Beiträge von Nuala

    Nuala packte Corvinus bei den Schultern und stütze ihn, während Siv ihm den Aufguss einzuflößen begann. Von der Flüssigkeit ging einiges daneben, aber als etwas von dem Aufguss auch in den Mund des Römers gelangte, begann der zu schlucken. Er brauchte die Flüssigkeit, nachdem er so viel geschwitzt hatte und immer noch schwitzte.


    Die Germanin konnte Ursus davon überzeugen, dass es besser war, bis morgen mit dem medicus zu warten, wenn das überhaupt notwendig war. Ob es notwendig werden würde, zeigte sich in den nächsten Stunden.
    Als der Aurelier sah, dass alles mögliche für seinen Onkel getan wurde, verließ er Corviuns cubiculum, um den Göttern zu opfern. Bevor er das tat, versicherte er Siv, dass er ihr und ihrem Heilkundewissen vertraute.


    Nuala hatte nicht viel Zeit, dem Aurelier hinterher zu schauen. Sie hatte ihre Mühe, Corvinus zu halten. Als der Aufguss langsam zur Neige ging, ließ sie ihn sachte wieder auf sein Bett gleiten. Nun gab es im Augenblick nicht mehr viel zu tun, als zu warten und zu beobachten, bis die nächsten Wadenwickel wieder gewechselt werden mussten oder die heißen Steine entfernt werden mussten.
    Nuala atmete tief durch und blickte forschend in das Gesicht der Germanin, sagte aber nichts. Sie verstand,was in ihr vorgehen musste und eswar ihrer Meinung nach falsch, ihr gut zureden zu wollen. Siv wusste selbst genau, wie es um Corvinus stand. Beinnahe beneidete sie die Germanin sogar dafür, dass sie jemanden hatte, der ihr soviel bedeutete.
    Nach einer Weile spürte sie die Müdigkeit in sich hochkommen. Sie sah, dass sie im Augenblick nichts mehr tun konnte. Außerdem wollte sie noch einmal nach Orestes schauen. "Ruf mich einfach, wenn du mich wieder brauchst.", sagte sie der Germanin und verließ das Zimmer.

    "Wadenwickel meint sie.", ergänzte sie, als Siv das lateinische Wort nicht einfiel.
    Nuala war sich nicht schlüssig, ob unbedingt ein medicus her musste, oder ob sie es nicht auch alleine schaffen konnten. Im Grunde konnte der aber auch nichts anderes machen, als das, was Siv und sie schon taten. Aber das hatte nicht sie zu entscheiden und deshalb erwiderte sie nichts auf Ursus´ Worte. Sie hatten sowieso alle Hände voll zu tun. Da blieb wenig Zeit, um sich um diese Fragen Gedanken zu machen.
    "Wir sollten versuchen, ihm etwas Flüssigkeit einzuflößen. Er muss viel trinken, wenn möglich. Der Aufguss müsste jetzt so weit sein! Ich richte ihn auf und du versuchst ihm den Aufguss einzuflößen. Einverstanden?", meinte sie zu Siv, nachdem sie den Wadenwickeln soweit waren. Sie überließ ihr gerne die weniger körperlich anstrengende Arbeit, weil sie ja um Sivs Schwangerschaft wusste. Unbewusst war sie wieder ins germanische gewechselt, so wie sie es immer tat, wenn sie sich mit Siv oder einem anderen germanischen Sklaven unterhielt.
    Nuala hatte vollstes Verständnis für Ursus´ Sorge, die einfach daraus resultierte, etwas Hilfreiches beitragen zu wollen. Schließlich sah sie zu ihm auf. "Im Moment sieht es ganz danach aus, als sei es "nur" Fiber, das wir in den Griff bekommen können. Oder was meinst du Siv?"

