Beiträge von Lucius Eprius Seleucus

    Seleukos meldete sich freiwillig auf die Anfrage des Decurio's. Warum auch nicht, schließlich hatte er das Aufsitzen ob mit oder ohne Pferd, ob mit oder ohne Waffen, zur Genüge - auch abseits vom Training - geübt. So zog der Grieche seine Spatha aus der Halterung und näherte sich einem der Holzpferde. Er ging nah an den Übungsgegenstand, schnappte sich die Zügel, hielt die Spatha ein wenig weg und ließ sich mit einem kräftigen Schwung auf das Pferd. Die Waffe steckte zumindest nicht im Holz und er selbst war auch unverwundet. Er warf einen flüchtigen Blick zu Decius und wartete ab, was dieser zu kritisieren hatte.

    Während er Ares zurück zum Stall brachte, grübelte Seleukos über Decius' Ankündigung. Eigentlich dachte der Grieche, dass sie das Aufsitzen - ob mit oder ohne Waffen oder Pferd - bereits ausgiebig genug geübt hatten, sodass nun auch der letzte Probati dies beherrschen sollte. Anscheinend war dem nicht so, doch ein bisschen Übung schadete ihm selbst sicherlich auch nicht, dachte Seleukos.


    Nachdem er sein Pferd in den Stallungen abgestellt hatte und seine Ausrüstung angelegt hatte, marschierte er mit einer Gruppe Probati, die er im Laufe der Ausbildung kennengelernt hatte, zügig zurück zum Reitplatz. Dort angekommen nahm er in der Reihe der Auszubildenden Haltung an und wartete auf weitere Anweisungen des Decurio's, der bereits anwesend war.

    Nachdem Seleukos aus der Formation gedrängt worden war, konnte er sich gegen einen der Equites recht gut behaupten. Jedoch profitierte dieser nach einigen Minuten an seinem Pferd, dass ihn sowohl Schutz als auch die richtige Position für Übersicht bei Schlägen von oben bot. Es war nutzlos den Eques in einen Nahkampf zu verwickeln. Der Reiter führte einen Schlag nach dem anderen aus, wohingegen dem Griechen bei jedem Hieb mit seinem Schwert geradezu unglaublicher Kraftaufwand abverlangt wurde und er so nur noch eine Chance sah, mit seiner Parma in die Verteidung überzusehen.


    Einen Bruchteil einer Sekunde wagte es der Probatus sich umzusehen und das 'Schlachtfeld' zu überblicken. Eine Formation konnte man mittlerweile nicht mehr erkennen und mehr als der Hälfte der Probati hatte man den Garaus gemacht. Es bestand keine Chance mehr auf Sieg für die Auzubildenden. Schon zu Beginn verspielten sie ihre minimale Chance, indem sie sich selbst behinderten und den einzigen Schutz, eine einheitliche Formation, aufgaben. Die Probati mussten anscheinend noch viel lernen - Seleukos eingenommen.


    Doch Seleukos wollte noch nicht aufgeben. Er hatte noch Kraft, genug Kraft um den anderen Probatus (Lucius Secundus) zu erreichen, der anscheinend genauso wie der Grieche selbst aus der Formation gedrängt wurde und sich nun scheinbar zu Seleukos durchkämpfen wollte. Dieser wusste, dass eine Einheit nur Erfolg haben konnte, wenn sie auch als Einheit kämpften und auftraten. So war es eigentlich selbstverständlich, dass man sich im Kampfe zusammenschluss um so dem Feind trotzen zu können.


    Seleukos erreichte Lucius und postierte sich an dessen Rücken. Als zwei der wenigen 'Überlebenden' versuchten sie nun die Equites bei Laune zu halten. Doch da die Reiter beinahe keine Verluste einstecken mussten, war es schon so weit gekommen, dass zwei einfache Probati sich mittlerweile um fünf bis sechs berittene Soldaten kümmern mussten. Es war wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis auch Lucius und Seleukos 'fallen' würden.

    Seleukos war nicht überrascht, dass Chamiz ihn bald mit kräftigen Schlägen angriff, schließlich war er Skythe. Und Skythen waren ja nicht gerade für ihre körperliche Unterlegenheit bekannt. Zunächst hielt der Grieche den Schlägen mit seiner Parma stand und wartete auf den richtigen Moment für einen Gegenangriff. Da er bereits einen Kampf hinter sich hatte - der nebenbei bemerkt sehr anstrengend war - hatte der griechische Probatus nicht allzu viel Chancen, in den Angriff überzugehen. Es fehlte ihn nach dem Kampf mit dem Decurio einfach die Kraft.


