Beiträge von Petronia Crispina

    Wahrscheinlich war es auch ganz gut so, dass er nichts weiter zu dem Essen sagte, es wäre sicher eskaliert denn dann hätte sich Crispina wohl nicht mehr zurückhalten können. Wie sehr sie doch die gute Küche aus Rom vermisste. Nie hätte sie sich träumen lassen, dass es hier solch Unterschiede geben würde und im Stillen fragte sie ihren Vater was sie eigentlich verbrochen hatte, dass sie nun hier gelandet war. Ja vielleicht hatte sie ja etwas falsches getan oder ihn erzürnt und somit wollte er ihr noch einen Denkzettel verpassen, aber sie konnte einfach nichts finden was ihn dazu bewegt haben könnte.


    „Ich denke es gab auch gute Römer die nicht sehr gut lesen oder schreiben konnten, dafür waren sie eben in anderen Dingen sehr gut. Ich glaube nicht, dass bei eurer Legion alle Soldaten das Lesen und Schreiben wirklich beherrschen,“ sagte sie und blickte ihren Onkel an, vielleicht sogar ein klein wenig provokativ „Frag ihn doch einmal in welchen Sachen er gut ist anstatt immer nur danach zu suchen wo Lucius schlecht ist, das gibt Selbstvertrauen,“ sagte sie und sah ihren Onkel nun aus leicht funkelnden Augen an.


    Sie mochte es nicht wie er immer wieder auf Lucius herumstichelte. Es war doch kein Wunder, dass der Junge Schwierigkeiten bei manchen Dingen hatte wenn man ihn immer wieder drauf stieß, wenn man es ihm immer wieder vor hielt und ihn dann noch nieder machte. Konnte er ihn denn nicht einfach mal für die guten Sachen loben? Das ärgerte Crispina wirklich und auch wenn sie sich vorgenommen hatte bei diesem Essen besser still zu sein warf sie es doch recht schnell wieder über Bord.

    Crispina musste wegen Lucius schmunzeln, aber es war nichts gemeines dran, schließlich kannte er sich in Rom ja nicht aus. Erstaunlich war wie es dieser alte Grieskram so weit hatte bei der Legion bringen können. Nein mit diesen ganzen Gedanken konnte sie sich nie abfinden genauso wenig, dass er einmal eine Frau gehabt hatte. Sie hätte ihr leid tun können. Vielleicht dachte sie irgendwann einmal anders darüber, aber im Moment sicher nicht, da war ihr Onkel in gewisser Weise ein rotes Tuch für sie, und zwar ein hochrotes.


    „Dann war dein Vater ein großer Mann dort und er ist es wohl immer noch,“ meinte sie nur und dachte sich natürlich ihren Teil den sie Lucius nicht auf die Nase binden wollte.


    „Was meinst du jetzt? Das Leben in Rom direkt oder wie es beim Kaiser ist?“ fragte sie ihn da sie gerade nicht wusste was genau er meinte. „Wenn du Rom meinst finde ich das Leben dort sehr schön und abwechslungsreich und vor allem man hat wirklich viel zu sehen, denn alleine der Mercatus ist wahnsinnig groß und man findet dort einfach alles. Es stimmt es gibt sehr große Häuser und auch die sieben Hügel in Rom. Aber die Häuser sind nicht so groß wie Berge auch wenn sie einem sehr groß vorkommen. Der Palast des Kaisers ist riesig und schön, aber ich war noch nie drinnen und denke auch nicht jemals reinzukommen, genauso wenig habe ich den Kaiser jemals von nahem gesehen. Weißt du an ihn ran zu kommen ist ein Unterfangen was nicht gelingen kann es sei denn man hat gute Freunde die einem weiter helfen oder man ist selber in einem hohen Stand oder Amt,“ versuchte sie ihm kurz zu erklären.

    Jahre hier verbracht? Sie wollte keine Jahre hier verbringen und sie konnte sich wirklich auch beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie sich jemals an das hier alles gewöhnen konnte. Nein niemals, das sagte sie sich immer wieder, denn es sträubte sich alles innerlich hier zu bleiben….für immer. Im Moment dachte sie nicht daran, dass sie vielleicht eines Tages ihre Meinung ändern konnte, schließlich war sie erst sehr kurz hier und sah in ihren Augen nur die negativen Seiten dieses Landes.


    „Ja ich weiß man gewöhnt sich mit der Zeit an alles, egal wie schlimm es ist,“ meinte sie mit einem Lächeln welches sehr freundlich gesinnt war, trotz ihrer Gedanken. „Im Moment ist das alles noch etwas unvorstellbar für mich. Neu und ungewohnt und ich muss mich auch erst einmal an meine Familie gewöhnen, das macht es nicht leichter. Dann vermisst man seine Freunde die man zurückgelassen hat und das alles, aber egal reden wir nicht davon,“ sagte sie und atmete tief ein und dann wieder aus wobei erneut die kleinen Rauchwölkchen aufstiegen. „Solch verschneite Landschaft würde ich gerne einmal sehen, denn hier in der Stadt finde ich den Schnee nicht wirklich prickelnd sondern eher störend vor allem beim Laufen.“


    Crispina blinzelte ein wenig. Sie hatte nicht die leiseste Ahnung, dass es anscheinend hier noch so gefährlich war und fühlte sich prompt natürlich unwohl doch das zeigte sie nicht stattdessen sah sie sich seine Narbe an, die verheilt aber immer noch sichtbar war, wie es nun mal die Art von Narben war. „Das muss weh getan haben,“ meinte sie ziemlich nüchtern und ließ ihren Blick an seiner Wange entlanggleiten. „Warum tun sie das? Ich wusste nicht, dass es noch so gefährlich hier ist. Und wie können diese Menschen hier rein kommen? Ich meine hier gibt es ein Tor oder nicht? Ich musste mich ja auch ausweisen bei meiner Einreise und kam nicht einfach so herein. Im Grunde heißt, dass doch, dass die Stadt nicht sicher ist oder?“ fragte sie nach.


