Beiträge von Prudentia Callista

    Erschrocken und auch ein wenig peinlich berührt reagierte Callista auf den letzten Satz ihrer neuen Verwandten. Aber natürlich, sie wusste doch selbst, wie sie sich bei ihrer Ankunft gefühlt hatte. Wie unaufmerksam von ihr, sie wurde ein bisschen rot. Thalna musste sie für sehr unhöflich halten und vielleicht sogar ein bisschen dumm. Sie drehte sich zu der Sklavin um, die immer noch hinter ihr stand.


    "Richte bitte das Triclinium vor, damit wir dort zusammen kommen können, auch etwas zu essen und zu trinken brauchen wir. Sag Balbus Bescheid, dass wir dort sind. Und lass Vodafonis kommen." Ihre Befehle waren kurz und knapp, aber sehr nett vorgebracht. Keine herrischen Manieren, sondern ein sanfter Ton, der fast schon wie eine Bitte klang. Aber nur fast, denn Callista war es gewöhnt, dass man tat was sie sagte. Sie schaute zu Thalna und die vielen Sklaven, die um sie herum wurschtelten. Sie hatte anscheinend auch einen Leibwächter, der sich direkt hinter ihr aufgebaut hatte.


    "Es tut mir leid, Thalna, du musst müde und hungrig sein. Komm, wir gehen ins Triclinium, dort kannst du dich erst mal ausruhen. Das Haus verfügt auch über ein eigenes, sehr luxuriöses Bad, ich habe es gestern in Anspruch genommen und war herrlich entspannt danach. Wenn ich richtig informiert bin, steht ein weiteres Cubiculum frei, man wird deine Sache dorthin bringen."


    Noch während sie gesprochen hatte, tauchte plötzlich Vodafonis hinter ihr auf. Callista beauftragte sie damit, zu beaufsichtigen, dass alles, was Thalna bei sich hatte, dort ankam. Die Mädchen dagegen machten sich auf den Weg ins Speisezimmer und Callista hoffte, dass man bereits in der Küche dafür sorgte, dass die Blonde bald etwas zu naschen fand. Vielleicht würde man ja später noch ein richtiges Essen einnehmen, mit allen zusammen?

    Callista beobachtete die junge Frau und lauschte gespannt, was sie zu sagen hatte. Dass sie sich nur mit ihrem Rufnamen vorstellte, fand Callista seltsam. Es war wirklich nicht klar, warum sie hier wohnen sollte. Doch Schraubzieris sah das wohl anders, denn er winkte Thalna herein und zeigte den Sklaven wo sie das Gepäck fürs erste Abstellen konnten.


    "Ich werde den Herrn über deine Ankunft informieren, Prudentia Thalna." Sagte der Ägypter und verschwand, dabei kurz auf Callista blickend. Hatte er etwa extra den vollen Namen der anderen genannt, damit Callista wusste, wer sie war und sich vorstellen konnte. Callista war fast gewillt dies anzunehmen und schenkte ihm ein kurzes Lächeln. Dann wandte sie sich aber wieder dem Neuankömmling zu, noch jemand, der mit Balbus verwandt war! Sie nannte ihn Onkel und sie fragte sich, in welchem Rahmen sie wohl mit ihr verwandt war. Dann nahm sie sich ein Herz und trat vor.


    "Salve. Ich bin Prudentia Callista, freut mich dich kennenzulernen. Du bist also eine Nichte von Tiberius Balbus? Wie schön. Er hat mir gar nicht erzählt, dass du kommst. Aber ich bin ja auch erst seit gestern hier." Callista lächelte und war sich nicht sicher, ob sie Thalna umarmen sollte. Sie machte irgendwie nicht wirklich den Eindruck, als würde ihr sowas zusagen. Erstmal abwarten, was sie antwortete.

