Beiträge von Thimótheos Bantotakis

    Zitat

    Pasiphaë
    Wenig später nahm ich an seiner Seite Platz. Gar nicht weit entfernt von einigen Gesichtern, deren dazugehörige Menschen ich seit meiner Ankunft bereits kennengelernt hatte und gerade rechtzeitig, um dem nächsten Beitrag sitzenderweise beizuwohnen. Er klang nicht schlecht und so fiel ich, meinen Nachbarn gleich, in Applaus ein, während ich zeitgleich eines meiner Ohren für Thimótheos Worte offen hielt.


    Die verschiedenen Künstler kommentierte der Strategos zunächst nicht weiter. Doch als er des Blickes seiner Freundin auf diesen Lycidas gewahr wurde, flüsterte er ihr ins Ohr. "Ein stattlicher Jüngling, hm? Ein Glück, dass er sich sein Brot mit solch kunstvollem Spiel verdienen kann und nicht auf die Vorzüge seines Antlitzes angewiesen ist." Er lehnte sich mit einem spöttischen Grinsen zurück und betrachtete den Jüngling mit der Lyra. Der würde sich gut machen in einer Reihe von Dienern und Assistenten, Schreiberlingen und Leibsklaven. Aber das waren nur entfernte Träume, die Thimótheos da vorschwebten.


    Zitat

    Nikolaos Kerykes
    Er ertrug es kaum. Er atmete deutlich hörbar ein. Die Leute mochten ihn für schwindsüchtig halten. Wenn sie ihn nur nicht für verrückt hielten-


    Thimótheos und Pasiphaë hatten also einen Platz schräg hinter dem Gymnasiarchos ergattert, den der Bantotake während des Auftritts dieses Lycidas beobachtete. Er schien merkwürdig erstarrt zu sein. Hatte er etwa zu viel seines guten Opiums zu sich genommen? Der Bantotake lächelte boshaft. Während seine Freundin dem Spiel lauschte, legte Thimótheos dem Keryken sanft die Hand auf die linke Schulter und beugte sich etwas vor. "Meinen Glückwunsch werter Epistates tou Mouseiou zu deinem Eintritt in dieses ehrbare Amt." Er ging absichtlich nicht auf das offensichtliche Unwohlsein des Keryken ein, denn er wollte ihn nicht öffentlich bloßstellen. Später würde er genug Zeit haben, ihn genüsslich auf diesen Umstand anzusprechen.

    Thimótheos hörte sich die Worte seines Gegenübers genauestens an und nickte leicht. Er spielte hier gerade mit der Zukunft seiner Familie, dessen musste er sich bewusst sein. Der Keryke war gut über die Bantotaken informiert, er schien seine Vögelchen nicht nur hier im Garten zu haben, die ihm Wissenswertes zuzwitscherten. Mit gerunzelter Stirn beobachtete Timos das aufschreckende Federvieh.


    "Um ehrlich zu sein: Der Gedanke des rhomäischen Clientels schwirrte mir bereits vor meiner Ankunft hier im Kopf herum. Mir läuft es nur allzu sehr meinem Stolz zuwider, mich unter jemandes Schutz zu stellen, es sei denn den meines Vaters, die Götter seien seiner Seele gnädig." Alles andere zu dieser Thematik ließ er unkommentiert, denn Nikolaos fuhr bereits fort und wollte nun lieber über andere Dinge sprechen. Das war dem Bantotaken nur recht, so hatte er mehr Zeit über den Vorschlag des Keryken nachzudenken und eine Entscheidung zu treffen.


    Allerdings kam sein Gegenüber nun auf Timos' Zukunft in der Politik zu sprechen. Und da erwischte er diesen eigentlich auf dem Falschen Fuß. "Laufbahn als...?!" Er überwand seine erste Überraschung und setzte schnell wieder eine souveräne Maske auf. Er trank einen Schluck Wein um Zeit zu schinden und antwortete dann in ebenso plauderhaftem Ton wie er es dem Keryken nachahmen konnte. Dass dieser ihn als Demagogen bezeichnet hatte ehrte ihn, doch er ließ es unkommentiert in seiner Selbstgefälligkeit. Wenn sich dieser Titel für ihn auch unter den anderen Prytanen etablierte, könnte er sein Ansehen bald auch unter der Bevölkerung stark mehren.
    "Ich habe über die Nachfolge des Eutheniarchos der aktuellen Amtszeit nachgedacht. Ich bin die Geschäfte des Strategos leid, um ehrlich zu sein, und möchte mich nicht weiter mit Kriminalität und dem Unbill der Straßen herumschlagen müssen. Ich weiß, dass mein Bruder das Amt des Kosmetes anstrebt, weshalb ich mich aus diesem heraushalten möchte. Stattdessen bliebe mir die Ehre des Exegetes offen, wenn ich so dreist spekulieren darf." Er lächelte schelmisch, denn er wusste wie hoch er offenbar bei seinem Gegenüber im Kurs stand. Wenn er jetzt die richtigen Wege für die Zukunft pflasterte, würde später einiges sehr viel geschmeidiger laufen. Womöglich konnte er die Iunia Urgulania ja sogar ablösen?
    "Doch bin ich unwissend ob der Absichten der anderen Prytanen, zum Beispiel des Cleonyums. Sollte ich wohl direkte Konkurrenz mit ihm anstreben? Womöglich kannst du mir in dieser Hinsicht Rat geben."

