Beiträge von Cultus Deorum

    Mit einer herrlichen Blütenpracht hatte der Frühling Einzug gehalten. Nach dem regnerischen, stürmischen und ungemütlichen Winter war die Sonne eine Wohltat. Doch es würde wohl nur wenige Wochen dauern, bis das schöne Wetter der drückenden Hitze des Sommers weichen würde.
    Kleine fluffige weiße Wolken zogen am Himmel ihre Bahn und der Tempel der Diana erstrahlte im Licht der Sonne. Der Marmor war fast reinweiß, die kleinen vergoldeten Intarsien blendeten beinahe die eintreffenden Priester. Es war allein dem unermüdlichen Einsatz unzähliger Sklaven und Ministri zu verdanken, dass der Tempel wie neu erstrahlte. Für diesen wichtigen Tag hatte man weder Kosten noch Mühen gescheut. Es war der große Tag der Entsühnung und alles an diesem Tag sollte perfekt sein. Zumindest nach Maßstab der Menschen. Die Götter hatten ja ihre eigene Vorstellung von der Ordnung.
    Dem Wetter nach zu urteilen, waren die Götter, besonders Diana ihnen scheinbar wohlgesonnen.
    Viel zu viel Zeit war vergangen, viel zu lange hatte man den Pax Deorum auf die leichte Schulter genommen. Nur weil der Zorn der Götter sich nicht offenbarte, hieß das noch lange nicht, dass sie nicht noch immer grollten. Die Götter vergaßen nie, so hieß es doch.


    Prachtvoll war der Tempel der Diana auf dem Aventin anzusehen. An diesem Tag war jede Arbeit niedergelegt. Zahlreiche Herolde hatten den Tag der Entsühnung in der ganzen Stadt verkündet, was zur Folge hatte, dass die Menschen zahlreich zum Vorplatz des Tempels drängten. Ein Meer aus Blumen lag zu Füßen der großen Abbildung Dianas im Tempel. Vor allem Frauen hatten diese kleinen Gaben der Göttin gebracht.
    Fliegende Händler drängten sich durch die Menge, boten getrocknete Früchte, Nüsse, Wein und auch andere kleine Köstlichkeiten an, weil der Tag doch lang werden sollte. Auch der ein oder andere Taschendieb schlängelte sich zwischen den vielen Leibern hindurch.
    Zuerst eine symbolische Gerichtsverhandlung, man wollte schließlich den Schuldigen einem Gerechten urteil zukommen lassen. In den Straßen Roms machte schon seit einer gewissen zeit das Gerücht die Runde, das man den Frevler gefasst hatte. Jeder wollte einen Blick auf den Mann werfen, der sich dieser unfassbaren Tat schuldig getan hatte. Den Frieden der Götter zu stören, war eine unglaubliche Tat.
    Nach dieser Gerichtsverhandlung würde das eigentliche Opfer stattfinden, danach eine feierliche Prozession. Der Höhepunkt des Tages würde wohl die Kreuzigung des Frevlers an der Via Appia sein.
    Einige Schlitzohren waren bereits seit den frühen Morgenstunden dort um die besten Plätze in der ersten Reihe an bezahlendes neugieriges Volk zu verkaufen.
    Die Prozession würde anschließend ihren Weg zum Hain von Nemi fortgeführt werden um die Lustratio und die Neuweihung durchzuführen.
    Alles war bereit.




    Sim-Off:

    Neugieriges Volk ausdrücklich erwünscht!


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    PHASE I


    Numerius Calavius Saxula
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    Manchmal war diese Stadt geradezu gräßlich. Regelrecht ekelerregend und dekadent. Vielleicht sogar ekelerregend dekadent. Numerius Calavius Saxula mochte sich gar nicht vorstellen, was über diese Stadt noch hereinbrechen würde, wenn sie weiter so fortfuhren wie im letzten Monat.
    Ja, es war Winter. Ja, es war ekelig kalt und nass draußen. Ja, er konnte sich da auch was schöneres vorstellen, als in einem schlecht beheizten Tempel seinen Dienst zu tun. Wobei, nein, eigentlich konnte er sich nichts schöneres vorstellen, denn einen Tempel zu verwalten war schließlich ein Privileg und nicht nur Pflicht. Aber er wäre doch sehr dankbar, wenn auch einige seiner Mitbürger, wenn schon nicht mit Elan, so doch wenigstens aus Pflichtschuldigkeit den streng vorgegebenen Kalender einhalten würden und die entsprechenden Gottheiten zu ihren festen ehren würden. Und das hieß alle, nicht nur Saturn zu den Saturnalia, oder Bacchus, wann immer irgendjemand eine Orgie ausrichtete!