    Eigentlich war Callista gerade auf den Weg in den Tempelbezirk um sich anzumelden. Um Iuno Priesterin zu werden. Eigentlich war Callista das schon den ganzen Tag, doch es war immer irgendwie was dazwischen gekommen. Sie war ja erst gestern angereist und obwohl die Sklaven des Hauses genug Zeit gehabt hatten, gab es doch immer noch mehr zum einräumen und auspacken und da keiner Callista kannte, fragten sie immer ganz nett, wo sie was haben wollte. Daher kam es, das es bereits Nachmittag war, als sie endlich fertig war das Haus zu verlassen. Sie hatte Balbus heute noch nicht gesehen, nahm aber an, er wäre beschäftigt - so wie gestern auch, als sie angekommen war. Er schien ein überaus eifriger Mensch zu sein, aber es stand ihm gut zu Gesicht.


    Schraubzieris saß, wie gestern, auf einem kleinen Schemel neben der Tür und sah seine Herrin mit einem freundlichen Grinsen an, als diese auf ihn zu marschierte. Auch Callista schaute ihn an und lächelte, eine der jüngeren Sklavinnen folgte ihr, damit sie nicht alleine das Haus verließ. Gerade, als der ägyptische Türöffner die Hand ausstreckte um die Tür zu öffnen konnte man ein Klopfen hören und einige leise Stimmen. Verblüfft schaute der Sklave einen Moment zu lange und ein weiteres Klopfen ertönte. Schnell öffnete die Türe und blickte auf eine junge Dame, die davor stand. Blondes Haar und braune Augen, dazu eine allzu weltmännische Ausstrahlung und ein ganzes Geschwader als Sklaven, die mit ihrem Hab und Gut bereits so gut wie auf der Türschwelle waren.


    "Ja, bitte, was kann ich für dich tun?" fragte er direkt und hatte seine Überraschung bereits wieder unter Kontrolle. Callista dagegen beobachtete gespannt den Neuankömmling. Wer war das? Sie lächelte ihr freundlich zu und blieb stehen, wo sie war, neugierig wie immer.

    Zitat

    Original von Tiberius Prudentius Balbus
    Nachdem alles erledigt war konnten wir den Sklavenmarkt wieder verlassen und so bewegte ich mich dann auch, Callista im Schlepptau, von jenem Ort fort.
    "Es ist auch nicht unbedingt wenig, aber er sieht aus, als ob er es tatsächlich wert ist. Falls nicht, werde ich mir sicherlich mit dem Händler über eine Teilerstattung einig. Sofern er hier auch weiterhin Sklaven verkaufen will..."


    Callista nickte, sie hatte etwas gelernt und auch wenn sie sich nicht würde zutrauen, einen eigenen Sklaven zu kaufen, so wußte sie nun wenigstens wie so etwas ablief. Sie hoffte, der Grieche würde die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen, so dass ihr Onkel zufrieden sein konnte. Sie selbst tjedenfalls war mehr als gespannt, sie konnte nur wenig Griechisch und schon gar kein Ägyptisch. Vielleicht konnte sie noch etwas von ihm lernen. Sie lächelte Balbus an.


    "Aufregend. Er wird also heute zu uns gebracht. Bist du sicher, dass das auch geschieht? Was ist, wenn er wegläuft? Auf dem Weg zu uns?"

    Fasziniert war sie wirklich und der Blick aus ihren braunen Augen flog nur so von einem Gebäude zum nächsten, es war einfach beeindruckend und Callista merkte gar nicht, wie ihr der Mund leicht offen stand als sie alle Eindrücke aufzunehmen versuchte. Die Tempel waren kolossale Bauten, reich geschmückt und sie wirkten so erhaben, so … göttlich eben. Sie schaute sich um und sah die vielen Menschen, auf dem Weg um den Göttern zu huldigen, manche plauderten miteinander, andere kauften Opfertiere ein und alles in allem war es ein ziemliches WirrWarr hier direkt vor den Tempeln. Crassus sprach sie an und sie wandte sich ihm zu.