    Thimótheos war spät. Er hatte am Eingang einen Bekannten getroffen, der ihn vollgelabert hatte. Pasiphaë und seine Verwandten hatte er schon längst vorausgeschickt. Endlich konnte der Bantotake den Mann, einen Phönizischen Weihrauchhändler, abwimmeln. Als er das Odeion betrat, musste er sich erst einmal orientieren. Dort unten waren Ehrenplätze, von denen er als Strategos auch einen für sich beanspruchte. Dort saß auch Emília. Der Keryke war ebenfalls da, so wie etliche Römer, darunter auch Iunia Axilla. Penelope hatte er noch nicht entdeckt. Aber wo steckte eigentlich seine Jugendfreundin? Er schlenderte umher, begrüßte hier und dort Handlanger, Freunde, oder bekannte Bürger der Polis, dann fand er sie endlich auf einer der Steinstufen sitzend.
    Seinem Stand und Amt entsprechend war Thimótheos heute natürlich wieder ordentlich herausgeputzt. Schminke ließ seine Züge nicht ganz so abgekämpft erscheinen und teure Kleider betonten den vermeintlichen Reichtum seiner Familie. Huldvoll trat er also zur Dame seines Herzens hin und sprach diese hochgestochen und mit einer Prise seines Humors an.
    "Meine liebste Pasiphaë, es gebührt sich nicht für eine solch ehrbare Dame deiner holden Herkunft sich auf diesen Rängen des niederen Volkes aufzuhalten. Ich möchte dich doch aufs Freundlichste bitten, mich dort hinunter zu begleiten." Er deutete schwungvoll auf die Ehrenplätze vor der Bühne. "Es steht dir nur zu einen Platz neben meiner Person einzunehmen und das Schauspiel aus nächster Nähe zu genießen. Darf ich?" Timos hielt der hübschen jungen Frau seine Hand hin, um diese dann eleganterweise die Stufen hinabzuführen. Bei den Plätzen angelangt ließ er sich von einem Sklaven einen Platz anweisen und geleitete Pasiphaë zu diesem. Man hatte ihn in der Nähe des Gymnasiarchos platziert, wo auch die anderen Prytanen und ihre Schreiberlinge und natürlich auch die Preisrichter zugegen waren. Er grüßte die hohen Herrschaften und stellte seine Jugendfreundin denen vor, die sie am Tage zuvor noch nicht kennen gelernt hatten. Pasiphaë und Timos setzten sich - nebeneinander natürlich - und beobachteten noch eine Weile die hereinkommenden Gäste und ließen sich etwas zu trinken bringen. Doch auch heute war Timos merkwürdig ermattet. Er war nur hier aufgrund der Frau, die neben ihm saß und der er nun seine Aufmerksamkeit schenkte.
    "Hier unten sitzt es sich doch schon viel besser. Und man muss keine Angst haben, von einem Halsabschneider die Geldbörse entwendet zu bekommen, während man einem der Teilnehmer applaudiert." Das war zwar ernst gemeint, doch er kaschierte dies mit einem flüchtigen Lächeln in Pasiphaës Richtung.

    Hoi.
    War aus privaten Gründen eine ganze Zeit lang nicht da. Ich entschuldige mich bei allen, die vergebens auf mich gewartet haben. Ich verspreche in den nächsten Tagen alles Nötige wieder aufzuholen und mich wieder aktiver zu beteiligen.

    Timos hatte den Spielen bisher eher gleichgültig beigewohnt. Er hatte hier und da einen müden Kommentar an seine Freundin Pasiphaë gerichtet und der Unterhaltung der Prytanen gelauscht. Manche Wettkampfteilnehmer schlugen sich gut, manche weniger gut. Seinem Bruder drückte Timos natürlich besonders die Daumen. Seine gesamte Familie war mit Außnahme von Penelope ebenfalls im Publikum und feuerte Ánthimos an. Ja sogar der Keryke gab einige lobende, bewundernde Worte von sich, denen Timos aber keinen Glauben schenkte. Er wusste, dass Nikolaos und sein Bruder noch immer eine geheime Feindschaft führten, die wohl nur allzu bald wieder ans Licht kommen könnte und würde.
    Aber heute war kein Tag, um sich über so etwas Gedanken zu machen. Timos hatte keine Lust sich mit irgendetwas zu beschäftigen und fühlte sich merkwürdig schläfrig. Die Luft war heiß und stickig und Timos bestellte sich viel zu Trinken bei den umherlaufenden Hausierern.
    Dass Ánthimos beim Speerschleudern die Markierung übertrat und so einen ungültigen Versuch kassierte, quittierte Timos lediglich mit einem Stirnrunzeln und einem missbilligenden Grummeln.
    Er schaute Pasiphaë an und beachtete das Geschleime des Keryken nicht weiter. "Wie ungeschickt. Und dafür trainiert er täglich." Man merkte Timos nicht direkt an, dass er sich nicht ganz wohl fühlte, denn das versteckte er ganz gut hinter einer eingeübten Maskerade. Stattdessen spielte er den Hoffnungsvollen. "Na, im nächsten Anlauf wird er's sicherlich packen. An der Weite mangelt es ihm ja nicht."

    Timos wollte es nicht fassen. Konnte es nicht fassen. Ánthimos Wutanfall ließ ihn zusammenfahren. Wein schwappte aus seinem Becher auf den Tisch und machte seine Hand klebrig. Mit vor Schreck aufgerissenen Augen nahm Timos wahr, wie sein Bruder den Raum verließ. Wie in einem Traum hörte er Nikes und Emis Worte, wobei sich jeder Satz in seinem Gedächtnis einprägte. Als Emi in ihrer Rede geendet hatte, schüttelte der Strategos den Kopf und wurde wieder halbwegs klar. Er schaute verdattert von Nike zu Emi zu Penelope und zu Pasiphaë. Plötzlich keimte Zorn in ihm auf. Er fixierte Emi und presste hervor: "Ich danke dir...wir bereden das später..." Dann ballte er die Fäuste, saß einen Moment reglos da und atmete tief durch.
    In einem Augenblick der ungezügelten Wut holte Timos dann ruckartig aus und pfefferte seinen Weinkelch auf den Boden, stand abrupt auf und stampfte ebenfalls aus dem Raum, wobei er etliche Schmähungen auf die Frauen und seinen Bruder und den Gymnasiarchen und besonders auf die Frauen ausstieß, während er dann die Treppe hinaufstürmte und sich in seinen Raum begab.

