Beiträge von Marcus Achilleos

    Cleonymus' Tempo war kein Problem für mich - zumindest nicht auf diese Strecke. Wenn er dieses Tempo auch für ein paar Meilen vorlegen würde, dann würde ich sicher Probleme haben.


    Ich betrachtete das Gefängnis. Und da war auch gleich etwas, das mir auffiel.


    "Das Dach gefällt mir nicht. Ich nehme an, es ist begehbar und hat eine Brüstung? Was mir dabei allerdings fehlt, sind Zinnen."

    Ich wusste zwar nicht, warum, aber irgendwann war mir der Gedanke gekommen, dass ich einen recht guten Geographen abgeben würde. Ich konnte rechnen und war weiter im Osten, als es je ein Grieche vor mir war - glaubte ich zumindest. Alexander war Makedone und zählte deshalb nicht, dessen Heer war ganz sicher nicht so weit gekommen. Außerdem war Alexander ein Gott.


    Ich hatte mich in meine besten Kleider gehüllt und trug das seidene Festtagsgewand und die schwarze Stoffmütze. Gut, jetzt sah ich aus, wie ein chinesischer Gelehrter, aber das war ich ja auch! Mein Schwert ließ ich aber in meinem Zimmer, schließlich hatte mir Nikolaos bereits klargemacht, dass Waffen hier nicht gut ankamen.


    So ging ich also zu den Schreibern, um mir dann eventuell einen Termin geben zu lassen.


    "Chaire. Mein Name ist Marcus Achilleos. Wie vielleicht bekannt ist, bin ich Gast des Museions und übersetze philosophische Schriften aus dem Osten. Schriften, die ich höchstselbst von meinen Reisen mitgebracht habe. Und da ich nun schon den ganzen fernen Osten bereist habe, wollte ich fragen, ob ich nicht als Geograph für das Museion arbeiten kann? Ich beherrsche die Mathematik ziemlich gut, insbesondere die Geometrie und die Gebiete, in denen ich war, sind zum großen Teil noch nicht kartographiert. Allerdings wäre da noch die Frage, was die Voraussetzungen dafür wären... sagen wir mal, als Philologos?"


    Das war zwar gewagt, aber wer nichts wagt, kann auch nichts gewinnen. Vor allem war für mich wichtig, ob ich den Dienst für die Stadtwache versehen dürfte. Oder ob ich irgendwelchen Verboten bezüglich Umgang mit Waffen unterlag. Oder sonst irgendwas in meiner Vergangenheit und Gegenwart es unmöglich machte, für das Museion zu arbeiten.


    "Ach ja, und da wäre noch die Frage, ob ich eventuell beim Epistates oder Prosekon diesbezüglich vorsprechen könnte."

    Zitat

    Original von Thimótheos Bantotakis
    [quote]Original von Marcus Achilleos
    ...quote]


    Das stimmt so nicht ganz. Die Spezialkurse an der Schola werden ja auch SimOn durchgeführt. Allerdings halte ich das Museion einfach für eine notwendige Institution des antiken Alexandrias.
    Man könnte beispielsweise auch Rom ohne sein Forum spielen...oder Germania ohne Limes. -.^


    Das ist natürlich richtig. Die beiden ersten Dinge, die mir bei Alexandria eingefallen sind, waren der Pharos und das Museion. ;)


    Ein paar weitere Gelehrte wären für das Museion meiner Meinung nach dann auch durchaus förderlich, weil ja gerade das ein solches Zentrum der Gelehrsamkeit ausmacht: Unterschiedliche Gelehrte, die miteinander diskutieren, sich gegenseitig kritisieren, aber auch miteinander forschen. Und Schüler, die ihnen Rückendeckung geben. Wir sollten da eventuell mal überlegen, ob nicht weitere IDs, außer Nikolaos und jetzt ggf. Penelope, sich als Gelehrte oder Studenten einfinden.