    "Ja, das ist es wirklich. Einfach atemberaubend, ich hätte nicht gedacht, wie schön die Tempel hier in Rom sein können." Callista machte große Augen und lächelte ihn an. "Ja, eine große Aufgabe ist es bestimmt. Und eine erfüllende, wie ich hoffe. Aber schon allein den Anblick der Tempel öfter genießen zu dürfen, ist einiges wert." Sie grinste ihn an und fühlte sich auf einmal sehr ausgelassen, die Vorfreude in ihr wuchs mit jedem Schritt den sie gingen, aber auch ihre Angst, dass die Göttin Iuno ihr Opfer ablehnen könnte.

    Sie hatte es geahnt, natürlich sah er das Ganze anders. Auch wenn ihre Bekanntschaften mit Männern eher als gering oder auch nicht vorhanden zu beschreiben waren, konnte sie seinen Gesichtsausdruck gut genug interpretieren. Er hielt sie für dumm und unerfahren! Sie wusste, dass ihre ländliche Erziehung durchgegriffen hatte, dass sie zu nervös und beschämt gewesen war, solche Kleider anzuziehen und sich in diesen auch noch zu zeigen. Er hielt sich sicher für ein Kind. Callista blickte zu Boden. Sie hätte am liebsten einmal laut aufgeseufzt, aber das wollte sie jetzt auch nicht, dazu gab es hier zu viele Zuschauer. Der Händler gab die zwei Kleider, die Callista kaufte dem Sklaven, der ihm wiederum die entsprechenden Münzen reichte. Callista blickte zu Flavus.


    "Ja, ich habe alles. Vielen Dank für deine Hilfe." Sie lächelte ihn schüchtern an und blickte dann wieder in eine andere Richtung. Ihr war das alles peinlich und das wiederum wollte sie nicht zugeben.

    "Danke" sagte sie artig auf seine Glückwünsche und lächelte ihn selig an. Sie war wirklich aufgeregt und gkücklich, dass Balbus ihr das erlaubt hatte.


    Sie gingen nebeneinander her und bald schon war der Tempelbezirk zu sehen. Schon von weitem erkannten man die typischen Gebäude und die Aufregung in Callista wurde sogar noch etwas größer. Sie grinste Crassus an und musste sich bemühen, ihren Schritt nicht zu beschleunigen.

    Callistas Wangen röteten sich fast augenblicklich, als Flavus anfing, sie so mit Komplimenten zu umschmeicheln. Sie war es wirklich nicht gewöhnt und es machte sie verlegen. "Danke." sagte sie nur leiser und lächelte ihn an. Sie wußte nicht recht, was sie antworten sollte. Allerdings rettete der Händler sie davor, sich wieder in einem dummen Gestottere zu blamieren. Er reichte ihr zwei Kleider, die sie anprobieren sollte und so verschwand sie schnell hinter dem Vorhang, glücklich dem musternden Blick von Flavus entfleuchen zu können.


    Sie nahm eins der Kleider und blickte es an, doch es war beinahe durchsichtig. Wahrscheinlich hatte Flavus Kommentar den Händler dazu veranlasst, richtig tief in der Kiste mit den aufreizenden Kleidern zu suchen. Schnell hielt Callista das andere Kleid hoch und sah, dass es ebenso durchsichtig war. Sie biss sich auf die Lippe, das ging zu weit. Sie würde ja halbnackt in diesen Kleidern aussehen! Das würde Balbus nicht gutheißen, bestimmt nicht. Und sie fühlte sich ja so schon nervös. Ihr Blick glitt an dem roten Kleid herunter, dass sie immer noch trug, nein, das musste reichen. Mehr traute sie sich nicht.


