Beiträge von Lucius Iunius Merula

    Alexandria! Einige Atemzüge ließ sich Merula durch den Kopf gehen, was er über die Metropole im südöstlichen Teil des Reiches wusste. Nicht allzu viel, wie er festellen musste. Doch sein Griechisch war gut, ihn plagten keine Sorgen gegenüber der Fremde. Und als der Senator angefangen hatte, vom Bedarf in fernen Teilen des römischen Hoheitsgebiets zu erzählen, hatte sich der junge Iunier schon in weit schlimmeren Gegenden wie Syrien oder Mauretanien sitzen sehen. Seine Antwort stand somit fest:
    "Alexandria klingt gut. Ich wäre damit einverstanden."

    Bei den Worten des Avarus ging dem Iunier für einen kurzen Moment der Gedanke durch den Kopf, wie weit sich doch das römische Reich erstreckte und an welch abgelegenen Orten die Beamten des kaiserlichen Postdienstes ihre Arbeit verrichteten. Doch Merula hatte sich das alles bereits gut überlegt, bevor er die Anfrage an den Legatus Augusti verfasst hatte.
    "Ja, ich denke schon. Ein Stationarius ist der Leiter einer der zahlreichen Poststationen. Mit allem was dazu gehört: Also die Entgegennahme amtlicher und privater Sendungen, die Versorgung der Boten, die Erledigung der Buchhaltung.
    Und wenn mir das Vertrauen geschenkt werden sollte, einen solchen Posten auszufüllen, wäre ich auch bereit, dies fernab von Italia zu tun."

    "Als Sacerdos Publicus, ja." Falls der LACP das mit dem Begriff Priester meinte.
    Merula zögerte einen Moment. Er wollte dem Germanicus gegenüber, der aufgrund seiner Herkunft und Stellung mit öffentlichen und religiösen Angelgenheiten wohl sehr bewandert war, nicht besserwisserisch auftreten. Er fügte schließlich nur noch erklärend hinzu: "Wie du sicher weißt, Senator, beinhalten diese Ämter fast ausschließlich administrative Aufgaben. Von der Regelung der finanziellen Angelenheiten der Tempel über die Organisation der Tempeldiener bis hin zur Planung von Zeremonien und Bereitstellung der geweihten Stätten für private und öffentliche Opfer."

    "400 Sesterzen!" rief Merula, der irgendwo im Getümmel stand und von dort aus das Geschehen gut im Blick hatte. Eigentlich hatte er vorgehabt, seinen Wettgewinn von den Ludi Apollinares in ein neues Pferd zu investieren. Und eigentlich brauchte er auch gar keine Sklavin. Er hatte ja Celsa, den Freigelassenen seines Vaters, der ihn schon oft genug seiner Nerven beraubt hatte. Mit Sklaven hatte der Iunier noch nie allzu viel anfangen können; sie langweilten ihn zumeist nur.
    Doch wie so oft traten auch hier seine charakterlichen Eigenheiten in den Vordergrund. Innerhalb von Sekunden konnte er seine Meinung ändern, konnte alles über den Haufen werfen, was eben noch fest beschlossen schien.
    Und mit seinem eigenen Geld hatte Merula noch nie vernünftig haushalten können. Warum also jetzt damit anfangen?

    Es kam keineswegs überraschend für Merula, dass sein Gegenüber nicht viel mit dem Namen und Anliegen des Iuniers anzufangen wusste. Wahrscheinlich wurde der Senator tagtäglich mit den Namen unzähliger Bittsteller und Besucher konfrontiert, so dass Merula noch einmal den Grund seines Besuches in knappen Worten zusammenfasste:
    "Ich habe vor einigen Tagen schriftlich wegen einer möglichen Beschäftigung als Stationarius beim Cursus Publicus angefragt. Und mir wurde bestätigt, dass eine solche Möglichkeit grundsätzlich bestünde."

    Merula war dem Diener gefolgt und so in diesem mittelgroßen Raum der Casa Germanica gelandet. Ein wenig Nervosität hatte sich seines Körpers bemächtigt. Außerhalb von Rom traf man eben nur selten auf solch bedeutende Männer wie den Legatus Augusti des kaiserlichen Postwesens. Doch er schob solche Gedanken beiseite, betrat das Zimmer ohne Zögern und stellte sich dem Mann auf der Liege erst einmal vor:
    "Salve Senator Avarus! Ich bin Lucius Iunius Merula. Ich danke dir, dass du ein wenig Zeit für mich erübrigen kannst."

    Merula nahm sich vor, der Fortuna ein Opfer darzubringen, da er scheinbar zufällig einen der seltenen Zeitpunkte für seinen Besuch ausgewählt hatte, an dem sein Ansprechpartner zu Hause war. Derweil aber folgte er dem Sklaven in das Haus.

