so vertraut daherreden sollte. “Ähm, also... prinzipiell meine ich jetzt, rein theoretisch. Wäre ja praktisch, wegen den Reisekosten. Und so.“

    Axilla nickte mehr dankbar denn wirklich wissend. Es schien, als ob das wirklich funktionieren könnte. Auch wenn sie versuchte, nicht zu sehr darauf zu hoffen, denn auch Tiberius Durus war vielleicht nicht einflussreich genug, um etwas zu bewirken. Aber immerhin, er wollte ihr helfen. Und das war eigentlich schon mehr, als sie erhofft hatte.
    “Ja, ich werde mich gleich daran machen, wenn ich wieder zuhause bin. Du erhältst alles noch heute. Ich weiß gar nicht, wie ich dir dafür danken soll.“ Das letzte war vielleicht ein bisschen mehr, als sie eigentlich hätte sagen sollen, aber die Erleichterung, die trotz aller Sorge und trotz aller Ernsthaftigkeit gerade über sie hinwegschwappte, verlangte einfach nach einem kleinen Ausdruck ihrer Gefühle. Und die waren nunmal durcheinander und dankbar.
    “Ich will dich dann auch gar nicht von deinen Klienten weiter abhalten. Oh, außer natürlich, du willst noch was sagen, heißt das.“
    Das ganze Adrenalin, das sich in ihr aufgebaut hatte aus Angst, Tiberius Durus würde sie vermutlich für ihre Worte auslachen, verwandelte sich gerade in freudige Aufregung. Es konnte tatsächlich klappen! Auch, wenn die Chance nur klein war, sie war da. Sie hatte es jetzt so weit schon geschafft, ganz allein. Und zum ersten Mal erlaubte sie sich auch wieder, ein wenig Hoffnung zu empfinden, dass es gut ausgehen könnte.

    Natürlich wusste Axilla, was sie für den Honig haben wollte und wieviel er auf dem Markt kostete. Jetzt war nur die Frage, ob der Consul verhandeln wollte, oder ob er, wenn sie den Preis zu hoch ansetzte, sie sofort nach Hause schickte. In Alexandria auf dem Xenai Agorai hätte sie einfach mal das doppelte vom eigentlichen Preis veranschlagt, wohl wissend, dass das erste Gegenangebot vom Händler vielleicht ein Zehntel ihres Preises sein würde und man sich irgendwo dann bei dem treffen würde, das sie anpeilte. Aber das hier war nicht der Fremdenmarkt, sie nicht in Alexandria, und das vor ihr kein windiger Ägypter. Und sie hatte keine Ahnung, ob der Consul hier schachern wollte wie auf einem Viehmarkt.
    “Nun... ich weiß jetzt nicht genau, wie die Beschaffenheit des Weges ist, wieviele Räuberbanden und so weiter da sind, und … also...“ Irgendwas musste sie aber sagen. Sie konnte ja einem der mächtigsten Männer Roms schlecht sagen, dass sie nicht wusste, wieviel sie für verdammten Honig wollte! “Davon hängen ja auch meine Kosten ab, weil ich muss dann ja Männer abstellen... einmal im Monat...? Ähm, also... pro sextarius Zwei... einhalb? Sesterzen?“ Wäre der Purgitier nur irgendein popeliger Peregrinus, Axillas Angebot hätte nicht mehr wie eine Frage geklungen denn wie sonst irgendwas. Und der Preis wäre auch deutlich höher gewesen als 2,50 Sesterzen.

    Das Lächeln der Iunia wurde noch ein wenig verlegener. Sie hätte die Einheitsgröße vielleicht eher nennen sollen. Mit Töpfen konnte der Consul wohl vermutlich wenig anfangen. Sie sollte wirklich ein wenig an ihrem Auftreten arbeiten und sich nicht so einfach nervös machen lassen. Selbst wenn es etwas ungewöhnlich war, mit jemandem wie Macer zu reden, ohne notfalls auf den Schutz einer Urgulania oder eines Silanus bauen zu können. Aber das musste sie wohl lernen, auf die sanfte oder auf die harte Tour.
    “Hm? Nein, nein, das ist pro Woche. In etwa, wie gesagt, im Sommer ist es besser, wenn der Wald richtig blüht, und im Winter wieder weniger.“ Einfach beim Thema bleiben und konzentrieren, dann ging das schon. Irgendwie.
    Verlegen kratzte sich Axilla ein wenig am Arm und überlegte, ob sie vielleicht noch weiter Vorschläge machen sollte, oder doch lieber warten sollte, bis der Consul etwas sagte. Letzteres wäre bestimmt taktisch klüger und sicher auch höflicher gewesen, aber Axilla hatte es nicht so mit dem Warten, wenn sie angespannt war. “Wobei man natürlich überlegen sollte, nur alle zwei Wochen, oder vielleicht sogar alle vier zu liefern, um Reisekosten zu sparen. Dann würde es natürlich billiger für dich.“

