Bei seiner Frage musste Elfleda ein klein wenig lachen. Noch immer schwer atmend drehte sie sich zu ihm und beugte sich schließlich über ihn, die Arme links und rechts von seinem Kopf aufgestützt und beugte sich zu einem leidenschaftlichen Kuss herunter. Als sie sich wieder entfernte, grinste sie übers ganze Gesicht.
“Du schnarchst“, wieder ein kleines Lachen, gefolgt von einem Kuss. “Aber das macht nichts. So hab ich, wenn ich dich wecke, schon einen Vorwand.“
Sie küsste ihn wieder, um jede mögliche Einrede auf ihre Worte zu unterdrücken und blieb diesmal unten, legte sich nach dem Küssen einfach ganz frech auf seine Brust und kraulte mit den Händen über seine Brust.
Fast schon lauernd sah sie schelmisch zu ihm hoch und legte den Kopf leicht schief. Jetzt fehlte nur noch eine Sache, damit sie wirklich verheiratet waren. Und Elfleda liebte Geschenke, weshalb sie ein ganz klein wenig gespannt war, was es wohl sein würde.
“Meinst du, wir haben die anderen geweckt?“
Elfledas Gesichtsausdruck zeigte nichts von Schüchternheit deswegen, es hatte eher etwas lauerndes. Eigentlich wollte sie viel eher wissen, ob die anderen wohl bald kommen würden, damit sie die Morgengabe erhalten würde. Außerdem interessierte sie wirklich, wie hellhörig so ein Steinhaus war. In ihrem Dorf wäre das Haus wohl nach dieser morgendlichen Einlage aufgewacht. Auch wenn sie nun nicht besonders laut waren, aber enger Raum machte auch kleine Geräusche recht auffallend.
Beiträge von Duccia Elva
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Irgendwann in der Nacht machte Elfleda Lando noch einmal wach, und diesmal ging es tatsächlich schon besser. Es tat zumindest nicht mehr weh, einiges fand sie sogar richtig schön. Danach konnte sie sich dicht an ihn kuscheln und seine Nähe genießen, bis sie schließlich tief und fest eingeschlafen war.
Als sie am Morgen erwachte, war es noch sehr früh. Die Sonne war noch nicht einmal aufgegangen und alles war noch in graues Zwielicht getaucht. Im ersten Moment wusste Elfleda gar nicht, wo sie war, aber die Erinnerung kam schnell zurück. Nur ganz leicht bewegte sie sich, sie lag noch immer in Landos Armen, um ihm beim Schlafen zuzuschauen. Er sah irgendwie anders aus, wenn er schlief. Jünger und sorgloser.
Sie beobachtete ihn still und streichelte ganz sachte seine Brust, bis er schließlich aufwachte.
“Hallo, Mann“, meinte sie ganz leise und lächelnd. Es war für sie ein schöner Moment. Wenn die Familie zurückkam, würde sie die Morgengabe erhalten, und dann waren sie wirklich und wahrhaftig verheiratet. -
Da Elfleda keinerlei Ahnung hatte, wie ein römisches Opfer an römische Götter auszusehen hatte, sah sie dem ganzen nur sehr interessiert zu. Ein wenig wunderte sie sich, dass Witjon selbst das Lamm tötete, obwohl Phelan als Gode ja da war, aber vielleicht war das für die römischen Götter so wichtig.
Auf jeden Fall schien der Bräutigam ein wenig nervös zu sein, aber dennoch brachte er einen sauberen Schnitt zustande, das Tier war fast gleich tot. Ein gutes Opfer, wenn Elfleda das beurteilen konnte. Sie hasste es, wenn die Opfertiere herumschrien und Angst hatten, und sie konnte sich auch nicht vorstellen, dass die Götter darauf besonderen Wert legten. Von daher war das sicher gut so, wie es gelaufen war.
Phelan nahm dann das Tier auseinander, besah sich die Eingeweide, und sagte schließlich ein Wort, was Elfleda nicht kannte. Um sie herum entspannten sich die meisten, also war das wohl ein gutes Zeichen. Sie widerstand dem Drang, sicherheitshalber nachzufragen, ob Litatio soviel bedeutete wie „alles in Ordnung“, und sah nur kurz ein wenig fragend zu Lando. Aber sie wollte das Ritual nicht stören.