    Da kam ihm der Soldat, der hier hereinschneite, gerade recht. Was hier los war, wollte der wissen. Nun, das konnte er haben. Haarklein, wenn er wollte.
    “Schön, dass die Legion sich auch in die Tempel bemüht“, begann Saxula mit nicht unbedingt freundlicher Wortwahl, allerdings war an seiner Stimme keine Abfälligkeit zu bemerken. Irgendwann hatte man den Dreh raus, dass alles, was man sagte, gleich klang, oder sogar annähernd fröhlich.
    “Wie du siehst, ist hier nichts los. Rein gar nichts. Und das schon seit Tagen, achwas, Wochen! Zu den Saturnalien war ganz Mantua auf den Beinen, hat sich in Einheit und Brüderlichkeit betrunken und sich in den Armen gelegen, und seitdem schlafen sie ihren Rausch aus! Weißt du, wie viele ordnungsgemäß an den Compitalia geopfert haben? Vielleicht gerade einmal die Hälfte! Stell dir vor, wenn die Lares sich von uns abwenden wegen solcher... solcher... Pflichtvergessenheit! Ja, selbst das Agonium des Ianus war nur spärlichst besucht! Ich sage dir, das wird ncoh böse enden! In Nemi hat man ja schon gesehen, was passiert, wenn man einer Gottheit nicht den rechten Respekt erweist! Und früher oder später wird genau dasselbe auch hier geschehen.“
    So, JETZT hatte er anders geklungen. Das passierte schonmal, wenn man sich mit rechtschaffenem Eifer in Rage redete. Und Saxula konnte das besonders gut. War auch nur schwer verwunderlich, wenn man sich nun seit Tagen wenn nicht Wochen ansah, wie kaum einer opferte und seine Pflichten wahrnahm!
    Er atmete dennoch einmal durch. “Verzeih mir bitte meine harschen Worte. Ich nehme an, im Legionslager wird der Festkalender besser eingehalten als hier in der Stadt?“

    Einsturzgefährdet waren tatsächlich die wenigsten Tempel in Rom! Dafür sorgten schon die Aeditui, die sich regelmäßig bei ihm beschwerten - aber wenn der Aedil die Sache nun in die Hand nahm, war ihm dies natürlich auch recht. "Gerade die kleineren Tempel und Altäre fallen häufig aus dem Blickfeld. Dort sind die Informationen gelegentlich auch unvollständig, da ein Aedituus teilweise für mehrere Heiligtümer zuständig ist. Ich kann dir aber nur das sagen, was man mir sagt. Wenn du dagegen ganz sicher gehen willst, solltest du diese doch inspizieren."




    Der Pontifex war tatsächlich etwas schwerhörig, denn er war auch schon etwas älter. Da er sich selbst aber scheinbar wesentlich besser hörte, antwortete er (als wäre nichts geschehen):
    "Oh, da muss ich erstmal nachsehen...aus dem Kopf fiele mir jetzt der Tempel des Mars Ultor ein, dann..."
    Mit einem Ächzen erhob er sich und ging an ein Regal hinter sich. Den Finger an den Lippen fuhr er über die darin liegenden Rollen und blieb schließlich stehen. Er zog sie heraus, öffnete sie und betrachtete sie. Mit gerunzelter Stirn meinte er dann
    "Also ich weiß nicht...kommt darauf an, wie Du Handlungsbedarf interpretierst, Aedil! Im Prinzip kann man ja immer an jedem Tempel etwas machen..."
    Da der Claudier allerdings dreinblickte, als hätte er in eine Zitrone gebissen, fügte er schnell an
    "Also dringender wäre, wie gesagt, der Tempel des Mars Ultor. Dann bräuchte der Tempel des Vertumnus dringend ein neues Dach. Und der des Apollo Medicus könnte zumindest eine Inspektion vertragen. Da regnet es auch 'rein, glaube ich..."




