Beiträge von Titus Decimus Vestinus

    Es war ein ruhiger Tag und ich fühlte mich schon fast ein wenig gelangweilt von der Monotonie der langen Stunden, die den heutigen Dienst nur langsam vergingen ließen.
    Doch plötzlich störte eine Stimme jenseits des Tores die Ruhe und der Name ließ mich aufhorchen.


    "Decimus Brutus. Soso." sagte ich in lautem, klaren Ton und schaute auf den Neuankömmling, den ich in meinem Leben noch nie gesehen hatte. "Du willst der Legio beitreten?" wiederholte ich und betrachtete den jungen Mann. "Dann tritt mal näher und lass dich auf Waffen untersuchen."

    "Jawohl, optio." antwortete ich gehorsam und war dennoch etwas erstaunt über die Anweisung. Aber Befehl war Befehl und so betrachtete ich den Schädel noch ein letztes Mal, argwöhnisch, und begab mich einige Zentimeter zur Seite.


    "So." sagte ich leise zu dem leblosen Überrest in meinen Händen und legte ihn, gut zwei Meter von meinem Grabenabschnitt entfernt, auf den Boden. "Dann machs mal gut." Ich überlegte noch kurz, ob ich ihn nicht wenigstens ein bisschen einbuddeln sollte, aber davon hatte Priscus nun auch nichts gesagt. "Tja, sieht nicht so aus, als ob man dich für einen Römer hält." flüsterte ich dem Schädel augenzwinkernd zu und grinste. Doch dann wurde ich wieder ernst. Fehlte ja noch, dass jemand dachte, ich hätte der Erfahrung wegen Schaden am eigenen Geiste genommen.


    Kehrtwendend wandte ich mich daher wieder meiner eigenen Arbeit zu.

    Zitat

    Original von Gaius Tallius Priscus


    "Tja." sagte ich und deutete mit dem Zeigefinger nach unten. "Von dort."
    Fasziniert schaute ich meinen Fund an. Irgendwie gruselig, aber irgendwie auch interessant. Es war nicht so, dass ich abergläubisch war und an dunkle Kräfte dachte, die mir der Tod hier vielleicht schickte, aber allzu lang in den Händen halten wollte ich den Schädel auch nicht, schon allein, weil er nicht nach dem Überrest eines Tieres aussah, sondern eher nach einer Gestalt, die zu meiner Spezies gehört hatte.
    Deshalb versuchte ich auch, den Schädel an den optio abzugeben, nun, da er schon einmal neben mir stand.


    "Optio, Priscus." sagte ich und hielt den Schädel ,fast unmerklich, etwas mehr in seine Richtung. "Was soll ich jetzt damit machen?"

    "Och man." hörte ich es neben mir schimpfen, als der optio auch bei uns angehalten und die Tiefe des Grabens bemängelt hatte. Murrend machten sich die Männer ans Werk und auch ich stach noch etwas tiefer in die Erde unter mir ein.
    "Hehehe." lachte da einer plötzlich gehässig neben mir. "Schade, schade, dabei hast du dir so ne Mühe gegeben, das Ding schön glatt zu bekommen." Er schüttelte den Kopf und machte sich dann wieder an sein eigenes Werk.
    Verdutzt aber schaute ich auf den Boden und stellte fest, dass er irgendwie recht hatte. Der Boden des Walls sah an meiner Stelle tatsächlich sehr glatt aus. War ich am Ende ordnungsliebend, ein Perfektionist? - und ich dachte, ich kannte mich.