Sie war schon gespannt, wie es weitergehen würde. Ob Phelan sie nun auch mit dem Blut des Tieres weihen würde? Es war zumindest nur ein Opfertier und nicht zwei, vielleicht war ja auch noch mehr anders. -
Noch vor dem Segen, was Elfleda normalerweise nicht so wichtig war, heute aber irgendwie störend fand, stand der Nachtalb auf und verkündete, dass er gehen würde. Sie schaute kurz ein wenig verwirrt zu ihm hoch. Nicht, dass sie traurig wäre, wenn er ginge, aber sie wusste nicht, dass er das so einfach konnte. Die Unfreien, die sie kannte, waren alle mit Eiden an die Sippe gebunden, und die meisten dieser Eide erstreckten sich auch auf eine potentielle Zeit, in der sie Freie wären. Wobei das nicht allzu oft vorkam, dass wirklich ein Unfreier zu einem Freien wurde.
Aber Lando schien es nicht zu stören, und Elfleda wäre sicher nicht traurig, wenn dieser seltsame Mensch eine Weile weg von Oda wäre. Sie glaubte zwar nicht, dass der damalige Versprecher ihrer Freundin tiefere Bedeutung hatte, aber sicher war sicher. Außerdem war er ihr unheimlich.
Lando sprach den Segen, was Elfleda mit einem gemurmelten "So sei es" beantwortete und fragte nach Wasser. Sie reichte ihm den Krug, der in ihrer Nähe stand, während die meisten um sie herum mit Essen anfingen. Ihr stieg der Geruch des Brotes in die Nase, und ihr war furchtbar übel davon. Nachdem sie den Krug mit einer vielleicht etwas schnellen Bewegung vor Lando abgesetzt hatte, damit er sich selbst einschenken konnte, rieb sie sich ein wenig über den rebellierenden Magen. Sie wurde doch wohl nicht etwa krank? Sie konnte es sich nicht leisten, jetzt krank zu sein, dagegen musste sie umgehend etwas unternehmen.
Da Marga die uneingeschränkte Herrin in der Küche war, wandte sich Elfleda also auch direkt an die Unfreie. Sie würde über die Kräuterbestände am besten bescheid wissen.
“Marga? Haben wir Minze? Oder Beifuß, Brennnessel, Liebstöckel oder Lorbeer?“
Zumindest für Brennnessel sollte schon wieder die Zeit sein, die wuchsen bereits im Frühjahr zuhauf. Die Frage war nur, ob sie im Garten auch eine hatten, aus der sie sich schnell einen Sud kochen konnte. -
Noch immer war Elfleda das Haus ein wenig fremd. Sie war nun zwar schon einige Wochen mit Lando verheiratet und lebte mit ihm hier, aber noch immer hatte sie sich noch nicht vollständig eingewöhnt. Es waren vor allem Kleinigkeiten, die ihr alles noch immer etwas fremd erschienen ließen.
An den vielen Stein hatte sich elfleda mittlerweile schon gewöhnt. In der Casa war auch viel Holz verbaut und überal gab es Ecken und Spalten für die vielen Hausgeister und Elfen. Aber es war doch etwas anderes, als ein Langhaus. Vor allem die Mehrgeschossigkeit war zwar nicht vollkommen fremd, aber doch sehr ungewohnt. Die meisten Gebäude, die sie kannte, hatten nur einen zum Heuboden ausgebauten Dachstuhl, wenn überhaupt. Und das Loch mitten im Haus war auch etwas, an das sie sich einfach nicht wirklich gewöhnen konnte.
Und es gab eine Tafel für alle. Auch noch im Kreis angeordnet – oder einem Vieleck, das einem Kreis mit etwas Phantasie nahe kam. Nungut, hier gab es ja auch nicht soviel Gesinde, dass sich die Teilung wirklich lohnen würde. Es war mehr wie auf einem der Höfe außerhalb des Dorfes, wo auch der Bauer mit seinen Knechten am selben Tisch saß. Aber Elfleda war es nicht gewohnt, mit dem Gesinde an einer Tafel zu sitzen. Nicht, dass sie es vollkommen ablehnen würde, aber bislang hatte sie die Standesunterschiede doch stärker gelebt als es hier nun üblich war. Und der Anblick des schwarzen Mannes war für Elfleda noch immer sehr ungewohnt, auch wenn sie nach wie vor nichtmal mit der Wimper zuckte, wenn sie ihn sah. Eine Schwäche einzugestehen kam überhaupt gar nicht in Frage.
Elfleda setzte sich neben ihren Mann an die Tafel und schaute erstmal nur über das Essen. Auch wenn es für viele karg erscheinen mochte, für sie war es für ein normales Abendbrot fast schon üppig. Es war von allem ein wenig da, und keiner musste Angst haben, dass er hungern würde. Wer konnte schon mehr Ansprüche an ein Essen haben?
Und trotzdem saß sie heute etwas appetitlos da. Irgendwie war ihr nicht so wohl heute, fast ein wenig übel. Essen würde sie freilich trotzdem etwas, schließlich war sie weder dumm noch verschwenderisch. Aber für den Augenblick genügte es ihr, erst noch ein wenig einfach da zu sitzen und zu warten, ob das Hungergefühl nicht doch einfach noch kommen würde.
