Beiträge von Thimótheos Bantotakis

    Müde hob Thimótheos seine Hand und schenkte seinem Bruder ein schwaches Lächeln. Nach kurzem Räuspern warf er eine Frage in den Raum. "Wenn ihr mir die Frage erlaubt, werte Mitprytanen, wo genau sollen diese Wettkämpfe denn Stattfinden? Im hiesigen Hippodrom?" Dieses schien Timos das offensichtlichste zu sein, doch war es auch lang genug für den Stadionlauf?

    Thimótheos drohten die Gesichtszüge zu entgleisen. Cleonymus sprach dort vorne offen von einer entmachtung des Prytaneions und einer Auflösung der Autonomie der Polis! Er merkte wie sich ein flaues Gefühl in seinem Magen breit machte und er nervös zum Gymnasiarchos schaute. Der würde hoffentlich gelassen bleiben und irgendwie alles zum Guten wenden...so wie er es bisher immer zu tun gepflegt hatte. Und diese ganze Verwicklung mit der Acta und dem Aufmarsch und allem...aiaiai der Praefectus schien ja ganz schön genervt zu sein.

    "Du bist also in der Wirtschaft tätig geworden?" schmunzelte der Strategos. "Axillas kleine Farbmischerei". Er sah den Schriftzug groß auf einem kleinen Stübchen stehen, in dem fleißigen Seelen ihre Hände schmutzig machten, während sie große Pötte voll Farbe anrührten. Und Axilla mittendrin. (:D)
    "Der Gymnasiarchos ist ein guter Mann. Gefällt dir die Arbeit bei ihm? Immerhin fällt für ihn noch einiges mehr an Schriftverkehr an, als zum Beispiel für mich."
    Axilla erkundigte sich ebenso nach seinem allgemeinen Befinden, was Timos mit einem Rundumblick und einem breiten Grinsen beantwortete.
    "Ich bin Strategos, ja. Und das Haus...naja es gehört mehr uns allen, also der Familie Bantotakis. Auch wenn ich offiziell der Hausherr bin und Penelope die Hausherrin, bis ich...äh... - er räusperte sich - ...bis ich irgendwann heirate."
    Verfluchte Hacke! Das war ihm jetzt aber doch etwas peinlich. Er trank schnell etwas Wein und versuchte dann das Gespräch weiterzuführen, als sei nichts gewesen. "Du siehst also, mir geht es gut, ja. Und Arbeit habe ich auch viel, die Stadt fordert einen Strategos ganz schön." Er grinste etwas gezwungen und knackte mit seinem Zeigefinger, während er nach einem weiteren Thema suchte, das man unverfänglicher platttreten konnte. Von Nikolaos' merkwürdigem Verhalten bekam er nichts mit...wie auch, er war ja viel zu sehr abgelenkt.

    "Ja, die Legionen..." murmelte Timos nachdenklich. Er wollte eigentlich lieber keine Legionäre in Rhakotis einsetzen müssen, am besten nicht einmal in Alexandria selbst. Aber das war eben unmöglich, konnte man nur schwerlich leugnen, dass die Rhomäer immerhin trotz allem noch Besatzer dieses Landes waren.
    "Ganz wie es dir recht ist. Ich hoffe ich konnte deiner Akademie und dir bereits weiterhelfen. Wie gesagt, ich werde die Tage mal dort vorbeikommen." Er erwiderte das höfliche Lächeln und begleitete Marcus noch zur Porta. "Nun denn, ich wünsche dir noch einen angenehmen Tag, Marcus Achilleos. Komm unbeschadet nach Hause. Die Götter mit dir." Er nickte dem Mann zu, der Timos immer noch irgendwie seltsam anmutete und übergab ihn dann der Obhut des Ianitors Isokrates, der ihn hinausließ. Langsam schritt der junge Strategos dann durchs Atrium entlang der Säulen. Als er zum Himmel hinaufblickte, war der Wiedehopf verschwunden. Ein Lächeln zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, während er ins Obergeschoss ging, um sich einem Buch zu widmen.

