Beiträge von Marcus Achilleos

    Ich ließ mir Posca einschenken. Die Sklaven hier waren wirklich gut, immerhin hatten sie sich gemerkt, dass ich dieses saure Getränk wirklich mochte. Oder Urgulania hatte sie vorher angewiesen. Vermutlich war es eher so, immerhin war die Gastgeberin sehr aufmerksam.
    Den Gesprächen folgte ich halb, während ich den Becher mit Posca in meinen Händen hielt und nachdenklich den Boden vor mir begutachtete. Ich fragte mich, was mich hier landen ließ. Ob ich hier nun endlich Ruhe finden würde, eine endgültige Heimat? Oder wäre es wieder nur ein Ort, von dem ich weiterziehen würde? Das wusste wohl nur der Himmel. Oder die Götter. Oder meine Ahnen. Oder der Buddha? Vielleicht auch niemand.
    Ich zwang mich, mein Sinnieren zu beenden und wieder etwas aufmerksamer den Gesprächen zu folgen. Im Zweifalsfall könnte ich als Ausrede anführen, dass mir das Mosaik im Boden aufgefallen war und ich es näher betrachtet hatte. Die Gespräche an sich hatte ich ja gehört, deshalb konnte man mir keine Unaufmerksamkeit vorwerfen.

    Die Verständigung mit Gesten forderte von mir einige einige Aufmerksamkeit, aber ich glaubte zu verstehen. "Du kannst also nicht sprechen? Und bist ein Sklave... eines... Römers? Genauer eines... Halbmond... was heißt nochmal dieser Halbmond... Nobilitas... nein, Patrizier... dein Herr ist Patrizier, ja?"


    Den Gruß der Wachen erwiderte ich, dann kam auch schon Ánthimos zu uns und grüßte mich. "Chaire, Ánthimos. Ich hätte auch nicht erwartet, dich außerhalb des Stadions zu treffen. Jedenfalls nicht zufällig. Ich war gerade auf dem Weg zum Museion, als ich den beiden hier begegnet bin. Du magst es kaum glauben, aber ich bin sogar auf dem Weg zu Penelope. Die beiden suchen nämlich einen gewissen Philolaos, einen Kitharisten. Da ich nicht weiß, ob und wo man ihn finden kann, wollte ich Penelope um Rat fragen. Aber vielleicht kannst du uns auch weiterhelfen?"

    Welch merkwürdiges Treffen. Der Mann war recht schweigsam, ebenso wie der große Nubier. Es war doch wohl ein Nubier. Und gleichzeitig irgendwie ängstlich, schüchtern. Zuerst dachte ich, es wäre ein reicher Grieche aus Broucheion aufgrund seiner Kleidung und des Leibwächters - denn was sonst sollte die große, kräftige Gestalt neben ihm sein? Doch seine Art... vielleichtein Sklave eines sehr reichen Mannes? Und warum sprach er nicht?


    "Du bist recht schweigsam. Kannst du nicht sprechen oder traust du dich nicht? Bist du ein freier Grieche?" Meine Stimme war ruhig und freundlich, während ich zielsicher durch die Straßen und Gassen von Rhakotis nach Norden, Richtung Broucheion, genauer: Richtung Museion, ging.

    Der Ägypter, der so angesprochen war, konnte zwar den Namen nicht lesen, weil er nicht lesen konnte, doch hatte er eine Idee. Er gab Lycidas ein Zeichen, dass er kurz warten sollte, und kam dann af mich zu. Ich für meinen Teil war gerade auf dem Weg zum Museion. Er erklärte mir, dass Lycidas wohl nach einem Musiker suchte. Dazu musste er, wie Lycidas bei ihm, mir pantomimisch zeigen, was dieser wollte, weil ich nur ein paar Worte ägyptisch konnte.


    So ging ich dann auf den Fremden zu. Er schien ein Grieche zu sein. Den befremdeten Blick ob meiner hier völlig außergewöhnlichen Kleidung ignorierte ich.