Vala saß ihr gegenüber und mampfte fröhlich grüne Dinger, von denen sie auch nicht den Namen wusste. Also zuckte sie nur leicht mit den Schultern, irgendeiner würde es bestimmt wissen. Dabei fiel ihr ein, dass sie mit Marga ohnehin noch sprechen wollte, wie es mit den Vorräten aussah. Wahrscheinlich war es nicht wirklich nötig, dass sie sowas im Kopf hatte, aber sie war so erzogen worden, dass das Aufgabe der Hausherrin war. Und als Landos Frau sah sie sich durchaus auch in dieser Rolle. -
Odas Worte waren vielleicht nicht besonders beruhigend, aber dafür waren sie wenigstens wahr. Elfleda bevorzugte jederzeit die Wahrheit vor jeder noch so gnädigen Lüge. Sie war nicht so naiv und verträumt wie die meisten anderen Mädchen, sie hatte lieber Fakten, mit denen man arbeiten konnte.
Nur im Moment nützten alle Fakten und alle Wahrheiten der Welt nichts, sie von ihrer Nervosität zu erlösen. Als sie schließlich nackt war, wurde sie zu Lando herumgedreht, der sich auch ihr zudrehte und ziemlich eindeutig auf sie reagierte. Elfleda konnte den kurzen Blick auf eine bestimmte Stelle nicht sein lassen, und ein wenig Angst und Erleichterung mischten sich in ihre Nervosität. Erleichterung, dass Oda bei ihrem Mann wohl eine erschreckende Ausnahme gehabt hatte oder schlichtweg übertrieben hatte, und Angst, weil es dennoch etwas war, was Elfleda nicht kannte und sie sich, je näher es rückte, umso weniger vorstellen konnte.
Sie kam ein wenig ungelenk auf ihn zu und war so damit beschäftigt, sich nichts von ihrer Unsicherheit anmerken zu lassen, dass sie noch nicht einmal mitbekam, wem Oda nun den vermaledeiten Schuh eigentlich schenkte.Doch Lando nahm sie in den Arm und ließ sich mit ihr aufs Bett nieder. Bei seiner Reaktion befürchtete die junge Braut schon ein sehr schnelles Vorgehen, aber ihr Mann war sanft und vorsichtig, küsste sie lange und nahm sich Zeit. Anfangs lag Elfleda nur sehr angespannt neben ihm, versuchte, seine Berührungen zu erwidern und kam sich dabei schrecklich albern und linkisch vor. Gerne hätte sie ihm ein souveränes und gewandtes Bild ihrer Selbst präsentiert, aber dafür war sie auf diesem Gebiet schlichtweg zu unerfahren und zu nervös. Doch nach einer Weile gab sie es auf, so zu tun, als wisse sie, was sie da tat, und ließ sich einfach von ihm führen.
Und dann wurde es schön. Er berührte sie, streichelte und küsste sie, und sie fing an, es zu genießen. Nach einer Weile war nicht mehr wichtig, ob sie sich dumm dabei anstellte, und nach ein paar zärtlichen Berührungen mehr war auch nicht mehr wichtig, wie es von außen aussehen mochte. Als er sie schließlich leicht zurückdrückte und über sie kam, um ihr tief in die Augen zu blicken, war für Elfleda eigentlich nur noch wichtig, seine warme Haut auf ihrer zu fühlen und ihm ganz nah zu sein.Sie vereinten sich, und es tat weh. Oda hatte nicht untertrieben, es tat sogar ziemlich weh. So sehr, dass sie einen kleinen Schmerzlaut nicht unterdrücken konnte und sich leicht erschrocken unter Lando aufbäumte. Dem reflexartigen Impuls, sich ihm zu entwinden, widerstand sie und ließ sich langsam wieder zurücksinken. Ihr Körper war angespannt, und die ersten Bewegungen so mehr als nur unangenehm. Elfleda war so konzentriert darauf, dass sie dabei die Nadel ganz vergaß, mit der sie sich eigentlich hätte stechen sollen. Allerdings bezweifelte sie nicht, dass diese Vereinigung spurlos sein würde, dafür fühlte es sich zu fremd an.
Lando nahm sich zurück, das konnte sie ihm an den Augen ablesen, und sie versuchte, den Ratschlag von Oda zu befolgen und sich zu entspannen. Es brauchte eine Weile und einige der weiterhin auf ihr Wohlgefallen fixierten Bewegungen, bis die Anspannung verschwand.