    Das war erstaunlich alles vor allem, dass er unter ihrem Onkel gedient hatte. Wie hielt man so etwas aus? „Dan kennt ihr euch wirklich lange. Ich kenne ihn eigentlich gar nicht, aber lerne ihn gerade kennen,“ sagte sie wobei etwas in ihren Augen aufflackerte das konnte sie nicht verbergen. Endlich wurden auch ihre Hände durch die Handschuhe des Sklaven wärmer. „War er schon immer so ein Griesgram?“ wollte sie dann wissen.

    Was der Junge zu sagen hatte klangt schon interessant. Zwar konnte sie mit den Namen nichts anfangen, also den Namen von Städten oder Strassen, aber sie würde sich das alles gerne einmal zeigen lassen oder mehr darüber erzählen lassen. Es musste doch etwas an diesem Land geben wo es sich lohnte hier zu bleiben oder es schön zu finden, denn bis jetzt konnte sie dem Ganzen wirklich nichts abgewinnen. Etwas nachdenklich schaute sie ihn an.
    „Gefährlich? Warum? Man muss sich doch ein wenig bewegen können ohne sich wie ein Gefangener in dieser Stadt zu fühlen oder geht das nicht? Ich habe nichts davon bemerkt, dass es gefährlich dort draußen ist als ich her kam, aber ich würde mir mehr als gerne die Gegend einmal ansehen,“ sagte sie und ihr Blick schweifte einen Augenblick in die Ferne.


    Ein sanftes Lächeln legte sich auf ihr Gesicht als er so sprach wegen dem Geschenk an seinen Vater. „Das ist wirklich beeindruckend. Dann muss dein Vater ein großer Mann sein nicht wahr? Sonst würde der Kaiser ihm sicher nicht so etwas schenken,“ meinte sie und dachte sich nebenher nur….oder man versuchte ihn mit dem Land in dieser Einöde einfach los zu werden, denn so konnte man es auch sehen. „Ich würde gerne mal die Städte und Dörfer und die Umgebung dort draußen sehen,“ sagte Crispina fast wie zu sich selbst. Von den Gedanken des Jungen, dass er sich mal raus schleichen wollte ahnte sie nichts, aber ihre Gedanken waren auch nicht viel anders, denn sie wollte wirklich mal raus, ansonsten würde sie diese Stadt noch in den Wahnsinn treiben.


    „Weißt du Lucius es fällt mir noch schwer mich hier einzugewöhnen. Ich habe mein ganzes Leben lang in Rom gelebt und die beiden Städte sind einfach nicht miteinander zu vergleichen. Hier ist alles so anders und fremd und ich vermisse es sehr, Rom und auch meine Freunde. Aber ich werde mich schon irgendwie daran gewöhnen hier zu sein,“ ……wenn es dein Vater doch auch könnte, dachte sie sich und lächelte den Jungen an. „Und nun?“ wollte sie wissen.

    Einen Löffel nach dem anderen genehmigte sie sich und konnte sich einfach nicht an den Geschmack gewöhnen. Vollkommen schlecht war es auch nicht, aber es war gewöhnungsbedürftig und eben nicht vollkommen ihr Geschmack, naja eigentlich kaum, aber wenn sie hier keinen neuerlichen Aufstand riskieren wollte musste sie da wohl oder übel durch. Das Fleisch war da das schlimmste von denn es fühlte sich im Mund ziemlich, naja schwabbelig an, da sie eines der fetten Stücke erwischt hatte. Ein Schauer ging durch ihren Körper und sie musste sich arg zusammenreißen es nicht all zu deutlich zu zeigen oder gar ihr Gesicht zu verziehen.


    Ob sie später vielleicht noch eine Taverne aufsuchen sollte um sich dort etwas anderes zu Essen zu besorgen? Sicher würde ihr Onkel so spät nicht mehr weg lassen, also konnte sie das auch vergessen.


    Seine Frage auf einmal kam für sie etwas unverhofft, denn sie hatte nicht damit gerechnet, dass er anfangen würde mit einem Gespräch. Aber irgendwie war es auch klar, dass es eine solche Frage sein musste. Nicht wie geht es euch, nein viel lieber habt ihr schon was getan. Im ersten Moment hätte sie ihm gerne eine patzige Antwort gegeben aber im nächsten riss sie sich zusammen und blickte Lucius an dem man ansehen konnte, dass er das Thema nicht mochte. Gut, dass er nichts sagte, dann würde sie das in die Hand nehmen. Wirklich dazu gekommen waren sie noch nicht, aber sie hatten ein paar Sätze geübt………Kurz kochte die leichte Wut über ihren Onkel hoch und sie dachte sich, dass sie sich wohl erst einmal hier zurecht finden sollte bevor sie den armen Jungen sich zur Brust nahm, aber sie schluckte diese Worte rasch mit dem nächsten Löffel der Brühe hinunter.


    „Wir sind noch nicht ganz dazu gekommen, haben aber einige Sätze einfach mal versucht. Gib uns etwas Zeit, das wird schon werden,“ sagte sie und legte den Löffel in die Schale zurück. Sie brachte keinen weiteren mehr davon runter, zumindest nicht ohne sich zu schütteln und das wollte sie vermeiden. „Er wird das schon schaffen, da bin ich guter Dinge,“ warf sie noch ein damit ihr Onkel nicht auf die Idee kam seinen Sohn nun zu tadeln.

    Alleine der Gedanke das Wort Vater bei ihrem Onkel in den Mund zu nehmen hätte ihr wohl die schlimmste Gänsehaut ihres Lebens bereitet. Sie hatte nur einen Vater und auch wenn dieser nicht mehr lebte so würde er immer ihr Vater bleiben und keiner konnte seinen Platz einnehmen, auch nicht dessen Bruder. Vielleicht konnte sie wirklich von Glück reden, dass ihr Onkel die Patria Potestas nicht übernehmen konnte oder übernommen hatte. Crispina hatte von dem ganzen keine Ahnung und wusste nicht ob er vielleicht doch die Möglichkeit hatte das zu machen, aber sie glaubte nicht daran, machte sich darüber aber auch keine weiteren Gedanken. Es wäre wohl der schlimmste Alptraum wenn das möglich wäre und er es tun würde. Aber nichts desto trotz, sie war ihm so oder so unterstellt und in gewisser Weise verpflichtet, außerdem konnte sie ohne seine Erlaubnis nicht viel machen und schon gar nicht zurück nach Rom, ohne Geld war das schlecht. An diesen Mann sich zu gewöhnen war mehr als schwer, aber sie gab sich alle Mühe, konnte aber die erste Begegnung nicht vergessen und auch nicht was er fast getan hätte.