    Ein wenig Zeit fand sich schließlich, das beginnende Opfer zu beobachten. Nuala hatte bisher nur selten an Ereignissen wie diesem teilgenommen. Auch kannte sie sich mit dem Opferritus nicht besonders gut aus. In Germanien war sie einmal bei einer Opferzeremonie dabei gewesen. Aber das war schon so lange her, sie konnte sich kaum noch daran erinnern. Eine echte Beziehung zu den Göttern hatte sie nie aufbauen können, denn niemals hatte sie jemand an die Hand genommen und ihr die Zusammenhänge erklärt. Manches mal schon hatte sie sich im Stillen gefragt, zu welchen Göttern ihre Eltern gebetet hatten. Doch eine Antwort hatte sie darauf niemals finden können. Das Fehlen dieser Identität hatte ihr besonders früher zu schaffen gemacht, dann wenn ein junger Mensch beginnt, über sich und die Welt nachzudenken, wenn er hinterfragt und seinen eigenen kleinen Kosmos entdeckt. Im Laufe der Jahre hatte sie akzeptieren müssen, dass es so war, wie es war und sich nichts daran ändern würde, was auch geschah. Die Zeit und die Veränderungen in ihrem Leben hatten sie abstumpfen lassen.


    Die Tatsache, dass Siv plötzlich neben ihr stand, hatte sie erst im Nachhinein bemerkt. Auch den leisen germanischen Gruß hatte sie erst realisiert, als es schon zu spät war und die Germanin sich schon der Opferhandlung widmete. Mit etwas Glück fand sich später noch etwas Zeit um einige Worte zu wechseln. Im Augenblick wäre eine Unterhaltung eh unpassend gewesen, da man die Umstehenden zur Ruhe aufgefordert hatte.


    Die Zeremonie nahm ihren Lauf. Dem blutigen Opfer folgte der Eheschwur des Brautpaares, dem Nuala noch zuhörte. Danach wurde es unruhig. Der Bräutigam lud alle Gäste ein, auf das Schiff zu gehen. Das hieß auch für Nuala, sich bereit machen. Es gab heute noch allerhand viel zu tun.

    Nuala wartete nicht lange und ging an die Arbeit. Der Bezug der Decke hatte sich voll mit Schweiß des Römers gesogen. Wie Siv schon gesagt hatte, er war klitschnass.
    Die Arbeit ging ihr schnell von der Hand. Betten beziehen, Betten machen waren Tätigkeiten, die zu ihren täglichen Aufgaben gehörten. Während sie damit begann, den frischen Bezug über die Decke zu stülpen, sah sie abwechselnd zu Siv und Corvinus. Das Fieber wütete stark in seinem Körper, so stark, dass er auf nichts reagierte, was um ihn herum geschah.
    Nach kurzer Zeit war das Bett wieder frisch gemacht. Nuala warf die schmutzige Wäsche auf einen Haufen. Später, wenn sie hier fertig war und sie wieder ging, wollte sie die Wäsche mitnehmen. Jetzt galt es aber zuerst alles nötige zu tun, um den Kranken zu versorgen. Niki hatte einen Aufguss gebracht und ein Krug mit kaltem Wasser. Es war jetzt wichtig, das Fieber zu senken. Das erreichte man am besten Mit Wadenwickeln.
    "Gut! So machen wir es!" Nuala nahm sich einige Tücher und benässte es mit dem kalten Wasser. Bevor sie es um die Waden des Römers schlang, wrang sie es aus.
    Sie war dabei so vertieft, dass sie von Ursus´ Eintreffen wenig bemerkte. Erst seine Frage ließ sie aufblicken. "Wir müssen versuchen das Fieber zu senken. Wenn uns das gelingt, dann sieht es gut aus!"Nuala packte noch den fehlenden anderen Wickel um die Wade. Jetzt noch die Decke und den Aufguss und dann hieß es abwarten und hoffen.
    Sie wusste um Siv´s Sorge, auch wenn die Germanin ihre wahren Gefühle verbergen wollte, spürte sie was in ihr vorging. "Er wird es schon schaffen, glaube mir!", sagte sie auf germanisch, um ihr wieder Hoffnung zu geben.