    Über mich selbst schmunzelnd grub ich weiter. Die Sonne stand derweil noch hoch genug am Himmel, um ihre letzten Strahlen in voller Intensität auf uns herniederzuwerfen und so kam es, dass über mein und auch über das Gesicht eines jeden anderen die Schweißtropfen liefen.
    "Was meinst du, ist es schlimmer, zu wandern oder zu graben?" schrie einer meiner Kameraden über meinen Kopf hinweg einem anderen zu.
    "Na, ist doch logisch. Natürlich ist es schlimmer, zu .." Doch den Rest hörte ich nicht mehr, denn gerade eben war ich auf etwas Hartes in der Erde gestoßen und dass es kein Stein war, konnte ich schon jetzt erkennen. Vorsichtig grub ich um meinen Fund herum und hob ihn anschließend in die Höhe. Ein Totenschädel, direkt in meinen Händen. Fasziniert starrte ich darauf und wurde erst wieder wach, als jemand neben mir schrie:
    "Heyhey. Ich glaube, hier hat schonmal jemand gelagert."

    Ich staunte nicht schlecht, als ich centurio Licinus da im Dreck hocken sah. Da war ich wohl nicht der einzige, denn, im Gegensatz zu mir, hatte es einer Gruppe probati so sehr den Atem verschlagen, dass sie mit offenen Mündern stehen blieben und den centurio anglotzen.
    Da musste ich grinsen. Eigentlich hätte ich es mir denken können, sagte ich zu mir selbst, denn ich hatte während meiner Ausbildung auch schon einige Dinge erlebt, die ich vor oder kurz nach meinem Eintritt in die Legio nicht für möglich gehalten hatte. Für mich waren damals, als Unwissender, centurionen und all die höheren Ränge, die, die dastanden und Befehle durch die Gegend schrien, aber nicht selbst mit anpackten.


    Während ich das alles dachte, schaufelte ich schon eilig und versuchte, mein Stück des Grabens so schnell wie möglich auszuheben, denn die Kameraden um mich herum waren auch ziemlich schnell und es hätte mich gestört, wenn ich als Einziger ein langsameres Tempo an den Tag gelegt hätte.
    Ab und an hatte ich jedoch Zeit, mich umschauen und zu sehen, was die anderen so machten.
    Bei jedem Blick flog ziemlich viel Dreck durch die Luft. Natürlich. Und es klapperte hier und da. Wo jedoch die Kameraden aus meinem contubernium abgeblieben waren, das vermochte ich nicht, zu sagen. Die hatte ich ganz und gar aus den Augen verloren. Bestimmt schaufelten sie auch, irgendwo.

    "Ich glaube, den meinte ich." sagte ich und hob, ob meiner mangelhaften Ortskenntnisse, grinsend die Schultern.


    "Also der Trajansmarkt, gut." antwortete ich auf die Frage meines Bruders. "Dann viel Spaß, wir sehen uns später. Ich bin mal gespannt auf deinen Eindruck. Wenn der Trajansmarkt wirklich so riesig ist, dann kommst du vielleicht aus dem Staunen nicht mehr raus." Als ich das sagte, kam ich mir vor wie einer, der weit weg vom Leben in einer abgelegenen Provinz groß geworden ist und wenn ich einmal ehrlich war, dann stimmte das auch. Mit den Märkten von Rom, dachte ich, konnten die kleinen Märkte, die ich in meinem Leben gesehen hatte, sicher nicht mithalten.

    "Ich nehm es dir nicht übel." antwortete ich. "Ich wusste nicht, dass du das so siehst, denn ich hab mich eigentlich drauf gefreut, möglicherweise ein paar unbekannte Verwandte." Ich grinste, denn das klang schon ein wenig seltsam. "kennenzulernen."
    "Aber wenn du gehen möchtest, dann geh ruhig und sieh dir die Stadt an. Ich werde später dazustoßen. Das ist eine gute Idee. Am Abend, denke ich." Ich überlegte kurz. "Soweit ich weiß, gibt es hier in der Stadt einen großen Markt, den mercatus urbis. Der ist zwar riesig, wie ich glaube, aber wir werden uns schon finden. Von da aus können wir dann überall hin, je nachdem, auf was wir Lust haben werden. Ist das in Ordnung für dich?"