    Zeugen... Zeugen... sicher gab es Zeugen, aber die gondelten grade fröhlich durch die Weltgeschichte. "Mein Vetter Iunius Silanus könnte alles bezeugen, aber leider ist er schwer erkrankt und daher in Hispania. Ich glaube nicht, dass er reisen kann. Meine Cousine Serrana wird aber wohl auch das meiste bezeugen können." Sofern sie dazu gewillt war, war ihr Verhältnis doch alles, nur nicht gut. Aber das würde Axilla schon herausfinden.


    Hatte sie das mit den Sklaven vorhin nicht gesagt? Axilla wusste es nicht mehr, aber es war auch nicht so wichtig, ob sie es nun gesagt hatte oder nicht. Wichtig war nur, dass es hier voran ging.
    “Er hat alles mitgenommen – oder besser mitnehmen lassen – was nicht eindeutig mein Besitz war. Die Urbaner sind direkt zur Leichenaufbahrung erschienen, kaum dass mein Mann im Atrium des Hauses wahr, und haben alles mitgenommen. Ich stand leider zu sehr neben mir, um sie da abzuhalten. Und das schließt auch einige Sklaven mit ein, ja.“
    So im Nachhinein fand sie das Verhalten der Männer nur impertinent. Wie konnte man die Totenruhe so stören? Das war nicht richtig. Axilla war zwar nicht so leicht durch Geschichten über Manen zu erschrecken, aber wenn es sie gab, dann zog man sich sicher ihren Zorn durch so etwas auf sich.

    Der Auftrag, den Axilla ihren Sklaven gegeben hatte, war rasch und einfach gewesen. “Besorgt mir einen Schreiberling, der sich mit sowas auskennt und das formulieren kann.“ Mit 'sowas' war das Aufsetzen von Verträgen gemeint, und damit war 'der Schreiberling' einer der Anwälte, die am Forum für ein paar Silberlinge so ziemlich jeden Fall übernahmen. Niemand, mit dem Axilla ernsthaft vor Gericht ziehen wollen würde, aber ganz definitiv jemand, der ihre wirren Gedanken und die mündlichen Vereinbarungen in ein Stück Pergament verwandeln konnte, welches sie Tiberius Durus vorzeigen konnte.


    Und etwa eine Stunde später stand da auch ein dünner Bursche in ihrem Officium und ließ sich von Axilla kritisch beäugen. Er sah mager aus, und irgendwie schlacksig. Ganz und gar nicht kriegerisch, oder auch nur fähig, eine Waffe zu halten Aber seine Kleidung sah doch recht ordentlich aus, er trug eine Toga und schien Römer zu sein.
    “Und... wie heißt du?“ fragte Axilla schließlich etwas zweifelnd.
    “Aulus Durmius Niger, zur deinen Diensten, domina.“
    Axilla kaute ein wenig auf ihrer Unterlippe herum und überlegte. Eigentlich hatte sie keine große Wahl, als ihm zu vertrauen, aber es sollte nicht so aussehen, als würde sie ihm vertrauen. Dann würde er sie nur übers Ohr hauen und sie sich als totalen Trottel hinstellen lassen. Das galt es zu vermeiden.
    “Und du weißt, was ich von dir will?“
    “Deine Sklaven haben mir gesagt, du wünscht einen schriftlich ausformulierten Vertrag gemäß deinen mündlichen Anweisungen.“
    “Ja. Ja, stimmt. Ein Ehevertrag. Aber mein Mann ist schon tot. Du sollst vernünftig aufschreiben, was vereinbart war. Kannst du das?“
    Der Bursche nickte und sah dabei noch schlacksiger und hungriger aus als so schon. “Ja, das kann ich, domina.“