    Zufällig war tatsächlich Volturnius Leto, der Pontifex Minor mit der Cura Aedium Sacrarum, höchstpersönlich anwesend. Aufgrund seiner Wichtigkeit ließ er sich aber auch stets besonders viel Zeit, wenn es an seiner Tür klopfte.
    "Ja, bitte?"
    fragte er aber schließlich und ließ den Aedil eintreten. Natürlich war er reichlich überrascht, dass dieser ihn persönlich aufsuchte - aber das konnte nur bedeuten, dass es um etwas wichtiges ging....
    "Was kann ich für dich tun?"
    fragte er daher etwas unsicher.




    "Es ist absolut üblich, ein Opfer an seine Ahnen zu Hause zu vollziehen - oder an ihren Gräbern!"


    erklärte der Aedituus geduldig. Scheinbar hatte er es hier mit einem religiösen Analphabeten zu tun - o tempora o mores!


    "Du kannst alles zu Hause machen. Die Schlachtung kannst du natürlich auch im Freien machen, wenn dir das Blut im Atrium unangenehmn ist. Wichtig ist nur, dass du deinen Ahnen ein Stück vom Fleisch überlässt, oder besser die Organe. Den Rest kannst du dann mit deiner Familie verspeisen und somit Mahl halten mit deinen verstorbenen Verwandten!"


    erklärte er es daher noch etwas ausführlicher.

    Sim-Off:

    Sorry, übersehen - wenn du hier noch weiterposten willst mit mir, dann kannst du mich dran erinnern (PN an Manius Tiberius Durus)

    Gaius Valerius Festus hatte heute die Ehre, das Opfer für Diana durchzuführen. Dabei war er recht froh, dass man gar nicht wirklich damit rechnete, dass es angenommen wurde, denn die Göttin der Jagd war ohne Zweifel verärgert. So entlastet trat er daher vor, bedeckt mit der Toga Praetexta und würdevoller Miene.


    "Diana Nemorensis, keusche Herrin, Mehrerin der Fruchtbarkeit! Du schenkst den Frauen die Kraft, Kinder zu gebären und unser Volk zu mehren! Gütig verbirgst Du die Deinen vor dem Zorn aller Götter! Gewaltige, nimm Du unsere Gabe, die das Volk Roms Dir gibt mit Freude, und gewähre uns die Gunst Deiner Aufmerksamkeit!"


    Mit einer theatralischen Geste legte er Weihrauch in den Foculus und ließ der Rauch zum Himmel aufsteigen, aufdass er der zornigen Diana in die Nase stieg. Ihm folgte der Wein, erneut begleitet von einer Darbringungsformel. Dann war das Lamm - diesmal ein Weibliches - an der Reihe:


    "Diana Nemorensis, keusche Herrin! Dies Lamm gibt Dir das Volk Roms mit Freude, rechtmäßig Erzürnte, aufdass Du uns lehrst, Deinen Zorn zu stillen, dass Du uns zeigst, was war und wird sein! Diese Gabe mit Freude, dass Du uns offenbarst Deinen Willen und den der Deinen, Erzürnte durch Frevel, uns den Grund offenbarst und die Sühne zu Frieden mit den Göttern!"


    Auch Festus vollzog die rituelle Entkleidung rasch und ließ auch bald das Blut spritzen. Auffällig war dabei allerdings, dass das Lamm besonders unruhig wirkte, zappelte und der Schlächter besonders lange zuschnitt, als habe er beim ersten Streich die Schlagader verfehlt. Dennoch spritzte schließlich das Blut und Festus atmete auf.
    MTD




    Der Ianitor sah Menecrates ein wenig verwirrt an. Nach Leto fragte quasi nie jemand - abgesehen davon war er oft gar nicht im Hause. Und so musste er ein bisschen nachdenken, bevor er meinte "Ich glauube...er ist hier! Ich werde Dich zu seinem Archiv geleiten, Aedil!"


    Damit öffnete er die Tür ganz und verneigte sich vor dem Repräsentanten der Staatsmacht. Danach führte er Menecrates in die Regia hinein zu dem Raum, in dem die Archivalien über Bau lagerten...
    MTD

    PHASE II


    Numerius Calavius Saxula
    [Blockierte Grafik: http://img141.imageshack.us/img141/4830/priester1.jpg]