Es war fremd und es war anstrengend, aber auf unbekannte Weise auch irgendwie schön. Elfleda versuchte, sich darauf zu konzentrieren, aber es ging nicht so recht. Es war eher störend als hilfreich, je mehr sie darüber nachdachte. Aber dennoch war es schön, auch als Lando immer impulsiver wurde, bis er schließlich seinen Höhepunkt stöhnend erreicht hatte.
Elfleda lag da, gefangen im Taumel der Gefühle, und sah zu ihm hoch. Liebevoll strich er ihr eine Strähne von der verschwitzten Stirn, und sie musste ganz zaghaft lächeln. Auf seine Worte hin streichelte sie mit den Fingerrücken über sein bärtiges Gesicht und beugte sich ihm leicht entgegen, um ihn sanft zu küssen. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Eigentlich wollte sie gar nichts sagen, sondern einfach nur in seinen Armen liegen. -
Neugierig verfolgte Elfleda, was hier bei dieser Hochzeit passieren würde. Es war das erste Mal, dass sie mit der römischen Kultur näher in Kontakt trat, daher wusste sie nicht so recht, was sie zu erwarten hatte. Ein bisschen erleichtert nahm sie zur Kenntnis, dass Phelan auch die germanischen Götter anrief und ihnen Respekt zollte. Auch wenn sie nicht so recht wusste, ob das hier im Haus wirklich angebracht war. Draußen unter einer Eiche oder einer Linde, ja, aber hier im Haus erschien ihr das doch sehr merkwürdig.
Überhaupt war das Haus ein wenig einschüchternd für Elfleda. Die Casa Duccia war ja schon groß und aus Stein gebaut, aber überall fanden sich Nischen aus Holz und andere, wo die vielen kleinen Geister und Elfen ihr Heim finden konnten. Hier war alles viel glatter, noch steinerner, noch steriler. Elfleda konnte sich nicht vorstellen, dass hier ein Wichtel irgendwo in einer Nische wohnte, um den Hausbewohnern Glück zu bringen.Die Römer waren schon merkwürdig, auch dass sie dachten, man könne die Götter mit Opfern so bestechen. Interessante Vorstellung, dass man die Götter nicht nur beschwichtigen konnte, sondern dazu veranlassen konnte, etwas für einen zu tun, nur weil man selbst es wollte.
Elfleda fragte sich, woher Alrik wohl so viel über die Römer wusste. Soviel sie wusste, stammte er ebenso wie sie von rechts des Rhenus, aber offenbar hatten seine Eltern mehr mit den Verbündeten zu tun gehabt als ihre. Oder er hatte sich mehr Wissen angeeignet. Sie hatte schon gesehen, dass er auch ihre Schrift lesen konnte, wohl auch recht gut.
Aber erstmal musste sie ihre Konzentration etwas anderem widmen. Egal, ob nun im Haus oder draußen und um welche Götter es ging, es war ein heiliger Moment, in dem höhere Mächte angerufen wurden, da wollte sie diesem die nötige Aufmerksamkeit zukommen lassen. Also löste sie sich von ihren Gedanken und Betrachtungen und widmete sich wieder ganz dem jungen Goden, der mit dieser etwas anderen Vermählungsart anfing. -
Oda hatte sich wirklich alle Mühe gegeben, das Zimmer herzurichten. Elfleda schaute über das schön gemachte Bett zu den vielen Kleinigkeiten, die Glück bringen sollten und war gerührt von der Sorgfalt, mit der alles bereitet worden war.
Sie blickte über ihre Schulter zu ihrer Familie. Zumindest zu dem kleinen Teil, der als Zeugen anwesend sein würde. Ihr Vater war da mit Smilla, ebenso wie Rodewini mit seiner Frau. Ebenso ihr Bruder, bei dem Smilla ein scharfes Auge darauf gehabt hatte, dass er sich nicht betrinkt mit seinen 12 Jahren und Rodewinis Sohn. Bertwini und Folcrat grinsten einander grade an und Elfleda sah, dass ihr Bruder Bertwini grade seinem Cousin verstohlen ein paar Würfel zeigte. Irgendwie war sie froh, dass wenigstens die beiden ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes richten würden.Sie war nervös. Sehr nervös. Das hatte nichts damit zu tun, dass sie es nicht wollen würde oder dass sie Lando nicht vertrauen würde. Sie hatte nur Angst, etwas falsch zu machen, dass es nicht klappte oder dass sie sich albern dabei benahm. Eigentlich war ja nichts dabei, dass noch jemand anwesend sein würde. In einem kleinen Dorf, in dem es weit mehr Einwohner als Häuser gab, war ja immer irgendwer noch mit im Raum. Allerdings wurde dem dann nicht weiter Beachtung geschenkt, und nicht wie hier.