    Nualas Tag hatte schon früh begonnen. Mit einigen anderen Sklaven war sie am frühen Morgen in Ostia angekommen. Wie alle aurelischen Sklaven, war auch sie mit einer besonderen Tunika bedacht worden. Rot und Gold war sie, genauso wie auch das Schiff, auf dem die Feier stattfinden sollte, ausgestattet worden war.
    Die Vorbereitungsarbeiten hatten bis kurz bevor die ersten Gäste gekommen waren, angedauert. Jetzt hatte sie sich um die Gäste zu kümmern, indem sie sie mit Getränken versorgte. Schon bald hatte sie alle Hände voll zu tun. Nur durch Zufall konnte sie in einen freien Moment einen Blick auf ihren Herrn erhaschen, der damit beschäftigt war, das Opfer vorzubereiten. Kurz darauf konnte sie einen orangenen Schleier erkennen, was darauf hindeutete, dass nun die Braut angekommen war.
    Nuala machte sich nur wenig Hoffnung, etwas mehr von der Hochzeitszeremonie beobachten zu können. Dazu war einfach zu viel Arbeit zu erledigen, die es ihr nicht erlaubte, sich länger auszuruhen. Doch während sie ihre Arbeit erledigte, hatte sie wenigstens Gelegenheit, sich die Gäste etwas genauer betrachten zu können, die sie bediente. Die wenigsten davon kannte sie. Eigentlich kannte sie nur die Aurelier, die zur Hochzeit erschienen waren.

    Ganz verschlafen drein blickend, hatte es nun auch Nuala geschafft, draußen im Hof zu erscheinen. Sie hatte doch tatsächlich verschlafen! Jetzt musste sie einmal Orestes nicht wecken und schon war es passiert! Obwohl sie sich doch so sehr darauf gefreut hatte.
    Zum Glück stand der Wagen noch da und ein ungeduldig wirkender Louan stand davor. "Guten Morgen" grüßte sie ihn freundlich. Dann erkannte sie auch Ursus, dem sie auch freundlich zunickte. "Guten Morgen, dominus!"
    "Tut mir Leid, die Verspätung. Orestes müsste auch gleich kommen", teilte sie Louan mit, während sie mir ihrer Tasche an ihm vorbei lief, um sie auf dem Wagen zu verstauen.
    Als Nuala an den Wagen trat, warf sie einen flüchtigen Blick hinein. Sie erkannte Caelyn und Siv darin.
    "Guten Morgen!" wünschte sie ihnen. "Na und, wie geht´s?" fragte sie Siv auf germanisch, die etwas blass um die Nase herum wirkte.
    Vorerst blieb sie noch vor dem Wagen stehen, um auf Orestes zu warten. Erst dann wollte sie einsteigen.

    Wieder sah sie auf und wollte ihren Ohren nicht trauen. Mit allem hatte sie gerechnet, nur nicht damit. Nualas Stimme überschlug sich fast, als sie vor lauter Freude zu antworten begann.
    "Ganz bestimmt ist noch ein Platz für uns frei, dominus! Und ob ich mich freuen würde! Sehr sogar!" Ihre unbändige Freude war unverkennbar.
    Wäre Nuala keine Sklavin gewesen und Orestes nicht ihr Herr und es auch sonst keine Hindernisse gegeben hätte, die ihr im Wege standen, hätte sie ihn jetzt umarmt und ihm vielleicht einen Kuss auf seine Backe gedrückt, um ihm zu zeigen, wie dankbar sie war. Stattdessen strahlte sie, dass selbst die fahle Wintersonne vor Neid erblasst wäre.
    Ob dies das Ende des Trübsinns war, blieb noch abzuwarten. Zumindest war es ein erster Schritt hin zum Leben. Alleine da war wichtig!
    Nuala, so aufgewühlt wie sie war, hätte am liebsten sofort mit packen angefangen. In Gedanken ging sie durch, was sie alles mitnehmen mussten