    Thimótheos war aufgeregt; Innerlich wohl, äußerlich jedoch war er kalt wie Stein. Er ließ sich nichts anmerken und entgegnete Nikoalos ernst: "Ich werde hier das Schlimmste zu verhindern wissen. Geh nur zum Satrapen und tue dort dein Möglichstes, um eine Eskalation zu verhindern. Ich werde der Menge Einhalt gebieten." Dann rief der Gymnasiarchos Axilla zu sich, die der Strategos bis jetzt noch gar nicht bemerkt hatte. Was machte sie hier? Wollte sie in Stücke gerissen werden? Vermutlich hatte Nikolaos sie hergebracht, aber warum nur? Wie dem auch war, er nickte ihr zu und begrüßte sie mit einem knappen "Axilla." Dann deutete er auf die wütende Meute und entfernte sich mit einer ebenso knappen Entschuldigung. "Das wär's dann wohl. Viel Erfolg da drin. Ich zähle auf dein diplomatisches Geschick, werter Gymnasiarchos! Ich werde hier jetzt gebraucht..."


    Derweil stießen immer wieder Patrouillen der Stadtwache zum Ort des Aufruhrs hinzu, die aus den umliegenden Vierteln herbeigerufen worden waren. Es war eine Pattsituation entstanden, während beide Seiten einen Moment verschnauften und Verwundete zur Seite brachten. So wurden hinter der Linie der Stadtwächter Schreihälse verhaftet und abgeführt und Platzwunden behandelt, während auf der anderen Seite die Menge aus Rhakotis auch von griechischen Polites erreicht wurde, die sich nach dem Grund des Ärgers umhörten. Es gab Sprechchöre und bald wurde das Gebrüll wieder lauter, doch schien die Menge in sich nicht einig zu sein. Die einen riefen danach, die Römer zu vertreiben, die anderen wollten nur ein besseres Leben in Rhakotis, andere waren schlichtweg auf Ärger aus.
    Der Schildwall der Stadtwache machte sich auf einen erneuten Ansturm gefasst und die Spannung stieg, während die Lücke zwischen den beiden Fronten gemächlich wieder kleiner zu werden drohte.

    Zitat

    Original von Tiberius Iulius Scato
    "Ich brauche eine Liste der Männer die den Mann geborgen haben. Meine Vorgesetzten werden Fragen an sie haben. Du wirst verstehen, das das nicht gerade förderlich ist für die Beziehungen zwischen Römern und Nichtrömern in der Stadt."


    Scato schaute in die Richtung des Mobs welcher noch immer in der Nähe des Tores versammelt war.


    "Und sieh zu das deine Männer diese Bastarde von hier wegschaffen, ansonsten machen wir das auf unsere Art."


    Thimótheos nickte bestätigend. "Die Liste bekommst du. Und um den Mob mach dir mal keine Sorge, ich habe das hier unter Kontrolle." Auch wenn dem nicht so gewesen wäre, hätte der Strategos das natürlich niemals zugegeben. Doch die Männer von der Stadtwache hatten die Situation noch im Griff und auch Cleonymus' Leute halfen wo sie konnten, um den Mob auseinanderzutreiben.


    Zitat

    Original von Nikolaos Kerykes
    "Timótheos, was geht hier vor? Römer getötet - wie? von wem? wobei? Und welche römischen Offiziere sind hier?", fragte er leise und noch völlig außer Atem den Strategos. Er hoffte, dass die Torwächter die Koiné der einfachen Alexandriner, auf der er nun sprach, nicht verstanden.