    /edit: Penelope (fast) vergessen. Sorry

    Ich habe irgendwie das Gefühl, dass die Schola primär als sim-off-Wissensvermittlung dient während das Museion primär sim-on angelegt ist. Man möge mich korrigieren, wenn ich mich irre. Insofern wären Kusre am Museion auch nur dann sinnvoll, wenn sim-on Schüler vorhanden sind. Oder? ?(

    "Ja, Athen. Eine wunderbare Stadt, auch wenn sie ihre große Zeit schon lange hinter sich hat."


    Ich lächelte weiterhin höflich.


    "Ich war allerdings seit... ähm... 17 Jahren nicht mehr da. Wie du an meiner Kleidung sicher sehen kannst, war ich in dieser Zeit noch nicht einmal im Imperium Romanum. Aber, wie sagt man so schön, die Welt ist groß und es gibt viel zu sehen."

    "Gut, mache ich. Versprochen," erwiderte ich grinsend.


    "Also, wenn wir uns weiter unterhalten wollen, können wir in die Thermae gehen. Wobei ich ja eigentlich zum trainieren hierher kam. Du ja auch. Wobei ich im Prinzip überall trainieren kann, wo ich genügend Platz habe."

    Da sie darauf zu warten schienen, wie es weiter ging, erzählte ich langsam die weitere Geschichte. Wenn ich zu schnell reden würde, dann wären das sicher zu viele Informationen auf einmal.


    "Irgendwann bog dann der Fluss in ein gebirge im Norden ab, wo er wohl herkam. Wir wendeten uns dann Richtung Südosten, durch die Wüste. Es ist übrigens ein Irrtum, dass Wüsten heiß sind. Diese war selbst tagsüber nicht allzu warm und nachts war es bitterkalt. Schließlich kamen wir zu einer Stadt, nachdem ich fast ein dreiviertel Jahr seit Seleucia unterwegs war und fast ein halbes Jahr seit Samarkand. Die Stadt hatte hohe Mauern mit Zinnen. Ich würde sagen, die Mauern waren etwa so hoch wie fünf oder sechs Männer. Und das Tor war nochmal so hoch und mit bunten Ziegeln gedeckt. Auf den Türmen der Mauer und vom Tor wehten Fahnen mit Zeichen darauf, die ich nicht kannte. Noch nicht. In der Stadt war ein prächtiger Palast des Statthalters, komplett aus Holz, aber mit bunten Dachziegeln. Auch die Häuser waren aus Holz. Wir wurden zum Statthalter befohlen, um ihm zu berichten, was es im Westen an Neuigkeiten gab. Diese Gelegenheit nutzte ich, um ihn um ein Bleiberecht zu bitten. Ich sprach inzwischen genug Chinesisch, um mich verständlich zu machen. Er fragte mich ein wenig über meine Heimat aus, aber ich konnte seine Sprache zu schlecht, um ihm wirklich etwas erzählen zu können. Also befahl er mir, ein Quartier in seinem Palast zu beziehen und seine Sprache zu lernen."


    Ja, ich erinnerte mich noch genau an die Begegnung.


    "Zheng Cheng Jínshí, der Statthalter, war damals um die 50 Jahre alt, hatte graue Haare und strahlte eine natürliche Autorität. Bei dieser begegnung saß er auf seinem goldenen Statthalterthron, dessen Lehne von zwei goldenen Drachen gestützt war. Er trug ein blaues Seidengewand mit einem ebenso blauen seidenen Gürtel und dazu eine schwarze Stoffmütze und schwarze Stoffschuhe. An seinem Gürtel war ein Schwert befestigt. Es sieht aber anders aus als ein Gladius. Es hat eine längere, schmale Klinge. Der Kampfstil damit ist auch ein anderer als mit dem Gladius. Dieses Schwert, Jian genannt, verlangt einen schnellen, aber präzisen Kampfstil. Dafür benötigt man keine Kraft, außer der, es zu halten."


    Ich leerte Mein Glas mit Posca.


