| Caius lulius Victor
Für Iulius Victor war der Marsch durch die Stadt nicht allzu anstrengend gewesen, aber da er sehr selten in einem Theater opferte, war er doch etwas nervös - würde man sein Gebet bis in die oberen Ränge hören? Oder würde der Lärm wieder zunehmen, sobald der Herold beiseite getreten war?
Jetzt erst bemerkte er, dass man vergessen hatte, die Lorbeerkränze für diesen Anlass an die Besucher zu verteilen - eine Supplicatio ohne lorbeerbekränztes Publikum war eigentlich undenkbar. Rasch gab er also die entsprechenden Befehle und schon machten sich die Opferdiener auf, die in kleinen Wägen die Kränze die Stufen hinauftrugen und dort verteilten. Victor selbst ließ sich ebenfalls sein Exemplar reichen, tauschte es gegen den Apex und trat ann an besagten Punkt, der auf der Bühne kaum erkennbar hervorgehoben war und von dem man ihm gesagt hatte, dass er es einem einzelnen Mann ermöglichte, Tausende zu erreichen.
"Versammeltes Gallia! Einjeder von euch möge sich bekränzen, wie es seit jeher der Brauch ist an diesem Feste! Dann werde ich mit dem Opfer für euch beginnen, woraufhin jede Gemeinde selbst das Recht hat, ihre persönlichen Gaben darzubringen!"
Er wartete noch einen Moment, der ihm ziemlich lang erschien (es dauerte, bis Tausende ihre Kränze aufgesetzt hatten), dann endlich wandte er sich zum Altar um und breitete die Arme aus.
"O Dea Roma, Herrin des Erdkreises, Erste unter den Städten, Mutter und Schirmerin der Tres Galliae,
Du brachtest hervor das edle Geschlecht der Quiriten, die bestimmt waren seit Aeneas, die Völker zu Frieden und Wohlstand zu führen. Mit festen Mauern schirmtest Du Dein Volk gegen alle Feinde und nährtest Deine Söhne, damit sie die Hochmütigen unterwarfen, die Besiegten aber schonten.
Durch Venus schließlich brachtest Du Divus Iulius hervor, der ganz Gallia Dir darbrachte, aufdass es sich in Deinem Glanze sonnen konnte. Vor allem jedoch schenktest Du uns Nero Claudius Drusus Germanicus, jenen strahlenden Feldherrn, der die blutrünstigen Barbaren jenseits des Rhenus besiegte und unsere Grenzen befestigte, damit wir von stetiger Angst vor Raub und Plünderung befreit würden.
Darum wollen wir Dir durch gute Opfer danken, wie wir es in jedem Jahr an dieser Stelle tun, und bringen Dir diesen prächtigen, makellosen Ochsen als unsere bescheidene Gabe. Sie möge Dir zum Dank gereichen und Deinen Schutz auf uns herabkommen lassen, wie es uns seit den Tagen des Drusus Germanicus zuteil wird. Möge unser Dank aufsteigen mit dem Rauch des Altares und mögen wir Gemeinschaft haben mit Dir, wenn wir das Fleisch dieses Tieres essen!"
Nun sah der Flamen hinüber zu Divus Augustus, der golden glänzend neben der Statue des Drusus stand.
"O Divus Augustus, ewiger Vater des Vaterlandes, Schirmer des Imperium Romanum und Friedensbringer der Tres Galliae,
durch Deine Weisheit und Tugend wurden Krieg und Zwietracht beendet. Nicht nur sandtest Du mit mächtigem Arm die weisesten und klügsten Deiner Berater in unser Land und wandeltest selbst auf unseren Wegen, Deinen Willen zu vollstrecken und Frieden und Wohlstand unserem Volk der Gallier zu bringen, sondern wusstest auch, uns durch den glänzenden Feldherrn Nero Claudius Drusus Germanicus, jenes Ebenbild an Tugend und Mut, zu bewahren und unsere Feinde und Bedroher niederzuwerfen.
Darum wollen wir Dir durch gute Opfer danken, wie wir es in jedem Jahr an dieser Stelle tun, und bringen Dir diesen prächtigen, makellosen Ochsen als unsere bescheidene Gabe. Sie möge Dir zum Dank gereichen und Deinen Schutz auf uns herabkommen lassen, wie es uns seit den Tagen des Drusus Germanicus zuteil wird. Möge unser Dank aufsteigen mit dem Rauch des Altares und mögen wir Gemeinschaft haben mit Dir, wenn wir das Fleisch dieses Tieres essen!"