    Zitat

    Original von Aulus Flavius Piso


    "Wirtschaftlich tätig? Du meinst als Gewerbetreibender?" fragte der Iunier scheinbar erstaunt, als ob so etwas für ihn, den eigenwilligen Lucius Iunius Merula, überhaupt nicht in Frage käme.
    "Aber nein",schüttelte er den Kopf. "Ich bin in der Verwaltung von Misenum tätig. Und ansonsten investiere ich viel Zeit und Geld in meine Pferde und meine Bücher."
    Als der Patrizier die Sprache auf Merulas iunische Herkunft brachte, musste der Misener lächeln: "Um ehrlich zu sein: Die Ahnentafel meiner Familie weist doch ein paar Lücken auf. Aber wenn du den angeseheneren und einflussreicheren Mitgliedern der Familie die gleiche Frage stellen würdest, bekämest du wohl ein überzeugtes 'Natürlich' zur Antwort."
    Eigentlich wollte Merula noch etwas zu dem Thema hinzufügen, doch in diesem Moment lenkten die Ereignisse auf der Rennbahn seine Aufmerksamkeit weg von Stammbäumen und hin zu Pferdegespannen:
    "Hast du das gesehen? Wie fährt dieser Tolimedes denn die Kurve an!"
    Die Gesichtsfarbe des Iuniers verfärbte sich dabei in ein ungesundes rot. Immerhin sollten ja schon erregte Zuschauer während eines Rennens einem Herzinfarkt erlegen sein.

    Zitat

    Original von Aulus Flavius Piso


    Ein großer Spieler schien dieser Piso nicht zu sein. Merula zuckte nur leicht mit den Schultern. Wahrscheinich war es besser so. Die Gegner im Finallauf würden wohl eine weitaus größere Herausforderung für Mehaf und Tolimedes darstellen.
    Mit einem Lächeln nahm er den Aureus entgegen und ließ ihn in unter seiner Tunika verschwinden.
    "Guter Fisch ist nicht so einfach zu finden. Ich werde mir den Tipp merken, danke." So wie der Mann seine Produkte bewarb, konnte ihn sich Merula auch gut als Verkäufer auf dem Misener Marktplatz vorstellen.
    "Ich kannte mal einen Mann, der viel Geld in den Aufbau einer Karpfenzucht investiert hatte. Doch leider ohne Erfolg. Sie sind alle verendet, noch ehe sie groß genug für den Verkauf waren."
    Erst jetzt schenkte der Misener seinem Wettgegner mehr Beachtung. Bisher hatte das Renngeschehen seine ganze Aufmerksamkeit beansprucht.
    "Gehörst du eigentlich zu den senatorischen Flaviern?"
    Den Namen Flavius trugen nun einmal auch viele Freigelassene und Neubürger, und der Iunier konnte kaum glauben, hier auf ein Mitglied der 'alten' Flavier gestoßen zu sein.


    Sim-Off:

    Danke

    Zitat

    Original von Aulus Flavius Piso


    Bis zur Zieldurchfahrt und sogar noch etwas länger musste Merula zittern, denn er selbst hatte zwar auch sogleich Tolimedes auf dem dritten Rang einfahren sehen, doch galt es zu überprüfen, ob das nicht vielmehr seinem Wunschdenken als dem tatsächlichen Ergebnis entsprach.
    Als ihm dann das erfolgreiche Abschneiden von Mehaf und Tolimedes von einigen Sitznachbarn bestätigt wurde, konnte auch der Iunier seinen Sieg voll auskosten: "Nichts mit Untergang, Piso! Ich würde vielmehr von der Wiedergeburt des erfolgreichen Venetarennstalls sprechen."
    Vielleicht überstrapazierte Merula sein Glück nun, doch zuversichtlich wie er nach dem überzeugenden Auftritt der Blauen war, bot er dem Flavier sogleich eine neue Wette an: "Ich biete noch einmal 100 Sesterzen. Dass ein Blauer heute den Sieg davon trägt."

    "Salve. Ich bin Lucius Iunius Merula und ich hoffe, den Senator Germanicus Avarus wegen einer Anstellung im Cursus Publicus sprechen zu können.
    Wir standen diesbezüglich bereits schriftlich in Kontakt."

    Das Schreiben des Senators trug der Iunier bei sich, falls der Sklave einen Blick darauf werfen wollte.

    Einige Tage nach Ende der Ludi Apollinares hatte sich Lucius Iunius Merula zum Anwesen der Gens Germanica unweit des Marcellustheaters aufgemacht.
    Dort stand er nun an der Porta und klopfte an, um seinem Anliegen Gehör zu verschaffen.