    Oh, es war schrecklich. Schrecklich! Jeden Tag wurden mehr Leute krank, jeden Tag kamen weniger Leute auf die Straßen. Jeden Tag starb jemand anderes. Erst waren es nur Alte und Schwache, kleine Kinder und Säuglinge. Als dann jedoch auch Sportler und Magistrate fiebrig darniederlagen, da endlich wachten die Leute auf!
    Er hatte es vorhergesagt, er, Numerius Calavius Saxula, hatte es gesagt! Aber hatte man auf ihn gehört? Nein, natürlich nicht. Zu gern vergaßen die Menschen, dass die römischen Götter sehr eifersüchtig waren und sehr genau darauf achteten, dass man ihnen die nötige Ehrung entgegenbrachte. Aber sie hatten ja lieber gefeiert und sich betrunken und die Saturnalien genossen mit ihrem Rausch und den leichten Spielen. Und dabei waren die Götter erzürnt, das konnte man in ganz Italia spüren! Der Winter war schon seit Jahrzehnten nicht mehr so nass gewesen! Es hatte Erdrutsche gegeben! Die Flüsse traten über die Ufer! Und dennoch feierten sie lieber, anstatt alles daran zu setzen, Diana gütig zu stimmen.
    Nun, das hatten sie jetzt davon. Der göttliche Bruder der großen Jägerin hatte seine Macht auf die Menschen entladen, und wie er schon die Griechen vor Troja mit Pest strafte, strafte er nun die Menschen Mantuas mit seinem giftigen Hauch. Der große Pluto erhielt dieser Tage eine reiche Ernte und holte viele dieser überheblichen Wichte zu sich in sein Reich. Vielleicht lernten sie dort, den Göttern mehr Respekt zu zollen!


    Und jetzt auf einmal, jetzt fanden die keuchenden Massen wieder hier her in die Tempel. Auch in den des Apollo, wo Saxula das Privileg genoss, zu dienen. Und sehr zu seiner Freude aus dem Opfern gar nicht mehr heraus kam. Man musste regelrecht eine Reihenfolge festlegen, wann wer nun vor das Abbild des Gottes treten durfte, denn Magistrate wie Bettler opferten gleichermaßen für ihre eigene Gesundung oder die enger Angehöriger.
    “Ja, opfert dem gütigen Apoll und fleht um seine Gnade. Und opfert auch der Diana, der großen Jägerin, dass sie ihre Pfeile der Krankheit andernorts niedergehen lässt, weg von Mantua. Soll sie reiche Rache nehmen an jenen, die ihren Hain geschändet haben, aber nicht hier. Hier sind brave Menschen, die ihren Namen ehren. Hier sind brave Menschen, die den großen Apoll ehren! Hör uns an, großer Gott, und nimm diesen Pesthauch von dieser Stadt!“
    Ja, er rief den großen Gott häufig an dieser Tage. Nur selten erhörte der Herrliche die bitten und ließ das Fieber zurückgehen beim einen oder anderen. Sie hatten einfach nicht inbrünstig genug geopfert! Saxula war sich sicher, sie mussten nur die Götter besänftigen, und diese Plage würde ein Ende finden.

    Sim-Off:

    Findet vor zwei Tagen statt - ich habe es leider verpasst!


    Viele Zeit war vergangen, seitdem der schreckliche Frevel im Hain der Diana die Gemüter der Römer erregt hatte. Diesem war noch weiterer Schrecken gefolgt, gipfelnd schließlich in den Tod eines Pontifex. Dementsprechend hatten sich auch die Debatten im Collegium Pontificium hingezogen, man hatte eine Inquisitio gebildet und Informationen eingeholt.


    Nun endlich hatte man sich geeinigt: Nach dem Beschluss der Pontifices und dem Rat des Ordo Haruspicum hatte man an diesem Tag ein Opfer anberaumt, in dessen Zuge der Wille der Götter zu erkunden war. Da es lediglich die Leberschau ermöglichen sollte, waren die Opfertiere entsprechend klein: Man hatte drei Lämmer bestimmt, aus deren Lebern gelesen werden sollte. Exemplarisch hatte man Diana, die zweifelsfrei durch die Schändung ihres Hains erzürnt war, sowie Iuppiter Optimus Maximus als Staatsgott und Ianus Pater als Gott der Übergänge erwählt.


    Und wie die Haruspices es geraten hatten, wurde das Opfer feierlich zelebriert: Man hatte das Capitol geschmückt und die ganze Stadt eingeladen. Girlanden schmückten den großen Tempel der Göttertrias, vor dem die Kulthandlungen vollzogen werden sollten. Doch wie ein böses Omen hatte Iuppiter an diesem Tag dusteren Nebel gesandt, der den Ianuar-Tag verdunkelte. Ob die Götter dennoch bereit sein würden, ihren Willen zu offenbaren?