    "Chaire, wie kann ich helfen?" fragte ich in reinstem Attisch, warf aber gleichzeitig einen Blick auf die Wachstafel. "Du suchst Philolaos? Tut mir leid, da kann ich auch nicht helfen, aber ich kenne eine Person, die dir helfen kann. Dazu müssten wir ins Museion. Da will ich sowieso gerade hin."

    "Wenn sich die Gelegenheit ergibt, kannst du ihn ja mal ansprechen. Wenn er nicht schon längst von dieser Akademie weiß. Er wird ja sicher auch seine Informationsquellen haben. Für euch Soldaten wird die Tür zur Akademie auf jeden Fall immer offen stehen, wenn ihr mal Wasser braucht oder etwas Schatten, eine kleine Pause oder - ganz banal - einfach nur eine Latrine in Rhakotis, auf der man sich keinen Durchfall holt."


    Ich grinste, wusste aber, dass die wenigen öffentlichen Latrinen in Rhakotis nicht gerade dafür bekannt waren, allzu sauber zu sein.

    Ich grinste ebenfalls.


    "Na, dann bin ich ja beruhigt. Was denkst du, ob er einer Einrichtung wie dieser Akademie positiv gegenüber steht? Immerhin verfolge ich ja auch das Ziel, Aufstände nachhaltig zu vermeiden, indem ich den Menschen hier Hoffnung gebe und ihnen gleichzeitig beibringe, dass es gar nicht mal so schlecht ist, unter Roms Herrschaft zu sein. Das einzige Problem ist, dass es ein paar Legionäre gibt, die die Bevölkerung von Rhalotis wie Dreck behandeln. Es gibt auch ein paar Stadtwächter, die die Bevölkerung hier wie Dreck behandeln. Deshalb werden weder die Stadtwache noch die Legion hier allzu gerne gesehen. Vertrauen verliert man schnell, doch man gewinnt es nur langsam. Wenn ich irgendwie helfen kann, das Verhältnis zwischen Rom und Rhakotis zu verbessern, bin ich gerne bereit dazu."

    Ich nickte. "Genau so sehe ich as auch. Ich denke auch, dass mein Vater das wohl ebenso gesehen hätte."


    Ich dachte einen Moment lang nach, dann wechselte ich das Thema.


    "Sag mal, man erzählt sich, dass es einen neuen Legionspräfekten gibt. Stimmt das? Und... wie ist er so drauf?"

    Trotz der etwas befremdlichen Blicke der anderen Gäste, insbesondere der Römer, nahm ich auf dem einfachen Holzstuhl platz, der mir gebracht wurde. Und ich fand es sehr bequem.

    Zitat

    Original von Marcus Octavius Matrinius


    "Naja, also ich habe erstmal zur Lieblingsneffin meines Vaters Kontakt aufgenommen. Sie wohnt in Tarraco. Sie hat mir einen Sklaven mit Geld für die Überfahrt geschickt, aber der wurde hir in Alexandria überfallen. Ich habe ihn dann im Museion untergebracht, bis ich das Geld für zumindest seine Überfahrt zusammen hatte und ihn dann nach Tarraco geschickt. Ich nehme das einfach mal als ein Zeichen der Götter, dass ich zuerst hier eine Aufgabe zu erledigen habe, bevor ich mit meiner Suche beginnen kann. Wenn es den Göttern so gefällt..."


    Ich zuckte mit den Schultern.

    Ich gab Urgulania eine kleine Schüssel, in die ich etwas Reis füllte. Mir selbst gab ich dasselbe. Dann gab ich ihr zwei Essstäbchen und mir neahm ich auch welche. Das Gemüse und den Fisch gab ich auch jeweils in eine Schüssel.


    "In Han macht man sich die Hände beim Essen nicht schmutzig. Deshalb gibt es diese praktischen Stäbchen. Die sind auch der Grund dafür, warum alles so klein geschnitten wurde. Und so hält man sie."