    "Wie dem auch sei, die Karawane zog dann wieder zurück nach Westen und ich blieb da. Zwei Jahre lang lernte ich die Sprache in Wort und Schrift, bis ich sie wirklich gut konnte. In dieser Zeit wurde auch damit begonnen, mir den Umgang mit dem Jian beizubringen und auch Waffenlosen Kampf lernte ich. Ich freundete mich auch sehr gut mit dem Sohndes Statthalters an. Zheng Liang ist ungefähr in meinem Alter. Ja, und dann erzählte ich dem Statthalter also von Athen und Griechenland und irgendwann fragte er mich, ob ich zurück wollte oder lieber da bleiben. Ich entschied mich, da zu bleiben. Dann brachte er mir alles bei, was ich für eine Beamtenlaufbahn brauchen würde. Ich lernte alle Texte des Meister Kong auswendig und alle Gesetze. Ich lernte, Verwaltungstexte und Berichte zu verfassen. Und nicht nur das. Auch Kriegskunst brachte er mir bei und den Umgang mit anderen Waffen als dem Jian, auch wenn dem Jian besondere Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Man benötigt Jahre, um es wahrlich zu beherrschen. Ich lernte auch chinesische Philosophie. Dort lernte ich auch den General Liu Meng und dessen Tochter kennen, weil der General mir ebenfalls Unterricht in Kriegskunst und Kampfkünsten gab. Ich hatte fünf Jahre lang nur gelernt. Statthalter Zheng Cheng wurde in dieser Zeit wie ein Vater für mich. Nach diesen fünf Jahren meldete ich mich zum ersten Beamtenexamen an. Ich bestand als Bester in der Region. Die Prüfungen hatten zwei Tage gedauert und waren ziemlich hart. Nur einer von Hundert bestand sie überhaupt. Damit konnte ich mich zum Provinz-Examen anmelden. Hier wurde ich Zweitbester nach einer dreitägigen Prüfung. Dadurch konnte mich dem Examen zum Jínshí stellen. Dazu musste ich in die Hauptstadt reisen. Die Reise trat ich zusammen mit meinem guten Freund Zheng Liang an, der die gleiche Prüfung ablegen wollte. Dort, im Kaiserpalast, also im äußeren Hof des Kaiserpalastes, wurden wir drei Tage lang geprüft. Man durfte genau drei Fehler haben, sonst war man durchgefallen. Ganze Kapitel der Bücher des Meister Kong musten auswendig niedergeschrieben werden. Wenn dabei ein Strich fehl ging, war das ein Fehler. Ich wurde Drittbester, mein Freund Liang Zweitbester. Damit hatten wir beide die Möglichkeit, Palastbeamte zu werden. Liang nahm das Angebot an, ich hingegen bat darum, mir eine Stadt anzuvertrauen und mich zum Stabsoffiziersexamen zuzulassen. Meiner Bite wurde entsprochen und ein halbes Jahr später bestand ich auch dieses Examen - gerade eben. Bis dahin war auch mein Jian fertig. Ich ließ es von einem der besten Meisterschmiede des Reiches fertigen. Ich besitze es immer noch, aber ich darf ja leider keine Waffen mit in die Basileia nehmen, deshalb kann ich es euch nicht zeigen. Die Stadt, die ich dann regieren sollte, legt an der Nordgrenze des Reiches, nördlich von Dunhuang. Ich habe sie mit 6000 Einwohnern und 200 Soldaten übernommen."


    Ich mischte mir aus Essig und Wasser neue Posca in meinem Glas.


    "Aber vielleicht soll ich euch erst noch ein wenig von der Hauptstadt berichten?"

    Ich nahm einen kleinen Schluck Posca.