    Endlich erschien Nikolaos auf der Bildfläche, welchem Thimótheos auch gleich seine ungeteilte Aufmerksamkeit schenkte. Ebenso leise versuchte er diesem eine grobe Übersicht über die Situation zu verschaffen. "Nikolaos, gut dass du hier bist. Eine Patrouille hat den Leichnam eines toten rhomäischen Offiziers in der Gosse geborgen und hierhergebracht. Die Menge ist in Aufruhr und hat den Körper des Toten schänden wollen. Vor wenigen Momenten sind dieser Praefectus Legionis Terentius und sein Praefectus Castrorum hier angekommen." Er rümpfte die Nase und fügte noch hinzu: "Der, der auch vor dem Tempel der Tyche Ärger gemacht hat..."
    Thimótheos deutete kurz auf die immer noch aufgeheizte Menge und grummelte: "Meine Leute versuchen dieses Pack dort auseinanderzutreiben. Die Rhomäer haben mir bereits mit ihren eigenen Methoden gedroht, falls wir den Pöbel hier nicht wegschaffen." Düster sah er drein und versuchte in der Miene des Gymnasiarchos zu erkennen was dieser dachte. Axilla bemerkte er derweil nicht einmal, war sie doch gut von den nubischen Leibwächtern abgeschirmt und für den Bantotaken nicht zu sehen.


    Die Stadtwächter hatten mittlerweile Verstärkung bekommen. Sie prügelten die Menge förmlich auseinander, schlugen mit langen Stöcken auf sie ein und bearbeiteten immer wieder größere Ansammlungen. Irgendwann hatte sich eine Mauer aus Weiden- und lederbespannten Holzschilden gebildet, die die Menge auf Abstand vom Tor hielt. Schreihälse wurden aus dem Mob gefischt und abseits zur Vernunft gebracht. Eine Eskalation jedoch würde hoffentlich vermieden werden können. Jetzt wurde alles verlangt, was die Männer der Stadtwache in ihrer kurzen Ausbildung gelernt hatten.

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    Original von Appius Terentius Cyprianus
    Legionär


    Etwas verblüfft, dann immer ärgerlicher aufgrund der Meute die (anscheinend) einen der ihren bespuckten und damit schändeten, schlugen erstmal das Tuch weg und wurden leichenblass.
    Mit zornesrotem Kopf flüsterte der wachhabende Soldat einem anderen was ins Ohr und dieser Verschwand.
    Einige Zeit später kam der wachhabende Centurio und sprach mit kalter Stimme zum Strategos:" Wir werden dir den Leichnahm abnehmen und für ihr Wohl sorgen. Du darfst dich entfernen, man wird dich informieren!"
    Er gab den Wachen ein Zeichen und diese ließen niemanden mehr durch.


    Zitat

    Original von Tiberius Iulius Scato
    Ein toter Römer. Diese Nachricht hatte sich auch unter der Wachmannschaft schnell verstreut und Scato kam aus der Wachstube gleich neben dem Tor herausgetreten. Er hatte heute das Kommando über die Wache und natürlich musste dann sofort so etwas passieren. Selbstsicher trat er heran und sprach:


    "Der Vorgesetzte bin dann wohl ich. Was ist hier los?"


    Scato wollte aus dem Mund dieser Männer hören was passiert war, denn Gerüchte waren nunmal Gerüchte und verfälschten sich schneller als es für Nachrichten gut war. Scato unterließ es noch auf den Leichnahm zuzugehen und ihn zu untersuchen. Doch Ärger war nun schon vorprogrammiert.


    Thimótheos konnte und wollte es nicht fassen. Dieser reudige Köter von einem rhomäischen Centurio wagte es wirklich ihn, den Strategos Alexandrinos Thimótheos Bantotakis, anzupöbeln und wegzuschicken! Ungläubig drehte er sich zu Ptahshepses seinem Wachoffizier um, der jedoch nur die Schultern zuckte. Gerade wollte der Bantotake loswettern und sich über die Unverschämtheit des rhomäischen Gesocks auslassen, als einer der Unteroffiziere auf ihn zu kam und wesentlich höflicher auftrat. Thimótheos räusperte sich kurz und beruhigte sich.
    "Ich sage dir was hier los ist, Rhomäer. Meine Männer haben gerade einen der euren tot aus den Gossen der Stadt geborgen. Der Mann scheint Offizier eures Heeres gewesen zu sein, sein Leichnam wird gerade zur Regia gebracht." Er deutete über den Kopf des Optios hinweg auf die Legionäre, die in Begleitung ihres Centurios den Leichnam abtransportierten. Die Patrouille der Stadtwächter, die den toten Offizier hergebracht hatte, stand eifrig nickend daneben. Man würde sie sicherlich bald befragen wollen und so warteten sie lieber hier beim Strategos, als sich ins Getümmel bei der Meute zu stürzen.