    Doch wagte er einen Vorstoß, als Seleukos bemerkte, dass Chamiz' Schläge zwar noch immer die Wucht wie zu Beginn hatten, aber dennoch langsamer aufeinanderfolgten. Darüber war der Grieche nicht überrascht, auch er würde bei derartigen Hieben mit der Spatha, wie der Skythe sie praktiziert hatte, mit der Zeit seine Kräfte schwinden sehen. Die Spatha des Griechen rammte urplötzlich aus seiner Deckung hervor, direkt auf den Brustkorb des Skythen. Für Chamiz bestand wohl nur noch die Chance mit der Parma zu parieren. Natürlich würde Seleukos rechtzeitig stoppen sollte sein Angriff ins Schwarze treffen, schließlich wollten sie hier im Training ja keine Verletzten.

    Seleukos musste zu seiner Enttäuschung mit ansehen, dass die anderen Probati anscheinend nicht viel von seiner Anweisung hielten. Immer mehr zerbröckelte die 'Formation' in seinen Grundfesten. Es wurde viel gedrängt und man konnte meinen, dass die Probati sich selbst behinderten. Letztendlich konnte sich auch der Grieche nicht mehr in der Formation halten und musste nun abseits um sein 'Leben' kämpfen. Aufgrund der kräfteaufreibenden Überlegenheit der Equites würde er Wohl oder Übel nicht mehr lange standhalten können. Mit letzter Kraft versuchte er sich wieder zurück zu seinen Kollegen zu schleppen...

    Nach etwa zwei Stunden Fußmarsch konnte auch Seleukos nicht mehr leugnen, dass er die zurückliegenden Meter leicht in den Beinen spürte. Doch war seine vorhandene Ausdauer noch bei weitem nicht am Ende, was bei seinem athletischen Körper und seiner Kondition ein Widerspruch in sich wäre. Die Probati hielten weiterhin die Marschformation und blieben jederzeit wachsam. In solch einer kleiner Gruppe und in solch einem Terrain war ein Überfall abzusehen, der durch die Worte des Decurios zu Beginn und dem Fakt, dass es sich um ein Training handelte, nur noch bestätigt wurde.


    Einige weitere Minuten vergingen, als im Fernen eine Gruppe Equites zu erkennen war, die auf die kleine Gruppe der Fußsoldaten zustürmte. Sofort reagierten die Probati und hebten ihre Waffen an. Auch wenn Seleukos wusste, dass alles zum Training gehörte, blieb er ernst. Solch eine Situation war keineswegs weit hergeholt. Bald könnten die Probati sich wieder in solch einer Lage wiederfinden und dann würde es sich höchstwahrscheinlich nicht um ein Training handeln.


    "Wir müssen zusammenbleiben!", rief Seleukos in die Runde und so bildeten sie mit erhobener Parma eine Verteidigung, die nicht leicht zu brechen war. Der junge Grieche übernahm gerne Verantwortung und so scheute er nicht davor, Befehle zu geben. Zwar war er nicht ranghöher, doch irgendwer musste seiner Meinung nach ja seinen Mund aufbekommen.


    Die Equites waren nun fast angekommen und verwickelten die Gruppe in einen Nahkampf. Seleukos wusste, dass sie in jedem Fall zusammenbleiben mussten, ansonsten könnte den Reitern ihre Überlegenheit auf dem Pferd einen Vorteil verschaffen. Wenn die Gruppe zerstreut werden würde, hätten die Equites so gut wie gewonnen.


    Auch Seleukos wurde in den Nahkampf verwickelt. Links und Rechts von seinen Kollegen umgeben, versuchte er seine Front mit der Parma zu schützen. Er lauerte auf den richtigen Moment, um den 'Feind' mit einem geschickten Stoß mit der Spatha von seinem Ross zu stürzen...

    Anscheinend war Chamiz ebenfalls kein blutiger Anfänger. Naja, er war Skythe, die ja für ihren starken Kämpferwillen bekannt waren. Seleukos nickte dem Decurio zu, als er ihm befahl mit Chamiz zu üben. Der Grieche war angeschlagen, was dem Skythen zwar einen Vorteil verschaffte, aber keineswegs einen sicheren Sieg. So festigte Seleukos den Griff um seine Spatha wieder und ging in die Verteidigung über. Er würde Chamiz erst einmal angreifen lassen und auf den richtigen Moment warten, um ihn zu entwaffnen. Schließlich war ein frontaler Angriff bei Seleukos' noch übergebliebener Kondition viel zu risikoreich.

    Seleukos grinste. Er wusste, dass der Befehl des Decurios dem Skythen nicht gefiel.


    "Das bezweifle ich", sagte der Grieche direkt und monoton. Schon vom ersten Moment an konnte der Probatus über Chamiz' arrogante Art nur Lächeln. Früher oder später würde er daran zerbrechen. Selbstsicherheit war keinesfalls eine schlechte Eigenschaft, solange sie nicht zu Arroganz ausartete.