    Dann endlich traf auch Thimótheos Bantotakis ein. Nicht, dass die Spiele seines Fehlens wegen nicht hätten beginnen können, doch er sah das womöglich etwas anders. Wie dem auch sei, nun betrat er das Gymnasion. Und er war nicht allein.
    Der Bantotake war ordentlich herausgeputzt. Er trug eine Scharlachrote Chlamys, wie es viele wohlhabende Griechen taten. In den Saum des Kleidungsstücks waren feine goldene Muster eingewoben. An den Armen des jungen Griechen klimperten silberne und vergoldete Armreife, auf denen sich die Sonne spiegelte. Kostbares Duftwasser verströmte von Thimótheos' Hals und Handgelenken ausgehend einen angenehmen Geruch. Die Gesichtszüge des Strategos wurden durch Kosmetika betont. Dunkle Ränder zogen sich um seine Lider, während die Wangen gebleicht worden waren. Selbst Thimótheos' Haare waren hergerichtet worden, indem man Talg zum formen der Frisur genutzt hatte. Nun standen seine Haare spritzig frisch in verschiedene Richtungen ab, was den jungen Mann noch jünger erscheinen lassen sollte. Wie alle Griechen war auch der Strategos dem hellenischen Jugendwahn verfallen.


    Wie gesagt: Der bantotakische Strategos Alexandrinos war nicht allein im Gymnasion erschienen. Neben ihm schritt, eingehakt, seine Freundin Pasiphaë. Anmutig wie eine Katze bewegte sie sich. Sie war neben seiner Familie Thimótheos ganzer Stolz. Seit sie nach Alexandria gekommen war, hatte er nicht mehr so häufig zum Opium gegriffen, war dem Wein nicht mehr so sehr zugetan und überwältigte den Stress der letzten Wochen mit einer eigentümlichen Hochstimmung, die aus dem Nichts zu stammen schien...sofern man kein guter Beobachter war. Denn wer genau hinsah, bemerkte gelegentliche Blicke des Bantotaken, die Pasiphaë fixierten. Es waren verliebte Blicke, das sah jeder, der sich ein paar Gedanken machte. Doch es machte sich praktisch niemand Gedanken - zum Glück.


    Das Pärchen schlenderte unter dem Säulengang des Gymnasions einher und schlängelte sich zwischen den Menschen hindurch. Hinter ihnen trabte der Ianitor Bantotakia Isokrates einher, der eine Tasche mit allerlei Annehmlichkeiten mit sich führte: Ein Fechel aus Pfauenfedern für die Dame, ein Döschen Opium für den Herrn, einige Datteln, ein Blechspiegel, bestickte Stofftaschentücher, eben alles was feine Herrschaften so brauchen konnten.
    Nicht lange und Thimótheos erkannte seine Amtskollegen. Dort waren der Gymnasiarchos Nikolaos, der Kosmetes Cleonymus, sein Bruder Ánthimos, außerm noch seine Cousine Emilía und ein Mann von dunkler Hautfarbe.


    Thimótheos und Pasiphaë traten zu der griechischen Oberschicht Alexandrias heran und begrüßten die Anwesenden mit respektierlichen Worten. Thimótheos verbeugte sich vor dem Gymnasiarchos, verneigte sich leicht vor Cleonymus, begrüßte seinen Bruder mit einem Lächeln - sie hatten sich heute natürlich schon gesehen - und umarmte Emilía liebevoll. "Chairete meine Damen und Herren, ehrenwerter Gymnasiarchos, mein lieber Kosmetes, Ánthimos, liebe Cousine." Dann deutete er auf seine Begleitung. "Für alle, die sie noch nicht kenne: Darf ich vorstellen? Pasiphaë, eine gute Freundin, die vor kurzem nach Alexandria kam und nun aufs äußerste auf die Leistungen unserer Sportler in diesem Wettkampf gespannt ist."


    Er schenkte seiner Jugendfreundin ein charmantes Lächeln und widmete sich nach kurzer Vorstellungsrunde dann dem dunkelhäutigen Mann, der da noch bei ihnen stand. "Meine Freunde, verratet mir doch bitte, mit wem ich es hier zu tun habe?!" Der Kleidung des Mannes nach zu urteilen kam er aus dem tiefsten Süden des Landes, vermutlich kannte Thimótheos nicht einmal den Namen seiner Heimat. Mit ihm schien er drei Sklaven oder Berater oder Ähnliches zu haben, die ebenfalls dunkelhäutig waren und im Kleidungsstil dem seinen ähnelten. Interessiert musterte Thimótheos den Fremden.

    "Für ihre Ahnen und ihre Nachfahren Ruhm erwirbt und vermehrt..." Die Worte des Gymnasiarchen erinnerten Timos an Penelopes Schwangerschaft und gleichzeitig daran, dass er noch immer ledig und Kinderlos war. Das würde er bald ändern müssen. Er erwiderte das Lächeln des Keryken, jedoch aus einem anderem Grund als dieser wohl annehmen würde. Er musste an Pasiphaë denken. Sollte er sie heiraten? Aber seine Gedanken drohten wieder abzuschweifen und so entgegnete er seinem Gegenüber zügig: "So ist es. Die Bantotaken werden ihren und den Ruhm der Polis mehren."