    Und Axilla blieb keine Wahl, als ihm zu vertrauen. Also schrieb er, erst auf Wachs, dann auf Pergament. Immer wieder stellte er Rückfragen, fragte irgendetwas, was Axilla schon vergessen zu haben schien, oder schaute komisch, wenn sie etwas sagte, was ihm unwichtig erschien, sie aber festgehalten wissen wollte. Am Ende also gab es folgendes Pergament:



    Pactum Nuptialium


    PARS PRIMA – Allgemeiner Eheteil
    (1) Dieser Vertrag ist eine schriftliche Aufstellung des mündlich geschlossenen, gültigen Ehevertrags zwischen den Eheleuten


    Caius Archias aus der Gens der Aelier, Sohn von Decimus Aelius Calvaster, im weiteren Vertrag als Ehemann, Bräutigam oder Mann bezeichnet;
    und
    Axilla aus der Gens der Iunier, Tochter von Atticus Iunius Cassiodor, im weiteren Vertrag auch als Ehefrau, Braut oder Frau bezeichnet.


    (2) Beide Parteien erklärten vor Eheschließung, dass
    alpha) sie sui iuris sind und keine anderen Rechte an ihre Person geltend gemacht werden können, die diese Ehe ungültig sein lassen könnten. Dies beinhaltet im Speziellen, aber nicht ausschließlich, patria potestas, Verlöbnisse oder bereits gültig geschlossene Ehen.
    Beta) sie und ihre Verwandten, insbesondere die Eltern, Großeltern und Urgroßeltern, keiner Infamie unterlegen waren. Weiter erklären sie, dass auch keine anderen Ehehindernisse vorliegen, die die Ehe für ungültig erklären könnten.
    Gamma) sie die Ehe aus eigenem Willen schließen.


    (3) Eine Sponsalia wurde nicht bekannt gegeben.


    (4) Die Ehe wurde sine manu geschlossen. Ein Gewaltübergang auf den Ehemann durch usucapio wurde ausdrücklich ausgeschlossen. Selbst im Fall, dass das trinoctium nicht durchgeführt wurde, sollten dennoch keine Rechte, weder über Person noch über Vermögen der Braut, auf den Bräutigam übergehen.


    (5) Wohnsitz war derjenige Stammsitz, den der Bräutigam erwählte. Zur Zeit der Ehe war dies das Domus Aeliana im Palatium Augusti, in welchem die Ehefrau für die Dauer der Ehe Wohnrecht hatte.
    alpha) Die Braut behielt sich ein zeitweiliges Wohnrecht in der Domus Iunia in Roma vor, dessen Inanspruchnahme die Ehe weder auflöste noch unterbrach.


    PARS SECUNDA – Dos und donatio
    (1) Die donatio ante nuptias besteht aus Goldschmuck, Seidenkleidern und dem fortgeführten Recht auf Entscheidungsbefugnis bei den Betrieben des Caius Aelius Archias. Die Braut durfte diese nach ihrem Ermessen verwenden, aber nicht verkaufen oder verschenken. Auch durften nur solche Geschäfte damit getätigt werden, die das Vermögen des Ehegatten erhöhten. Bei Beendigung der Ehe durch Scheidung wären diese Geschenke in jedem Fall zurückzugeben gewesen, unabhängig von der Schuld einer der Parteien.


    (2) Die Dos wurde von der Braut selbst gestellt.
    alpha) Die Braut bewilligte dem Bräutigam Beteiligung an ihren Handelswegen. Sämtliche Vergünstigungen, Rabatte und Vorkaufsrechte bei ihren Geschäftspartnern gingen gleichermaßen in den Besitz des Caius Aelius Archias über. Dies schloss insbesondere den Handelsweg nach Germania zu den langjährigen Geschäftspartnern der Iunia Axilla, der Freya Mercurioque, ein. Auch hatte der Ehemann das Recht, ihre Sklaven und Dienstleister für sich zu beanspruchen, ebenso wie die Marktstände an den Absatzorten.
    beta) Ein Betrag von fünfzig Aurei ging als Dos in den Besitz des Caius Aelius Archias über. Das Geld wurde von Lucius Iunius Silanus zu diesem Zwecke bestellt und an Iunia Axilla hierfür übergeben. Die Übertragung erfolgte durch traditio.
    gamma) Bei Beendigung der Ehe durch Scheidung sollte die Braut den Teil ihrer Dos zurückerhalten, der ihr dem Gesetz nach zusteht, aber mindestens ein Sechstel des Geldes und vollumfänglich ihre geteilten Rechte aus Handels- und Absatzwegen. Aus der Dos kann kein fortführendes Anrecht auf Wege, Dienstleistungen oder Absatzplätze durch den Ehemann gestellt werden.