    Ich hatte mich gerade gemütlich niedergelassen, so schien es mir, da erschallte das Signal zum Arbeitsbeginn. Ich konnte etwas Murren vernehmen, hier und da und etwas Tatendrang dazwischen, doch welcher Gemütsverfassung der Einzelne auch immer gewesen sein mochte, alle erhoben sie sich und bewegten sich auf die Arbeitsgeräte zu.


    Auch ich spazierte auf die Geräte zu und reihte mich in den Tross der Kameraden ein.

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    Original von Caius Decimus Celsus


    Ich schluckte ein Stück Ziegenkäse herunter und wandte mich dann meinem Bruder zu. "Gute Idee. Ich würde sagen, wir bleiben noch ein Weilchen und machen anschließend einen Bummel durch die Stadt. Von mir aus muss ich die Nacht auch nicht schlafen. Wenn wir schonmal hier sind, können wir die Zeit ruhig nutzen. Oder wie siehst du das?" Ich überlegte. "Wenn du dir natürlich gern ein Nachtlager suchen möchtest, können wir das bei Gelegenheit auch in Angriff nehmen."
    Kurz drehte ich mich zum Buffett und schenkte mir einen Becher Wein ein. "Ich würde mich vorher noch gern umschauen und schauen, ob ich jemanden erkenne oder etwas mit der Familie reden kann. Ich weiß ja nicht, wann sich uns die Gelegenheit mal wieder bietet."


    Interessiert sah ich noch einmal über die Köpfe der Menschen, die sich hier versammelt hatten. Bisher schien die Anzahl der Männer die der Frauen zu übertreffen, doch nach dem, was ich in den letzten Monaten erlebt hatte, störte mich das eigentlich gar nicht. Dass in der castra eine Frau auftauchte, passierte ja doch eher selten und deshalb hatte ich in der Hinsicht keine allzu hohen Ansprüche und irgendwelche Hoffnungen hatte ich sowieso nicht gehegt.

    "Tja, und nun?" fragend wandte ich mich an meinen Bruder. "Ich weiß ja nicht, wie es dir geht, aber ich habe Hunger." Grinsend zeigte ich aufs Buffet und auf das geröstete Brot, nach dem mir schon die ganze Zeit dürstete und machte mich sogleich auf den Weg, um mir ein paar der Köstlichkeiten zu gönnen.
    Während ich kaute, sah ich mich um und betrachtete meine Verwandten und die geladenen Gäste. Eigentlich kaum zu glauben. Es war meine Familie und doch kannte ich so gut wie keinen. Das kam eben davon, wenn man sein Leben lang fernab von Rom in Hispania verbrachte und nach der Volljährigkeit schnurstracks ins nächste Legionslager marschierte.

    "Keine Fragen, centurio." antwortete ich und ging noch einmal im Kopf die Schritte durch. Für mich war es noch unglaublich, wie wir in der kurzen Zeit ein ganzes Lager errichten sollten und wirklich glauben würde ich es wohl erst, wenn es stand.
    Ich war froh, dass ich einmal teilhaben durfte.


    Am liebsten hätte ich mich gleich umgesehen, wäre gern hier und dahin gelaufen und hätte geschaut wie ein jeder seine Aufgabe erledigte. Gern hätte ich erspäht was alles zu ein- und derselben Zeit vor sich ging. Doch da ich selbst einer dieser Männer war, die gleich schuften mussten, bleib mir dazu wohl keine Zeit.
    Sicher würde es auch für uns gleich losgehen.

