Beiträge von Marcus Achilleos

    Der war tatsächlich was größer als ich. Ich musste also nach oben sehen.


    "Der edlen Iunia Axilla oder Iunia Urgulania einen Besuch abstatten. Sollte keine von beiden anwesend sein, möchte ich zumindest eine Nachricht hinterlassen," sagte ich selbstbewusst und ruhig. "Und man kann auch höflicher fragen."

    Ich sah den Legionär einen Augenblick lang nachdenklich an. Dann fiel es mir wieder ein.


    "Du bist der Legionarius, der neulich Wache an der Basileia hatte. Ich bitte nochmal um Verzeihung."


    Dann sah ich kurz zu Alba.


    "Ich bin nicht edel, werte Dame. Und es war eine Selbstverständlichkeit, also gibt es nichts zu danken."


    Ich verneigte mich kurz.


    Währenddessen fluchte der Dieb wild auf Ägyptisch und versuchte, sich gegen Haeftus zu wehren.

    Ich zog eine Augenbraue hoch.


    "Das Gefängnis? 30 Wachen, 8 Häftlinge... hmm..."


    Zumindest konnte ich dort nichts falsch machen. Es gab eigentlich keinen langweiligeren Posten. Das ließ ich mir aber nicht anmerken. Statt dessen blieb ich rein äußerlich weiterhin interessiert.


    "Was wären meine Aufgaben?"


    "Außer, die Wachen auf Trab zu halten, damit sie nicht vor Langeweile sterben," fügte ich in Gedanken hinzu. Dann setzte sich aber ein Gedanke in mir fest. Gefängniswachen hatten meistens eine sehr geringe Disziplin. Wenn ich aus denen den diszipliniertesten Teil der Stadtwache machen würde, dann wäre das ein eindeutiger Erfolg.


    "Ich nehme an, dass ich für die Ausbildung und Disziplin der Wachen völlig eigenverantwortlich bin?"

    "Bei Gelegenheit werde ich nach Athen, Tarraco und Rom reisen. Dort hoffe ich, Informationen zu finden und mich mit meiner Familie auszusprechen. Vor allem meinem Großvater möchte ich verzeihen. Von Angesicht zu Angesicht, nicht in einem Brief. Und danach... mal sehen."


    Ich zuckte mit den Schultern.


    "Alexandria ist schön. Auch wenn es mir eigentlich etwas zu heiß ist. Dennoch, hier könnte ich es aushalten. Vielleicht kehre ich auch irgendwann nach Han zurück. Aber ich plane nicht mehr allzu weit in die Zukunft. Jedesmal, wenn ich das gemacht habe, haben mir die Götter, vor allem die Moiren Knüppel zwischen die Beine geworfen und Leid zugefügt. Nur Athene hat mich immer beschützt. Sie war immer für mich da."

    Ich nickte kurz und nahm dann Platz, wobei ich einen Moment lang ein Problem mit meinem Schwert hatte. Ich hatte es schon sehr lange nicht mehr gegürtet getragen, so dass es jetzt erstmal etwas unbequem war. Schließlich schaffte ich es aber, dass es so stand, dass ich halbwegs bequem saß.


    "Ich freue mich schon darauf. Den Wein muss ich aber leider ablehnen. Ich habe gelobt, keinerlei berauschende Mittel zu mir zu nehmen. Da gehört prinzipiell auch Wein dazu. Nimm mir das bitte nicht übel."

    Ich nahm die Schriftrolle und nickte kurz höflich, dann schloss ich die Türe. Ich öffnete das Seidenband, wobei ein paar Erinnerungen an meine Zeit als chinesischer Beamter in meinen Sinn kamen. Dann las ich den Text. Ich rollte das Schriftstück wieder zusammen und zog über meine weiße Kleidung das lange, tiefblaue Seidengewand, das Festtagsgewand eines Beamten meiner einstigen Stellung, an. Anschließend band ich den gleichfarbigen seidenen Gürtel um meinen Bauch und nahm die schwarze Stoffmütze, die ich schon so lange nicht mehr getragen hatte, und setzte sie auf. Danach kam noch mein Schwert dazu, dessen feinen schwarzen Ledergürtel ich langsam von der Scheide, um die ich ihn gewickelt hatte, abrollte. Dann band ich ihn über den Seidengürtel, so dass ich - das erste Mal seit Jahren - im vollständigen Gewand eines ranghohen Jínshí gekleidet war.


    Ich öffnete die Tür und sah den jetzt wirklich gaffenden Mann an. Ohne mit der Wimper zu zucken hielt ich ihm das zusammengerollte Schreiben des Strategos hin.


    "Pryphios, ich werde mich sofort zum Strategos begeben. Das Schreiben benötige ich nicht mehr. Wäre nett, wenn du dafür sorgen könntest, dass niemand mein Gewand versaut."


    Natürlich meinte ich damit, dass er vor mir gehen sollte, auch wenn ich den Weg kannte.

