Während Callista noch versuchte die auf sie eintrömenden Eindrücke zu verarbeiteten, kamen bereits neue dazu. Diesmal in der Form eines jungen Germanen, der sich an Marsus heranschlich, aber damit auch dessen Verlobte überraschte. Mit einem schüchternen Lächeln und in völliger Stille beobachtete das Schauspiel,es wirkte fast, als hätten sie sich lange nicht gesehen. Marsus ließ ihre Hand los und Callista rang einen Augenblick um Fassung, blickte einmal nervös zu den Frauen, die sich allerdings viel fröhlicher gaben. Nur sie schien so eine übersensible Frau zu sein und sich wegen alles und jedem Gedanken zu machen, die anderen sahen eher so aus als würden sie den Tag genießen. Selbst Elfleda schien recht entspannt und Callista fragte sich, wie die junge Braut das schaffte. Allein wenn sie nur daran dachte, dass ihr dasselbe nächste Woche bevorstand, hatte sie dicke, schwere Steine im Bauch. Und bekam Herzklopfen. Ihr Körper konnte eben noch nicht so recht entscheiden, ob er mehr Angst oder mehr Freude empfinden sollte. Daher beneidetete sie Elfleda ehrlich um ihre Haltung. Sie hoffte nur, ihre Tante würde es einrichten können, bis zu ihrer Hochzeit dabei zu sein. Ansonsten würde sie eine andere, erfahrene und verheiratete Frau fragen müssen, die sich um sie kümmern würde. Es gab da gewissen Dinge, bei denen sie einfach seelische Unterstützung brauchen würde...
Doch ihr Gedankenschwall wurde unterbrochen, als Marsus das Wort wieder an sie richtete. Oder viel eher, sie vorstellte, wie sie annahm, denn zwischen dem unverständlichen Germanisch erkannte sie ihren Namen, der sich allerdings etwas anders anhörte. Etwas weicher, wenn man ihn germanisch aussprach. Ihr gefiel das irgendwie gut, vor allem da die römische Aussprache den meisten hier eher schwer fiel. Und sie wollte ja niemandem irgendwelche Umstände bereiten. Als Marsus dann aber erzählte, dass Rufus fließend Latein konnte, hellte sich Callistas Gesicht tatsächlich auf und aus dem schüchternen Lächeln wurde ein offenes, freundliches. Gute Nachrichten für sie, noch jemand, mit dem sie würde sprechen können! Eigentlich machte sie gerade den Mund auf um die Begrüßung einzuleiten, doch der junge Rufus war schneller und sprach sie auf Latein an, nachdem er einige Dinge gesagt hatte, die sie wiederum nicht verstand. Anscheinend würde sie herum kommen mehr Germanisch zu lernen!!
Dann allerdings war sie überrascht, als Rufus sie nach ihren Griechisch Kenntnissen fragte, sie hatte ja zusammen mit Thalna Unterricht erhalten und etwas griechisch. Wobei es ihr bedeutend leichter fiel es einfach nur zu verstehen, anstatt es selbst zu sprechen. Allerdings gefiel ihr der Gedanke, dass es nun eine Sprache geben würde, sie außer Rufus und ihr wahrscheinlich hier niemand sprach. Dann würde Marsus gleich einmal sehen, wie sich das anfühlte! Mit einem ganz klein wenig schelmischen Lächeln sprach sie Rufus also auf - ganz einfachem - Griechisch an.
"Chaire Rufus. Ti kànis?" (Sei gegrüsst Rufus, wie geht es dir?) Für den Rest wechselte sie dann aber auch ins Latein, denn erstens war ihr Griechisch nicht gut genug und zweitens wollte sei auch, dass Marsus es verstand. Sie hätte es als unhöflich empfunden, jetzt nur noch griechisch zu sprechen, außerdem war es schon anstrengend genug zwischen zwei Sprachen hin- und herzuwechseln. "Es freut mich sehr deine Bekanntschaft zu machen, Duccius Rufus. Da ich noch nie in Alexandria war muß ich deinen Worten Glauben schenken und bis jetzt hat sich Mogontiacum als sehr schöne Stadt entpuppt. Die Menschen sind sehr freundlich zu einer Römerin, die nicht mal die Hälfte versteht." Sie grinste leicht und blickte dann zwischen den anderen hin und her. Zwischen den vieren entspann sich dann wieder eine Unterhaltung auf Germanisch und Callista begnügte sich damit bei Marsus zu stehen, sich an seiner Hand festzuhalten und die Leute zu beobachten. Das sollte fürs erste reichen.