    PARS TERTIA – Kinder
    (1) Beide Parteien erklärten, dass sie fruchtbar sind und gemeinsam Nachkommen zeugen möchten. Bei Unfruchtbarkeit eines Teiles hätte der andere Ehepartner das Recht zur Scheidung gehabt, ohne dass ihm daraus Nachteile entsstanden wären. Dies schloss insbesondere eine Schmälerung bei Herausgabe von Dos oder Donatio mit ein.


    (2) Söhne aus dieser Verbindung sollten nicht nur, wie es Sitte und Brauch ist, den Ahnen der Aelii ihren Respekt und ihre Ehre erweisen, sondern auch denen der Iunii. Insbesondere sollten sie zu den Parentalia an den Gräbern der Iunii Opfer bringen und diesen Brauch auch an ihre Kinder weitergeben. Wäre die Ehefrau vor dem Ehemann gestorben, hätte dieser sich verpflichtet, dies auch dann zu erfüllen und seinen Söhnen zu befehlen, die Ahnen der Iunii zu ehren.


    (3) Der erste Sohn sollte den Beinamen Atticus erhalten, zu Ehren des Vaters der Braut. Über den Praenomen sowie über die gesamte Namensgebung aller weiteren Kinder hätte, wie es Brauch und Sitte ist, der Ehemann entschieden.


    (4) Der erste Sohn, der das Mannesalter erreicht hätte, sollte, so er tauglich ist, der Legion beitreten. Die Parteien verpflichteten sich, ihm nach Möglichkeit den Stand eines Tribuns zu verschaffen. Zu diesem Zwecke sollte er die Rüstung des Atticus Iunius Cassiodor erhalten, die im Eigentum der Iunia Axilla ist. Diese Rüstung soll sein gesondertes Erbe sein, das durch keine anderen Rechte eingeschränkt werden kann.


    (5) Über Maßnahmen zur Erziehung der Kinder bis zum Alter von sieben Jahren konnte die Ehefrau selbständig entscheiden. Der Ehemann erhielt bei allen Entscheidungen ein Einspruchsrecht. Dies schränkte seine Rechte durch Patria Potestas NICHT ein.


    PARS QUARTA – Eigentum


    (1) Jeder Ehegatte behielt sein Eigentum. Durch die Ehe finden keine Vermischungen der beiden Eigentumsteile statt.
    alpha) Die Betriebe, die jeder Ehegatte führte, waren trotz Abtretungen von Rechten stets vollumfänglich im Eigentum des jeweiligen Ehepartners und gingen als solches ausdrücklich nicht in den Besitz des anderen über. Sämtliche Gewinne und Verluste trägt nur derjenige Ehepartner, dessen Betrieb diese erwirtschaftet. Sie gehen in das direkte Vermögen nur jeweils eines Teiles über.
    beta) Jeder Ehepartner behielt seine eigenen Sklaven. Der andere Ehepartner konnte diesen zwar Befehle erteilen, ihre Treuepflicht galt allerdings nur demjenigen Ehepartner, dem sie gehören. Auch nur derjenige Ehepartner konnte sie bestrafen oder verkaufen.


    (2) Wie es Recht und Sitte ist, waren Schenkungen während der Ehe unter den Ehepartnern nicht zulässig und verblieben rechtlich im Eigentum des Schenkenden.


