Nachdem die Prozession in Nemi angekommen war und noch bevor sie die Grenzen des heiligen Bezirkes überschritten hatten, hielt sie zu einer finalen Ruhepause, der weitere Kulthandlungen folgen würden. Aufgrund der Tatsache, dass es allerdings bereits Abend wurde und die Riten vor dem Einbruch der Nacht - der traditionell mit dem Aufeinandertreffen von Sonnenscheibe und Horizont begann und folglich recht früh war - zu vollenden waren, dauerte dieses Intermezzo nur sehr kurz. Es reichte lediglich aus, um sich einen Happen Essen in den Mund zu stecken, der ein störendes Bauchknurren während der Lustratio verhindern sollte.
Dann jedoch riefen die Herolde erneut zur Aufstellung und der neue Rex Nemorensis, der erst seit wenigen Tagen sein Amt bekleidete, setzte sich gemeinsam mit dem beteiligten Kultpersonal an die Spitze. Zuerst schritten Weihrauchträger voran, gefolgt von einer Bahre, auf der die weiteren Opfergaben - ringförmige Opferkuchen, Sträuße von Blumen und Baumzweigen, die in der Nähe des Hains geerntet worden waren, aber auch roter Wein - transportiert wurden. Erst dann folgte der Rex und die Pontifices, Magistraten und Würdenträger Roms. Im Anschluss untermalten die Tibicines, die inzwischen weitaus leiser als zu Beginn erschienen (und teilweise wegen Kurzatmigkeit hatten ausgetauscht werden müssen).
"Göttliche Diana, Große Tochter des höchsten der Götter, die die Mutter auf Delos einst unterm Ölbaum geboren! Gebieterin grüner Wälder und Bergeshöhen, einsamer Täler Schluchten und der rauschenden Ströme, die im Laufe der Monde Du gibst das Maß für des Jahres Bahn, hehre Beschützerin der Frauen und Mädchen, gütige Spenderin von Fülle und Fruchtbarkeit, friedfertige Herrin über Tiere und Jagd! Dir, erhabene Diana, bieten wir, das Volk Roms, dar diesen Hain, der in deinem Besitz ist seit Urzeiten. Unser Gelübde haben wir gern und verdientermaßen eingelöst vor den Mauern Roms: der Frevler Deiner heiligen Gefilde hängt am Kreuze und sein unheilvolles Handeln ist gesühnt. Erweise uns also die Gnade, Deinen Besitz zurückzunehmen, den wir nun von allem Frevel und allen Ansprüchen fremder Mächte reinigen."
Mit einer würdevollen Geste griff der Rex Sacrorum nach einem Olivenzweig, der in einem der Hörner des vergangenen Opfers steckte und zog ihn heraus. Man hatte die beiden Behältnisse mit Wasser gefüllt, das nun zur Reinigung des Areals dienen sollte.
"Dieses Wasser aus dem Horne der Kuh der Diana reinige den Hain von allem Schmutz und Frevel und das römische Volk der Quiriten vom Zorn der Götter und allem Unheil!"
Damit besprengte er die Mauer, die den Kultbezirk markierten, zum ersten Mal mit dem Wasser. Dann wandte er sich nach Rechts und fuhr genauso fort.
"Dieses Wasser aus dem Horne der Kuh der Diana reinige den Hain von allem Schmutz und Frevel und das römische Volk der Quiriten vom Zorn der Götter und allem Unheil!"
Immer wieder wiederholte er diesen Spruch und begann damit, den Kultbezirk zu besprengen und damit zu entsühnen. Ihm folgten die anderen Teilnehmer der Prozession...
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