    Dann sprach der Gymnasiarchos Dinge an, die Thimótheos gleichzeitig überraschten und zum Teil sogar erschreckten. Dass der Keryke nicht unverwundbar war leuchtete ihm ein, doch dass er sich so bald aus der Politik zurückziehen wollte, damit hatte er wahrlich nicht gerechnet. Zugleich schmeichelte der Keryke ihm, indem er ihn als einen seiner Nachfolger in Alexandrias Politik bezeichnete. Interessiert ließ der junge Bantotake seinen Gastgeber erzählen, während er noch etwas Obst nahm.
    Nikolaos wollte offenbar einen Bund zwischen den mächtigsten Männern (und Frauen) der Stadt schaffen, der die Ordnung der Polis und die Kontrolle über die Politik in die Hand nahm, um sowohl Frieden zwischen Rhomäern und der Bevölkerung der Stadt zu schaffen und gleichzeitig ihre Macht zur Mehrung ihres Ruhmes und Wohlstandes einzusetzen - zumindest interpretierte Thimótheos das in die Worte seines Gegenübers hinein.


    "Es würde mich mit Freude und Stolz erfüllen, dich einen Freund der Familie nennen zu dürfen. Ein Bündnis unserer Familien sollte nicht nur politischen Zwecken dienen, sondern auch einen Bund für die Ewigkeit bilden. Du kannst sichergehen, dass die Bantotaken zu ihrem Wort stehen. Ich habe Prinzipien und meine Ehrgefühl verbietet mir überdies mein Wort zu brechen. Wer wäre ich, würde ich meine Freunde verraten?" Etwas gedämpfter fuhr er fort: "Rhomäer mögen ihre Verbündeten des Profits oder der Machtgier wegen hintergehen, doch solch erbärmliche Sitten kann ich nur verurteilen."


    Nikolaos hatte Thimótheos nämlich keineswegs er- oder abgeschreckt. Der junge Strategos lächelte düster und beugte sich etwas vor. Seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern, doch seine Worte waren deutlich zu vernehmen. [size=11]"Nikolaos Kerykes, unterschätz mich nicht. Ich weiß, dass du gerissen und intelligent bist und deine Macht einzusetzen weißt. Doch ohne respektlos klingen zu wollen: Meine Brüder und ich sind nicht minder fähig, ihre Kenntnisse und ihr Wissen zu ihrem Vorteil einzusetzen. Ich werde mich mit meiner Familie beraten, was deine Schutzherrschaft angeht. Dahingehend kann ich dir jedoch keinerlei Versprechungen machen. Soviel sei dir jedoch versichert: Was wir auch entscheiden, es soll nicht zu deinem Nachteil sein."
    Thimótheos lehnte sich wieder zurück und trank einen Schluck Wein, als hätte er gerade seine Meinung über das kürzlich aufgeführte Theaterstück kundgetan, während er einen amüsierten Blick hinüber zu den Vögeln warf, die immer noch in ihrer Nähe herumhüpften.

    Während Timos Emilías Worten lauschte, keimte eine Idee in seinem Kopf. Eine geradezu brilliante Idee. Sein Blick wurde glasig, als er in die Ferne starrte, während seine Gedanken abschweiften und etliche Möglichkeiten abwägten. Er könnte...womöglich...ja, das ginge! Mit einem Mal war er wieder mit voller Aufmerksamkeit dabei.
    "Verknüpfen! Das ist das Stichwort!" Er blickte in die Runde, Begeisterung ließ seine Augen aufblitzen. "Ich denke wir sollten eine Verbingung mit der Familie der Keryken herstellen..."
    Er dehnte seine letzten Worte und jeder, der etwas Verstand besaß, musste erahnen, was er vorhatte. Einen ewiglangen Moment verharrte er in Stille, dann brach es aus ihm hervor: "Leute, Nikolaos Kerykes wird den Bund der Ehe eingehen! Mit einer Bantotakin!" Sein Blick blieb auf Emilía hängen. Er sah sie eindringlich an und erklärte dann mit ruhiger, fester, und in gewisser weise befehlsgewohnter Stimme: "Emilía, du solltest Nikolaos ehelichen." Eine kurze Pause gab der Familie Zeit zum Nachdenken, besonders Ánthimos wollte er überzeugt wissen, da er mit dem Gymnasiarchen seit jeher nicht sehr gut stand. "Nikolaos hat gute Verbindungen sowohl zu Rhomäern, als auch Griechen und Makedonen. Er ist wohlhabend, besitzt ein Haus in der Basileia, ist äußerst gebildet, großzügig und ein hervorragender Politiker. Ich denke, wir sollten die Gelegenheit nutzen ihn uns zum Verbündeten zu machen." Timos sah seinem Bruder nun direkt in die Augen. "Er hat sogar angeboten, den Streit mit dir beizulegen, Ánthimos. Ich denke das kann man ihm nur zugute halten. Was meinst du?" In seiner typisch griechisch-konservativen Art in Bezug auf Frauen hatte er nicht Emilía selbst, sondern seinen Bruder gefragt, was er von der ganzen Sache hielt. Timos hielt es für die beste Möglichkeit, die sich ihnen gerade bot. Emilía war jung, schön, erhielt im Gymnasion die beste Bildung die man in der hellenischen Welt erlangen konnte und war zudem selbstbewusst genug um den Gymnasiarchen den Wünschen der Bantotaken entsprechend zu beeinflussen. Berenike dagegen war bereits unglücklich verheiratet gewesen und Timos wollte ihr momentan nichts zumuten, was ihr Gemüt zu sehr belasten konnte. Zumal ihre Tochter immer noch vermisst wurde. Und Pasiphaë...Timos warf ihr einen Blick zu. Sie beobachtete aufmerksam. Als sich ihre Blicke kreuzten musste er lächeln, bevor er sich wieder seinem Bruder zuwandte.