    Dann wies Thimótheos vom Tor aus auf die Straße vor ebenjenem.
    "Während dessen versuchen meine Männer gerade die Ordnung hier aufrecht zu erhalten. Dieser verfluchte Mob wird euch nicht behelligen." Das hoffte der Strategos zumindest. Gerade konnte man beobachten, wie die Männer der Stadtwache mit Knüppeln und einigen lederbespannten Schilden die wütende Menge auseinanderzutreiben versuchte, was auch für einen Moment recht gut gelang. Hoffentlich würden die Rhomäer nicht direkt eingreifen, denn das gäbe sicherlich noch größeren Ärger. Wo bei Tyche blieb eigentlich der Gymnasiarchos? Vermaledeites Rhakotispack aber auch!

    Das Brautpaar würde dann wohl bald in ihre Stege verschwinden, während einige der älteren Gäste sich ebenfalls bereits auf den Heimweg gemacht hatten. Die jungen Herrschaften, meist Söhne einiger bekannter Polites und einige jüngere Kollegen aus dem Museion, sowie einige der jüngeren Prytanen, feierten immer noch ausgelassen. Musik wurde gespielt und es war weiterhin für Speis und Trank gesorgt.


    Cleonymus entschuldigte sich plötzlich, was Timos mit einem gönnerhaften Nicken quittierte. Er war im Grunde genommen froh, einmal wieder in Ruhe mit Axilla plaudern zu können, denn die beiden hatten sich nach dem letzten "Vorfall" nicht mehr so richtig gesehen. Also versuchte er sich in unverfänglichem Kleinsprech.
    "Sag Axilla, wie ist es dir ergangen? Du scheinst etwas standhafter als deine verehrte Cousine zu sein." Er schmunzelte leicht und deutete dann auf zwei Clinen, die etwas abseits standen und dennoch nicht die Atmosphäre des Festes verloren. "Wollen wir uns setzen?"

    Ein Stadtwächter kam wie Stadionläufer herangeprescht und rannte auf seinem Weg in den Gängen etliche Grammatei und Epheben über den Haufen. An der Stege des Gymnasiarchen angekommen klatschte er mit der Flachen Hand einfach einige Male gegen die Tür und riss diese dann hechelnd auf. Er stürmte in den Raum und meldete der erstbesten Person, die er vorfand, folgendes:
    "Derr Strrategos Bantotakis..." - er musste erst einmal Luft holen - "derr Gymnasiarr'hos wird am Torr zurr Bassileia gebrraucht! Ein Rrhomäer is' getötet worrden und es gibt Ärrger mit dem Volk!" Dass der Stadtwächter selbst Ägypter war und aus einem Randbezirk der Rhakotis stammte, schien dieser in dem Moment völlig zu vergessen.
    "Schnell, derr Gymnasiarr'hos muss kommen, es sind berreits 'ohe rrhomäische Offizierrre zum Pfrraefectus Aegypti vorrgelassen worrden!" Der Mann musste sich erschöpfterweise auf den Schreibtisch auflehnen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, so hastig war er zum Gymnasion gesprintet. Ungeduldig sah er sein Gegenüber an.





    PHYLAKE TES ALEXANDRIAS - STADTWÄCHTER

    "Chaire Berenike. Dies hat zu bedeuten, dass ich einmal die ganze Familie beisammen haben möchte, denn es gibt Dinge von Belang zu bereden. Aber zuerst soll gegessen werden, also bitte nimm Platz und mach es dir bequem."
    Er nickte seinem Bruder ebenfalls freundlich zu, der dann erschien und wandte sich wieder an seine Cousine. "Sag, wie geht es deinem Rücken? Heilen die Wunden schnell?"