    Daher zog sie wieder ihr eigenes Kleid an, und legte das gelbe und das rote über ihren Arm. Die beiden würden sie kaufen und damit musste sich der Händler zufriedengeben - ob er nun begeistert war oder nicht. Mit einem entschuldigenden Lächeln verließ sie den Umkleideraum.
    "Vielen Dank, ich nehm die zwei." sagte sie zum Händler gewandt und blickte dann zu Flavus. "Die letzten beiden waren einfach zu aufreizend. Ich kann nicht verstehen, wieso eine Frau sowas anzieht. Man sieht doch ... alles." Leichte Empörung schwang in ihrer Stimme mit. Er als Mann sah das aber wahrscheinlich ganz anders.

    Er hatte es geschafft! Sie besaßen nun einen Griechen! Nun ja, ihr Onkel besaß einen Griechen, aber dadurch wurde Callistas Aufregung nicht geringer. Sie ließ es sich nicht nehmen, bei dem Gespräch mit dem Sklavenhändler dabeizusein, dem sie ein höfliches Lächeln schenkte. Alles war spannend, in ihren unerfahrenen Augen und sie hätte gerne mehr erfahren. Dennoch wollte sie nicht in der Öffentlichkeit ländlich erscheinen und verschob ihre Neugier auf später. Auf ein Später, wo dumme Frage keine hochgezogene Augenbraue oder ein spättisches Grinsen bewirken würden.


    Sie wandte sich an ihren Onkel, nachdem er die Formalitäten mit Titus Tranquillus geregelt hatte."Spannend, mein lieber Onkel, das war es wirklich. Ich hoffe nur, dass er deine Erwartungen erfüllt. Ich meine ... also ... 5.000 Seserzen, das wirkt unheimlich viel."

    Das gemeinsame Abendessen mit Balbus war beendet und Callista, schläfrig ein Gähnen unterdrückend, ging durchs Haus und in ihr Cubiculum. Es war kein Sklave anwesend, was sie aber nicht störte, sie konnte durchaus sich selbst ausziehen und sie ein Nachthemd anziehen. Was sie dann auch tat und Kleid und Sandalen fein säuberlich zur Seite stellte bzw. legte. Sie kroch unter die Decke und schon, als ihr Kopf das Kopfkissen berührte, war sie in einen tiefen Schlaf gefallen. Zeit, sich den Tag und das Erlebte nochmal durch den Kopf gehen zu lassen, blieb ihr da nicht.

    Sie nickte. "Genau wie ich, ich war auch noch nicht bei den Tempeln. Ich hoffe, deine Reise ist angenehm und nicht so langweilig wie meine. Grüß mir meine Heimatstadt." Sie grinste. Es war irgendwie sehr witzig, dass er zurück nach Mantua ging, wo sie hier angekommen war. Wahrscheinlich war seine Anwesenheit in Mantua ungleich bedeutender als ihre dort.


    Sie überlegte einen Moment, doch dann hielt ihre Plauderlaune doch an und sie sah zu ihm hoch. Warum nur waren alle Männer, die ihr begegneten gerade soviel größer, dass sie hoch sehen musste? "Heute werde ich auch bei der Verwaltung der Tempel vorbeisehen, mein Onkel hat einer Ausbildung zur Iunopriesterin zugestimmt und ich will mich dafür anmelden."

    Sie war vielleicht jung, naiv und unerfahren, aber diesen verwirrten Gesichtsausdruck der drei Männer konnte sie nur allzu gut mit ihrer Erscheinung in Verbindung setzen. Sie wusste, dass man ihren Körper gut erkennen konnte, durch den dunkelroten Stoff ihres Kleider hindurch. Die Frage war nur, schickte sich das? Wenn nur ihre Tante da wäre oder sie ihr einfach einige Kleider kaufen könnte, nein, stattdessen verließ sich Callista auf das Urteil eines Fremden. Eines netten und höflichen Fremden, der zudem kandidierte und eine Karriere vor sich hatte - aber dennoch nur ein fremder Mann. Was hatte ihre Mutter ihr immer gesagt? Sie sollte nicht mit Fremden mitgehen, selbst wenn diese ihr Dinge anboten? Sie grinste leicht, als ihr klar wurde, dass es anders herum war, sie hatte ihm etwas angeboten und er war mitgekommen. Sein Blick auf ihrem Körper machte sie leicht nervös, dennoch lächelte sie.


