Die Worte des Händlers schallten ihr in den Ohren wider. Es war so ungeheuerlich und abgrundtief peinlich hier als eine Diebin hingestellt zu werden. Calena eine Diebin! Calena die keiner Fliege etwas zu Leide tun konnte und jeden Streit zu gerne aus dem Weg ging, Calena deren Gerechtigkeitssinn höher als alles andere war sollte hier gestohlen haben? Wer sie kannte hätte die Vorwürfe mit einem Lächeln abgetan und nur den Kopf darüber geschüttelt, wie dumm dieser Mann doch sein konnte. Die aufmerksam gewordenen Leute wurden auch immer mehr, und immer wieder fiel ein neuer Schatten auf die junge Frau wenn ein neugieriger den Kopf nach ihr reckte. So etwas schreckliches war ihr noch nie geschehen und zu deutlich konnte man Calena ansehen, dass sie hiermit niemals alleine fertig werden würde. Noch nie in ihrem Leben hatte sie etwas genommen was nicht ihr gewesen war und es tat weh sich hier vor allen Menschen beschuldigen zu lassen, denn auch wenn raus kam, dass sie es wirklich nicht gewesen war, hatte sie doch eine Schädigung davongetragen. Man würde über sie reden und das wollte sie nicht, nicht auf diese Art und Weise.
„Ich war es nicht,“ drang es wieder leise über ihre Lippen und Nathan konnte man ansehen, dass er nicht mehr ruhig stehen bleiben wollte, sondern diesem Mann deutlich sagen wollte, dass seine Herrin nichts dergleichen verbrochen hatte, doch er kam nicht dazu.
Plötzlich trat ein Mann aus den Reihen und der Schatten von diesem fiel genau auf Calena. Mit einem seltsamen, verschüchterten Blick sah sie zu dem Fremden auf der plötzlich aufgetauchte war und nun das Wort übernahm. Sie hatte ja die ganze Zeit schon gehofft, dass ihr jemand helfen würde, aber keiner der Umstehenden hatte sich entweder getraut, oder es war ihnen einfach egal gewesen und es gefiel ihnen besser dieses Schauspiel anzusehen. Wahrscheinlich bot sich den Menschen so etwas nicht den ganzen Tag. Ihr Herz begann wieder um einiges schneller zu pochen als der Händler sie schon wieder des Diebstahls bezichtigte. Was sollte sie denn noch sagen und machen? Sollte sie sich hier auf der Stelle nackt ausziehen damit er sah, dass sie nichts bei sich hatte? Diese Blöße wollte sie sich gewiss nicht geben.
Offen schaute sie dem Mann, der eben dazu gekommen war an, als dieser sie etwas musterte. Sie hatte nichts zu verbergen und wollte nur, dass man ihr glaubte, aber wie sollte sie einen Fremden davon überzeugen? Doch als der Händler begann diesen Fremden grob anzureden und unverschämt zu werden zuckte selbst die junge Frau ein wenig zusammen. Ein wenig überrascht blinzelte sie als sie den Namen und die ehemaligen Ämter dieses Mannes hörte. Calena kannte ihn nicht, aber sie hatte schon etwas von der Familie der Flavier gehört, denn sie war eine angesehene patrizische Familie. Wobei ihr eine Sekunde lang einfiel, dass sie anscheinend Patrizier sehr gerne auf sehr ungewöhnliche Weisen kennen lernte. Doch den Gedanken schob sie rasch auf die Seite, denn sie wollte sich von nichts ablenken lassen zumal es hier um sie und ihre Ehre ging, die dieser Mann in gewisser Weise beschmutzt hatte.
Naria, die junge Sklavin von Calena verfolgte das ganze hinter ihr stehend und traute sich nicht einmal wirklich Luft zu holen. Sie konnte sich auch nicht vorstellen, dass ihre Herrin etwas geklaut haben sollte. Allein dieser Gedanke war vollkommen absurd. Völlig aufgeregt nagte sie auf ihrer Unterlippe herum und spielte nervös mit ihren Fingern an ihrer Tunika.
Schon wieder hörte sie das Wort Carcer und bekam eine Gänsehaut, denn an diesen Ort wollte sie niemals sein, nicht einmal in ihren Träumen und sie war froh darüber, dass der Flavier nun sagte, dass man sie nicht einfach so auf den Verdacht hin dort hinbringen konnte. Ein kleiner Stein fiel ihr vom Herzen doch als sie den Blick des Händlers sah, der einen Moment lang auf ihr haftete wurde ihr wieder ganz anders. Warum war sie heute nur nach draußen gegangen?
Der Händler kniff seine Augen etwas zusammen während er den Neuankömmling musterte und als jener seinen Namen nannte und mit seinen unzähligen Ämtern angab bekam er ein seltsames Lächeln auf die Lippen. Na mit einem Patrizier hatte er es ja schon lange nicht mehr zu tun gehabt. Innerlich rieb er sich also seine Hände und streckte sich ein wenig damit er mit der Größe des Patriziers mithalten konnte.
„Warum ich das glaube hmm?“ Fragend schaute er den Mann an und schüttelte dann mit dem Kopf „Ihr Patrizier seit schon herrlich. Wahrscheinlich macht ihr noch gemeinsame Sache was? Warum ich das glaube fragt er,“ dabei lachte der Händler auf und entblößte einige nicht mehr ganz so frische Zähne. „Das Weib hatte die Brosche eben noch in der Hand und nun ist sie weg. Glaubst du vielleicht ihr sind Füße gewachsen und sie ist eiligst davon getrottet? Nein sicher nicht! Kaum wandte diese Person sich von der Brosche ab, oder besser gesagt von dem Platz wo sie gelegen hatte, war sie auch schon verschwunden. Das ist ein Grund diese Frau zu verdächtigen!“ pflaumte er den Mann an.
Calena konnte es wirklich nicht fassen diese Anschuldigungen und die Blicke des Händler weiter über sich ergehen zu lassen, deswegen senkte sie ihren Blick was in diesem Moment vielleicht einen unterwürfigen Eindruck machte. Doch sie schaffte es einfach nicht mehr den Blick aufrecht zu erhalten, auch wenn sie nichts getan hatte.