    In Begleitung einiger Stadtwächter, die Stellung vor der Academie bezogen, erschien Thimótheos vor dem Gebäude und ließ von einem der Männer an die Tür klopfen, die ja tagsüber ohnehin offen stand. Dann trat er langsam ein, blieb jedoch hinter der Türschwelle stehen und wartete darauf empfangen zu werden.

    "Gesetze sind notwendig, ja. Und ja, es würde mich sehr interessieren, welche Gesetze du für passend empfinden würdest. Dass wir jedoch in Alexandria aufgrund gewisser Gegebenheiten keine allzu starke Truppe, wie du sie vermutlich gerne hättest, aufstellen können, wirst du hoffentlich verstehen." Immerhin konnten sie keine Streitmacht innerhalb Alexandrias aufstellen, während außerhalb der Mauern zwei rhomäische Legionen bereitstanden und sich bedroht fühlen würden.
    "Ich werde mir die Situation in Rhakotis einmal mit eigenen Augen ansehen, wie schon erwähnt. Ich hoffe, das von dir gelieferte Bild lässt Möglichkeiten der Verbesserung offen."

    Thimótheos fiel die kühle Temperatur des Weines positiv auf, denn trotz des gerade erst endenden Winters und der damit einhergehenden kühleren Regenzeit war ein kühles Getränk durchaus eine Wohltat in diesen Gefilden. "Zum Wohl, mein verehrlicher Gastgeber." Er ließ die kühle Flüssigkeit mit Genuss seinen Hals hinunter laufen und nahm dann dankend von dem Imbiss.


    Die weiteren Worte des Gymnasiarchos schmeichelten dem Bantotaken, was er sich jedoch nicht überschwänglich anmerken ließ. "Ich danke dir für deine lobenden Worte. Ich fühle mich sehr wohl in der Gesellschaft des Prytaneions und kann unsere Zusammenarbeit ebenfalls nur sehr loben."
    Dann jedoch wurden die Züge des jungen Griechen ernst, denn Nikolaos sprach Dinge an, über die er sich ebenso bereits Gedanken gemacht hatte. Unglaublich, dass der Keryke plötzlich so offen ihm gegenüber war, hatte Thimótheos den Gymnasiarchos doch bisher immer als recht verschlossen und geheimnisvoll erlebt. Umso überraschter war er nun, als Nikolaos den Streit zwischen Ánthimos und ihm so aufrichtig offenbarte und ihn beilegen wollte. Dies quittierte Thimótheos mit einer leicht hochgezogenen rechten Augenbraue, während er weiter zuhörte.


    Dann kam die nächste Überraschung. Der Keryke wollte seiner Familie Schutz bieten! Kamen gewöhnlich die Leute nicht zu einem hin und baten um Schutz, statt anders herum? Thimótheos' Gedanken rasten. Der Gymnasiarchos war ein reicher, mächtiger und angesehener Mann und ein großer Teil der Polites stand hinter ihm. Außerdem hatte er gute Verbindungen zu der Oberschicht der Stadt und konnte in fast jeder Angelegenheit seine Kontakte spielen lassen. Nachdenklich fuhr der junge Bantotake sich mit dem Handrücken über die Unterseite seines Kinns, bevor er antwortete.
    "Ich freue mich, dass du die Meinungsverschiedenheit mit meinem Bruder als belanglos ansiehst und diese beilegen möchtest. Ich werde Ánthimos davon berichten und bin überzeugt, dass er sich sehr darüber freuen wird."
    Er sprach mit freundlichem Ton und verbarg völlig sein aufkeimendes Triumphgefühl. Hatte der mächtigste Grieche der Stadt gerade in einem Streit mit seinem Bruder nachgegeben? Wie unfassbar war das denn bitte? Thimótheos hatte nicht mehr wirklich im Gedächtnis, worum es überhaupt ging, doch das war nicht weiter wichtig. Ánthimos würde sich wahrlich freuen.