    Nuala hatte einfach noch etwas trinken wollen, bevor sie zu Bett ging. Sie war in die Küche gegangen und hatte dort noch Niki angetroffen. Die Köchin war dabei, die letzten Vorbereitungen für den morgigen Tag zu tätigen. Noch zwei Tage, bis zu den Satrurnalien und dann ruhte die Arbeit, wenigstens für einige Tage. Die Aussicht, doch am Ausflug teilnehmen zu können, hatte aber Nuala bereits jetzt in Festtagsstimmung versetzt. Das war auch der Grund, weswegen sie bei der Köchin stehen blieb. Sie sollte es als erste erfahren!
    Während sie sich einen Becher holte und ihn mit Wasser füllte, erzählte sie ihr ganz nebenbei, was um die Mittagsstunde in Orestes cubiculum geschehen war. Dabei war sie so eifrig, dass sie ein wenig Wasser verschüttete. Schnell wischte sie ihr Ungeschick mit einem Tuch weg.
    Nualas Trübsinn, der sie die letzten Tage begleitet hatte, war wie weggeblasen.


    Nuala hielt inne, als sich plötzlich die Tür öffnet und Siv herein trat. Sie macht nicht den Eindruck, erheitert zu sein. Ihre Erklärung dafür war einleuchtend. Corvinus war krank! Siv schien ernsthaft besorgt zu sein. Wahrscheinlich wäre sie es auch gewesen, wäre Orestes an Corvinus Stelle gewesen.
    Was Siv ihr in germanischer Sprache erzählte, ließ keinen Zweifel mehr übrig. Die Sache war ernst. Da war es selbstverständlich, dass Nuala half, so gut es ging. Sie ließ ihren Becher stehen und eilte sofort davon um frische Laken und Bezüge für das Bett des Aureliers zu holen.


    Wenig später machte sie sich, mit Bettzeug bepackt, zum cubiculum von Sivs dominus. Irgendwie schaffte sie es, eine Hand frei zu bekommen, ohne, dass ihr die Laken zu Boden fielen. Sie klopfte ganz leicht an der Tür und öffnete langsam.
    In diesem Raum war sie noch nicht gewesen, weshalb sie nur zögerlich eintrat. Siv war bereits wieder da und hantierte mit den heißen Steinen. Nuala trat näher und legte die Bettwäsche ab.
    Dem dominus sah man es an, wie es um ihn stand. "Siv, was kann ich tun, um dir zu helfen?" fragte sie die Germanin in ihrer Muttersprache. Sie nahm an, der Römer würde nichts von ihrer Konversation mitbekommen. Er wirkte, wie benommen.

    "Ja! Das haben sie zumindest gesagt!" Nuala hatte in ihrer Arbeit inne gehalten und sah zu Orestes hinüber. Die Tatsache, dass er das Thema noch einmal angesprochen hatte und es nicht längst beiseite gelegt hatte, ließ in ihr einen Hoffnungsschimmer aufkeimen. Vielleicht konnte sie ihn ja doch noch dazu bringen, dem selbstgewählten Exil wenigstens für einige Tage den Rücken kehren und hinaus in die Welt zu gehen. Das würde weder ihm noch ihr schaden! Ganz im Gegenteil. Manchmal brauchte man einfach etwas Abstand von allem, womit man sich schwertat. Im Nachhinein sah dann alles viel einfacher aus, als es tatsächlich war.


    Auch auf Orestes nächste Frage hatte Nuala die passende Antwort parat, was eine Teilnahme in ihren Augen immer wahrscheinlicher werden ließ.
    "Dominus Corvinus sprach von einem Haus in Manua, welches der Familie gehöre. Dort könne man unterkommen, hat er gemeint." Ihre Stimme war gleichbleibend ruhig geblieben. Den Anflug von Freude verbarg sie gekonnt.