    Da ich ja nun doch nicht abreisen konnte, entschied ich mich, die Iunier zu besuchen. Axilla würde sich sicher freuen, mich wieder zu sehen. Zumindest war sie traurig, als ich ihr sagte, dass ich verreisen würde. Eigentlich seltsam, weil sie mich gar nicht richtig kannte.


    Ich ging auf die Wache zu. "Salve. Ich würde gerne die Iunier besuchen. Waffen habe ich nicht dabei."


    Ich breitete die Arme aus, so dass ich abgetastet werden konnte.

    Ich sah zu den Legionären herüber, wie sie dem Dieb auf die Beine halfen.


    Der Dieb schaute ängstlich zu den Legionären.


    "Ich, äh, ich... ich denke, ich muss... die Hitze... hab wohl zu wenig getrunken," sagte der Dieb.


    Dann sah er sich um und zu mir. Ich erwiderte seinen Blick und ging auf ihn zu. Mal sehen, wie er reagieren würde. Er tat so, als würde er mich nicht kennen. Jetzt lag es an Caecilia Alba, ob sie Anzeige erstatten würde.

    Die verdächtige Person kam jetzt erstaunlich nah an Alba heran und mit einem geschickten Griff hatte sie ihren Geldbeutel entwendet und machte, dass sie davon kam. Ich sah zwar den eigentlichen Diebstahl nicht, wohl aber den fliehenden Dieb. Er floh zwar nicht direkt in meine Richtung, aber ich konnte ihm den Weg abschneiden. Mit einem Tritt in den Bauch brachte ich seine Flucht zu einem Ende.


    Während der Dieb am Boden lag und nach Luft schnappte, hob ich den Geldbeutel auf und gibg zu Alba.


    "Werte Dame, dir wurde etwas entwendet."


    Dabei übergab ich ihr den Geldbeutel.

    "Naja, die Hinreise hat nur zwei Jahre gedauert. Und bei der Rückreise verbrachte ich drei Jahre in Indien, also war ich knapp 11 Jahre in Han," präzisoerte ich meine Aussage. "Heimweh hatte ich nur am Anfang, danach wurde Han zu meiner neuen Heimat. Mehr oder weniger. Inzwischen würde ich sagen, dass die ganze Welt meine Heimat ist."

    Ich lachte herzlich.


    "Die bekannte Welt ist eben - bekannt! Ich wollte aber an einen Ort, den ich nicht kenne. Germanien war zu kalt, die Skythen waren mir zu seltsam und der Süden war mir zu heiß. Also blieb nur noch der Osten. Abgesehen davon hatte ich ja eine Ahnung, dass da noch so viel Land sein würde. Ich hatte damals auch nicht damit gerechnet, dass die ganze Reise 17 Jahre dauern würde. Sonst hätte ich es mir wahrscheinlich nochmal überlegt. Aber ich war 15 Jahre alt und furchtbar neugierig."

    Kurz nachdem der Centurio weg war, kam der Sklave der Rediviva Helena zu mir.


    "Herr, ich bin überfallen worden! Das ganze Geld ist weg! Was soll ich nur tun? Was soll ich..." sprach er völlig aufgelöst.


    "Ruhe bewahren, alles halb so wild. Wir gehen jetzt wie folgt vor: Ich organisiere dir eine Unterkunft, danach schauen wir mal, ob ich nicht Geld für deine Überfahrt zurück nach Tarraco organisieren kann. Und wenn ich das Geld zusammen habe, schicke ich dich nach Tarraco und du kannst Helena Bericht erstatten. Ich werde dann bei Gelegenheit nachkommen." Ich lächelte dem Sklaven aufmunternd zu, danach sorgte ich dafür, dass er bei den Sklaven des Museions untergebracht wurde, bis ich ihn zurück nach Tarraco schicken konnte.

    Nachdem ich einem Studenten am Museion ein wenig Nachhilfe in Indisch gegeben hatte - wozu auch immer er das brauchte - hatte ich genug Geld zusammen, um mir einen weiteren Zhiju schneidern zu lassen. Deshalb hatte ich mich auf den Weg zum größten Markt gemacht. Wie üblich, trug ich zwar eine weiße Hose und ein gleichfarbiges Hemd, aber darüber hatte ich einen vor kurzem geschneiderten schwarzen Mantel an, der natürlich passend zu meiner Kleidung im chinsesischen Stil geschneidert war. Den Mantel trug ich offen, um nicht ganz in der Hitze einzugehen. Und so suchte ich nach einem Schneider, der den passenden, feinen, schwarzen Stoff für mein Gewand hatte.


    Es herrschte, wie immer, ein ziemliches Gedränge, also war es ideal für Diebe. Ich hielt also die Augen offen und sah, wie sich eine verdächtige Person einer scheinbar wohlhabenden Frau näherte. Zumindest war die Frau recht prächtig herausgeputzt. Unauffällig näherte ich mich ihr deshalb, um eventuell sofort eingreifen zu können, sollte ihr jemand etwas stehlen wollen. Da ich hinter dem potentiellen Dieb war, konnte er meine hier doch recht auffällige Erscheinung nicht bemerken - zumindest nicht bewusst.