    Ich zeigte ihr, wie man die Stäbchen nahm.


    "Nimm dir einfach Fisch und Gemüse, wie es dir beliebt. Der Reis ist als Beilage gedacht, damit man auch satt wird."

    Ich schüttelte den Kopf.


    "Da, wo er ist, werde ich ihn so schnell nicht finden. Er war Praefectus Classis in Misenum, aber er ist im Dienst verstorben. Schon vor Jahren. Meine Mutter und er hatten sich immer Briefe geschrieben, und nach seinem Tod hat ihr wohl ein griechischer Nauta in der Classis die schlechte Botschaft überbracht. Nein, was ich suche, sind Informationen über ihn. Ich möchte möglichst viel über ihn wissen, damit ich ihn angemessen ehren kann."

    Genau jetzt hatte ich ein Problem. Lügen durfte ich nicht. Das hatte ich geschworen. Also musste ich entweder die Wahrheit sagen oder gar nichts. Matrinius schien ein rechtschaffener Mensch zu sein, also beschloss ich, ihm zu vertrauen.


    "Marcus Octavius Nauticus ist mein Vater - insofern mir meine Mutter die Wahrheit sagt. Ich sehe keinen Grund, warum sie lügen sollte, zumal mein Großvater das gleiche sagte. Deshalb hat mich mein Großvater auch gehasst. Er hasste Römer. Meiner Mutter hatte er verboten, Nauticus zu heiraten. Als ich alt genug war, hatte ich genug von den Beschimpfungen und Demütigungen, die mein Großvater mir und meiner Mutter täglich gab. Deshalb hatte ich Athen verlassen. Ehrlich gesagt, das war das beste, was ich je getan habe. In der Ferne habe ich aufgehört, ein Grieche zu sein. Ich habe aufgehört, selbstsüchtig zu sein. Es ist ein völlig anderer, besserer Mensch aus mir geworden. Jedenfalls hoffe ich das."

    Ich klopfte Matrinius auf die Schulter, wobei ich leicht lächelte.


    "Willkommen in der Minderheit, mein Freund. Denn die meisten denken nur an sich und ihren Vorteil und dann, vielleicht, so es den Göttern gefällt, daran, wie sie durch ein wenig Hilfe bei anderen ihren eigenen Vorteil noch vergrößern können. Aber vielleicht irre ich mich auch."

    "Dein Besuch würde mich außerordentlich ehren. Geld benötige ich eigentlich nicht, da komme ich schon selbst über die Runden, aber das eine oder andere Buch wäre nicht schlecht. Die beste Art, Lesen zu lernen ist ja schließlich, es zu tun. Eine Förderung der begabten Schüler durch dich wäre auch sehr erfreulich und ich danke dir für dein Angebot."


    Ich sah auf die ganzen Hühner, die hereingebracht wurden. Das war jetzt ein echtes Problem. Wie sollte ich die denn essen? Doch nicht etwa mit den Händen? Nein, ganz sicher nicht! Statt dessen nahm ich mir lieber Obststücke und Schweinefleisch.

    Ich wollte gerade noch etwas Höfliches zu Silanus sagen, da kam auch schon Urgulania herein. Ich verneigte mich kurz, auch gegenüber den weiteren Gästen und schließlich Axilla. Irgendwie waren es mir schon fast zu viele Menschen, aber nun war ich halt hier. Mir blieb also nichts anderes übrig, als höflich zu lächeln und mir einen Platz zu suchen. Ich sollte doch wohl nicht auf einer Kline Platz nehmen?


    Ich ging kurz zu Urgulania und sagte leise "Ohne unhöflich sein zu wollen, Urgulania, aber ließe es sich einrichten, einen einfachen Holzstuhl für mich hinzustellen? Es mag sich komisch anhören, aber ich fühle mich auf einfachen Möbeln wohler als auf allzu komfortablen Möbeln."