    "Dein Angebot, meiner Familie Schutz und Unterstützung zu bieten, ehrt die meinen und mich ebenfalls sehr. Ich werde darüber nachdenken und dies mit meinen Verwandten besprechen, danke." Dies zu entscheiden war nun ein wirklich ordentlicher Brocken. Würde er sich in den Schutz und damit in eine gewisse Abhängigkeit des Keryken begeben? Oder würde er versuchen auf eigenen Beinen zu stehen und damit womöglich unnötige Gefahren eingehen?
    "Es wäre sicherlich von großem Vorteil, unter dem Schutz des mächtigsten Griechen der Polis zu stehen. Doch sag mir Nikolaos, weißt du von konkreten Gefahren, die meiner Familie begegnen könnten, oder erwächst dein Angebot aus anderen Gründen?"
    Langsam und so unauffällig wie möglich trank er einen großen Schluck Wein. Eine Feige verschwand zwischen seinen Zähnen und wurde genüsslich verspeist, denn Thimótheos wollte sich keine Blöße geben und war abgeklärt wie so oft.




    Sim-Off:

    Vielen Dank. :)

    Thimótheos hatte für heute Abend zum gemeinsamen Essen geladen, denn er hatte einiges zu besprechen, das er der Familie nicht vorenthalten wollte. Es waren genügend Clinen im Tablinum aufgestellt worden und der niedrige Tisch in der Mitte des Raumes war mit allerlei Köstlichkeiten gefüllt. Da standen Schalen mit Oliven, Datteln, Feigen, Granatäpfeln, Schafskäse und helles Fladenbrot. Als Hauptspeise gab es Ziegenfleisch, das gerade kross vom Küchenfeuer kam. Während Eilean die Gerichte auftischte und Getränke vorbereitete - es wurde stark verdünnter Wein, oder Fruchtsaft gereicht - machte Thimótheos es sich auf einer der Clinen bequem und ließ seine Gedanken schweifen.
    Vor nicht allzu langer Zeit war solch ein Abendessen für die drei Bantotakenbrüder noch undenkbar gewesen. Und jetzt? Jetzt waren sie innerhalb weniger Monate stolze Besitzer eines neuen Hauses geworden, hatten Cousinen bei sich aufgenommen, ehrbare Ämter erlangt, Timos' liebe Freundin Pasiphaë aufgenommen und eine wunderbare Hochzeit gefeiert. Das alles erschien ihm wie ein Traum und doch war es Wirklichkeit. Tyche hatte einen seltsamen Sinn für Humor. Bald würden dann seine Brüder, die Cousinen, Timos' Schwägerin und seine Freundin eintreffen und Timos konnte seine Anliegen der Reihe nach vorbringen. Geduldig nippte er an seinem Wein und ließ die Zeit verstreichen...

    Der Hausherr hörte seiner lieblichen Cousine voll konzentriert zu und versuchte jedes ihrer Worte zu begreifen. Welch ein Graus, dass ihre Ehe solch eine bittere Wendung hatte nehmen müssen. Den Bantotaken war Tyche offenbar nur zu einem Teil hold; nämlich dann erst, wenn diese bereits unglaubliche Qualen erlitten hatten. Thimótheos, Ánthimos und Ilías waren versklavt worden und wären beinahe ertrunken, Penelope hatte ihres Vaters Lastern wegen ein Leben im bettelarmen Rhakotis führen müssen und Berenike hier hatte eine qualvolle Ehe durchleben müssen und hatte ihr Kind auf dem Weg verloren. Ihr Götter, habt Erbarmen mit uns Griechen!