    Als das Essen gebracht wurde drang ein etwas gewöhnungsbedürftiger Geruch in ihre Nase. Er war nicht schlecht aber dennoch anders als die Gerüche die sie von zu Hause kannte. Doch sie glaubte nicht daran, dass es hier viel andere Dinge zu essen geben würde als zu Hause in Rom. Sie waren doch hier auch Römer und warum sollten sie hier etwas anderes essen als in der Heimat? Vielleicht weil man nicht alle Sachen aus Rom hier her bringen konnte, aber daran dachte sie nicht. Auf jeden Fall roch das Essen nicht schlecht und sie hatte die letzten wenigen Tage schon die Kochkünste von Gunda unter die Lupe nehmen können und es hatte doch recht gut geschmeckt.


    Als Lucius das Essen aufgetischt bekam entging ihr der Blick des Jungen nicht vollkommen, denn sie schaute etwas neugierig zu ihm herüber um zu sehen was es eigentlich gab. Wirklich sehr begeistert sah er nicht aus und so blickte sie unauffällig, zumindest hoffte sie es, zu ihrem Onkel herüber, der anscheinend sehr zufrieden mit seinem Essen war. Als auch sie selber einen Teller aufgetischt bekam, war ihre Begeisterung grenzenlos…….naja das wäre wohl übertrieben, doch sie lächelte Gunda einfach freundlich an und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass das Essen nicht wirklich Appetitanregend ausschaute. „Ich denke schon, dass ich es mag Gunda, schließlich waren deine anderen Sachen bis jetzt auch sehr köstlich,“ schmierte sie der Frau ein wenig Honig um den Mund aber alles in sehr freundlicher Ausführung und doch recht ernst gemeint. Am liebsten hätte sie aber die Suppe auf die Seite geschoben und es sein lassen.


    Was würde sie jetzt für etwas Hühnchen, Brot und einige Oliven geben……doch sie biss in den sauren Apfel und probierte vorsichtig von der Suppe. „Es ist gut,“ sagte sie knapp, doch wer sie wirklich kannte hätte gewusst, dass sie es nur aus Höflichkeit sagte, denn wirklich schmecken tat es ihr nicht.

    Sie wurde das Gefühl nicht los, dass der Junge schon etwas Bestimmtes machen wollte es ihr aber nicht sagte. Doch Crispina wollte es auch nicht aus ihm rausquetschen das musste er schon selber machen und von sich aus kommen und es ihr sagen. Sie hatte ja selber Lust etwas zu erleben, spürte immer mehr, dass sie das Gefühl bekam hier in dieser Stadt eingesperrt zu sein. Das war einfach nicht Rom und dieses Fremde hier konnte einen in den Wahnsinn treiben, zumindest hatte sie das Gefühl, dass dem so war. Hier schien es als würde man nichts machen können. In ihren Augen war es eine triste und langweilige Stadt. Sie wollte mehr sehen und vor allem mehr erleben. Aber das schien hier ja fast vollkommen unmöglich. Gab es hier denn nichts Aufregendes? Passierte hier nie etwas?


    Die Worte des kleinen Lucius holten sie rasch aus ihren Gedanken zurück. „Das Forum? Achso ja, ja auf dem Forum war ich schon gewesen, der einzige Ort den ich mittlerweile schon ein klein wenig kenne und wo ich mir sage, dass man dort hingehen kann. Aber wir können gerne dort hin gehen, vielleicht findet ich dort ja etwas schönes,“ sagte sie und hing immer noch etwas in Gedanken. „Lucius, sag mal, wie ist die Umgebung hier eigentlich sonst? Wie gut kennst du dich hier denn aus?“ Am liebsten hätte sie auch gefragt ob es hier immer so langweilig war, aber das tat sie nicht, schließlich war das hier seine Heimat und sie wollte ihn nicht beleidigen.


    Ja Frühling, den sehnte sie sich wirklich herbei, denn sie fand es hier immer noch schrecklich kalt auch wenn der Schnee so gut wie geschmolzen war, die Wärme ließ auf sich warten, zumindest fühlte es sich für die junge Frau so an. „Was hat man eigentlich für Möglichkeiten außerhalb der Stadt? Was gibt es da?“ Vielleicht war es draußen ja besser als hier hinter den Mauern, denn die Hoffnung ganz aufgeben wollte sie nicht, irgendwo musste es ja etwas schönes geben.

    Sie war gerne mit Lucius zusammen. Er war ein lieber Junge dem einfach eine weibliche Person fehlte und vor allem dem es fehlte seinem strengen Vater mal ein wenig zu entkommen, deswegen nahm sie es in die Hand so oft sie es konnte. Natürlich machte sie sich damit sicher in ihrem Onkel keinen Freund, aber wie wollte er das verhindern? Sie glaubte nicht daran, dass er das konnte und sie hoffte es, denn sie wollte Lucius natürlich auch keinen Ärger machen, aber ihm ein wenig von seinem Kindsein lassen. Er war ein sehr lieber Junge und hatte in ihren Augen nicht eine solche strenge Hand verdient, denn sie glaubte, dass er deswegen diese Leseschwäche hatte. Er stand einfach zu sehr unter Druck und da gab es andere Methoden jemanden etwas beizubringen. Wahrscheinlich hatte ihr Onkel da einfach kein Fingerspitzengefühl. Ja das musste es sein und verwunderlich war es sicher nicht.