Dennoch versuchte Elfleda es mit einem Lächeln zu Lando, als sie sich von ihm löste und in die Hände der anwesenden Frauen und vor allem ihrer Brautfrau begab, um sich letzte Tipps geben zu lassen und sich beim entkleiden helfen zu lassen.Der Kranz, der noch immer ihr Haar krönte, wurde abgenommen und ihr langes, rotes Haar sorgfältig gekämmt. Dann fingen die Frauen an, die Schnüre zu lösen, die das Kleid eng am Körper hielten. Ganz vorsichtig, schließlich sollte das Kleid noch oft getragen werden. Ganz heimlich steckte ihr Smilla dabei eine kleine, spitze Nadel zu, die Elfleda verborgen in der Hand behielt.
Sie war als Jungfrau zu Lando gekommen, und so musste sie das auch beweisen können. Natürlich vertraute ihr auch Smilla, und es gab auch keinen Grund für Lando, daran zu zweifeln. Aber auf dem Laken würden sich ein paar Tropfen Blut finden lassen müssen, sollte jemand an Elfledas Ehrbarkeit zweifeln. Und vor allem junge Frauen, die auch ausritten und sich viel bewegten, bluteten meist nicht genug, so dass man mit einem kleinen Pieks in den Finger schonmal nachhalf, der Welt die Wahrheit zu beweisen.Elfleda hob leicht den linken Fuß an, damit Oda ihr den Schuh ausziehen konnte. Als Brautfrau hatte sie die Ehre, diesen Schuh einem der anwesenden Junggesellen zu schenken. Das brachte Glück, sowohl den Brautleuten, als auch dem Beschenkten. Dass sich dieser Brauch in knapp zweitausend Jahren so geändert haben würde, dass die Braut selbst ein Strumpfband in die Junggesellen warf, damit sie es fangen würden, hätte sich wohl keine der Frauen vorstellen können.
Ängstlich schaute Elfleda zu Oda hinunter. Sie hoffte, bei der Freundin ein wenig Halt und Zuspruch zu finden. -
Mit einem schüchtern wirkenden Lächeln nahm Elfleda das Kompliment von Lando an und ließ sich von ihm gerne zu sich ziehen. Während er so zur Bühne schaute und fragte, was wohl mit Callista los sei, ließ sie sich noch ein wenig mehr gegen ihn sinken, bis schließlich ihr Kopf ganz leicht seine Brust berührte. Allerdings endete diese vertraute Geste sehr rasch, als Arbjon und Alrik darüber sinnierten, was es sein könnte. Männer waren, wenn sie getrunken hatten, manchmal so blind. Und diese beiden hatten definitiv genug getrunken.
“Sie ist nur schüchtern. Vielleicht kennt sie das hier alles gar nicht so.“
Immerhin sagte man den Römern ja nach, dass sie sehr verklemmt waren auf der einen Seite, sehr zügellos aber auf der anderen. Callista gehörte wohl eindeutig zu ersteren Römern. Doch zum Glück kam ihr ihr Verwandter – Elfleda erinnerte sich immer noch nicht an den Namen. Metellus war es nicht, so hieß der ältere Mann in dem komischen Tuch, und Maecenas hieß der, der ihr den Schmuck geschenkt hatte. Irgendwas mit B oder P… sie kam einfach nicht drauf – zur Hilfe.Die beiden sangen. Nicht unbedingt laut, nicht unbedingt witzig, aber sie sangen. Es klang irgendwie traurig. Auch wenn Elfleda keine Ahnung hatte, was sie sangen. Kurz überlegte sie, ob das so eine Art Denkzettel sein sollte, weil sie alle germanisch gesungen hatten und die Römer davon vielleicht nichts verstanden hatten, aber das verwarf sie wieder. Lando hatte den Mann als Freund vorgestellt, und so eine Art von Stichelei wär nicht mehr freundschaftlich gewesen.
Als das Lied vorbei war, herrschte Stille. Keiner wusste so recht, was er davon halten sollte. Erst Alrik brach die Ruhe mit lautem jubeln und die anderen fielen alle mit ein. Elfleda sah zu Bühne hoch und lächelte Callista einfach aufmunternd zu. Sie hatte sich wacker geschlagen, und auch wenn das nur ein kleiner Mutsbeweis war, so war es doch einer, auf den man selbst stolz sein konnte. Auch wenn niemand etwas verstanden hatte.Elfleda kuschelte sich wieder etwas mehr an Lando und ruckte dabei leicht mit ihrem Arm, den sie um seine Hüfte geschlungen hatte, so dass er kurz zu ihr hersah. Sie blickte ihm eine Weile einfach mit unergründlichem Blick in die Augen, ehe sie sich etwas mehr aufrichtete, um ihm ins Ohr zu flüstern.