    Timos hörte sich die Argumente seiner Familie an und nickte bedächtig. Sein Bruder machte ihn nachdenklich. Er hatte lange abgewägt, was für ihn wichtiger war, der Schutz des Keryken, oder die Unabhängigkeit der Familie. Jetzt kamen die Zweifel wieder auf, die Timos vor kurzem erst erfolgreich beiseite geschoben hatte. "Ihr habt recht, wenn ihr sagt, dass wir Bantotaken eine starke Familie sind, die niemanden fürchten muss. Natürlich haben wir auch viele Freunde, besonders auch unter den Rhomäern, was uns einige Vorteile bringen kann, wenn die Lage weiterhin angespannt bleibt." Er wollte noch etwas hinzusetzen, stockte jedoch und überlegte weiter. Dann setzte er erneut an: "Ich denke...nun...ihr wollt Nikolaos nicht als Schutzherrn. Ich eigentlich auch nicht. Es wäre vermutlich sinnvoller..." Wieder eine Pause. Plötzlich war die Sicherheit, die Timos sonst so häufig an den Tag legte, nicht mehr so stark. "Ich würde mir den Keryken als Partner wünschen...aber wäre es anmaßend, sich mit dem Gymnasiarchos auf eine Stufe zu stellen? Immerhin hat er wirklich große Macht und wir sind nur eine neureiche Bürgerfamilie." Und mit einem leichten Schmunzeln fügte er noch hinzu: "Wenn auch eine ehrgeizige und zügig reicher werdende neureiche Familie."

    Sim-Off:

    So. Entschuldigt meine lange und unagekündigte Abwesenheit. Damit das hier endlich mal weitergeht, verkürze ich das Essen ein bisschen und komme zum eigentlichen Punkt.
    Und ja, ich werfe jetzt einige Zeitebenen in einen Topf. ;)


    Timos nickte ernst und registrierte die unterschiedlichen Reaktionen der Familie. "Ilías reist in wenigen Tagen bereits ab." beantwortete er Emilías Frage. Ein paar Augenblicke herrschte betretenes Schweigen, während Timos eine Olive nahm und in Gedanken darauf herumkaute. Irgendwann riss er sich aus seinen Überlegungen los und schaute auf.


    "Wie dem auch sei. Es gibt noch andere Dinge zu besprechen." Er überlegte kurz, ober er die Frauen hinausschicken sollte, denn das nächste Thema war politischer Natur und war für gewöhnlich den Männern überlassen. Da ihre Familie aber ohnehin etwas ungewöhnlich war, entschied er sich die Damen da zu behalten.
    "Wie ihr wisst gab es in Alexandria einige beunruhigende Vorfälle und Auseinandersetzungen zwischen Pöbel und Römern. Derweil ist unsere Familie außerdem in raschem Tempo aus den niederen Reihen des griechischen Bürgertums aufgestiegen. Ánthimos und ich sind angesehene Männer in der Ekklesia und auch im Museion sind Penelope und ihr Gatte wohl bekannt und geschätzt. Das bringt allerdings auch Neider auf den Plan."
    Er machte eine Pause und trank einen Schluck Wein.
    "Nun, vor zwei Tagen lud mich der Gymnasiarchos Kerykes in sein Haus ein - was mich sehr ehrte - um mir ein Angebot zu unterbreiten: Er bietet uns seinen Schutz an. Schutz vor politischen Konkurrenten, Schutz vor Gefahren durch etwaige Ärgernisse das Verhältnis zwischen Rhomäern und Griechen betreffend und auch seine Gunst in politischen Angelegenheiten.
    Ich halte dieses Angebot für überaus großzügig und würde ihm gerne zustimmen."

    Wieder eine kurze Pause und ein Rundumblick in die Gesichter.
    "Ich habe mir nun die Frage gestellt, ob ich eine Entscheidung in dieser Sache über eure Köpfe hinweg in Erwägung ziehen konnte, bin jedoch zum Schluss gekommen, dass ihr durchaus über die Entwicklungen informiert sein solltet. Deshalb möchte ich nun gerne von euch wissen: Seid ihr damit einverstanden, dass die Familie sich unter den Schutz des mächtigsten Griechen Alexandrias stellt?"

    Gemeinsam mit seinem Bruder Ánthimos betraten der junge Strategos den Tempel der Tyche. Sein Bruder hatte zuvor ein ernstes Gesicht gemacht und gesagt, dass es heute um wichtige Angelegenheiten ginge. Thimótheos hatte sich unbeeindruckt gezeigt und setzte sich nun mit erwartungsvollem Blick in die Runde. Was ging hier vor?

    Zitat

    Original von Marcus Achilleos
    Das Zeichen der Soldaten war eindeutig. Also ging ich auf die Legionäre zu. In angemessenem Abstand, so dass sie mich nicht aus Versehen für eine Gefahr halten würden, blieb ich stehen.
    "Salve. Ich würde dann gerne mal einen Offizier sprechen."


    Zitat

    Original von Quintus Fabius Vibulanus
    >Name, Dienstrang und deine Befehle. Und danach möchte ich wiesen wie es bei allen guten Göttern dazu gekommen ist.<


    sagte er und zeigte auf die vielen Verwundeten und Toten, die gerade noch überall herumlagen und Hilfe von anderen Alexandrinern oder den Soldaten warteten und hofften. Erst da bemerkte er, dass die Nautae anscheinend einen Gefangenen hatten und Lartius entschloss sich gleich nach ihm zu fragen, falls der Marineoffizier nicht selbst darauf zu sprechen kommen würde.