    Numerius Fecenius Camelius


    Numerius ließ sich Zeit, in aller Ruhe begutachtete er die Eingeweide, suchte nach verdächtigen Schatten. Lunge, Galle, Leber, Herz, es war kein schwarzer Fleck zu finden.
    Er kam zu dem Schluss, das beide Opfertiere durch und durch makellos waren. Noch war der Friede mit den Göttern nicht wieder hergestellt, aber gegen diese Spiele hatten sie nichts einzuwenden.


    „LITATIO!“ verkündete er zufrieden. Er hatte nicht einmal Lügen müssen. Die Menge hätte ihn sicherlich in der Luft zerrissen, wenn das Ergebnis ein anderes gewesen wäre. So aber brauchte er sich keine Gedanken über ein weiteres Opfer machen. Die Menge hatte was es wollte, zufriedene Götter und es würden nun spektakuläre Spiele folgen.
    Das Fleisch der Opfertiere würde man hinter den Kulissen kochen und dann an die Armen der Stadt verteilen. Die Vitalia hingegen wurde mit dem mola salsa bestrichen und anschließend noch verbrannt. Numerius wusch sich die Hände und verließ dann das Rund der Arena. Seine Arbeit war getan.


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    Numerius Fecenius Camelius


    Unzählige aufmerksame Blicke ruhten auf ihm und schauten ihm auf die Finger. Angespannte Erwartung lag in der Luft, als das scharfe Messer kurz einmal im winterlichen Sonnenlicht aufblitzte, ehe es dann mühelos die Kehle des Widders durchtrennte. Ein roter Blutschwall ergoss sich über seine Hände, hinein in die Schüssel und auf den sandigen Boden. Während der Widder noch einmal kurz zuckte und jegliches Leben aus seinem Blick wich, trat er an den Schwan heran. Ein letztes Mal gab es einen laut von sich, ehe auch hier der Priester ihm die Kehle durchschnitt. Der metallische Geruch von warmem Blut stieg ihm in die Nase. Es brauchte nicht lange, dann war auch schon der Strom des Blutes versiegt und man öffnete beiden Tieren geschickt und routiniert den Bauch. Die vielen weichen Organe quollen aus den Körpern und wurden dann in unterschiedliche patera gelegt.
    Mit großer Geste begann er nun in den Eingeweiden herum zu wühlen. Er drückte mal hier, roch einmal dort und betrachtete die Organe genau. Das Herz, die Nieren, die Leber. Alles wurde sorgfältig untersucht, auf der Suche nach Fehlern und Makeln. Würden die Götter das Opfer annehmen?


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    Numerius Fecenius Camelius


    Der junge Claudier stellte sich als überraschend engagiert heraus. Kurz stellte er sich die Frage, warum sich der Ädil an den Cultus Deorum gewandt hatte, wenn sein Enkel doch anscheinend das Opfer gänzlich selbst durchführen wollte. Jeder Römer war in der Lage den Göttern zu Opfern. Der Götterkult beherrschte das Handeln und Denken eines jeden Römers. Die Beziehung zwischen den Göttern und den Menschen war schließlich eine Staatsangelegenheit.
    Ein leichtes Schmunzeln legte sich auf seine Züge. Quintus Claudius Felix schien seine Hilfe nicht zu brauchen, dennoch beobachtete er jeden Handgriff des jungen Mannes genau. Zischend und knackend verbrannte das körnige Harz, der weiße Rauch kringelte sich gen Himmel und wurde dann durch einen leichten Windhauch in alle Himmelsrichtungen zerstreut.
    Wein, Obst und ein Kranz aus Eichenblättern wurde den Göttern als Gaben dargebracht und vor den aufgebauten Kultbildern gestellt. Ganz leicht nickte Numerius dem Claudier zu, das Voropfer war gelungen und er hatte nichts auszusetzen.


    Mit einer kleinen Handbewegung bedeutete er den Helfern, dass sie dem Widder den Schmuck abnehmen sollten. Die vergoldeten Hörner und Hufe glitzerten im Sonnenlicht, als das Tier zum Altar geführt wurde. Während dessen erklang der leise Klang von Flöten und Trommeln. Das Opfertier wurde mit mola salsa eingerieben, danach reichte man ihm das scharfe Messer. Mit einer eleganten Bewegung strich er einmal mit dem Messer vom Kopf bis zum Schwanz. Er konnte spüren, wie das Tier ganz leicht zitterte, so als ahnte es, dass sein Leben nun nur noch wenige Augenblicke währen würde.


