"Mein Lehrmeister war ein anständiger Beamter. Der hat es mir beigebracht. Und dann war ich auch noch hinreichend angewidert, um nicht selbst intrigant zu werden. Außerdem bin ich nur zur Hälfte Grieche."
Beiträge von Marcus Achilleos
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"Natürlich. Du findest die Akademie in der Nähe des Serapeions, am Ufer des Fluvius Novus. Gäste sind immer herzlich willkommen."
Ich hatte mir zum Glück Esstäbchen mitgebracht. Unglücklicherweise konnte man damit unmöglich Dinge essen, die zu groß waren. Damit blieben mir eigentlich nur noch die Datteln. Ohne lange zu zögern, griff ich mir eine mit den Stäbchen und aß sie.
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"Ja, das mag sein. Doch ist die Frage, worin das Ziel liegt. Rechtschaffenheit ist das Ideal, dem ich anhänge. Tue nichts, das ungerecht wäre. Tue nichts, was nicht langfristig die Harmonie erhöht, auch wenn es kurzfristig anders aussieht. Denn, wenn man sich das Leben genau betrachtet, dann sind Geld und Macht leicht vergänglich. Doch an diejenigen, die langfristig eine höhere Stufe der Harmonie für alle Menschen geschaffen haben, werden stets als Vorbilder in Erinnerung bleiben, so wie euer Kaiser Augustus oder unser König Alexander. Diejenigen, die gegen die Harmonie und nur für sich gearbeitet haben, werden als Tyrannen in Erinnerung bleiben. Und an die anderen erinnert sich niemand mehr."
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Ich musste mich schon etwas zusammenreißen, um nicht wenigstens zu schmunzeln beim Auftritt des Offiziers. Dasschien irgendwie bei allen Offizieren in allen Ländern so üblich zu sein, einen zackigen militärischen Auftritt hinzulegen, ganz egal, wo sie sich befanden. Penelope schien das nicht so amüsant zu finden, zumindest war kurz eine Art Schreck in ihren Augen zu erkennen.
Ich verbeugte mich leicht gegenüber dem Offizier. "Salve. Da wir uns noch nicht vorgestellt wurden, ich bin Marcus Achilleos."
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"Aus Han, das eigentlich Ch'in heißt, von seinen Bewohnern aber lieber Han genannt wird," ergänzte ich. "Im Museion sind wir uns aber bisher noch nicht begegnet."
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Ich verneigte mich leicht vor beiden.
"Es freut mich auch, euch beide hier zu treffen."
Dann verneigte ich mich ebenso vor Penelope.
"Du bist Penelope, nehme ich an. Es freut mich, eine Gelehrte des Museions hier zu treffen."
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Inzwischen war ich auch angekommen. Komplett in schwarz gekleidet. Schwarze Schuhe, schwarze Socken, schwarze Hose (die man kaum sah), schwarzes Hemd (das man gar nicht sah), schwarzer zhiju und dazu eine schwarze Mütze, ganz so, wie in Han. Die Stoffe waren von guter Qualität, aber nicht von überragender Qualität. Noch ein schwarzer Stoffgürtel, um den zhiju zusammen zu halten, kam hinzu. Das Schwert hatte ich natürlich nicht dabei, weil ich es eh nicht in die Basileia hätte bringen können. Anderen Schmuck hatte ich auch nicht. Zu meinem großen Ärger, war an den Schuhen Staub zu erkennen - natürlich aus den Straßen von Rhakotis - den ich aber auch nicht so ohne weiteres aus dem Stoff hinaus bekam.
"Salvete," grüßte ich die anderen. Schließlich waren wir ja in einem römischen Haus.
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Ich hob meinen Becher mit Posca und nickte dem Gastgeber höflich zu, um dann ebenfalls einen kleinen Schluck zu trinken.
"Der begriff Akademie trifft die Haupttätigkeit wohl eher weniger. Primär ist es eine Schule, in der die Kinder aus Rhakotis Lesen, Schreiben und Rechnen lernen. Lesen und Schreiben natürlich auf Attisch. Der Teil, der den Begriff "Akademie" rechtfertigt, dient der Ausbildung von fortgeschrittenen Schülern in den Fähigkeiten, die ich im fernen Osten gelernt habe. Allerdings wähle ich diese Akademieschüler sehr sorgfältig aus. Ganz im Gegensatz zu den einfachen Schülern aus Rhakotis. Für die stehen meine Türen immer und allen offen. Außerdem koche ich ein warmes Mittagessen für alle meine Schüler. Das bringt zwar eine gewisse finanzielle Belastung für mich mit sich, aber man glaubt gar nicht, was man alles bekommt, wenn man geschickt verhandelt. Geld nehme ich selbstverständlich keines von meinen Schülern - woher auch? Sie haben ja nichts. Es geht mir ja nicht um mein eigenes Wohlergehen, sondern um größere Zusammenhänge. Die kosmische Harmonie."