    Die Stadtwache traf kurz nach Ende des Getümmels ein. Es war eine Patrouille von zwanzig sonnengebräunten Männern mit hellenischem Rüstzeug, das gerade einmal aus ledernen Wämsen und Knüppeln sowie hölzernen Speeren bestand. Der kleine Trupp kam geradewegs vom Tor der Basileia und hatte nur eine kurze Verschnaufpause gehabt. Der Patrouille voran schritt jedoch nicht etwa der Strategos höchstselbst, sondern einer seiner höheren Offiziere, der ägyptische Muskelprotz Ptahshepses.


    Der Offizier der Stadtwache hatte nicht den intelligentesten Gesichtsausdruck, dennoch war er weitaus gerissener, als man vermuten würde. Er hatte strikte befehle seines Vorgesetzten erhalten und würde diese nun genauestens umsetzen. Das erste was er tat, war sich den ranghöchsten rhomäischen Offizier aus der Menge herauszupicken und diesen aufzusuchen. Er baute sich seitlich von Plinius Lartius auf und salutierte so zackig wie möglich. Die Leichen, die nicht weit von ihnen auf den Kai lagen erfüllten Ptahshepses mit Abscheu und Verachtung, doch kannte er nicht den genauen Hergang des Geschehens und wollte sich noch kein Urteil erlauben. Es gab eine Pause im Gespräch zwischen dem Tribun und dem Offizier, mit dem er offenbar redete, die der Ägypter nutzte um selbst das Wort zu ergreifen.


    "Ptahshepses, Offizierr derr Stadtwache Alexandrrias meldet sich zurr Unterrstützung. Derr Strrategos entsendet mich mit Dank fürr dein schnelles Eingrreifen und bittet darrum, sowohl die Leichen zu berrgen, als auch Verrwundete zu verrarrzten. Weiterre Verrstärrkung ist zu diesem Zweck berreits auf dem Weg hierrherr, so dass die Legion sich bald wichtigerren Dingen zuwenden kann." Kurrz sah er sich um und schlug dann einen etwas weniger zackigen Ton an. "...aberr wie ich sehe, sind eurre Medici und Capsarii berreits am Werrk, vielen Dank noch einmal. Derr Strrategos errbittet außerrdem die Überrgabe jeglicherr in höchstem Maße verrdächtigen oder womöglich bewiesenerrmaßen schuldigen Perrsonen an die Stadtwache, um sie zeitweilig im Carrcerr derr Stadtwache inhaftierren zu können, wo sie einem späterren Urrteil der rhomäischen Gerrichtsbarrkeit unterrliegen werrden."
    Ob seine Aussagen so stimmten war eine Sache, ob sie Wirkung zeigten die andere. Hoffentlich hatten die Worte des ägyptischen Offiziers genau die Wirkung erzielt, die der Strategos sich erhoffte.


    Ptahshepses' Blick fiel auf einen Mann, der noch von einigen Legionären umzingelt wurde. Er hatte seltsame fremdländische Kleider am Leib, trug seine Haare lang und einen geflegten Bart. Seine Erscheinung wäre dem ägyptischen Offizier sicherlich edel vorgekommen, wäre dieser Mann nicht von oben bis unten über und über mit Blut beschmiert gewesen. Ptahshepses schüttelte sich vor Grauen. Diesem Kerl mussten Dämonen innewohnen.

    "Welcher Hornochse hat den Brüllaffen ins Haus ge...ach Ánthimos, du bist das." Seinen Unmut über die Ruhestörung - Timos hatte gerade im Garten gestanden und über die aktuellen Ereignisse und wichtige Entscheidungen sinniert - tauschte er gegen ein breites Grinsen. Er klopfte dem Bruder auf den Oberarm und deutete eine Verneigung an, die seiner Cousine galt. Dann entdeckte er die dritte Person im Bunde. Es war eine Frau, die eine ägyptische Erscheinung darbot und nicht sonderlich wohlhabend aussah. Vorsichtig wandte der Hausherr sich an seinen Bruder, ohne jedoch den Blick von der Frau zu lassen. "Und wen darf ich hier Neues in unserem Haus begrüßen, wenn ich fragen darf?"

    Sim-Off:

    So. Entschuldigt das lange Warten. Jetzt bin ich wieder für euch da.


    Zitat

    Original von Cleonymus
    [...]


    Galaktíon erkannte den ehemaligen Strategos und amtierenden Kosmetes sofort und nickte nur kurz, dann meldete er ihn dem Strategos Bantotakis. Cleonymus wurde augenblicklich zu Thimótheos durchgewunken und von diesem freundlich begrüßt. Er bekam einen Platz angeboten und etwas verdünnten Wein. Da Cleonymus' Miene jedoch nicht zu sehr auf die Bereitschaft zu lockerem Plaudern schließen ließ, kam Thimótheos schnell aufs Wesentliche zu sprechen.
    "Sag, was führt dich zu mir, mein Freund? Hast du Neuigkeiten für mich?"


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    Sim-Off:

    Man bedenke hierbei, dass zwischen Cleonymus' Besuch und der Meldung des Soldaten mindestens eine Woche Zeit liegt.


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    Zitat

    Original von Quintus Fabius Vibulanus
    [...]