    “Komm schon, du musst doch wissen was du nun gerne machen möchtest. Wir sind draußen. Gibt es hier in der Nähe Wälder? Oder besondere Orte die wir uns ansehen können? Was würdest du denn jetzt mit deinem Freund machen? Mir kannst du es gerne sagen, ich werde nicht lachen, nicht nein sagen, oder so. Ich möchte gerne etwas zusammen mit dir unternehmen Lucius,“ sagte sie ihm offen und hoffte somit noch etwas mehr von seinem Vertrauen zu gewinnen und ihn etwas mehr aus seiner Schale zu locken. Schmunzelnd schaute sie ihn an und sie wirkte im Moment gar nicht wie eine Erwachsene die sie eigentlich war, nein vielmehr wie ein großes Mädchen was nun selber den Duft der weiten großen Welt roch und auch das was man hier machen konnte. Crispina war schon immer offen für alles gewesen was ihr als Mädchen dann doch eine Ohrfeige eingehandelt hatte, als sie gemeint hatte sich in einem Baum zu verstecken….naja sie war nicht mehr runtergekommen und hatte eine halbe Nacht in dem Baum verbracht bis ihr Vater sie gefunden hatte. Aber das war eine Geschichte die sie lieber niemanden so schnell anvertraute auch wenn es eine Kindheitsgeschichte war.

    Ein Essen? Ein Abendessen in der Familie? Diese Frage war ihr schon die ganze Zeit durch den Kopf geschossen als sie davon gehört hatte, dass es ein Abendessen heute gab wo alle, sie eingeschlossen, anwesend zu sein hatten. Crispina wollte nicht und wenn es nach ihr gegangen wäre hätte sie sich eine Ausrede einfallen lassen um nicht da zu sein, denn zu gut war ihr noch ihre Ankunft im Kopf als ihr Onkel sie hatte schlagen wollen. Das war etwas was sie ihm sicher niemals verzeihen würde. Gut er hatte es nicht getan, aber was wäre wenn doch? Oder was wäre wenn er es morgen täte oder übermorgen?


    Mit einem Kamm kämmte sie sich ihre langen Haare und steckte sie sich zusammen damit sie ihr nicht ins Gesicht fallen konnten. Sie trug eine wärmere Stola und verzichtete auf die Palla. Die Farbe war ein warmer pastell orangener Ton der einfach zu ihren Haaren passte. Er wirkte nicht übertrieben und sehr schlicht und doch lebendig, einfach passend für eine solch triste Jahreszeit wie es der Winter war. Unschlüssig lief sie in ihrem immer noch recht kargen Zimmer hin und her und suchte weiter nach einer Ausrede bis,….


    „Domina du kommst zu spät,“ erklang die Stimme von Gabriel und gleich darauf das Seufzen von Crispina. “Ich weiß bin ja schon unterwegs,“ meinte sie und verschwand auch schon aus ihrem Zimmer. Es war ihr egal, dass sie nach allen anderen ankam, es würde sicher niemanden auffallen. Mit gemischten Gefühlen betrat sie das Triclinium und blickte als erstes Lucius an dem sie auf der Stelle ein ehrliches Lächeln schenkte als sie näher kam. Sagen tat sie allerdings nichts zu ihm, nicht vor seinen Vater, sie würden sich bestimmt auch ohne Worte verstehen, da war sie sich sicher. Dann galt ihr Blick ihrem Onkel, denn lange konnte sie diesem ja nicht ausweichen und zu ihrem „Glück“ durfte sie auch noch die Cline neben ihn benutzen. Das war nicht gerecht. „Salve Onkel,“ sagte sie leise mit einer doch recht förmlichen Begrüßung. Dann legte sie sich auf ihre Cline und hoffte nur, dass der Abend schnell und ohne große Erignisse vorbei gehen würde.

    Ein paar Tage war sie nun hier und sie war ihrem Onkel so gut wie sie konnte aus dem Weg gegangen. Es war als könnte man die negativen Schwingungen in der Casa spüren. Es wunderte sie außerdem, dass sie sich noch nicht den Tod geholt hatte bei der Kälte in ihrem Zimmer, denn auch mit den Decken und dem Kohlebecken war es nicht wirklich wohnlich warm geworden. Sie fror immer und das trug nicht wirklich zu guter Laune bei. Es wunderte sie, dass Gabriel das alles einfach so hinnahm, denn seine Kammer war nun wirklich kühler als ihr Zimmer und es tat ihr ja schon fast leid, dass er da hausen musste. Wahrscheinlich hatte ihr Onkel ein wohnlich warmes Cubiculum und hatte sie mit Absicht hier draußen einquartiert damit er es seinem Bruder in gewisser Weise etwas heimzahlen konnte. Daran musste es einfach liegen, warum sollte er sonst so gegen sie sein, denn getan hatte sie ihm ja wohl nichts.


    Als Lucius an einem späten Nachmittag aus der Schule kam wollte sie ihm einfach etwas Gutes tun und ihn etwas raus bringen. Es konnte doch nicht angehen, dass sein Vater ihn die ganze Zeit nur zum Lernen zwang und er seine ganze Kindheit damit verbummelte. Sie war zwar selber noch jung, aber sie wusste, dass man nur einmal ein Kind war und das wenigstens etwas leben sollte. Kurzerhand hatte sie sich dazu entschlossen ihn einfach mitzunehmen nach draußen, durch die Stadt und dann zu sehen was sie machen konnten. Bis zum Abend würden sie ja wieder da sein, dachte sie sich zumindest. Vielleicht merkte es ihr Onkel nicht einmal, denn er war doch viel zu beschäftigt und eh nicht immer da.


    “Was hälst du davon wenn du mir ein wenig die Gegend hier zeigst und nachher besorgen wir uns noch etwas nettes zu Essen in einer Taverne oder wenn er noch offen hat auf dem Mercatus?“ fragte sie den Jungen neben sich als sie die Gasse entlang gingen die in die Stadt und aus dem Wohnviertel führte. Crispina hatte noch etwas Geld von ihrer Ankunft über, denn sie hatte bis jetzt ihren Onkel nicht nach mehr fragen wollen, da hätte sie ja mit ihm sprechen müssen. “Und mach dir keine Gedanken wegen deinem Vater er wird davon nichts mitbekommen, außerdem wollte er, dass ich mich um dich kümmere und das mache ich ja nun. Was machst du gerne? Oder auf was hast du gerade Lust? Sag schon,…“ fragte sie den Jungen voller Eifer und freute sich darauf ein wenig die Zeit mit dem Jungen zu verbringen. Sie lächelte ihn fröhlich und leicht frech an während sie nebeneinander hergingen.