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Sie hatte ein schönes Lachen. Ich lächelte noch kurz, als ich den Tonkrug nahm und ein wenig Öl in den Wok goss. Ich stellte den Krug wieder zur Seite und wartete, bis das Öl richtig heiß war. Ich nahm ein Tuch, um meine Hand zu schützen und stellte schon mal Teller bereit. Dann nahm ich mit dem Tuch den Griff des Woks und bat Urgulania, mir den Fisch zu reichen. Ich ließ ihn scharf anbraten, dann brachte ich die Streifen mit einem Kochlöffel etwas weiter an den Rand. Das gemüse legte ich gleich weiter oben am Rand in den Wok. Nachdem es kurz gegart war, nahm ich den Wok und brachte alles durch schütteln durcheinander, bis es gut vermischt war, während ich gleichzeitig die Gewürzmischung hinzu gab. Dabei garte es natürlich weiter. Die so gegarte Hauptkomponente brachte ich dann auf einen der Teller. Der Reis musste dann auch schon fertig sein, so dass ich den Topf vom Feuer nahm und den Deckel abnahm. Der Dampf stieg mir entgegen, als ich die Bambusschüssel mit dem reis herausnahm und diesen auf den anderen Teller kippte, wobei ich "heip, heiß, heiß" sagte.
Ich ging dann in das Vorratsgebäude und brachte zwei Schüsseln heraus.
"Essigwasser und Rosenwasser zum reinigen der Hände, bevor wir essen. Schließlich haben wir ja gerade noch mit den Zutaten gearbeitet."
Während sich Urgulania die Hände wusch, holte ich noch ein Handtuch, mit dem sie sich die Hände abtrocknen konnte, heraus.
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"Das erklärt dann auch, warum du dir jetzt keine Finger abschneidest."
Ich lachte fröhlich. Es war als kleiner Scherz gedacht und hoffentlich würde Urgulania das auch so sehen.
"Sooo... der Reis wird gedünstet, der Fisch ist geschnitten, das Gemüse auch. Jetzt brauche ich..." Ich nahm die zum Wok geschmiedete Pfanne und stellte sie auf die andere Feueröffnung der Feuerstelle. "Noch das Olivenöl, was da steht."
Ich zeigte auf einen Tonkrug.
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"Das sind dann aber ganz sicher keine Griechen!" sagte ich lachend, wobei das Lachen eher bitter klang.
"Wenn ich eines bei meinen Landsleuten gemerkt habe, dann, dass Intrigen und Egoismus wohl eine griechische Erfindung sein müssen. Deshalb habt ihr Römer uns ja auch unterwerfen können: Griechen können nicht zusammen arbeiten. Zumindest nicht, wenn nicht ein gewisser Mindestnutzen für jeden dabei rausspringt. Vor allem sollte auch niemand mehr profitieren als andere, weil man es ihm sonst sofort neidet und erstmal ihn bekämpft, bevor man sich wieder den äußeren Feinden zuwendet. Ich habe kein anderes Volk getroffen, das so zerstritten ist wie wir Griechen - und ich bin schon echt weit herum gekommen."
Jetzt lachte ich herzlich.
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Ich zuckte mit den Schultern.
"Vielleicht. Vor allem ist es aber ein schönes Gefühl, wenn die eigenen Schüler erfolgreich sind. Das zeigt einem, dass man gute Arbeit geleistet hat. Alles andere ist unbedeutend. Ich weiß, dass ich das Richtige tue. Darin brauche ich keine Bestätigung. Ich weiß auch, dass ich gerne mehr Menschen helfen würde, es aber nicht kann. Auch darin brauche ich keine Bestätigung. Vor allem weiß ich aber, dass durch meine Arbeit die Harmonie gefördert wird, weil ich die Chancen gerechter verteile und mehr Gerechtigkeit auch mehr Harmonie bedeutet. Dieses Wissen genügt mir als Motivation. Dank von Seiten der Obrigkeit brauche ich keinen. Wenn die Obrigkeit einem dankt, dann aus politischen Motiven. Darauf kann ich gut verzichten, denn ehrlich ist solcher Dank nicht."