    Der Legionarius, der schweißüberströmt die Arché des Strategos beziehungsweise das Vorzimmer mit dem Schreiberling Galaktíon betrat, machte Meldung und bat in ungewohnt höflichem, aber bestimmten Ton um das Erscheinen des Strategos. Galaktíon schaute erst ungläubig drein, rappelte sich dann jedoch auf und erwiderte: "Geht in Ordnung, ich sage dem Strategos bescheid. Vielen dank." Plötzlich ganz nervös geworden, stand der Schreiber hastig auf und überlegte, was zu tun war. Der Strategos Thimótheos war vermutlich noch am Tor zu Basileia beschäftigt und nicht in der Agora anzutreffen. Galaktíon würde einen Stadtwächter schicken müssen. Er rannte hinaus in den Schatten des Säulenganges, der die Arbeitsräume der Prytanen umgab und suchte sich zwei Stadtwächter, die bisher das Glück gehabt hatten, nicht in Prügeleien und Patrouillen eingesetzt worden zu sein. Dem einen befahl er, schleunigst den Strategos über die neuesten Ereignisse zu informieren. Den anderen schickte er, den Gymnasiarchos zu suchen. Womöglich wäre er in der Nähe des Strategos, doch das wusste man ja nie, und die neuesten Informationen interessierten diesen gewiß ebenso wie den Bantotaken.

    Thimótheos beobachtete die Vögel im Peristylon ebenso aufmerksam wie die Mimik des Keryken. Seine Gedanken schienen schnell zu springen, wandte er sich doch zwischenzeitlich einem Ibis zu, der überraschend nahe zu ihnen herankam. Doch der Eindruck trügte, war Nikolaos im nächsten Moment doch wieder voll bei der Sache. Seine Argumente überzeugten den Bantotaken, doch ließ er sich das nicht sofort anmerken. Nikolaos als Schutzherrn zu haben wäre eine gute Möglichkeit, die Geschicke der Bantotaken aus einer sicheren Position heraus zu lenken. Thimótheos bediente sich noch einmal beim Naschteller und spülte die süßen Gaumenfreuden mit dem erfrischenden Wein herunter.


    "Als Strategos ist es gleichwohl meine Pflicht, nicht nur für den Schutz der meinen, sondern auch für den Schutz sämtlicher Polites zu sorgen." Dass er mit dieser Aussage jene Bewohner Alexandrias ohne erlangte Ephebia ausschloß, musste jedem klugen Kopf auffallen. Thimótheos jedoch sprach weiter, als sei das selbstverständlich. "Darum frage ich dich: Wie kann ich mich dir gegenüber erkenntlich zeigen, sollten die Bantotaken sich unter deinen Schutz stellen? Ich weiß, dass wir nicht die bedeutendste Familie Alexandrias sind, doch bringen unser schneller Aufstieg und unser zügig erworbener Wohlstand bereits Neider auf den Plan. Ich persönlich würde dich gern meinen mächtigen Verbündeten und gleichsam schützenden Ratgeber nennen dürfen, doch nicht ohne dir eine Gegenleistung erbringen zu können."


    Thimótheos hoffte, dass er nicht zu voreilig oder gar dreist erschien, denn die Bantotaken waren durchaus kein allzu hell leuchtender Stern am Himmel Alexandrias, so wie es einige Leute darzustellen versuchten...zumindest waren sie das noch nicht.

    Während des ganzen Wortgefechts blieb Timos fast das Herz stehen. Er hielt stellenweise den Atem an und senkte den Blick, als der Gymnasiarchos das ebenfalls tat. Verstohlen blinzelte er dann vom Keryken zum Satrapen und erwartete das Ende des Wutausbruchs. Ein Glück, sie wurden nicht gekreuzigt. Zusammen mit den anderen verließ Timos eilig die Aula Regia und versuchte die fielen Eindrücke zu verarbeiten. Der Satrap hatte Anzeichen von Entscheidungsschwierigkeiten gezeigt und seine Zweifel an Nikolaos' Anschuldigungen schienen auch nicht so klar zu sein wie er vorgab. Mit einem nachdenklichen Schmunzeln schritt Timos die Stufen herunter, über die man die Regia verließ.

    "Etwas zu feiern und einiges zu besprechen..." antwortete Timos mit gemischten Gefühlen auf Ánthimos' Frage. Er begrüßte die Bantotaken, die der Reihe nach eintrudelten und schenkte dann Pasiphaë ein Lächeln, als sie eintrat und Platz nahm.
    Es wurde etwas Wein für die Götter vergossen, dann wurden die Becher auf die Familie erhoben. Das Essen begann und man tat sich gütlich an dem leckeren Ziegenfleisch und den frischen Beilagen. Es wurde ein getratscht und die Männer unterhielten sich über ihren Arbeitstag, während die Frauen über dies und jenes redeten. Als das Essen schon etwas vortgeschritten war, ergriff Timos das Wort, denn er hatte einiges loszuwerden.


    "Da wir nun alle versammelt sind, lasst mich kurz ein paar Dinge loswerden. Zunächst einmal möchte ich noch einmal ganz herzlich und offiziell unsere Cousinen Berenike und Emilía begrüßen." Er wusste nicht so recht, ob seine Freundin und die beide Cousinen sich bereits bekannt gemacht hatten, weshalb er das hier einfach nochmal tat. "Die beiden werden erst einmal auf unbestimmte Zeit bei uns wohnen bleiben, was mich mit Freude erfüllt und ich hoffe, dass ihr beiden Ehrgeiz in eurer Ausbildung zeigt und sowohl mich, als auch eure Eltern im fernen Syrien stolz machen werdet." Er schenkte den beiden ein aufmunterndes Lächeln und wandte sich dann an Pasiphaë. "Gleiches gilt für meine liebe Freundin Pasiphaë. Sie ist frisch aus Memphis angereist und wird ebenfalls Quartier in der Megaro beziehen. Sie ist eine gute Freundin aus meiner Jugendzeit und ich bin mir sicher, dass ihr euch alle gut miteinander verstehen werdet." Auch ihr lächelte er aufmunternd zu. Dass sie mehr als nur eine gute Freundin aus alten Zeiten war, wussten die anderen zum Glück ja nicht und Timos würde das auch erstmal so belassen.