    Um sich die Enttäuschung nicht zu sehr ansehen zu lassen, suchte Nuala nach einer Beschäftigung, die sie auch bald fand. Aufräumen lenkte ab. Wenn es nichts aufzuräumen gab, konnte man wenigstens so tun, als ob. Das tat Nuala. Sie rückte die verschiedensten Gegenstände zurecht, die eigentlich gar nicht am falschen Platz lagen. Ordnete Orestes Kleidungsstücke, die keinerlei Ordnung mehr bedurft hätten.
    Sie sah auf und ließ von ihrer Tätigkeit ab, als diese unerwartete Rückfrage kam. Ihre Augen hellten etwas auf. Vielleicht bestand ja doch noch Hoffnung.
    "Oh, ja. Er fährt mit und dominus Corvinus, Siv und Alexandros und Dina und Caelyn natürlich."
    Nuala wagte noch nicht zu hoffen, doch noch am Ausflug teilnehmen zu können. Aber vielleicht hatte sie ja sein Interesse geweckt.

    Nualas Leichtigkeit und Freude wollte nicht so recht auf Orestes überspringen. Ein Ausflug machen war seiner Ansicht nach ein zu verwegener Vorschlag. Zwar lehnte er nicht sofort ab, begeistert war er aber auch nicht.
    Eigentlich hatte sich Nuala keine großen Hoffnungen gemacht. Es gab keinen ersichtlichen Grund, weswegen Orestes urplötzlich aus seiner melancholischen Stimmungslage herausbrechen sollte. Entmutigt ließ sie ihre Schultern sacken. Das freudige Lächeln war aus ihrem Gesicht wie weggeblasen. Es stand ihr nicht zu, zu wiedersprechen. Wenn sie aber den römischen Winter mit dem in Germanien verglich, so war der römische bei weitem nicht so kalt und ungemütlich.
    "In der Küche wurde davon gesprochen, nach Manuta zu fahren. Caelyns Bruder nimmt dort an einem Wettkampf teil. Er sagte, er wolle am dritten Saturnalientag fahren und bis nach dem Wettkampf bleiben." Nuala erwartete nicht, dass er seine Meinung noch ändern würde.

    Kurz nach Orestes erreichte auch Nuala das cubiculum ihres Herrn. Da lag er schon wieder, apfelbeißend und kauend und tat das, was er seit Wochen tat. Das konnte man ja nicht mehr mit ansehen! Sie wusste sich keinen Rat mehr, was sie noch tun konnte. Selbst das Kitharaspiel konnte nicht mehr viel ausrichten. Orestes Betrübnis färbte allmählich auf das Gemüt der der Sklavin ab. Vielleicht brauchte er etwas, was ihm Ablenkung schenkte. Ein Spaziergang durch den Garten. in dieser Jahreszeit war es wichtig, auch an der frischen Luft zu sein und jeden einzelnen Sonnenstrahl einzufangen. Da fiel ihr wieder ein, was sie kurz zuvor in der Küche gehört hatte. Dieser Ausflug nach Mantua, bei dem sie gerne mitfahren wollte.
    "Dominus, du musst mal wieder raus! Hier versauerst du nur! Wie wäre es mit einem Spaziergang im Garten oder noch besser, einem Ausflug?" Ein Anflug von Vorfreude stand ihr ins Gesicht geschrieben. Am liebsten hätte sie ihn am Arm gepackt und nach draußen gezerrt! Manchmal musste man die Menschen auch zu ihrem Glück zwingen.