    Als Nike letztendlich die Tränen nicht weiter zurückhalten konnte, saß der junge Bantotake für einen Moment hilflos da und musste zusehen. Er wusste nicht recht was zu tun war, doch dann riss er sich zusammen. Er stand auf und kam mit ausgebreiteten Armen auf seine trauernde Cousine zu. Er nahm sie bei den Schultern und zog sie zu sich hoch, um sie liebevoll zu umarmen.
    "Hier bist du in Sicherheit, Berenike. Niemand kann dir mehr etwas tun, du stehst unter meinem Schutz und dem meiner Familie." Und nach kurzem Überlegen fügte er noch hinzu: "Und ich verspreche dir, dass wir alles Erdenkliche tun werden, um deine Tochter zu finden. Mit Tyches Hilfe bekommst du Arsinoë zurück."

    Der junge Strategos wurde in den Garten geführt und fand dort den Gymnasiarchos vor. Er deutete eine leichte Verneigung an und erwiderte die Begrüßung des vermutlich mächtigsten Griechen Alexandrias. "Chaire hochverehrter Nikolaos. Es ist mir eine Ehre deiner Einladung Folge leisten zu dürfen."
    Dankend nahm Thimótheos auf dem angenehm gepolsterten Klismos Platz und sah den Dienern dabei zu, wie sie etwas zur Erfrischung brachten, ganz so wie es sich in einem griechischen bürgerlichen Haus gehörte.

    Thimótheos hatte die Einladung des Keryken erhalten und klopfte nun an dessen Tür. Er hatte sich ordentlich hergerichtet, trug seinen guten dunkelroten Himation und hatte dezent Schminke aufgetragen. Immerhin wollte er nicht seinen Gastgeber übertreffen, denn das könnte eine durchaus unangenehme Situation werden. So wartete er darauf, eingelassen zu werden.

    Regungslos wohnte Thimótheos der Audienz beim Statthalter bei. Er hatte den mächtigsten Rhomäer der Polis noch nie mit eigenen Augen gesehen und war zu seiner eigenen Überraschung recht beeindruckt von dessen Erscheinung. Der Praefectus war elegant gekleidet und besaß Gesichtszüge, die Thimótheos wohlwollend als weich bezeichnen würde. Nebenbei lauschte er den Worten des Keryken und dem Einwurf des Kosmetes. Er horchte auf, blieb jedoch weiterhin stillschweigend im Hintergrund stehen.

    Während Nikolaos und Cleonymus noch über die Formalitäten diskutierten, sprach Ánthimos seinen Bruder leise an. Thimótheos drehte seinen Kopf leicht und verneinte mit ebenso gedämpfter Stimme. "Nein, alles in Ordnung. Hatte einen harten Tag." Was insofern der Wahrheit entsprach, dass der junge Strategos wirklich eine ganze Menge Arbeit gehabt hatte. Über Opium und verlängerte Mittagspause schwieg er sich selbstredend aus. Eine abwehrende Handbewegung folgte noch, während er müde lächelnd seine Konzentration auf die Sitzung lenkte.

    Es war ein heißer Tag. Die Regenzeit begann zu weichen und die Sonne brannte wie so oft auf die Köpfe der Alexandriner. In Rhakotis ging derweil alles seinen geregelten Gang. Kinderbanden lungerten in Häusereingängen, Tagelöhner machten ihren allmorgendlichen Gang zum Hafen, um dort Arbeit zu finden und die Alten spielten Gesellschaftsspiele auf der Straße.
    In der Menge auf der staubigen Straße bewegte Mokhtar sich geschickt wie eh und je. Er verfolgte nun schon seit einigen Minuten einen Schuldner seines Herrn, der es offenbar eilig hatte. Ein Glück, dass der Kerl nicht viel später den Fehler machte, in eine weniger belebte Seitengasse einzubiegen. Zwischen heruntergekommenen Katen stellte Mokhtar den Mann, der offensichtlich genauso ägyptischer Abstammung war wie der Schläger selbst. Aber wen störte das hier schon?
    "Mein - Herrr - will - sein - Geld - wiederr - SOFORRT!"
    Mit jedem Wort ging ein Schlag auf den Schulder ein, den Mokhtar am Kragen seines zerfetzten Lumpens, der sich Hemd zu schimpfen wagte, gepackt hatte. Als der mitleiderregende Kerl wimmernd am Boden lag und beteuerte, dass er kein Geld mehr habe, seufzte Mokhtar auf.
    "Bei Apophis (ägyptische Verkörperung von Auflösung, Finsternis und Chaos), dann gehe ich jetzt und nehme deine Frrau und deine drei Töchterr!"
    Der Schuldner hatte offenbar wirklich kein Geld mehr, oder war einfach nicht mehr in der Lage zu protestieren. Tja, des einen Pech war des anderen Glück, und so fanden sich drei jungen Frauen wenig später auf dem Sklavenmarkt der Stadt wieder. Drei junge Frauen? Richtig, denn eines der Mädchen war Mokhtar als Belohnung überlassen worden.