    "Nun, das waren die fröhlichen Neuigkeiten, die euch ja ohnehin schon bekannt waren. Ich möchte nun etwas loswerden, was unseren jüngsten Hausbewohner betrifft." Er warf Ilías einen ernsten Blick zu und trank noch einen Schluck verdünnten Weins. "Ilías wird verreisen, und zwar nach Corinth. Er wird dort bei meinem Onkel Fílippos unterkommen und eine vernünftige Erziehung genießen, sowie auf eigenen Beinen zu stehen lernen." Berenike, Emilía und Pasiphaë hatten keinen Schimmer weshalb diese Maßnahmen notwendig waren, deshalb erläuterte Timos dies noch einmal kurz. "Ilías hat leider einige Fehltritte begangen, die mich schwer enttäuscht haben, weshalb ich mich zu dieser Maßnahme gezwungen sehe. Pech für ihn, Glück für euch Damen." Timos deutete auf Berenike und Emilía. "Das bisschen Geld, das er hat, überlässt Ilías euch beiden. Es wird aufgeteilt und ihr könnt damit euer Glück versuchen." Es machte Timos traurig, so verfahren zu müssen, doch er hatte keine Wahl. Er räusperte sich leicht und trank dann wieder etwas Wein, um die Reaktion seiner Familie abzuwarten. Ánthimos wusste bereits von Ilías' Abreise, doch da war er auch der einzige.

    Zitat

    Original von Nikolaos
    Siehe hier.


    Entsetzlich! Was musste Thimótheos da nur mit ansehen? Axilla durfte das Tor passieren, doch Nikolaos? Der Gymnasiarchos schien den Verstand verloren zu haben, denn er marschierte geradewegs in die aufgebrachte Meute hinein! Stadtwächter, Sklaven und Leibwachen waren bei ihm, doch konnten sie nicht die Erniedrigung, die unglaubliche Demütigung verhindern, die der Keryke erleiden musste. Thimótheos traute seinen Augen nicht.


    Nikolaos schaffte es nach einigen Augenblicken zurück hinter die Linie der Stadtwächter. Sein Anblick war geradezu schauerhaft, seine kostbare Kleidung zerfetzt, sein Körper geschunden, die Schminke im Gesicht von Exkrementen und Schmutz verschmiert, seine Frisur zerstört, doch in seinem Blick lag eine gewisse Genugtuung, die Thimótheos einen Schauer über den Rücken laufen ließen. Seine Worte drückten eine gespielte Verzweiflung aus, die der Strategos mit einem verstehenden Nicken quittierte. "Ich mache dem hier ein Ende," waren seine knappen Worte, die ebenfalls Laut erklangen. "Pass auf dich auf, Gymnasiarchos, die Stadt braucht dich in einem Stück!" Fügte er noch leise hinzu, dann marschierte er ebenfalls schnurstracks auf die Stadtwache zu, um lautstark Befehle zu erteilen.


    Cleonymus war bereits in voller Fahrt, als die Stadtwächter in geschlossener Formation - wenn man den halbwegs geraden Schildwall denn so nennen konnte - auf den Mob zumarschierte. Die Männer der Stadtwache waren mit langen Schlagstöcken und dicken Knüppeln bewaffnet. Timos hatte sich ebenfalls einen Schlagstock geben lassen und trieb seine Männer jetzt gröhlend an.
    "Macht sie nieder! Treibt das Pack auseinander! Für Alexandria!"
    Mit voller Härte gingen die Männer des Strategos gegen den Pöbel vor. Die Menge wurde mit aller Gewalt zuzsammengeschlagen, keine Rücksicht wurde genommen und man kannte kein Erbarmen. Etliche arme Schlucker blieben verwundet oder tot im Staub liegen, viele andere wurden zusammengetrieben und verhaftet, um zum Carcer der Stadt geführt zu werden. Mehrere vermeintliche Anführer des Mobs wurden von den Stadtwächtern zur Seite geschleift, verprügelt und in Ketten gelegt. Kreischend und jammernd wich die Menge zurück und verteilte sich in Nebenstraßen und Gassen, um der Gewalt der Polizeikräfte zu entgehen. Es war ein blutiger Tag für Alexandria, doch letzten Endes konnte ein Aufstand verhindert werden.


    Der Strategos Thimótheos Bantotakis gab Anweisung die Patrouillen um das Dreifache verstärken zu lassen und kehrte dann zurück zum Platz vor dem Tor der Basileia. Mit grimmigem Gesicht schaute er sich um. Dort am Tor standen die Legionarii, die dieses immer noch verschlossen hielten. Am Straßenrand saßen oder lagen wimmernde Gestalten, die der Reihe nach von Stadtwächtern abgeführt oder fortgeschickt wurden. Verwundete Stadtwächter ließen sich verarzten, während sich bereits Truppen zur Patrouille neubildeten und ausschwärmten. Doch wo war der Gymnasiarchos? Hatte er sich in Sicherheit gebracht? Und Cleonymus? Ihn hatte Timos im Getümmel ebenfalls aus den Augen verloren. Müde klopfte der junge Bantotake Staub von seiner zerknitterten und verdreckten Chlamys - er hatte sich ohne jegliche Lederrüstung oder ähnliche Panzerung direkt von der Agora hierher begeben - und wischte sich Schweiß, Dreck und Blut aus dem Gesicht. Was für ein Tag...