    Crispina hätte wissen müssen, dass sie aufpassen musste. Er war nicht ihr Vater, das war er nicht er war das Gegenteil von ihm und das merkte sie als ihr Onkel seine Hand erhob. Ein leichtes Zucken ging durch sie hindurch und sie erwartete schon im nächsten Moment den Schlag in ihr Gesicht zu spüren, doch er tat es nicht. Anscheinend kam er doch noch zur Besinnung. Doch das ganze ließ Crispina sicherlich nicht kalt. Ihr Vater hatte sie nie geschlagen, naja als sie ein Kind gewesen war gab es hin und wieder was auf den Hintern wenn sie sich daneben benommen hatte, aber je älter sie geworden war desto eher hatte er sich gehütet sie auf diese Weise anzufassen.


    Leicht waren ihre Lippen zu einem Spalt geöffnet während sie ihren Onkel anschaute und selber die Luft anhielt. Das alles dauerte nicht lange, aber in diesem Moment kam es ihr einfach wie eine Ewigkeit vor und vielleicht hätte sie sich auch gewünscht, dass er ihr eine scheuerte, denn dann hätte sie es hinter sich gehabt. Doch er tat es nicht sondern verschwand ohne ein weiteres Wort einfach wieder. Einen Moment noch stand sie einfach da und hörte das Blut in ihren Ohren rauschen. Danach ging ihr Blick zu Gabriel der sich nie erdreistet hätte einzuschreiten, das stand ihm nicht zu, denn Crispus war hier der Hausherr.


    Wie sollte sie es hier aushalten? Sie wusste es nicht.


    Sklaven kamen und brachten das warme Wasser, stellten es hin und verschwanden wieder und Crispina stand immer noch mitten im Raum und wünschte sich zurück nach Rom, aber sie musste den letzten Wunsch ihres Vaters erfüllen auch wenn sie hier nicht glücklich werden würde. Wenigstens eine Weile wollte sie hier ausharren, zudem kam, sie hatte ihm ihre finanziellen Mittel übergeben, sozusagen, ohne ihren Onkel kam sie da nicht mehr dran was hieß sie kam hier nicht weg.


    Welch ein Dilemma.


    “Richten wir uns ein,“ sagte sie zu Gabriel und begann die Sachen die nun gebracht wurden an ihre Plätze zu räumen. Glücklich war sie nicht wirklich und vielleicht war es besser ihrem Onkel ein kleines Weilchen aus dem Weg zu gehen, aber in dieser Casa war es sicher kaum möglich.

    Das Herz schlug ihr wirklich zum Hals, denn sie konnte es nicht fassen, dass er sie hier schlafen lassen wollte. Und ihr Vater? Der musste doch gewusst haben wie das hier aussah. Wie hatte er nur von ihr verlangen können, dass sie hier her in dieses Land kam wo es anscheinend nicht einmal anständige Häuser gab? Das war doch nicht zum aushalten, doch sie versuchte ruhig zu bleiben und sich wieder etwas abzuregen, wobei man sagen musste wirklich aufgeregt hatte sie sich nicht, das würde anders aussehen, aber anscheinend würde irgendwann der Zeitpunkt kommen an dem Crispus das erlebte, die Frage war nur wann.


    Ihre Augen zogen sich einen kleinen Moment etwas zusammen als er sie so anfuhr. In ihren Augen war das natürlich ungerechtfertigt wie er sie hier nun zurecht wies und anblaffte, aber dagegen versuchte sie nichts zu sagen, nicht heute. „Ich wusste nicht, dass dieses Land so unrömisch ist wie es sich anhört. Ich dachte hier würde es so sein wie zu Hause, aber es ist……,“ sie brachte den Satz nicht zu Ende und warf kurz ihre Hände in die Luft um ihrer leichten Verzweifelung Ausdruck zu verleihen.
    Eigentlich war sie gar nicht verwöhnt, aber wenn man einen gewissen Standard gewohnt war konnte so etwas einen wirklich aus den Sandalen kippen lassen. „Richtig es ist Winter und verdammt kalt,“ murmelte sie.


    Crispina passte es nicht. Ihr passte weder diese Umgebung noch, dass ihr Onkel sie so angefahren hatte. Er hatte keinerlei Verständnis dafür. Da merkte man, dass er ein Soldat war und mit dem leben konnte was man ihm gab, aber sie sollte in einem Raum leben der fast die Temperatur von draußen hatte und sie konnte sich nicht vorstellen, dass ein Kohlebecken da soviel wett machen konnte. Wenn sie hier erfror war er schuld daran, aber vielleicht wollte er das ja auch, dann war er sie schnell wieder los. Weiße Wölkchen stoben weiter in die Höhe während sie atmete und es war wirklich zum heulen dieser Anblick. „Deinen ironischen Sarkasmus muss du mir nicht entgegen werfen Onkel. Ich werde schon zurecht kommen, danke,“ zischelte sie vor sich hin und wusste, dass sie sich zügeln musste.

    Crispina hatte sich auf jeden Fall vorgenommen etwas mehr Zeit mit dem Jungen zu verbringen damit er nicht ganz so unter den strengen Worten seines Vaters leiden musste und das wollte schon etwas heißen wenn sie einen solchen Entschluss fasste obwohl sie noch nicht einmal wirklich eingezogen war. Doch sie merkte, dass der Junge vor seinem Vater nicht nur Respekt hatte sondern auch ein Stückchen Angst mit dabei war und auf Dauer gesehen war das nicht gut und würde irgendwann einmal das Verhältnis zwischen ihnen brechen lassen. Wahrscheinlich war es bei den beiden Brüdern, also ihrem Vater und Crispus, nicht anders gewesen nur mit anderen Faktoren und vielleicht hatte Crsipus mehr Schuld an dem ganzen als er eigentlich dachte. Aber sie war ja nicht hergekommen um einen Schuldigen zu suchen oder wessen Unschuld zu beweisen, nein sie war hier weil es ihr Vater gewollt hatte, doch leider wusste sie nicht ob das ein guter Wunsch von ihm gewesen war oder nicht.