    „Iuppiter Optimus Maximus, oberster aller Götter, Herrscher über Himmel und Erde, Wahrer des Rechts unter Menschen und Götter! Dieser Widder soll Dir allein gehören. Herius Claudius Menecrates veranstaltet diese Spiele Dir zu Ehren! Er bittet Dich Deine Hände schützend über Rom zu halten. Er bittet Dich, die Fehler der Menschen zu vergeben und einen Neuanfang zu gewähren. Er bittet dich um Frieden und die Annahme der Sühneopfer.“


    Die Stimme des Priesters war deutlich zu hören, bis in die letzten Ränge. Lange hatte er mit dem Ädil zusammen gesessen um die richtigen Worte für dieses Ereignis zu finden.
    Nach diesen Worten wurde der Schwan zu ihm getragen. Auch dieses Tier wurde mit mola salsa eingerieben, anschließend fuhr er auch diesem mit dem Messer von Kopf bis Bürzel.


    „Carmenta, Göttin der Geburt, er bittet Dich, DFeine Hände schützend über Rom zu halten. Er sieht das heutige Rom als Mutter, diese Spiele als Geburtsstunde und die Chance auf einen Neuanfang als verletzliches Neugeborenes an. Er bittet Dich, schenke Rom eine gute Geburt.“


    Fragend sah er dann zum Claudier hinüber. „Agone?“ Auf seinen Wink hin würde das Blut der Tiere vergossen.


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    Numerius Fecenius Camelius


    Es gab eine winzige Änderung. Sie kam überraschend, ein wenig unerwartet. Marginal hob Numerius eine Braue an, als der Claudier verkündete, dass sein Enkel den Platz des Opferherrn annehmen würde. Seine Überraschung konnte er recht gut verbergen. Es änderte nichts am Ablauf, es änderte sich nichts am Opfer. Sollte die Jugend ruhig die Möglichkeit bekommen sich im Ruhm und des Glanzes zu sonnen. Die Claudier wussten sich zu inszenieren. Die Menge jedenfalls liebte es. Nun mussten die Götter nur noch dieses Opfer annehmen. Gelassen wartete er darauf, dass der Claudier nun zu ihm kam, damit er beginnen konnte. Es stand bereits alles bereit, Weihrauch, Obst, ein Kranz aus Eichenblättern und dann die Opfertiere, welche zum Glück völlig unbeteiligt drein blickten. Sie wirkten sogar ein wenig apathisch. Um sie ruhig zu stellen, hatte man sie betäubt. Durchaus üblich, denn die Tiere sollten die Zeremonie nicht stören.
    Ein Opfertier das Unruhe brachte konnte die Götter verärgern und wenn die Götter verärgert waren, dann nahmen sie das Opfer nicht an. Und in einem solchen Fall, wo so viele Blicke auf ihm ruhten, log man meistens schamlos und würde das Opfer zu einem späteren Zeitpunkt wiederholen. Aber zu so einem Vorfall sollte es nicht kommen und würde es auch nicht. Die Sklaven wussten die Tiere still zu halten.


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    Numerius Fecenius Camelius


    Es war ein beeindruckendes Spektakel welches der Aedilis Curulis Herius Claudius Menecrates stattfinden ließ. Scheinbar wollte ganz Rom sich dieses Ereignis nicht entgehen lassen. Die Menschen strömten ins Amphitheater, sie wollten ihren Alltag und die Mühsal für einige Stunden hinter sich lassen.
    Numerius ließ den Blick über die gefüllten Ränge gleiten, er sollte das Opfer leiten, etwas das ihm ins Fleisch und Blut übergegangen war. Er blieb zunächst am Rande stehen, im Schatten der Mauern und beobachtete wie der Claudier seinen großen Auftritt hatte. Mit Pomp und Prunk zog er ein, umgeben von den Abbildern der Götter. Tosender Jubel begleitete den Einzug, welcher verstummte, als der Claudier das Wort ergriff. Auf die Rede folgte das Auspicium. Der Iulier machte einen guten Job, die Anzeichen sprachen für die Spiele. Die Götter waren dem Claudier wohlgesonnen.


