Beiträge von Tiberius Decimus Crassus

    Wieder einmal hatte Tiberius - beziehungsweise Bridhe - ein Gerücht des gemeinen Volkes wiederlegen können. Nur selten vertraute Crassus auf Schwätzer, von denen man auf der Straße hier in Rom genug, um nicht zu sagen viel zu viele antreffen konnte. Vielleicht unterschied sich Crassus' Meinung hierbei von der Meinung des Großteils der Bevölkerung, doch sagte sich der junge Decimus immer, wer eine eigene Meinung hat, kann auch eine eigene Meinung vertreten. Somit kann man sich ein Bild von der Lage machen und eine objektive Entscheidung treffen. Seinen Erfahrungen nach waren es meist die Frauen, die von Gerüchten und Schwätzereien lebten. Allerdings wollte sich Tiberius nicht dazu anmaßen sich eine Meinung über andere Menschen zu bilden, die er nicht einmal kannte und sich von der Menge absetzen, schließlich war er auch nur ein einfacher Bürger Roms, der genauso beeinflusst wurde wie jeder andere auch. Nun konzentrierte er sich wieder auf die hübsche Keltin.


    "Na dann...vielleicht lohnt es sich doch einmal zu verreisen. Hispania, Gallia, Germania...Hibernia... Tiberius lächelte leicht. ...Es gibt viele Orte, die sicherlich sehenswert wären.


    Dass Bridhe bei der Frage wegen ihrem Namen etwas zögerte, war unverkennbar. Es machte den Decimus doch etwas stutzig. Sicherlich war sie keine römische Bürgerin, allein aufgrund ihres Namens. War sie eine Sklavin? Schämte sie sich dafür? Jedenfalls gab es keinen Grund sie auf irgendeine Weise anders zu behandeln, sollte Bridhe eine Sklavin sein, versicherte sich Tiberius vorab. Sklaven waren genauso Menschen und hatten demzufolge auch eine gewisse Würde. Zwar hatte er nichts dagegen Diener zu haben, doch hasste er viele Patrizier dafür, dass sie glaubten sich dazu anmaßen zu können Sklaven wie Dreck zu behandeln.


    "Du scheinst nicht besonders glücklich mit dem Namen zu sein...?"

    Der Beamte öffnete die Tür des Officiums. Tiberius, der neue Magistratus der Stadt, erhob sich direkt und ging auf Vitamalacus zu.


    "Salve ehrenwerter Legat! Ich bin höchst erfreut, dass du meine Einladung entgegengenommen hast."


    Tiberius ging wieder auf seinen Platz zu und setzte sich. Auch dem Legaten deutete er sich zu setzen.

    Ein Beamter der Stadtverwaltung blickte den Reitern entgegen und als die Gruppe vor dem Rathaus zum stehen kam, grüßte der Beamte diese höflich.


    "Salve! Der Legat wird bereits vom Magistratus erwartet."


    Der Beamte deutete den Weg, der Legat sollte ihm wohl folgen, die Reiter wären wohl vor dem Rathaus besser aufgehoben, zumindest der Großteil davon. Er öffnete die Tür zum Rathaus und wartete, bis der Legat ihm folgen würde.

    Tiberius lächelte leicht. Auch wenn Mithridates 'nur' ein Sklave war, wollte Crassus ihn nicht wie Dreck behandeln, sondern wie einen Mitmensch. Auch wenn sich wohl seine Meinung was Sklavenhaltung betraf von der Meinung des Großteils der Bevölkerung unterschied, erachtete er so etwas als unterstes Niveau.


    "Sehr gut. Dann kannst du dich gleich an die Arbeit machen. Bitte bringe diesen Brief zum Castellum der Legio."


    Tiberius überreichte Mithridates den besagten Brief und entließ ihn dann, damit er seine Aufgabe verrichten konnte.

    Tiberius geleitete seinen neuesten Erwerb in sein Arbeitszimmer. Er hatte wirklich ein Schnäppchen gemacht. Dafür, dass der Perser mehr als nur Muskelmasse zu haben schien und anscheinend auch für verwaltungstechnische Aufgaben geeignet war, war Crassus preislich sehr gut weggekommen. Nun würde er Mithridates seine neue Aufgabe erläutern.


    "Mithridates, da ich unter anderem für die Stadtverwaltung von Mantua zuständig bin, wirst du mir zusätzlich als mein Scriba personalis dienen. Du wirst für mich Briefe abgeben und auch Ausschreibungen und öffentliche Dokumente verfassen. Allerdings wirst du mir stets das Erarbeitete zur Kontrolle vorzeigen."