    "Danke, dass ist sehr lieb von dir. Aber der Kaiserin möchte ich keinesfalls Konkurrenz machen. Es muss nur…" Sie suchte nach dem richtigen Wort. "…angemessen sein." Dann wandte sich der Händler an sie und sie nickte erfreut. Da die beiden ersten Kleider schon eine gute Auswahl darstellten, wollte sie auch gerne das dritte Kleid hier kaufen. Denn innerlich hatte sie sich schon längst entschieden, das gelbe und nun auch das rote Kleid zu kaufen. Das dritte war dann eine Geldfrage. Aber schauen kostete ja nichts, richtig? "Ja, bring mir noch eins. Hast du etwas Blaues oder Grünes?" Fragte sie und sah dem Händler hinterher, der mit einem freundlichen Nicken verschwand und durch seine Ware stöberte. Was den beiden, oder eigentlich den dreien, aber der Sklave zählte ja nicht wirklich, etwas Zeit für sich gab.


    "Und du meinst nicht, dass das Kleid etwas zu … also … zu durchsichtig ist?" Callista blickte Flavus an, rührte sich aber nicht und stand immer noch nahe des Umkleideraumes.

    Callista blickte vom Händler zum Sklaven zu Flavus und die ganze Reihe wieder zurück, alle drei lächelten und nickte erfreut. Aber nur Flavus ergriff das Wort und er schien ein wenig … durcheinander. Schnell blickte Callista an sich herab, war etwas falsch? Saß das Kleid nicht richtig? Sie konnte jedenfalls keinen Fehler erkennen und er machte ihr ja auch ein Kompliment. Allerdings verhalten, das entging ihr nicht. Sie nickte, als er ihr sagte, dass sie auch etwas Moderneres kaufen sollte, genau deswegen hatte sie ihn ja gebeten mitzukommen. Sie war noch nie auf einer feinen Gesellschaft gewesen, doch das würde wahrscheinlich bald auf sie zukommen. Und sie wollte ihrem Onkel keinesfalls eine Schande machen, in dem sie wie eine Landpomeranze aussah. An ihren Manieren konnte man noch feilen, aber die Ausstattung musste einfach stimmen.


    Sie lächelte erst Flavus zu, der das Verkaufsgespräch übernahm und wartete, bis der Händler zurück kam. Er reichte ihr ein Kleid in einem wunderschönen weinrot, dazu eine passende Stola. Es sah beinahe etwas Purpur aus, aber dafür war es zu rot. Die Nähte waren mit Goldfäden durchzogen und an beiden Schultern prangten zwei kleine, goldene Fibeln, die den Stoff zusammen hielten. Der erste Eindruck von dem Kleid war überwältigend und sie nahm es ehrfürchtig entgegen. Sie hatte noch nie etwas mit Gold besessen, also jedenfalls kein Kleid. Sie nickte dem Händler zu und verschwand wieder hinter dem Vorhang, stieg aus dem gelblichen Kleid und zog das rote über. Beinahe verhakte sie sich an einem Ärmel, aber sie konnte schließlich niemanden herein bitten, um ihr zu helfen. Höchstens den Sklaven, doch selbst das war ihr peinlich. Sie hätte eben doch Vodafonis mitnehmen sollen.