    Nun folgte sein Auftritt. Ein letztes Mal strich er sich über seine Kleider, dann bedeutete er den Sklaven, welche die Opfertiere mit sich führten, ihm zu folgen. Während er auf den vorbereiteten Altar und die glühenden Kohlebecken zu Schritt zog er sich einen Zipfel seiner Toga über den Kopf. Nun fehlte nur noch der Opferherr persönlich. Er schob die Hände in die Ärmel seiner Tunika und wartete darauf, dass der Claudier wieder zurück kam.



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    Tatsächlich hatte der Ianitor die Worte des Aedils verstanden, wobei er es doch etwas unhöflich empfand, dass der Claudier nicht gewillt war, persönlich mit ihm zu sprechen. "Der Leiter des Collegium Pontificium ist der ehrenwerte Manius Tiberius Durus. Am besten, du sprichst mit ihm oder sendest eine Anfrage an das gesamte Collegium, das sich dann darum kümmern wird." antwortete er daher, noch ehe der Sklave übersetzen konnte.

    Der zuständige Sekretär hörte sich die Erklärung an und nickte. "In Ordnung, wird eingetragen!" Da der Aurelier nicht gerade aussah, als wollte er noch viele Worte verlieren, verabschiedete man sich rasch und der Sekretär konnte sich wieder seiner Arbeit zuwenden. Dann aber fragte er doch noch: "Sine manu, nehme ich an?"
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    Die Geschichte, die der Jüngling nun auftischte, war allerdings erschreckend und überraschend zugleich. Dementsprechend wusste der Aedituus anfangs auch gar nicht, was er antworten sollte. Ein Mann, der nie in seinem Leben geopfert hatte? Wie hatten die Götter so etwas durchgehen lassen? Und eine Familie, die ihre Ahnen nicht ehrte? Die Larven und Lemuren mussten sie ja tagein tagaus peinigen!


    "Ähm, das...ist ungewöhnlich."


    stellte er daher erst einmal etwas verdattert fest. So etwas war ihm wirklich noch nicht passiert...


    "Wenn du...kein Lararium hast, dann...kannst du auch einen Altar improvisieren. Wichtig ist, dass er oben mit einer Rasensode bedeckt ist."


    begann er schließlich mit praktischen Tipps.


    "Aber...hast du denn keine anderen Verwandten, die dir bei dieser Angelegenheit helfen können?"


    Irgendwie war es doch etwas kompliziert, einem absoluten Neuling theoretisch zu erklären, wie man seinen Manen opferte. Wenn nichts half, würde er eben bei öffentlichen Zeremonien zusehen müssen, bis er das Wesentliche abgeschaut hatte.
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    Der Ianitor saß natürlich an seinem Platz in unmittelbarer Nähe zur Porta, allerdings stand er natürlich nicht ständig in derselben, um alle Besucher zu begrüßen, ehe sie ihn bemerkt hatten. Dementsprechend dauerte es eine Weile, bis er öffnete und überrascht feststellte, dass der Aedilis Curulis sich hierher begeben hatte. "Gern, gern! Was verschafft uns die Ehre?" fragte er daher überrascht. Was wollte ein Magistrat wohl hier? Die Archive der Pontifices besichtigen?
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    Ein seltsamer Jüngling war das: Völlig ziellos, völlig deplatziert und scheinbar auch völlig desinformiert! Wer brachte denn seinem Vater Opfer in den städtischen Tempeln (wenn er nicht der Kaiser, ein Divi Filius war)? So sah der Aedituus den Artorier etwas verwundert an und meinte beruhigend


    "Sei unbesorgt, die Manen deines Vaters werden sich über jede Opfergabe freuen, die du ihnen darbringst! Wenn du allerdings an eine größere Gabe denkst, dann solltest du eine Ziege wählen, am besten eine schwarze!"


    gab er dennoch einen kleinen Ratschlag. Und um auch den anderen Fehler zu berichtigen, führte er gleich noch an:


    "Und du solltest sie am besten zu Hause, vor deinem Lararium darbringen! Dort wird dir dein Vater besonders nahe sein!"


    Vielleicht stand ja auch noch die Genius-Statue des alten Herrn auf dem Hausaltar! Andererseits: Wer nicht einmal wusste, was man seinen Ahnen opferte, der konnte aus keinem besonders pietätvollen Elternhaus stammen!