    Beinahe hätte sie den Kopf darüber geschüttelt wie er mit seinen Sklaven umging, denn sie hätte ihre Sklaven sicher nicht si herumgescheucht, das würden aber die Sklaven von Crispus auch noch merken, dass sie nicht solch einen Ton an den Tag legte. Es war nicht ihre Art solange die Sklaven wussten wie man sich zu benehmen hatte, aber damit hatte Crispina noch nie Probleme gehabt. Kurz blitzte die Frage in ihrem Inneren auf wie viele Sklaven bei Crispus schon versucht hatten zu fliehen…..sie verkniff sich lieber ein Schmunzeln. Hier in diesem Haus fehlte eindeutig eine Frau mit einem gewissen Einfluss.


    Wenn er sie gefragt hätte, hätte sie ihm sagen können, dass sie alles andere als ungeduldig war, aber es war anscheinend etwas was man bei ihrem Onkel nicht abstellen konnte. Vergleiche zu ihrem Vater und immer gleich das Negative in anderen Personen sehen. Sie würde ihn sicherlich irgendwann noch überraschen können oder aber alles würde in einer einzigen Katastrophe enden, alles war möglich.
    Sie nickte und folgte ihrem Onkel und natürlich setzte sich auch Gabriel auf der Stelle in Bewegung auch wenn der Ton des Mannes alles andere als angenehm war, doch er würde es über sich ergehen lassen….er war die Ruhe selbst.


    So folgten sie beide ihrem Onkel und wieder spürte sie die Kälte wie sie an ihren Knochen nagte. Die ganze Zeit zu stehen hatte das Gefühl etwas genommen aber nun da sie sich wieder bewegte spürte sie es umso mehr. Als sie jedoch das Zimmer betrat welches sie bewohnen sollte hätte sie am liebsten die Hände vor den Mund geschlagen und wäre weggerannt. In ihren Augen war das eine wahre Zumutung. Es sah schrecklich aus, billig und kahl und so gar nicht wie in einem römischen Haushalt. Es hatte nicht die geringste Ähnlichkeit mit dem was sie gewohnt war, und verwöhnt war sie nicht, aber das hier……
    Gabriel blieb stehen und blickte starr in die Richtung die ihm angewiesen wurde. Nun ihm war es gleich wo er schlafen würde oder wie es aussah. Er war froh etwas zu haben wo er schlafen konnte und es war trocken, von früher kannte er viel schlimmere Unterkünfte, aber er wusste auch, dass seine Herrin ein Problem hiermit haben würde.


    Es dauerte bis sie sich gefangen hatte. Langsam drehte sie sich um sich selber um das ganze Ausmaß dieses Zimmers zu sehen. Sie war geschockt keine Frage und als sie sah wie bei jedem Atemzug die Rauchwölkchen aufstiegen schaute sie ihren Onkel an. „Das ist nicht dein Ernst oder?“ fragte sie ihn gerade heraus „Ich soll in diesem Zimmer übernachten? Es ist kalt und von allem anderen möchte ich nicht sprechen, aber das ist doch niemanden zuzumuten hier zu schlafen,“ sagte sie entsetzt, versuchte aber ruhig zu bleiben auch wenn ihr Herz wild pochte.

    Sie nickte dem Sklaven noch einmal freundlich zu und widmete sich dann wieder den Worten von Raetinus. Es freute sie zu hören, dass er scheinbar mindestens genauso gut mit Sklaven umzugehen schien wie sie selber, denn sie behandelte Sklaven auch nett und nicht wie ein Tyrann es gerne tat. Sie war freundlich zu ihren Sklaven wenn sie sich benahmen und ebenfalls wussten wie man zu ihr sein musste. Natürlich lief etwas nicht wie es wollte stutzte sie den oder die Sklaven auch zurecht, aber sie hatte noch nie jemanden verletzt weder persönlich noch hatte sie den Auftrag dazu gegeben, denn sie sah in den Sklaven immer noch Menschen und keine Gegenstände wie es die anderen alle taten. Scheinbar sah es dieser Mann hier ein wenig ähnlich.


    Etwas schüchtern auf einmal lächelte sie leicht auf als er endlich drauf kam wer sie war und, dass sie sich beide wirklich bei den Saturnalien gesehen hatten. Wenigstens fiel die Röte auf ihren Wangen nicht mehr auf, schließlich waren sie wegen der Kälte schon rot genug. Und sie mochte es nicht wenn sie rot anlief, denn das Schüchterne hatte sie ja nicht immer, nur hin und wieder brach es durch, ansonsten war sie doch sehr selbstbewusst und konnte auch gut kontern wenn man ihr mal dumm kam.


    „Anscheinend hast du da wirklich Recht mit dem zwei mal Begegnen in seinem Leben,“ meinte sie und lächelte erfreut wobei ihre Wangen spannten. Wie sollte sie diese Kälte hier nur aushalten? „Man gewöhnt sich daran? Ich weiß nicht. Mir kommt dieses Wetter und die weitere Umgebung ziemlich unmenschlich vor. Ich habe noch nicht viel gesehen aber zu dieser Jahreszeit scheint es auch nicht wirklich etwas schönes zu sehen zu geben, oder?“ meinte sie, sie hatte halt keine Ahnung. Bestimmt gab es schöne Plätze die es sich lohnen würde auch bei dieser Witterung aufzusuchen, aber sie konnte das nicht wissen und bei einer solchen Kälte dachte sie wäre es wohl am besten man blieb im warmen zu Hause, wobei warm war ja relativ wenn sie an ihr Zimmer dachte.