    Doch dann war sie schlussendlich bekleidet und sah an sich herunter. Nun fiel ihr etwas auf, das sie so vorher nicht bemerkt hatte. Der Stoff war durchscheinend! Nicht dünn oder durchsichtig, aber man konnte die Konturen ihres Körpers erkennen. Verwirrt blickte sie an sich herab, spannten den Stoff etwas, überprüfte und vergewisserte sich. Sie wurde nervös. Wieder einmal. Sollte sie jetzt etwa so rausgehen? War das modern? Den tiefen Ausschnitt, der den Ansatz ihrer Brüste freigab, den hätte sie ja noch verkraften können, aber ein durchscheinendes Kleid!? Sie atmete dreimal tief durch und beschloss dann, auch diese Hürde zu nehmen. Wenn das jetzt modern war, dann war das eben so. Mit einem schüchternen Lächeln ging sie also wieder in den Verkaufsraum.

    Fünftausend!? Callista blickte zu ihrem Onkel hoch und schlug die hand vor den Mund. Fünftausend!? Das war ja beinahe schon ... irre. Irre viel. Für einen Sklaven! Sie blickte noch mal zu dem Griechen, dann zu ihrem Onkel und zu dem anderen Mitbieter, den sie natürlich nicht kannte. Es sah ganz so aus, als hätte dieser seine Schmerzgrenze erreicht und stieg aus. Fünftausend!? Sie hoffte wirklich, dass sich ihr Onkel nicht getäuscht hatte und der Sklave seinen Preis wert war.

    Callista blickte zu Flavus und nickte. "Ja, das sollte ich wohl."
    Dann blickte sie sich um, gab es hier sowas wie einen abgetrennten Bereich, wo sie sich umziehen konnte. Niemals würde sie sich in aller Öffentlichkeit ausziehen, nun ja, beim Frauentag in der Therme konnte man von sowas absehen, aber hier? Vor zwei Fremden? Sie sah sich suchend um.


    Der Händler sah ihre Misere und winkte sie weiter nach hinten in den Laden und siehe da, mit einigen Stoffbahnen hatte er einen Raum des Ladens abgetrennt. Callista lächelte ihm dankbar zu und schlüpfte durch den Vorhang hinein, den Sklaven mit einer unwirschen Handbewegung wegschickend. Sie konnte sich allein anziehen! Mit einigen gezielten Handgriffen war sie auch schon aus ihrer Tunika gestiegen und sah sich noch einmal um, dass auch wirklich niemand zuguckte und der Vorhang auch an den Seiten zugezogen war. Dann zog sie die gelbe Tunika über und schloss die Bänder, zwei über den Schultern und dann noch mal am Oberarm und Ellenbogen. Sie strich den Stoff glatt und sah an sich herunter. Ging das nur ihr so, oder sah sie darin … irgendwie … sehr fraulich aus? Ihre Vermutung, die ihr während ihres ersten Bades im Haus ihres Onkels gekommen war, drängte sich auch diesmal wieder auf und sie zuckte die Schultern. Selbst wenn es so war, daran ändern konnte sie nichts und im Grunde war es ja auch etwas erfreuliches.


    Nach einem tiefer Atmer, schob sie das Tuch zur Seite und betrat wieder den Verkaufsraum, wo mittlerweile drei Männer standen und sie ansahen. Ihr Sklave, der Händler und Flavus.

    Er blickte erst fragend, dann grinste er und Callista sah ihn nur noch verwirrter an. Es machte ihm nichts aus? Über die Anzüglichkeit der ganzen Situation machte sie sich im Moment keine Gedanken, ganz im Gegenteil, sie war noch gar nicht darauf gekommen, wie anzüglich man es eigentlich auffassen konnte. Das fragende und leicht bestürzte Gesicht ihres Sklaven erst machte es ihr bewusst und sie hatte Angst, dass diese es ihrem Onkel verraten würde. Doch nun konnte sie Flavus nicht mehr wegschicken, nicht, nachdem sie ihn dazu aufgefordert hatte ihr zu helfen. Und genau das war, was er tun sollte, ihr bei der Auswahl helfen. Sie nahm sich fest vor, so wenig unangenehme Situationen wie möglich zu schaffen und betrat daher den Laden. Nicht ohne Flavus vorher noch einmal anzulächeln.