    "In dem Jahr, das ich in Seleucia verbrachte, konnte ich einige Kontakte knüpfen und so erfuhr ich auch von einer Karawane, die nach Samarkand aufbrechen sollte, um dort Seide zu holen. Ich fragte den Karawanenführer, ob er noch einen Buchhalter gebrauchen könnte. Da er noch keinen hatte, bekam ich meine Möglichkeit, weiter in Richtung Ursprung der Seide zu reisen. Und verdiente mir noch etwas Geld dabei. Finanziell ging es mir zu dem Zeitpunkt gar nicht mal schlecht. Der weg von seleucia nach Samarkand ist recht vielseitig. Es geht durch Wüste, dann ein recht trockenes Gebirge, wieder Wüste, eine fruchtbare Ebene und wieder Wüste. Bis man schließlich in Samarkand ankommt. Das liegt übrigens nicht mehr in Parthien, sondern Baktrien. Und auch dort traf ich auf Spuren des großen Alexanders.
    Samarkand ist... wie soll ich sagen... einmalig! Da stehen Tempel aller möglichen Kulturen. Griechische, parthische, ja selbst indische Tempel! Die Stadt ist gut befestigt, wirklich gut, und sehr reich. Als Oasenstadt müssen die Karawanen da durch, das bringt gute Geschäfte. Aber auch die Häuser und Paläste... reich verzierte Fassaden, edle Einrichtung... so was hatte ich noch nie zuvor gesehen."


    Es verschlug mir immer noch die Sprache, wenn ich an Samarkand dachte. Ich merkte gar nicht, wie ich ein verträumtes Funkeln in den Augen bekam und meine Stimme von Begeisterung erfüllt war.


    "Und erst die Märkte! Da gab es Gold, Silber und Glas aus Rom, Seide und Jade aus Han, Smaragde und Gewürze aus Indien und noch viele andere edle Güter! Dieser unglaubliche Reichtum! Aber für mich war dort noch nicht Schluss. Ich suchte und fand eine weitere Karawane, eine, die mich noch weiter nach Osten bringen sollte. Dort sah ich auch zum ersten Mal die Menschen des Reiches Han. Bronzefarbene Haut und schwarze Haare, wie Inder. So gekleidet, wie ich es jetzt bin. Ihre Augen stehen leicht schräg, aber nicht so, dass es hässlich wäre. Auf deren Rat hin kaufte ich mir warme Kleidung und ich bin froh, dass ich es getan habe."


    Ich nahm wieder einen Schluck Posca.


    "Es ging von Samarkand aus zunächst nach osten, bis wir an den Fuß eines mächtigen, schneebedeckten Gebirgsmassivs kamen. Schnee, im Sommer! Dann folgten wir den Bergen nach Norden, bis wir einen Pass fanden. Der Aufstieg zum Pass war mühsam. Die Höhe raubt einem die Kraft. Mir wurde übel und ich hatte Kopfschmerzen und die Glieder taten mir weh, aber es ging weiter, immer weiter. Der eisige Wind peitschte erbarmungslos um uns herum und die Nächte konnte man nur am Lagerfeuer ertragen. Auch den Tieren setzte das Wetter zu und wir verloren gut ein Viertel der Packtiere. Nach einer Woche, die es die Berge hinauf ging, hatten wir den Pass hinter uns. Ich sah zurück und von einem der hohen Gipfel wehte der Schnee einer Fahne gleich weg, ganz so, als winkte mir der Berg zum Abschied."


    Die Erinnerung an die Strapazen ließ meine Stimme auch angesrengt erscheinen. Ganz so, als würde ich diesen Weg noch einmal durchmachen. Dann wurde meine Stimme plötzlich wieder ganz ruhig.


    "Es ging dann wieder bergab, bis wir in Kashgar waren. Es gehört zwar nicht zum Reich Han, aber es wird von diesem beherrscht. Kashgar ist kein Vergleich zu Samarkand. Es ist zwar auch eine Oasenstadt, aber kein solches Zentrum des Handels. Die Gegend ist viel zu dünn besiedelt. Auf der einen Seite sind die Berge, deren Name ich dort erfahren hatte. Tian Shan. Die Himmlischen Berge. Auf der anderen Seite ist eine Wüste. Durch diese Wüste ging es nun. Richtung Nordosten zuerst, von Oase zu Oase, bis wir an einen großen Fluss kamen. Der hört mitten in der Wüste auf, schon seltsam. Entlang dem Flusslauf ist wieder alles grün und dort wachsen sogar Bäume, vor allem Pappeln. Während wir durch die Wüste zogen und dem Fluss folgten, lernte ich die Sprache, die man in Han spricht. Chinesisch. Die heißt deshalb so, weil Han eigentlich Ch'in heißt. Nur mögen die Chinesen den Namen Ch'in nicht, weil damit Erinnerungen an eine grausame Herrschaft verbunden sind, die 300 Jahre zurück liegt. Deshalb bevorzugen sie Han, weil die jetzige Herrscherdynastie aus der Provinz Han stammt."