    Bewundernd hörte sie seinen weiteren Worten zu. Es faszinierte sie immer wieder von Soldaten zu hören und gerne hörte sie sich auch Geschichten von ihnen an was alles so passiert war. Als er näher kam schaute sie kurz etwas verwundert auf vor allem als er das Wort Germanen so flüsterte. Sie verstand nicht warum er das tat, aber es war in gewisser Weise unheimlich und deswegen blickte sie sich zu beiden Seiten um als müsste sie erwarten dort gleich irgendwen zu sehen der sie anspringen könnte. „Sind sie wirklich so schlimm? Gefährlich und all das? Man hörte viele Geschichten, aber ich dachte das wäre vorbei?“ fragte sie ebenfalls ziemlich leise.


    Das er und ihr Onkel Freunde waren ließ ihr fast den Mund offen stehen. Gegensätzlicher konnten Freunde doch wohl nicht sein und sie spürte wie ihr etwas unwohl wurde. Freund ihres Onkels und sie unterhielt sich mit ihm. Innerlich seufzte sie auf, versuchte es aber nach außen hin nicht weiter zu zeigen. „Da sieht man wie klein hier alles doch zu sein scheint wenn ihr euch kennt. Ich muss gestehen ich kenne ihn noch nicht gut, aber das wird sich bestimmt ändern, aber er kann sich glücklich schätzen dich zu seinen Freunden zählen zu können,“ sagte sie und dachte sich den Rest einfach……es wundert mich, dass er überhaupt Freunde hat.

    Dann hatte sie sich ja wirklich einen Namen halbwegs richtig merken können was sie natürlich freute. Zu oft hatte sie Menschen einfach verwechsel und war deswegen schon in der ein oder anderen peinlichen Situation gewesen wenn sie jemand anderen mit dem falschen Namen angesprochen hatte. So etwas konnte schnell ins Auge gehen, aber hier war es wenigstens nicht so.
    Während sie ihre Hände rieb und auf die Worte von Raetinus lauschte sah sie plötzlich erstaunt den Sklaven an als dieser ihr seine Handschuhe reichte. Ihre Hände waren wirklich sehr kalt und gerötet, wie auch ihre Wangen und ihre Nase und ganz sicher auch ihre kalten Ohren. Damit hatte sie nicht gerechnet und schenkte dem Sklaven ein dankbares Lächeln.
    "Ich danke dir," sagte sie zu ihm und schob ihre Hände in die warmen Handschuhe. "Du hast einen sehr zuvorkommenden Sklaven und kannst dich glücklich schätzen jemanden wie ihn zu haben," meinte sie dann während sie spürte wie gut die Wärme der Handschuhe doch tat.

    Crispina fühlte sich als hätte sie einen kleinen Bruder in den Armen den sie nie gehabt hatte. Sie mochte ihn schon jetzt, denn er hatte etwas an sich was man einfach mögen musste, selbst bei einem solch grieskrämigen Vater wie es Crispus war. Aber vielleicht hatte Crispina Glück und er würde eines Tages noch auftauen wie ein Eisblock in der Sonne. Die Zeit würde es zeigen, so lange hieß es aber leider abwarten und sehen was man mit den Tagen und den Begegnungen anfing. Wortkarg war der Junge, aber sie konnte es ihm nicht verübeln und war sich sicher, dass in ein paar Tagen davon auch nichts mehr zu merken war. Die junge Frau freute sich, dass Lucius gleich auf sie einging, aber sie ließ ihn langsam los als Crsipus wieder einmal ziemlich barsch seine Worte einbrachte. Leise, kaum hörbar seufzte Crispina etwas auf.


    Sie verstand nicht wie man so streng und barsch seinen Ton immer wieder erheben konnte, aber das war scheinbar seine Art. Es blieb zu hoffen, dass er sich eines Tages noch etwas verändern würde….eine kleine Hoffnung.
    „Er ist doch noch jung, das wird er schon schaffen, aber ich werde ihm gerne helfen,“ sagte sie und es schwang ein leichter Vorwurf in ihrer Stimme mit, allerdings riss sie sich zusammen, schließlich war sie erst vor wenigen Momenten hier angekommen und konnte sich einen Streit mit ihrem Onkel einfach nicht leisten, denn dieser würde früher oder später noch kommen, das war sehr sicher. Langsam ließ sie den Jungen nun wieder los und lächelte ihn freundlich an. Sie konnte ihm ansehen, anhand seiner leicht geröteten Wangen, dass die Worte seines Vaters ihn ganz sicher nicht kalt ließen.


    „Könntest du mir mein Zimmer nun zeigen? Ich würde mich gerne etwas frisch machen wenn das ginge,“ bat sie dann ihren Onkel, denn sie war froh wenn sie aus der alten Kleidung kam, ein warmes Bad bekam und dann frische Sachen anziehen konnte, vielleicht war dann die Stimmung auch schon eine familiäre, aber so ganz glauben….das wollte sie dann auch nicht.

    Erst auf den zweiten Blick sah sie den Sklaven und erkannte diesen zu ihrem Erstaunen, schließlich war er es gewesen, der ihr ein Tuch gereicht hatte und der sie zu sich und den anderen eingeladen hatte. Freundlich lächelte sie den Sklaven an als dieser sie begrüßte und nickte ihm leicht zu „Salve,…..B……Ba…shir?“ fragte sie und überlegte gleichzeitig ob das sein Name gewesen war. Es wäre nämlich schon ein Wunder wenn sie sich diesen wirklich hatte merken können, das kam nur sehr selten vor, aber es kam wenigstens vor.
    Gabriel beachtete den Mann nicht weiter, zumindest offensichtlich, dass er ihn immer wieder heimlich musterte war sicher klar, schließlich musste er ja aufpassen mit wem seine Herrin redete, er war ja verantwortlich für sie und würde selbst sein Leben geben.