    Die Beiden näherten sich dem Pfahl. Eigentlich hätte Seleukos einen Spaß daran gehabt, den Skythen bloßzustellen, indem er von ihm verlangte hätte, die Grundschläge vorzuführen. Doch erstens wollte er sich im Beisein Tubero's benehmen, zweitens kannte er Chamiz nicht wirklich. Vielleicht wäre es ungerecht ihn schon vom ersten Moment an auf dem Kicker zu haben. Schließlich durfte der Grieche bisher lediglich einen ersten Eindruck seiner Person schinden.


    "Es gibt drei verschiedene Grundschläge."


    Seleukos stieß seine Spatha gerade auf den Pfahl zu.


    "Der Ictus Recte."


    Der junge Grieche holte zum zweiten Schlag aus und traf rechts unten.


    "Der Ictus Lactus."


    Abermals holte Seleukos aus und traf rechts unten. Diesmal holte er allerdings von links oben aus.


    "Der Ictus Scaevus. Versuche nun die Schläge, sie sollten wohl kein Problem darstellen."


    Daraufhin beobachtete er seinen neuen Kollegen beim trainieren.

    Der Abstand zwischen Seleukos' Waffe und der Parma des Decurios wurde von Tubero geschickt verkürzt, so tat sich der junge Grieche schwer weitere Angriffe auszuführen.


    Der Hieb von oben mit der Spatha brachte den Griechen zu Fall. Auch wenn er einen Helm auf hatte, war der Schlag ziemlich effektiv und so musste sich der Probatus erst einige Sekunden sammeln, ehe er wieder bereit war aufzustehen. Spätestens jetzt erkannte Seleukos, dass er keine Chance gegen den Decurio hatte. Dieser hatte einfach mehr Erfahrung, wohingegen der Grieche bisher nur in der Freizeit mehr aus Spaß an seinen Fertigkeiten im Schwertkampf feilte.


    Seleukos ging einige Schritte zurück in Verteidigungsposition. Einige Schläge würde er noch aushalten und er würde erst aufgeben, wenn er vor Schmerzen zusammenbrechen würde und nicht mehr den Weg zurück zur Turma bewältigen könnte. Er warf einen kurzen Seitenblick zu Chamiz, der den Kampf mit einem Grinsen beobachtete. Hatte der Skythe nichts besseres zu tun, als den anderen beim Training zuzusehen? Schließlich war er ebenfalls Probatus und hatte deshalb bestimmt auch Übung nötig. Doch Seleukos wollte sich wieder auf den Kampf konzentrieren und wartete so mit erhobener Parma und Spatha den nächsten Angriff seines Gegners ab.

    Der junge Grieche war von der plötzlichen und gleichzeitig wilden Attacke wahrlich überrascht. Im letzten Moment konte er seine Parma noch erheben, die ihn von einem Sturz, der aufgrund der unglaublichen Wucht des Decurio's ausgelöst wurde, allerdings nicht bewahren konnte. Dank der leichten Rüstung war Seleukos fähig eine schnelle Rückwärtsrolle auszuführen und wieder auf den Beinen zu stehen. Man merkte Tubero an, dass er schon jahrelange Kampferfahrung gesammelt hatte, beziehungsweise sammeln durfte.


    Nun wollte der Probatus entsprechend kontern und so stürzte er sich mit schnellen Hieben auf die Parma seines Gegners. Beinahe im Sekundentakt hämmerte ein Hieb nach den anderen auf dessen Schild ein...

    Seleukos nickte nur beiläufig, schließlich lernte er Decius erst vor kurzem kennen.


    "Ich kann Decurio Decius noch nicht beurteilen, er übernahm unter anderem meine Ausbildung erst vor kurzem. Davor wurde wir von Decurio Tubero ausgebildet."

    "Eineinhalb Jahre? Eine lange Zeit."


    Seleukos grübelte kurz und bei Merowech's nächsten Worten entwich ihm ein knappes Lächeln.


    "Nein...dichte Wälder kenne ich bisher nur von Germania. Gebirgslandschaft jedoch ist vorhanden. Wenn ich genau nachdenke ist Griechenland Italia eigentlich sehr ähnlich."

    Seleukos mochte Abwechslung und diese Ausnahmesituation bot Abwechslung. Abgesehen davon, dass zu Fuß gehen anstrengender war als reiten, war der Befehl eigentlich klar. Eine Richtung war vorgegeben. So besorgte sich der junge Grieche eine Übungswaffe und reihte sich in die Marschformation ein. Mit ein wenig Disziplin konnten auch die letzten Probati ihren Platz finden. Das einzige was die Gruppe zu beachten hatten war, zusammen zu bleiben und stets wachsam zu sein, glaubte zumindest Seleukos. Einige Sekunden später marschierten die Rekruten los, bereit für jederlei Überraschung...