    "Mhm, Bärlauchcremesuppe! Lecker!" schwärmte Nuala und sog den Duft der Suppe tief ein. Dieses intensiv duftende Kraut erinnerte sie stark an ihre Zeit in Germanien. Dort hatte sie es im Frühling oft in den Wäldern gesucht. Nuala kannte einige Stellen, wo der Bärlauch zu finden war, nahe der villa rustica, in der sie früher gelebt hatte. Sie konnte es kaum erwarten, von der Suppe kosten zu dürfen, auch wenn es ein neues Rezept war, was Niki ausprobiert hatte. "Mach dir mal keine Sorgen, Niki, was du probierst, gelingt doch immer!" Es schadete wohl nicht, die Köchin zu ermutigen und ihr etwas Anerkennung zu schenken, dachte sich Nuala, bevor sie wieder zurück in Orestes cubiculum begab.
    Corvinus allerdings, der sie kurz zuvor angesprochen hatte, erkundigte sich, warum sie nicht an dem Ausflug nach Mantua teilnehmen könne. Genau in dem Moment, als er Manius erwähnte, erschien er auch schon. Das hatte es ja schon lange nicht mehr gegeben. Orestes hatte sein cuibculum verlassen und war selbst in die Küche gegangen, um Äpfel zu holen. "Salve, dominus" erwiderte sie den Gruß und sah ihm überrascht nach. Nuala schöpfte daraus Hoffnung, Orestes inneres Exil könne dadurch beendet sein. "Es kommt auf ihn an! Vielleicht." antwortete sie Corvinus und deutete dabei auf Orestes, dessen Ausflug in die Küche war nur von kurzer Dauer gewesen war. Nachdem er von Alexandros zwei Äpfel erhielt ging er wieder zurück und trug dabei Nuala auf, eien Krug Wein mitzubringen. "Ja, mache ich." rief sie ihm hinterher.
    "Nein, ich glaube doch nicht." fügte sie schließlich seufzend noch hinzu und ging dann, um eine Kanne mit Wein mit in Orestes cubiulum zu nehmen.

    Ihrer Gewohnheit entsprechend hatte sich Nuala zurückgehalten. Nur nicht auffallen, war ihre Devise. Während die Anderen sich schon eifrig darüber unterhielten, wer wo mitfahren darf, hörte sie nur still zu, so wie sie es immer schon getan hatte. Die Idee, selbst mitzufahren, hatte in ihr schon einen Nährboden gefunden. Aber sie wollte sich keinen Illusionen hingeben. Mehrere Tage konnte sie nicht wegbleiben. Unter gar keinen Umständen würde das gehen. Ihr Herr hatte es sie letzten Wochen vorgezogen vornehmlich in seinem cubiculum zu bleiben und Nuala konnte keinen triftigen Grund feststellen, warum das auch nicht die nächsten Wochen so sein sollte.
    Sie schüttelte nur andeutungsweise den Kopf, als Corvinus sie fragte.
    "Ich glaube nicht, dass dies möglich sein wird. Es sei denn, mein dominus käme auch mit." Einen Funken von Hoffnung schien von ihr auszugehen. Sie nahm sich vor, Orestes danach zu fragen, gleich jetzt, wenn sie aus der Küche zurück war. Allerdings hatte es den Anschein, als müsse sie unverrichteter Dinge zurückkehren. Niki war immer noch fleißig am kochen, so gut das eben ging mit so vielen hungrigen Mäulern um sich herum. Die Köchin war wirklich bewundernswert, wie ruhig sie bei alle dem blieb. Vielleicht war es Nualas Glück gewesen, erst nach Nikis kleinen Wutausbruch in die Küche gekommen zu sein. Da ihr die Köchin bisher eine Antwort schuldig geblieben war, sie aber doch mit einer entsprechenden Antwort zurückkehren sollte, wagte sie ihr Glück noch einmal zu strapazieren.
    "Ähm, was gibt´s denn heute? Sag mir nur, was es gibt, Niki und ich bin gleich wieder verschwunden!" Dem folgte ein vages Lächeln.

    Zitat

    Original von Louan
    Ich sah auf, als dann noch jemand in die Küche kam. He, war das nicht die Schna.. Sklavin die sich Orestes gekauft hatte? Super, die hatte gar nix mitgekriegt und mischte alles, was sie mitgekriegt hatte, noch mal ordentlich zusammen, damit am Ende was völlig Neues raus kam.
    "Nö, nicht die Klienten sind schwanger! Siv kriegt ein Kind. Und ich fahr nach Mantua nicht Alexandros! Apropos fahren, hört mal, ihr braucht doch nicht den Reisewagen an den Saturnalien, oder? Denn kann ich mir doch dann unter den Nagel reißen?" Meine Bitte war eigentlich an die anwesenden Herrschaften gerichtet. Aber die hatten sich gut getarnt unter die Sklaven gemischt und so schaute ich alle fragend an.