    Ich sah die beiden Damen an, ob sie irgendetwas fragen wollten oder einen Kommentar hatten, während ich wieder einen Schluck Posca nahm.

    "Zu spät reagiert" ging mir durch den Kopf. Der Sklave war schon auf dem Weg gewesen, als ich Urgulania sagte, dass sie nicht unbedingt Axilla holen lassen musste - wenn auch nicht so direkt.


    Ich stand kurz auf, um mich ganz leicht zu verbeugen, dann setzte ich mich wieder.


    "Ich musste mein Pläne ändern und die Reise auf unbestimmte Zeit verschieben. Und wo ich schon mal hier bin, kann ich auch von meiner Reise in den Osten erzählen."


    Ich lächelte den beiden Damen kurz zu, bevor ich zu erzählen anfing.


    "Jede Reise hat einen Anfang, also werde ich einfach mal ganz am Anfang beginnen. Als ich 15 Jahre alt war und gerade ins Bürgerverzeichnis Athen eingetragen worden bin, das heißt, ich hatte meine Ephebia gefeiert, da wollte ich die Welt sehen. Das imperium Romanum ist bekannt, die Länder Alexanders des Großen auch. Indien aber nicht. Und wo die Seide herkommt, das ist auch unbekannt. Die Vorstellung, Germanien zu erkunden, war ebenso wenig reizvoll wie die Vorstellung, das Land der Nubier zu erkunden. Germanien ist zu kalt, Nubien zu heiß. Und Seide hatte mich schon immer fasziniert. Damit war dann meine Entscheidung gefallen. Ich wollte die Antwort auf die Frage finde, wo denn die Seide herkommt. Also schloss ich mich einem Händler an, der Seide in Seleucia in Parthien kaufte. Wir reisten zunächst per Schiff nach Laodicea, von da aus ging es über Land nach Antiochia, dann nach Dura Europos und Sura, bis wir schließlich Seleucia erreichten. Seleucia hat was von Alexandria. Die Stadt ist sehr hellenisch geprägt, mit vielen griechischen Tempeln, einer Agora und allem, was zu einer echten Polis dazu gehört. Außerdem erinnert Mesopotamien an Ägyten. Hier ist es der Nil, der die Wüste zum blühen bringt, dort sind es Euphrat und Tigris. Es ist schon ein interessanter Anblick, wenn man aus der Wüste kommt und sich dann in einem grünen Paradies befindet. In Seleucia sah ich dann auch zum ersten Mal große Mengen an Seide, die in der Sonne schimmerte wie Perlen. Nun ja, jedenfalls war ich in Seleucia und wollte weiter, dorthin, wo die Seide ihren herkam. Es ging aber keine Karawane dahin. Also entschloss ich mich, dort zu bleiben. Der attische Händler, mit dem ich unterwegs war, vermittelte mich dann an einen parthischen Handelspartner von ihm. Rechnen konnte ich schon immer gut, genauso wie schreiben, und so arbeitete ich als Buchhalter bei dem Parther, gegen Lohn und Unterkunft. Außerdem lernte ich da Parthisch. Immerhin blieb ich fast ein Jahr in Seleucia. Von meinem ersten Lohn hatte ich mir übrigens parthische Kleidung geholt. Die ist nämlich viel besser für das Klima dort geeignet als Chiton und Chlamys."

    Dass sie sich plötzlich bei mir einhakte, war ich zu überrascht, um irgend etwas zu erwidern oder mich dagegen zu wehren, dass sie mich nun quasi durch die Gassen des Marktes zog. Für jemanden wie mich, der sich in den vergangenen Jahren sehr daran gewöhnt hatte, zu allen Personen Distanz zu wahren - mit Ausnahme des Kampftrainings - war das schon ziemlich ungewohnt. Es blieb mir nur, höflich, aber distanziert zu lächeln.