    PARS QUINTA – Rechtsklauseln
    (1) Sollten einzelne Bestandteile dieses Vertrages nicht, nicht mehr oder künftig nicht dem geltenden Gesetz entsprechen, so wird dadurch die Wirksamkeit der übrigen Vertragsbestandteile nicht berührt. Unwirksame Klauseln sollen durch solche ersetzt werden, die ihrem Sinn nach den jetzigen entsprechen und vor dem Gesetz Bestand haben.
    (2) Zeugen dieser Verbindung und einzelner Punkte dieser Vereinbarung waren:
    - Lucius Iunius Silanus, ehemaliger Procurator ab Epistulis
    - Iunia Serrana
    - Quintus Germanicus Sedulus, Senator Roms und Curator operum publicorum



    Als der Mann fertig war, gab er Axilla das Papier zu lesen. Bereits nach den ersten Zeilen schwirrte ihr der Kopf, was ein untrügliches Zeichen dafür war, dass dies in Rechtssprache verfasst war. Kurzum, es klang gewichtig genug, dass sie es vorzeigen konnte.
    Durmius Niger erhielt einen großzügigen Obulus aus der Hauskasse und Axilla versprach ihm sogar, sich seinen Namen zu merken, falls sie nochmal etwas ähnliches bruachen würde.


    Als der Mann gegangen war und Axilla den Vertrag zu Ende gelesen hatte, seufzte sie einmal. So viel, was hätte geschehen sollen, und nicht geschehen war, nie geschehen würde. Ja, sie hätte sich wegen seines Wahns von ihm scheiden lassen, und doch gab es Momente der Wehmut.
    “Levi, bring das doch bitte zur Villa Tiberia am Esquillin. Das ist fast beim Porticus Liviae.“ Sie hielt ihrem Sklaven das aufgerollte Stück Papier hin. Sie hatte Kopfweh vom vielen nachdenken, und mehr noch von der Erinnerung.
    “Ja Herrin, ich find's schon.“
    “Gut, und wenn man dich lässt, frag, ob du warten darfst, bis die Abschrift gemacht ist, falls Tiberius Durus zuhause ist. Aber geh ihnen nicht auf die Nerven damit.“
    “Ich doch nicht!“ Levi grinste seine Herrin frech an, und die grinste etwas traurig zurück, zumindest einen Moment.
    “Und benimm dich bitte. Das ganze ist wichtig, und ich will die Tiberier nicht verärgern.“
    Viel ernster verbeugte sich Levi also. “Ja, Domina.“ Er nahm das Schriftstück an sich, packte es sicher in eine Rolle aus Leder, und machte sich damit auf den Weg.

    Den Hochzeitsvertrag? “Den Hochzeitsvertrag?“ Den Hochzeitsvertrag. Axilla war da zwar ein wenig verwundert, aber gut, wenn es dem Tiberier helfen würde, sollte er den bekommen. “Wir haben nichts Schriftliches festgelegt, aber ich kann dir eine Abschrift der mündlichen Vereinbarungen zukommen lassen.“ Axilla hatte doch keine Ahnung von rechtlichen Dingen.


    Da Durus sonst keine Forderungen stellte, nutzte Axilla die Gelegenheit, ihrerseits noch das eine oder andere zu erwähnen.
    “Wenn ich dir sonst noch irgendwie helfen kann, dann werde ich das tun.
    Ähm... also, falls du nur einen Teil des Erbes erwirken kannst... Es wäre mir nicht so wichtig, wenn Salinator das Geld behalten würde. Aber... ein Sklave, Katander*... er war Leibsklave meines Mannes. Der wäre mir wichtig. Aus privaten Gründen.“
    Das zumindest schuldete Axilla ihrem Mann, dass sie wenigsten diesen Teil seines letzten Willens erfüllte. Egal, wie sie gegen Ende ihrer Ehe zu ihm gestanden hatte.
    “Die Grundstücke und Betriebe wären natürlich auch schön...also, wenn das geht...“ ALLES wäre schön, wenn sie es wiederbekommen würde, und es dann gemäß dem Testament vererbt werden könnte. Doch so verträumt war Axilla nicht, anzunehmen, dass Salinator das alles nach einem kleinen Brief herausrücken würde. Selbst wenn der Pontifex pro magistro ihn schrieb.