“Meinst du, deine Vettern sind nachher noch als Zeugen zurechnungsfähig?“
Die eigentlichen Fragen, die ihr auf der Zunge brannten, stellte sie nicht. Wann? War er noch nüchtern genug? Freute er sich? Hatte er auch Angst? All die Dinge, die man besser nicht fragte, die sie aber mit zunehmender Nervosität immer mehr gerne gewusst hätte. -
Alrik kam hoch auf die Bühne, noch ehe Elfleda diese verlassen hatte. Sein Kompliment brachte sie zum Lächeln, auch wenn sie bei ihm nicht ganz sicher war, ob er es wirklich ernst meinte oder einfach nur charmant sein wollte. Sie ließ sich von einem ihrer Vettern von der Bühne helfen, indem er sie einfach an der Hüfte packte und runterhob, während sie sich leicht an seinen schultern abstützte. Fast kam sie sich dabei vor wie ein Kind, und sie lachte ebenso vergnügt über den kleinen Flug und machte sich auf zu ihrem Mann, während Alrik zu singen anfing. Oder sowas ähnliches, denn der Mann hatte aber einen ganz fiesen Dialekt.
Oda kam ihr schon auf halben Weg entgegen und machte ihr freudestrahlend ein Kompliment. Jetzt lächelte Elfleda wirklich ganz offen, denn bei ihrer Freundin hatte sie keinerlei Hintergedanken. Wenn ihr das Lied gefallen hatte, dann hatte sie sich wirklich nicht blamiert – und damit wäre auch Alriks Kompliment ernsthafter Natur gewesen, aber das war ja nebensächlich.
“Ach, Oda, was dachtest du denn? Meinst du, Arndt hätte seiner kleinen Schwester nicht allen Blödsinn beigebracht, den er kannte? Du kanntest doch meinen Bruder.“
Sie hätte auch einige doch recht anzügliche Lieder zum Besten geben können, aber das wäre für eine Frau und auf der eigenen Hochzeit wohl nicht besonders diplomatisch gewesen. Witzig sicherlich, aber Rodewini hätte sie dann noch übers Knie gelegt. Ganz davon abgesehen, was Lando gedacht hätte, wenn sie von freizügigen Weibsbildern gesungen hätte.
“Ich bin sicher, wenn er in Valhall gelandet ist, bringt er dort jeden Abend alle mit seinen Liedern herzlich zu lachen.“
Er war im Kampf gestorben, ihr Bruder. Es war sein Schwert gewesen, das Elfleda an Lando überreicht hatte und das nun in dem Holzbalken über ihnen steckte. Sie war sich sicher, ihrem Bruder hätte dieses Fest hier gefallen.Alrik war auch fertig mit seinem Lied-Gebrüll, und Elfleda klatschte und jubelte mit den anderen mit, auch wenn sie eigentlich kein Wort verstanden hatte. Aber das war auf solchen Feiern und bei solchen Liedern auch eher nebensächlich.
Doch dann passierte eine Überraschung, ihr neuer Vetter rief Witjons Verlobte auf.
“Die kann doch gar nicht germanisch…?“, murmelte Elfleda etwas abwesend, war dann aber freudig gespannt, vielleicht ein römisches Lied zu hören zu bekommen. Sie hoffte, sie verstand alles, denn über die Heldentaten, die von den Völkern besungen wurden, lernte man immer auch etwas über das Volk – auch wenn man nach diesen Liedern hier meinen konnte, die Germanen würden nichts anderes, als den lieben langen Tag zu saufen.
Das Mädchen stand etwas verloren auf der Bühne und sah sich suchend um. Elfleda merkte, wie sehr sie sich an ihrem Becher festhielt. Offenbar hatte sie Angst. Sie bekam richtig Mitleid mit dem Mädchen, wollte sie aber nicht bloßstellen, indem sie zu ihr auf die Bühne kam, um ihr zu helfen. Außerdem hätten sie kaum ein Duett singen können, da Callista wohl keine germanischen und sie keine römischen Lieder kannte.
Kurz sah Elfleda zu Alrik hinüber, und in ihrem Blick lag etwas Tadelndes. Das war wirklich gemein von ihm gewesen. Hoffentlich hatte er ein schlechtes Gewissen.
Callista winkte kurz jemandem im Publikum zu. Das war doch der wortkarge Römer – wie war sein Name gleich gewesen? Elfleda hatte so viele neue Namen heute gehört. Irgendwas mit Prudi oder so… Sie würde Lando noch mal danach fragen, wenn sie es nicht vergaß. Aber er war Callistas verwandter und würde das Mädchen hoffentlich unterstützen, so dass Elfleda nun mit Oda wieder zurück zur Gruppe gehen konnte.