    Im Inneren des Geschäftes sah sie nicht nur viele unterschiedliche und farbigen Stoffe, aufgerollt und darauf wartend in ein Kleid verarbeitet zu werden, sondern auch fertige Kleidung für Männer und Frauen. Sie blickte sich einen Moment um und lächelte, es war einfach herrlich hier. Alles hatte eine gute Qualität und war sehr sauber verarbeitet, sicherlich ließ sich hier etwas finden. Sie brauchte drei Kleider oder hatte jedenfalls vor nicht mehr als drei zu kaufen, Sandalen hatte sie ja jetzt auch schon. Ihr fiel ein gelbliches Kleid auf, das schlank geschnitten war und an Ärmeln und Saum immer dunkler wurde, bis es rötlichbraun war, ganz so wie ihr Haar. Der Verkäufer kam auf sie zu und begrüßte sie und Callista ließ sich das Kleid anreichen um es genauer zu betrachten. Am Kragen waren kleine Perlen, wahrscheinlich falsche, angebracht, die sanft schimmerten und glitzerten und auf die Bänder, die das Kleid an ihren Schultern hielten waren ebensolche Perlen angebracht.


    Fragend blickte sie zu Flavus.

    Callista mochte die Entspannung, die das Schweigen zwischen ihnen hervorbrachte, doch leider war dies auch eine gute Grundlage für ihre Müdigkeit. Es war ein langer Tag gewesen, sie hatte beinahe zehn Stunden in der Reisekutsche gesessen, dann die Aufregung ihrer Ankunft, das Bad und jetzt die Stille und Ruhe mit dem Blick auf den Garten. Nur halbherzig unterdrückte sie ein Gähnen, dann erhob sie sich. Es hatte nicht gewirkt, als wenn Balbus noch viel zu sagen hatte.


    "Ich werde mich jetzt zurück ziehen, Onkel. Der Schlaf bemächtigt sich meiner und ich will im Bett liegen, bevor er gewinnt."


    Sie lächelte und gab ihrem Onkel dann noch einen zögerlichen Kuss auf die Wange.


    "Gute Nacht."

    Callista blickte verwirrt von der Frau, die sie nicht kannte, zu ihrem Onkel und zurück. Sie selbst verhielt sich mucksmäuschenstill, nur ihre Stirn war leicht gekräuselt, weil ihr die Summe sehr hoch vorkam. Sie hatte ja, wie gesagt, keine Ahnung von den Preisen und nur, weil ein Sklave gebildet war, soviel Geld zu bezahlen. Zumal es mehr den Eindruck machte, als würde der Kauf sich nicht mehr wirklich um den Sklaven drehen. Was dieser wohl dachte? War er stolz, dass sich zwei um ihn stritten? Es würde spannend werden, wie sich das alles entwickeln würde und Callista lauschte angestrengt. Wahrscheinlich würde sie heute noch eine Menge lernen können.

    Callista hatte ihren Becher mit dem mit Essig zugesetzten Wasser geleert und ließ sich von einem Sklaven, der sich dezent im Hintergrund gehalten hatte, nachschenken. Sie wußte nicht so recht, was sie jetzt sagen sollte. Auf der Reise hierhin hatte sie sich ganz viele Fragen zurechtgelegt, doch waren die meisten davon schon wieder aus ihrem Kopf verschwunden. Außerdem wollte sie nicht den Eindruck eines Plappermäulchen machen - wenn sie das nicht eh schon getan hatte.


    Sie spürte, ganz sanft, wie sich Müdigkeit in ihr ausbreitete und setzte sich etwas bequemer hin und nippte wiederum an dem Wasser. Es machte auch nicht den Eindruck, als wenn Balbus noch viele Fragen an sie hatte und so ließ sich Callista auf etwas ein, das man in ihrer Nähe nur selten erlebte; Schweigen.