    Sim-Off:

    *NPC :D

    Axillas Geographiekenntnisse waren nicht unbedingt die besten. Alles, was Abseits von größeren Schlachtfeldern lag, war in ihrem Verstand nur einer groben Himmelsrichtung zugeteilt. Da Mediolanum erobert wurde und nicht gar so unbedeutend war, hatte sie eine recht genaue Vorstellung, wo es liegen sollte – wobei sich die Karte in ihrem Kopf von der Italias durchaus unterscied – dennoch vertraute sie da eher auf die Aussage des Consuls denn auf wirklich objektiver Einschätzung ihrerseits, was die besten Handelswege angehen mochte.
    “Im Schnitt... über das Jahr gesehen... im Sommer natürlich mehr als im Winter, aber so ganz generell... müssten dass... in etwa...“Sie überlegte deutlich sichtbar, so dass der Consul vermutlich jeden einzelnen Gedanken auf ihrer Stirn auch hätte mitlesen können, ehe sie ihn eine Sekunde später aussprach und damit ein wenig Zeit schindete, um die Menge zu überschlagen. “...zwanzig bis dreißig Töpfe sein. Also, kleine Töpfe, ich lass das für den Markt immer abfüllen in kleine Tontöpfe, etwa so groß.“ Sie zeigte mit den Händen. “Passt in etwa ein sextarius an Honig hinein. Wenn es für dich aber praktischer ist, können wir den Honig auch in größere Gefäße füllen. Ein congius pro Topf? Bei mehr kriegt man den Honig denke ich schlecht wieder hinaus.“ Man sollte ja nichts verschwenden.
    Erst eine Sekunde später, während der sie den Consul schon vertrauensselig anlächelte, fiel Axilla auf, dass er ja noch überhaupt nicht zugesagt hatte und sie die Frage der Topfgröße vielleicht erst später diskutieren sollte, wenn überhaupt.

    Ein wenig linkisch und nicht ganz so grazil wie gewollt nahm Axilla dann gerne Platz und sah sich einmal deutlich sichtbar beeindruckt im Raum um. “Du wohnst wirklich schön“, kam ein kleines und ehrlich gemeintes Kompliment über ihre Lippen. Aber sie hatte keine Zeit, zu schwatzen, sie wollte die Geduld des Consuls ja auch nicht unnötig strapazieren.
    “Oh, ich hab mehrere Stöcke. Einmal zwischen Rom und Ostia auf dem Land, ein bisschen ab vom Weg bei einem Hain. Und nahe bei Ravenna. Die Familie meines Mannes... also, meines verstorbenen Mannes, Aelius Archias, hat dort ein Landgut. Dort in der Nähe ist auch ein schöner Wald. Jetzt im Winter regnet es natürlich zu viel, und die Bienenstöcke sind nach drinnen gestellt.“ Ein bisschen schwatzte sie halt doch, wie immer, wenn sie aufgeregt war.

    Mit einem freudigen Lächeln betrat Axilla das Tablinum des Consuls. Sie war nervös, wie immer, und versuchte es sich nicht anmerken zu lassen, auch wie immer. Sie hoffte nur, dass sie sich auch genügend hergerichtet hatte. Ihre Haare waren nach der neuesten Mode hochgesteckt, und sie hatte heute auch extra auf ein hier gekauftes Kleid zurückgegriffen und nicht auf eines ihrer Kleider aus Ägypten. Auch wenn die ihr lieber waren, für das derzeitige Wetter waren die wohl etwas zu kalt und auch etwas zu freizügig geschnitten. Und sie wollte doch einen guten Eindruck machen. Wie oft kam man sonst dazu, mit einem Consul zu reden?
    Mit seiner Begrüßung aber brachte er Axilla schon leicht aus dem Takt. “Salve, Consul Purgitius. Ich hab mir für dich die Zeit genommen“, platzte sie überaus ehrlich mit der Wahrheit heraus, um sich danach in ein charmantes Lächeln zu retten. Es stimmte, auch wenn Axillas Terminkalender nicht unbedingt sehr gefüllt war – und geradezu leergefegt im Vergleich zu dem des Consuls – Axilla hätte wohl so ziemlich jeden Termin hierfür verschoben. So aber hatte sie nur ein paar Termine privater Natur etwas umgeschichtet, was kein größeres Problem darstellte.
    Sie wusste nicht, wie die Etikette war, aber ihr war ihre Ehrlichkeit von eben peinlich. Und so redete sie einfach weiter, auch wenn sie nicht wusste, ob es eigentlich am Consul gewesen wäre, das Gespräch einzuleiten. “Es war für mich eine Überraschung, dass du an meine Imkerei gedacht hast für den Honig, den du benötigst.“