“Kommst du mit zu den anderen? Die Männer sind zwar nicht mehr ganz so gesprächig – oder viel zu sehr, aber… naja, soviel Zeit ist heute ja auch nicht mehr.“
So langsam wurde Elfleda wieder nervöser. Denn es wurde wirklich langsam spät, und bevor Lando noch mit seinen Vettern unterm Tisch lag, gab es noch etwas anderes, das anstand und zu dem ihr Mann noch in der Lage sein musste. Auch wenn Elfleda das, je näher es rückte, gerne umso weiter verdrängen würde. -
Nach und nach gaben alle Männer aus Wolfriks Stamm nun ihr bestes auf der Bühne. Nachdem der junge Ragin schon fast von der Bühne runtergetragen werden musste, sangen Phelan und Sontje ein Duett, und danach tat Arbjon sein bestes mit einem etwas langsameren Lied, bei dem Efleda es sich nicht nehmen ließ, sich leicht im Takt zu wiegen. Sie tanzte einfach unheimlich gern, auch wenn ihr heute schon beinahe die Füße weh taten. Mit jedem ihrer Verwandten hatte sie getanzt, aber immerhin verhieß es auch Glück, mit der Braut zu tanzen, so dass auch noch knapp Zweitausend Jahre später jeder die Braut zumindest einmal im Kreis herumwirbelte.
Als Sontje Ragin und ihrem Bruder noch mehr Met nachgab und sie zu einer Bank führte, war Elfleda schon versucht, etwas zu sagen. Natürlich, es war ein Fest, sollten sich die beiden jungen Männer ruhig betrinken. Aber Ragin sah eher aus, als hätte er schon mehr als genug gehabt. Wäre er ihr Bruder oder ihr Vetter, hätte sie ihn eher versucht, zu überreden, ob er sich nicht langsam hinlegen wollte, als ihm einen neuen Humpen in die Hand zu drücken.
Ihre Gedanken fingen gerade an, darum zu kreisen, wie viel Lando wohl schon getrunken hatte und ob sie bei ihm nicht langsam vielleicht einen ähnlichen Vorstoß wagen sollte, als plötzlich Arbjon auf der Bühne etwas sagte, was verdächtig nach „die Braut soll singen“ klang. Sie sah sich ein wenig überrumpelt um, blickte aber nur in grinsende Gesichter. Das war doch nicht sein ernst? SIE sollte singen?
“Oh, aber…“, irgendwie kam sie gar nicht so richtig dazu, einen Einwand zu formulieren, da wurde sie auch schon zur Bühne gezogen und hochgehoben. Und plötzlich stand sie da und sah sich der erwartungsvollen und feiernden Menge gegenüber, die auf das nächste Lied wartete.
Die meisten Lieder, die typisch für Frauenstimmen waren, waren Klagelieder. Die waren nun aber nicht unbedingt geeignet für eine Hochzeit. Elfleda nahm also doch eines, das eigentlich für eine tiefere Männerstimme gedacht war, raunte den Spielleuten kurz zu und sang es einfach in ihrer Stimmlage.“ Es ist geleert, das erste Fass, kommt Brüderlein, erzähl' noch was,
von euren weiten Reisen, sprecht und hebt das Glas.Der alte bärt'ge Wandersmann, fängt mit der Geschichte an,
als einst von fern das Jagdhorn schallt, und Jäger hetzten durch den Wald.
Der Hirsch droht zu entkommen! Doch rannt' ich schneller als das Tier,
mit bloßer Faust niedergerungen, das Geweih hier als Beweis dafür.“Lügengeschichten dieser Art hatte Elfleda schon genug in ihrem Leben gehört und so versuchte sie, die ernste Mimik, die der Erzähler dabei üblicherweise zur Schau stellte, bestmöglich nachzumachen.
“Der alte bärt'ge Wandersmann, fängt mit der Geschichte an,
als einst ein Sturm das Meer zerwühlt und Mann und Maus vom Schiffsdeck spült,
das Schiff drohte zu sinken, die Segel rissen wie Papier,
ich holte Luft und blies den Sturm fort, das Leinen als Beweis dafür.Es ist geleert, das erste Fass, kommt Brüderlein, erzähl noch was,
von euren weiten Reisen, sprecht und hebt das Glas.“Um es zu unterstreichen hob sie ihren Becher leicht an und nippte einmal daran, um die Kehle zu befeuchten. Betrinken wollte sie sich ja nicht.
“Der alte bärt'ge Wandersmann, fängt mit der Geschichte an,
als einst der Feind die Stadt besetzt, das Katapult das Tor zerfetzt.