    "Ach so!" gab sie mit piepsiger Stimme zu und hielt sich jetzt besser zurück, bevor sie noch mehr Dinge verdrehte oder gar ins Wanken brachte.
    Eine so ausgelassene Stimmung, wie sie in der Küche herrschte, war sie nicht gewohnt. Wer hätte sich denn auch vorstellen können, dass es so in patrizischen Küchen zuging.
    Sie sah zu der Germanin hinüber und betrachtete sie bewundernd, oder besser verwundernd, denn damit hatte sie am allerwenigsten gerechnet. Bevor sich bei ihr die Frage nach dem Vater aufdrängen konnte, ging ihre Aufmerksamkeit wieder auf den jungen Mann zurück, den sie Louan nannten und der begonnen hatte, von dem Wettkampf zu erzählen. Sie hörte sie aufmerksam zu. Er hatte sich viel vorgenommen, aber war von sich überzeugt, es schaffen zu können. Nuala wäre sicher auch gerne mitgefahren, aber sie wusste nicht, ob sie Orestes zurücklassen sollte. In den letzten Wochen hatte er sich sehr zurückgezogen und sie fand es nun nicht rechtens, sich einfach ihren Vergnügungen hinzugeben. Ein Kichern wurde sie aber doch los, als er nach seinen Sponsoren fragte.
    Ach, wenn sie doch auch nur mitgekonnt hätte!

    Nicht nur der Duft des Essens, der in ihr den Hunger noch förderte, hatte Nuala auf den Weg zur Küche getrieben. Auch das Stimmengewirr und das Lachen waren es, welches seinen Ursprung in eben der Küche hatte, die sie neugierig werden ließ. Ihre Schritte wurden schneller und so stand sie auch, ganz unvermittelt in der Tür. Ihr Blick erfasste die Anwesenden. Eigenartigerweise hatten sich auch einige der Herrschaften dort eingefunden und zu diesem Auflauf beigetragen. Eine Diskussion war im Gange, der sie aber nicht so ganz folgen konnte, da jeder der Anwesenden von einer anderen Sache zu sprechen schien und sie nicht die leiseste Ahnung hatte, worum es überhaupt ging. Mantua, schwanger, Klienten, Wettkampf. Das machte zusammen wenig Sinn. Sie wollte etwas sagen, traute sich aber nicht oder besser gesagt, sie fand keine Gelegenheit, sich einzubringen in dieses merkwürdige Gespräch. Was sie ohne weiteres aber feststellen konnte, herrschte eine durchaus angeheiterte Stimmung. Nuala vermutete, dies könne nur mit den bevorstehenden Saturnalien zusammenhängen, die in drei Tagen ihren Anfang hatten. Sie selbst verspürte deshalb auch schon große Freude. So vieles hatte sie sich vorgenommen, dass sieben Tage nur schwerlich ausreichend waren.
    Im Moment jedoch stand eindeutig der Hunger im Vordergrund. Ihr Magen knurrte schon heftig, was sie schließlich doch dazu bewog sich bemerkbar zu machen. Sie erhob ihre leise Stimme, nur um festzustellen, dass sie eindeutig zu leise war. Hier war ein etwas stärkeres Organ gefragt!Nuala versuchte es noch einmal, diesmal wesentlich lauter, was sie beinahe selbst in erstaunen versetzte.
    "Entschuldigung! Entschuldigung, bitte! Was gibt´s denn heute? Un vor allen Dingen, wann? Ich habe einen solchen Hunger?" Erwartungsvoll blickte sie in die Runde, bis ihr Blick an Niki, der Köchin haften blieb. "Wie war das? Ein Klient aus Mantua ist schwanger? Wohl eher seine Frau! Oder? Und was ist das für ein komischer Wettkampf, bei dem Alexandros mitmacht?" Sie ahnte ja nicht, wie sehr sie die gehörten Informationen ordentlich durchgemischt hatte, so dass ein völlig neuer Sinn, oder besser gesagt, Unsinn heraus kam!