    Zitat

    Original von Aulus Flavius Piso


    Gerade noch rechtzeitig war es Merula und seinem Begleiter gelungen, einen Platz in dem dicht gefüllten Block der Venetaanhänger ausfindig zu machen. Denn kaum hatten sie ihr Ziel erreicht, ertönte bereits das Startsignal, das die sechs Aurigae ins Rennen schickte.
    Merula wurde sofort von der Spannung des Rennens mitgerissen. Nervös kaute er auf seinen Fingernägeln und vergaß beinahe seinen Nebenmann. Erst als die Startphase überstanden war und der Lärmpegel ein wenig nachgelassen hatte, wandte er sich erklärend an Piso.
    "Siehst du den Fahrer auf Bahn sechs. Das ist Tolimedes, unser Bester."
    Doch auch der etwas schwächere Start von Mehaf und Casetorix brachte den Misener vorerst nicht von seiner optimistischen Einstellung ab: "Ich bin sicher, die beiden sparen die Kräfte ihrer Gespanne für den Schlussspurt."

    "Danke Duumvir! Ich werde nicht lange brauchen."
    Merula betrat das Officium seines Vorgesetzten und nahm am Schreibtisch Platz.
    "Ich denke, der Umzug war ein großer Erfolg. Ein großer Tag für Misenum."
    Er machte eine kurze Pause, dann widmete er sich wieder dem Grund seines Besuches: "Ich hatte gehofft, dein Wissen und deinen reichhaltigen Erfahrungsschatz als Besitzer eines Buchhandelsbetriebs für einen Moment in Anspruch nehmen zu dürfen."
    Der Iunier kramte in den kleinen Beutel, den er sich um die Schulter gehängt hatte, und zog eine Schriftrolle hervor, die er auf dem Schreibtisch auszubreiten begann.
    "Es ist nämlich so, dass ich mich seit einiger Zeit zum privaten Zeitvertreib als Hobbyhistoriker versucht habe. Und nun hätte ich gerne die qualifizierte Einschätzung eines Fachmannes, was denn von dem Ergebnis meiner Arbeit zu halten ist."
    Merula schwante, dass Proximus ihn wohl für verrückt halten musste, aber das störte ihn nicht. Er hatte immer in seinem Leben schon das gemacht, woran er selbst am meisten Gefallen gefunden hatte, nicht was andere von ihm einforderten.

    Zitat

    Original von Aulus Flavius Piso


    Purpurea! Merula schüttelte unmerklich den Kopf.
    "Von wegen untergehen. Wir haben junge, hochmotivierte Fahrer am Start!" beschönigte er die tatsächliche Lage. In Wahrheit sprach wohl die Tatsache, dass kein Fahrer der Veneta für den Finallauf gesetzt worden war, gegen Merulas zur Schau gestellten Optimismus.
    "Ich nehme nicht an, Flavius Piso, dass du mich in den Veneta-Block begleiten willst. Das würde mir später zumindest das Eintreiben des Wetterlöses erleichtern." Langsam wurde der Iunier ungeduldig. Das Rennen würde bald beginnen und er wollte möglichst wenig davon verpassen.

    "Die Wette gilt, guter Mann!" antwortete Merula dem Patrizier, erfreut, schneller als gedacht jemanden zu finden, der auf das Angebot einging.
    "Ich bin übrigens Lucius Iunius Merula aus Misenum. Mit welcher Factio fieberst denn du mit?" Dass auch neutrale Zuseher dem Spektakel beizuwohnen gedachten, war für den begeisterten Rennfan nur schwer vorstellbar.

    In einer himmelblauen Tunika, ähnlich denen, die die Angehörigen der Flotte für gewöhnlich zu tragen pflegten, war Merula an der Rennbahn des Circus Maximus erschienen. Bevor er sich aber auf seinen Platz begeben würde, galt es noch, einen Wettpartner beziehungsweise Wettgegner auszumachen.
    Der Iunier hatte die Liste der Starter ausführlich studiert, hatte früh am Morgen verschiedenste Gottheiten um Beistand ersucht, so dass er seiner Sache nun sehr sicher war:
    "100 Sesterzen, dass mindestens zwei der drei Veneta-Fahrer das Finale erreichen!" Mit diesem Wettangebot machte sich Merula in der Menge derer, die ebenso wie er recht früh an der Wettkampfstätte erschienen waren, auf die Suche nach jemandem, der dagegen halten würde.

    Nicht zum ersten und vermutlich auch nicht zum letzten Male stand Merula an der Tür zum Officium des Iulius Proximus - darauf hoffend, dass der Duumvir einige Momente für den Magistratus erübrigen konnte.


    An den ehrenwerten Senator und
    LACP Medicus Germanicus Avarus


    Mag. L.Merula Senatori Germanico Avaro s.d.!


    Hiermit möchte ich, Lucius Iunius Merula, Magistrat Misenums, mein Interesse an einer Anstellung als Stationarius bekunden. Meine Amtszeit als Magistrat endet einige Tage vor den Kalenden des Monats August. Selbstverständlich bin ich an einer längerfristigen Beschäftigung - wenn möglich in Italia, bei Bedarf aber auch anderswo - interessiert. Bei Interesse bin ich in der Domus Iunia in Rom oder in der Casa Iunia Merula in Misenum zu erreichen.


    Vale

    Lucius Iunius Merula