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    Original von Marcus Decimus Livianus


    "Ja, gut, Onkel Livianus." sagte ich und nahm mir vor, in Zukunft nicht mehr so förmlich zu sein. Tatsächlich fühlte ich mich nun, da ich dem fast unbekannten Familienmitglied einmal die Hand geschüttelt hatte, ein wenig erleichterter.
    "Ich diene seit einigen Monaten in der Legio." sagte ich. "Und habe erst vor Kurzem meine Grundausbildung abgeschlossen. Der centurio behandelt uns wie alle anderen."
    Das war das diplomatischste, was mir einfiel. Was sollte ich auch sagen, gerade jetzt, als er in Hörweite stand. "Ich habe keinen Grund, mich zu beklagen." fügte ich noch hinzu und das meinte ich auch so. Wenn man den Gesprächen auf der Latrine lauschte. Ja, dann glaubte ich, dass ich Glück gehabt hatte, mit meinem centurio.

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    Original von Faustus Decimus Serapio
    “Wegen vorhin muss ich Dir aber noch gratulieren, Cousin. Glückwunsch zur Platzierung beim Speerwerfen! War ja wirklich knapp. Bei Mars und Bellona, Deine Würfe sind nicht von schlechten Eltern!“


    "Ach." Ich tat das Ganze mit einem Wedeln meiner Hand ab. "Da war wohl auch einiges an Glück im Spiel." Ich senkte meine Stimme. "Um ehrlich zu sein, ich hätte selbst nicht erwartet, solch einen Wurf zu fabrizieren."


    Dann sagte ich nichts mehr und widmete meine Auferksamkeit dem letzten Wettstreit, der dann tatsächlich im Priscus als Sieger endete. "Unglaublich!" rief ich und tippte meinen Cousin an. "Siehst du, ich sag es doch, der optio hat den Koloss fertiggemacht."


    Ich jubelte noch ein wenig, bevor ich mich wieder auf die Zuschauertribüne begab, um der Siegerehrung beizuwohnen. Leider war ich nun keiner derjenigen, die da unten standen, aber mein Cousin und der optio und auch das war schon Grund zum Feiern.

    Uff, dachte ich, wie baut man so ein Lager auf. Ich hatte zwar alles mögliche in meiner Grundausbildung gelernt, aber über Waffen, ein wenig Taktik und meinen eigenen Körper ging das nie hinaus.
    Dennoch versuchte ich mein Bestes.


    "Ich kenne den Unterschied zwischen einem kleinen und großen Lager nicht so genau, centurio." sagte ich. "Das kleine wird wohl enger sein und keinen Raum für große Gassen und Bewegungsräume bieten. Ich nehme an, wir müssen zuerst die uns zur Verfügung stehende Fläche definieren und überlegen, wo wir welche Zelte platzieren und wieviele wir davon brauchen und wo und wie wir die Ausrüstung lagern, die nicht jeder am Mann trägt."

    Man war das heiß oder war ich nur zu warm angezogen? Naja, auch egal. Ich wusste, dass ich mich über die ganze Schlepperei freuen würde, sobald ich das Zeug, welches ich hier mit mir rumtragen musste, wirklich brauchen würde und außerdem sah ich so wenigstens ein bisschen was von der Landschaft.


    In diesem Moment, in dem wir Schritt für Schritt aufs Ziel zusteuerten, erinnerte ich mich daran, wie ich vor Monaten zielstrebig auf das Tor der prima zugewandert war. Ich hatte nichtmal wirklich Halt gemacht, um mir die Stadt vorher anzusehen. Nein, ich war direkt zur legio gegangen. Eine Entscheidung, die ich schon wenige Wochen nach meinem Eintritt bereute, denn so war mir eine wunderschöne Landschaft entgangen, die ich mir vorher hätte ansehen können, hätte ich wenigstens noch eine Woche Urlaub vor meinem Eintritt gemacht. Doch jetzt war ich stolz und immerhin kam ich nun doch noch zu meiner Besichtigung.

    Wenn ich innerhalb der nächsten ein - zwei Wochen weniger aktiv sein sollte, dann bitte ich, das zu entschuldigen. Ich stecke mitten in der Prüfungsphase und da kann es schon vorkommen, dass ich mal für ein paar Tage die Realität vergesse. :D


    Das gilt auch für: Pasiphaë.