    Schließlich wollte der Magistratus auf Sicherheit gehen...

    Er hatte also recht gehabt mit seiner Vermutung. Seine Gegenüber war keine Römerin, was bei ihrem Akkzent auch ein Widerspruch in sich gewesen wäre. Tiberius nickte leicht, als Bridhe Hibernia erwähnte. Er kannte Hibernia nur vom Hörensagen, selbst dort war er noch nie. Eigentlich wusste er auch nicht wirklich, was er dort wollen würde. Der Decimus liebte den Süden, Griechenland, Rom. Der hohe Norden, wo Wind und Eiseskälte an der Tagesordnung standen, lockte ihn nicht.


    "Hibernia, ja, ich habe davon gehört. Selbst dort war ich noch nie. Es muss doch ziemlich kalt dort sein oder?"


    Eigentlich kannte Crassus die Antwort, doch es war auch keine wirkliche Frage. Innerlich wusste er, das die Keltin seine Frage bejahen würde, doch hoffte er gleichzeitig, dass sie seine Aussage vielleicht widerlegen könnte. Die Leute erzählten oft viel und das meiste bestand sowieso aus Gerüchten, auf solche sich der Decimus stets ungern verließ. Er hasste Vorurteile.


    Dass die Keltin keinen römischen Namen trug, war offensichtlich. Was den Decimus eigentlich schmunzeln ließ, war, dass Bridhe anscheinend noch etwas hinzufügen wollte. Sie hieß doch Bridhe oder nicht? Warum dann ein Zögern ihrerseits? Tiberius musterte die Keltin einen Moment lang fragend.


    "...du meinst?"


    Neugierig blickte er in Bridhe's tiefblaue Augen...

    Abwartend sah der Decimus zu seinem Verwandten. Als dieser dann seine Frage bejahte und sich als Decimus Serapio vorstellte, wurde Crassus in seiner Vermutung bestätigt. Er nickte leicht auf.


    "Tiberius Decimus Crassus."


    Einige Sekunden später wurde der Rennstart angekündigt. Es blieb keine Zeit mehr groß über Serapio nachzudenken oder mit ihm ein Pläuschchen zu führen. Das große Rennen zu Ehren des Mars begann! Ein Wagen nach dem anderen startete und preschte nun über die Rennbahn. Tiberius fühlte sich schon selbst im Rennen, doch das war er nicht, beziehungsweise noch nicht. Bis er realisieren konnte, wie im geschieht, waren bereits die ersten vier Wagen an ihm vorbeigezischt. Ein Rad seiner Biga hatte sich im Sand verhakt! Auch wenn es dem Decimus wie Minuten vorkam, konnten ihn seine Pferde innerhalb von wenigen Sekunden aus dieser misslichen Lage befreien. Unter der Anfeuerung des Lenkers und der tobenden Menge gelang es dem Gespann als eines der letzten aktiv ins Renngeschehen einzugreifen. Nun eilte auch der mit roten Markierungen verzierte Russatawagen über die Bahn. Crassus steuerte in die erste Kurve, woraufhin wieder eine kurze gerade Strecke folgte. Er nutzte den Moment um kurz die aktuelle Rennlage zu analysieren. Zwei Fahrer waren noch hinter ihm, der der Purpurea und der der Praesina. Danach blickte der Decimus nach vorne zur Spitzengruppe, die sich bereits einige Meter absetzen konnte. Unter anderem entdeckte Tiberius auch Serapio's golden verzierten Wagen, der anscheinend einen guten Start hingelegt hatte. Crassus konzentrierte sich wieder auf das Steuern seines Wagens und lenkte nun in die nächste Kurve ein. Doch auch in dieser Kurve war das Glück anscheinend noch immer nicht auf seiner Seite. Mit einer unglaublichen Geschwindigkeit nutzte der Auriga der Purpurea Tiberius' schlechte Kurvenlage und zischte an diesem vorbei. "Mist!", stieß der junge Decimus hervor. Doch noch war bestimmt nicht aller Tage Ende. Immerhin war er noch nicht letzter, auch wenn der Grüne hinter ihm nun hartnäckig versuchte ebenfalls das rote Gespann zu überholen. Immer wieder bremste der unerfahrene Crassus den Kontrahenten hinter ihm geschickt aus und versuchte gleichzeitig mit lautem Geschrei sein Gespann zu einem schnelleren Tempo zu bewegen. Der Start des Decimus war zwar unglücklich, doch das Rennen war noch lang und der Wille des jungen Auriga groß...