    "Ich sollte mich vielleicht erstmal vorstellen. Marcus Achilleos aus Athen. Mit wem habe ich die Ehre?"

    Ich stand auf und nahm den Ring der Stadtwache und streifte ihn mir über den rechten Ringfinger. Dann nahm ich das mir angebotene Schwert und betrachtete es einen Moment. Ich wog es in der Hand und betrachtete die Klinge, dann steckte ich es in die Scheide.


    "Wenn du gestattest, würde ich gerne sofort mit der Arbeit beginnen."

    Mir fiel auf, dass Urgulania's Stimmung irgendwie leicht geknickt war, als ich nach Axilla fragte. Der Grund war mir nicht wirklich klar, aber ich konnte es auch nicht dabei belassen.


    "Nein, das wird nicht nötig sein," sagte ich plötzlich. "Ich hätte auch nichts dagegen, erstmal nur dir von Han zu erzählen."


    Als sie dann wieder vom Sklaven zurück kam, sagte ich leise, so dass die Sklaven es nicht unbedingt mitbekommen würden "Ehrlich gesagt, würde es mir eine Freude machen, häufiger Zeit mit dir zu verbringen."


    Hoffentlich war das jetzt nicht zu direkt und hoffentlich würde sie das nicht falsch verstehen. Sie war mir sehr sympathisch und ich wollte sie unter gar keinen Umständen verletzen oder brüskieren.

    Ich probierte meine Posca und lächelte wieder höflich, während ich mit ruhiger Stimme sprach.


    "Ja, sie hat es so getroffen, wie ich es mag. Axilla ist nicht hier? Ich frage nur, weil sie auch meine Geschichte hören wollte."

    Ich lächelte höflich und ging zum Stuhl und setzte mich.


    "Posca. Mit einem Teil Essig auf zehn Teile Wasser, bitte. Sonst wird mein Mund beim erzählen so trocken," sagte ich leicht grinsend.

    "Was hat denn mein Vorgänger verdient? Wobei ich es so sehe: Gib mir, was als Lohn angemessen erscheint. Außerdem möchte ich in meiner Kleidung den Dienst verrichten und, wenn es geht, eine Wohnung entweder direkt im Gefängnis oder unmittelbar daneben. Das ist mir viel wichtiger als Geld, damit ich jederzeit vor Ort sein kann. Das Training der Wachen werde ich verschärfen und die Verteidigung des Gefängnisses optimieren. Außerdem benötige ich noch ein Kurzschwert, weil meines etwas unhandlich in der Enge des Gebäudes sein könnte."


    Ich sah kurz auf mein Jian.


    "Obwohl ich damit prinzipiell auch im Gebäude kämpfen kann."

    "Ich bin nicht arm," sagte ich mit einem seltsam verklärten Blick. "Ich bin reich. Reich an Wissen."


    Dann musste ich auch grinsen. "Der Vergleich mit Odysseus ist irgendwie witzig. Der wurde auch von Athene beschützt. Allerdings kann ich kein Schiff steuern. Und ganz so listig wie Odysseus bin ich auch nicht - noch nicht."

    Ich lächelte und verbeugte mich leicht.


    "Eigentlich wollte ich auch verreisen, aber ich war gezwungen, meine Pläne zu ändern. Ist eigentlich nichts Neues, so was passiert mir andauernd. Und da ich meine Reise auf unbestimmte Zeit verschieben musste, dachte ich mir, ich könnte mal vorbei schauen. Ich hatte dir ja quasi versprochen, dir von meiner Reise in den fernen Osten zu erzählen."

    Ich nickte und blieb stehen. Die Arme verschränkte ich hinter dem Rücken und betrachtete das Tablinum. Luxuriös, wie das ganze Haus, aber trotzdem elegant. Da hatte wohl jemand Stil bei der Einrichtung bewiesen.