    Langsam rieb sie ihre geröteten Hände gegeneinander während sie Reatinus zuhörte und immer wieder lächelte. Doch woher sie sich nun kannten…da fiel ihr der Sklave ein, natürlich…auf einmal machte es in ihrem Kopf klick als sie sich zu erinnern begann. Dieser Mann war einer derer gewesen die zusammen gestanden hatten als Bashir sie dazu geholt hatte. „Die Saturnalien waren es,“ meinte sie plötzlich und lachte leise auf „Also ich meine wo wir uns gesehen haben, es war bei dem Fest gewesen, dein Sklave holte mich zu der kleinen Gruppe,“ erklärte sie schnell und ging dann erst einmal auf das Gesagte des Mannes ein.


    „Crispus ist mein Onkel. Mein Vater und er waren Brüder und nun bin ich hier und werde wohl eine längere Zeit hier leben,“ sagte sie und man konnte aus ihrer Stimme raushören, das es sie schon ein klein wenig störte, schließlich war das alles einfach schrecklich fremd für die junge Frau und sie kam sich in gewisser Weise ein wenig hilflos vor. „Rom ist auch meine Heimat. Wie lange warst du nicht mehr dort? Ein kleiner Teil meiner Familie ist auch noch dort. Ich kenne nicht viele seltsamer Weise aber ab und an hatte ich mit ihnen Kontakt. Meinen Onkel zum Beispiel kannte ich gar nicht bis ich hier her kam,“ meinte sie. Noch immer rieb sie ihre Hände gegeneinander um die Kälte aus ihnen zu vertreiben was aber aufgrund der kalten Temperaturen fast unmöglich war.

    Gabriel war es gewohnt gemustert zu werden und ließ es über sich ergehen, beachtete es nicht weiter sondern schaute einfach starr gerade aus auf einen Punkt der etwas in der Ferne lag. Seine Herrin wusste, dass sie sich auf ihn verlassen konnte und das würde der Hausherr auch tun können. Er musste ihm ja zwangsläufig auch dienen auch wenn er ihm ziemlich mürrisch vor kam. Es war ganz gut, dass der Sklave die Gedanken des Petronier nicht lesen oder erahnen konnte, denn wirklich nett waren sie nicht.


    Calena hingegen war ganz hin und weg von dem Jungen und betrachtete ihn weiter. Sie mochte Kinder, auch wenn sie nicht viel mit ihnen bis jetzt zu tun gehabt hatte, hatte sie diese dennoch gerne. Kinder waren eine sehr große Bereicherung im Leben eines jeden und sie hörte gerne das Lachen vor allem von den ganz kleinen. Leicht schmunzelte sie den Jungen an und zuckte selber zusammen, als ihr Onkel seinem Sohn regelrecht den Befehl gab sie zu begrüßen. Ganz kurz warf sie ihm deswegen einen Seitenblick zu nahm dann aber ihren Cousin in die Arme und drückte ihn sanft an sich.


    „Es ist schön dich kennen zu lernen und ich hoffe wir können ein wenig Zeit zusammen verbringen, was hälst du davon?“ Ihren Onkel vergaß sie mal für einen kleinen Augenblick. fragte sie ihn offen und strich ihm mit einer Hand fast wuschelnd durch die Haare.

    Ein wenig komisch kam sie sich vor in dieser Männerrunde, denn die andere Frau die sie nur kurz gesehen hatte verschwand schneller als sie etwas sagen konnte und so grüßte sie die anwesenden leise. „Salve, Petronia Crispina,“ stellte sie sich bei den anderen auch noch vor und warf dem Sklaven der sie mitgenommen hatte einen leichten Seitenblick zu.
    Crispina hatte allerdings nicht damit gerechnet, dass man sie so schnell mit in das Gespräch einbeziehen würde. Deswegen sah sie den Sklaven ebenfalls etwas überrascht an bei seiner Frage, sie kam etwas plötzlich.
    „Oh,“ meinte sie lächelnd „Ich weiß nicht, ich kenne hier niemanden da ich neu hier bin deswegen würde ich nicht sagen können wer Saturnalienfürst werden sollte,“ meinte sie ausnahmsweise ein klein wenig verlegen heute. Das Tuch, welches nun fleckig war wegen dem Wein den sie versuchte von der Kleidung zu bekommen hielt sie nun in der Hand, denn es hatte keinen Sinn mehr hier weiter rumzuschrubben, es brachte nämlich nichts.

    Gabriel kam nicht drum herum den Mann immer wieder leicht zu mustern, das war einfach seine Art aber er hatte gelernt dieses nicht zu offensichtlich zu machen, schließlich war er ja nur ein Sklave und hatte auf ein gutes Benehmen zu achten was er auch tat so gut er es konnte.
    Ihr war es ja schon fast unangenehm, dass sich der Mann anscheinend solch Sorgen um ihr Wohlergehen machte, denn so schlimm war der Zusammenprall ja nicht gewesen, dass sie sich hätte ernsthaft verletzen können. „Ich werde dir dann ganz sicher bescheid geben sollte ich etwas finden,“ meinte sie nun und musste selber schmunzeln was schnell in ein Lächeln ausartete.


    Sie versuchte angestrengt nachzudenken woher sie ihn kannte, denn als er auch meinte sie käme ihm bekannt vor, musste doch etwas Wahres dran sein. Wenn sie sich wenigstens Gesichter und die passenden Namen immer merken könnte hätte sie nicht so viele Probleme andere Menschen wieder zu erkennen, das war ja schlimm. Crispina lächelte weiter und ließ ein kleines „Hmm,“ von sich hören da sie immer noch nachdachte aber als er dann seinen Namen nannte wurde es etwas klarer. „Artorius Reatinus, doch ja den Namen kenne ich, wenn ich jetzt nur noch wüsste woher hätten wir das ja geklärt. Nur ist das Merken von Namen und Gesichtern bei mir immer so eine kleine Sache,“ lachte sie leise auf und stellte sich dann ebenfalls vor. „Ich bin Petronia Crispina und erst seit sehr kurzem hier in der Stadt. Ich lebte vorher in Rom und kam hier her um meinen Onkel aufzusuchen,“ erzählte sie ihm kurz und bündig und hoffte, dass ihm vielleicht klarer werden würde woher sie sich kannten.