    Nicht weit von dieser dunklen Seitengasse entfernt befand sich das Haus von Shoshenq dem Geldwechsler. Er hatte eine Bande zwielichtiger Typen angeheuert, um seine Interessen in seiner Straße durchzusetzen und war damit bisher auch immer recht gut gefahren. Heute hatte er einen besonders angenehmen Tag gehabt. Man hatte ihn heute morgen geweckt mit der Nachricht, dass sein Widersacher, der Bandenchef Djeserkare, ihm seine zweite Tochter Titi zur Frau geben wollte, um den endlosen Zwist zwischen beiden Familien endlich beizulegen, nachdem die ältesten Söhne der beiden alten Männer sich kürzlich gegenseitig erschlagen hatten.
    Frohlockend hatte Shoshenq den ewigen Kontrahenten in seinem Haus empfangen und die Verhandlungen begonnen. Wenig später war Djeserkare mit aufgeschlitzter Kehle in der Gosse gefunden worden, seine Leibwächter spurlos verschwunden und seine schäbige Bleibe niedergebrannt worden.
    Widerlich sabbernd dachte Soshenq nun an den vergangenen Tag zurück, während er seine Zunge über die weiche Haut der jungen Titi gleiten ließ. Die kleine war mittlerweile so verschüchtert und zitterte am ganzen Leib, dass der Geldwechsler nichts zu befürchten hatte und sich ganz seinen Gelüsten hingeben konnte. Wie viel ein paar Schläge mit dem Rohrstock doch ausrichten konnten. Während er sich grunzend an dem jammernden Mädchen verging, hatten seine Männer ihren Spaß mit der Frau des getöteten Bandenchefs. Ein Glück, dass Shoshenq pädophil veranlagt war, so blieb die Frau wenigstens für sie übrig...


    Mitten auf einer Parallelstraße der Via Serapis kam es an diesem Tag außerdem zu einer Schlägerei. Nichts Ungewöhnliches eigentlich in einem Viertel wie Rhakotis, doch eine durchaus lehrreiche Erfahrung im Leben eines jungen griechischen Strategos. Eine Jugendbande lynchte an diesem Mittag einen Punier, der den Eparchos als rechtmäßigen Herrscher Ägyptens und den Imperator als Re ebenbürtigen Gott bezeichnet hatte. Wie kam er auch auf die Idee, solche Äußerungen beim Senet-Spiel mitten auf der Hauptstraße auszusprechen?
    "Ma'ht dem Rrhomäerrfrreund den garraus!" und "Rrrom soll brrennen!" rief die Menge, die hauptsächlich aus gelangweilten Jugendlichen und arbeitslosen Säufern bestand und den hilflosen Punier durch die Straßen jagte. Wenig später lag der Mann von Lehmziegeln und Stöcken zerschlagen ebenfalls in der Gosse, wo sich bald ein paar räudige Köter mit seinen Überresten vergnügten. Stadtwächter waren keine zur Stelle, denn die konnten auch nicht überall zugegen sein und als die ganze Schose über die Bühne war, konnte sich merkwürdigerweise auch niemand erinnern, je einen Aufruhr bemerkt zu haben. Die vermummte Gestalt jeodch hatte genug gesehen für heute und kehrte Rhakotis den Rücken, um in einer Opiumhöhle am Xenai Agorai zu verschwinden. Was für eine kranke Welt...