    Tiberius lächelte zufrieden und streckte dem Senator natürlich auch seine Hand entgegen, um das Patronat zu besiegeln.


    "Vielen Dank. Ich hoffe ich werde dir ein guter Klient sein."


    Es folgten einige Sekunden Stillschweigen, ehe Crassus fortsetzte.


    "Nun gut. Wenn es dich nicht stört, würde ich langsam aufbrechen. Die Reise nach Mantua ist lang und rechzeitig zur Wahl muss ich wohl auch auftauchen..."


    Mit einem leichten Grinsen wartete der Decimus ab.

    Tiberius lauschte interessiert den Ausführungen des Centurio, bis dieser geendet hatte und wartete anschließend ab was Macer noch zu sagen hatte. Als auch dieser fertig war, nickte Crassus seinem Curator zu. Die anderen Arbeiter der Wasserversorgung taten ihm gleich. Auch wenn der Decimus den Ausgang dieses vermeintlich sinnlosen Aufstandes der Anwohner absehen konnte und die Stadtkohorten sozusagen Zeit verschwendet hatten, konnte er der Cohortes Urbanae keinen Vorwurf machen. Wahrscheinlich hätte auch Tiberius in deren Lage so gehandelt. Außerdem war der Tag doch recht zufriedenstellend verlaufen, immerhin wurde der Decimus so nicht dreckig...

    Tiberius nickte leicht.


    "Ich denke wo eine Legio und noch dazu die erste ist, herrscht viel Trubel und wo viel Trubel herrscht, ist viel Leben, was meiner Meinung nach wiederum zu mannigfaltigen Möglickeiten, was die Stadtverwaltung anbelangt, führt oder führen kann. Die Legio enger mit der Stadtverwaltung zu verknüpfen wäre sicherlich sinnvoll, doch dazu muss ich mich wohl erst einarbeiten und werde dann sehen, inwieweit das möglich ist."


    Der Decimus pausierte kurz, ehe er die nächste Frage beantwortete.


    "Eigentlich frage ich aus vorhergehenden Gründen um dein Patronat", Crassus lächelte leicht. "Noch dazu wusste ich nicht, dass du ehemaliger Kommandant der Legio bist, bitte verzeih mir. Aber sicherlich wäre dies kein Nachteil, ganz im Gegenteil..."

    Gute Frage. Warum eigentlich Mantua? Tiberius musste kurz überlegen.


    "Mantua ist eine traditionsreiche Stadt mit viel Potential. Außerdem befindet sich dort auch das Lager der Legio I. Ich denke gute Voraussetzungen um eine erfolgreiche Amtsperiode als Magistrat hinter sich zu lassen."


    Das Macer nichts zu seiner Frage bezüglich des Klientels sagte, verwirrte den Decimus zunächst. Doch er war sich sicher, dass der Curator darauf noch antworten würde...

    Tiberius betrat das Officium und setzte sich.


    "Salve Curator!"


    Er pausierte kurz. Crassus überlegte, wie er es am besten formulieren sollte, um gleichzeitig nicht so zu erscheinen, als ob er um den heißen Brei herumreden würde.


    "Die Arbeit als Aquarius hat mich sehr vorangebracht, was das Arbeitsleben angeht und ich konnte auch viel Erfahrung sammeln, doch ich muss die Arbeit leider aufgeben. Mein Weg führt mich nach Mantua, wo ich als Magistratus kandidiere. Ich hoffe du nimmst es mir nicht Übel, Senator."


    Der Decimus ließ seine Worte kurz einwirken, ehe er nun ein völlig anderes Thema ansprach.


    "Gleichzeitig hätte ich ein Anliegen. Du warst mir nicht nur ein exzellenter Arbeitgeber, sondern du hast mich auch außerhalb der Arbeit unterstützt. Das beste Beispiel dafür ist wohl dein Engagement für mich was das Rennen des Cursus Deorum angeht. Deshalb möchte ich dir in Zukunft als dein Klient meine Stimme geben und erhoffe mir, dass du mich als mein Patron unterstützen wirst", formulierte Crassus vorsichtig. 'Hoffentlich war das nicht zu viel verlangt', dachte sich Tiberius.