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"Ehrlich gesagt, will ich weder Dank noch Respekt. Beides ist unbedeutend. Ich habe nicht vor, Karriere zu machen. Ich will einfach nur versuchen, das Richtige zu tun."
Ich lächelte, wobei ich meine Schultern leicht hochzog.
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Ich zuckte mit den Schultern.
"Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Kommt drauf an, wie lange ich hier willkommen bin. Nicht jeder heißt das gut, was ich hier mache. Manch einer fürchtet scheinbar um seine Macht. Ganz abgesehen davon, dass ich irgendwann nochmal nach Ch'in reisen muss, wenn ich nicht für immer des Landes verwiesen werden will. Die Reise ist natürlich nicht ganz ungefährlich, führt sie mich doch durch Parthien und Baktrien und manch wilde Gegend, in der Räuber ihr Unwesen treiben. Doch muss es sein. So in fünf oder sechs Jahren."
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"Ich werde euch die Techniken so beibringen, wie sie mir einst beigebracht wurden. Ich führe sie vor, ihr macht sie nach. Und das ganze schön langsam. Stellt euch mal hier und hier auf." Ich zeigte auf die beiden Plätze, dann nahm ich meinen Platz vor ihnen ein. "Und immer schön zu mir schauen."
Ich begann damit, mich vernünftig aufzustellen. Dann führte ich ganz langsam Fauststöße durch, wobei ich meine Schüler betrachtete. Immer und immer wieder führte ich die Technik vor. Linke Faust... rechte Faust... immer schnurgerade nach vorne und die Hand zum Schluss drehen.
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Ich gratuliere und wünsche viel Glück!
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Soso, Leonidas Kleomenes... einen Moment lang war ich versucht, zu lächeln und ihn zu unterstützen, aber ich hielt es für besser, mir nichts anmerken zu lassen. Stattdessen lächelte ich - scheinbar erleichtert.
"Dann brauche ich ja kein schlechtes Gewissen zu haben, dass ich nicht für Ämter der Polis zur Verfügung stehe. Hoffen wir, dass der Kandidat auch gut ist. Besser als ich ist er ganz sicher."
Allerdings war da noch etwas, das mich ein wenig entsetzte. Hatte da eben jemand "Fest" gesagt?
"Ääähhh... was für ein Fest? Ist heute ein Feiertag, den ich vergessen habe?"
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"Anderweitig tätig? Naja, ich arbeite nebenbei als Kommandant des Carcers. Und dann unterrichte ich noch unentgeltlich am Museion. Geographie. Die Tätigkeit für die Stadtwache werde ich aber nicht mehr lange machen. Wenn die jetzige Amtszeit des Strategos endet, werde ich auch gehen. Mal sehen, wie ich danach Geld verdienen kann. Vielleicht ein paar Gelegenheitsjobs. Für Politik bin ich nicht geschaffen, deshalb fällt das weg."
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Was interessierten mich "angenehmere Themen"? Ich hatte solche unnützen Veranstaltungen noch nie gemocht. Wie einfach war es da in Ch'in. Man kam zu seinem Vorgesetzten, bekam seine Befehle und redete vielleicht noch ein wenig über Privates, wenn man sich halbwegs verstand. Diese ganze Planerei für Ämter - völlig ineffizient. Insbesodere, wenn die Ämter eigentlich eine Farce waren wie in Alexandria. Man spielte "freie Polis", doch letztlich war man Privateigentum des römischen Kaisers.
Am liebsten hätte ich ja gesagt "Wenn euch so viel an meiner Anwesenheit gelegen ist", aber das ließ ich lieber bleiben. Statt dessen setzte ich mich wieder.
"Wenn für das Gefängnis ausreichend gesorgt ist, kann ich ja unbesorgt hier bleiben."
An sein Versprechen, dass ich ja gehen könne, wenn es mir zu politisch würde, würde ich ihn am nächsten Tag nochmal erinnern. Der Gedanke an ein üppiges Essen, das gleich aufgetischt würde, ließ mich jetzt schon schaudern. Abends aß ich immer nur eine Kleinigkeit und ich würde das auch nicht ändern. Harmonie hin oder her, aber meine asketische Lebensweise würde ich nicht ändern. Zur Not würde ich das dann auch philosophisch erklären.