Ich schlich mich von hinten an, mein Kampfschrei klang wie tausend Mann,
sie rannten fort wie scheues Getier, der Helm hier als Beweis dafür.Der alte bärt'ge Wandersmann, fängt mit der Geschichte an,
als einst der jüngste Tag entbrach und alles von dem Ende sprach,
es leckten Flammen in die Welt, als offen stand das Tor zur Hel,
ich schlug es zu und mein Schloss hält, der Schlüssel als Beweis dafür.Es ist geleert, das erste Fass, kommt Brüderlein, erzähl noch was,
von euren weiten Reisen, sprecht und hebt das Glas.“Die Menge lachte mit ihr mit und prostete sich lustig zu. Vor allem die, die das Lied noch nicht kannten, warteten ganz gespannt darauf, welche Heldentat wohl als nächstes kommen mochte in dieser Aufzählung unglaublicher Dinge.
“ Ich hab erzählt von meiner Jagd, wie ich den Sturm bezwungen hab,
wie ich den bösen Feind vertrieb und der Deckel auf der Hölle blieb.“Elfleda machte eine theatralische Pause, und die Musik der Spielleute änderte sich auch leicht, als sie sich aufrichtete und als wolle sie sich nachschenken lassen einer der Schanmaiden zuwinkte.
“Nun rollt das zweite Fass herein, wir wollen nur mehr glücklich sein,
Nur nicht zu voll der Ranzen, fröhlich auf den Tischen tanzen.Es fließt der Wein, es fließt das Bier, hoch die Krüge, trinken wir!
Es fließt der Wein, es fließt das Bier, hoch die Krüge, trinken wir!
Es fließt der Wein, es fließt das Bier, hoch die Krüge, trinken wir!
Es fließt der Wein, es fließt das Bier, hoch die Krüge, trinken wir!“Bei den letzten vier Liedzeilen hatte sie ihren Becher hoch erhoben, um ihn nun auf der Bühne in einem Zug zu leeren. Er war zwar ohnehin nurmehr halbvoll gewesen und der Met ja auch nicht so schwer, aber das wusste die Menge ja nicht, die herzlich lachte, wie die Braut trank.
Als sie den Becher absetzte, verneigte sie sich leicht und überlegte, wen sie als nächstes hochrufen sollte. Einen Augenblick war sie versucht, einen der römischen Gäste zu nehmen. Immerhin sollten die an diesem fest auch teilhaben. Aber dann traute sie sich doch nicht so ganz und rief stattdessen laut: “Alrik! Wie wär’s mit dir? Komm hoch!“ -
Es war richtig niedlich, wie Sontje nach etwas suchte, das sie schenken könnte. Elfleda hatte nie angenommen, dass jeder einzelne der Sippe ihr etwas schenken würde. Viel mehr hatte sie angenommen, von allen gemeinsam etwas zu erhalten, und damit wäre es gut. Aber sie hatte heute schon so viel bekommen, und stetig wurde es noch mehr. Und je wertvoller das Geschenk war, umso leichter schien es dem Schenker zu fallen, es herzugeben. Die junge Germanin war richtig beeindruckt von der freundlichen Freigiebigkeit, die sie hier vorfand. Irgendwie war ihr von Geschichten geprägtes Bild der Menschen westlich des Rheins ein anderes bislang gewesen, daher war sie ohnehin positiv überrascht.
“Ach, Sontje. Heute bin ich die reichste Frau Midgards und die glücklichste obendrein. Aber wenn du mit mir gemeinsam eine Decke sticken möchtest, wie es unter Schwestern und Basen schon seit Urzeiten Brauch ist an langen Abenden, wäre ich überglücklich.“
Sie nahm die Hände der schüchternen Frau und küsste sie einmal links und einmal rechts auf die Wangen. Es gab wirklich nichts, weshalb sie sich hätte schämen müssen, und so freundlich in der Familie willkommen geheißen zu werden war ohnehin das schönste Geschenk, das Elfleda hätte erwarten können. -
Eine römische Hochzeit würde es werden, hatte Elfleda gehört. Auch wenn sie bis auf die wirklich knappe Beschreibung von Prudentius Balbus keine Ahnung hatte, was genau daran anders sein würde als bei einer germanischen. Überhaupt wusste sie nicht so recht, ob sie es nun eher gut oder eher schlecht finden sollte, dass Witjon so heiratete. Natürlich zeigte das, dass er seiner zukünftigen Frau und ihrer Sippe den gebührenden Respekt entgegen brachte. Aber dennoch war er ja doch eigentlich Germane, und Callista würde ja in ihre Sippe kommen und dann bei ihnen leben, und das würde auch nicht römisch sein.
Aber vorerst war das egal, im Moment siegte die Neugier, und überhaupt war heute Witjons Tag. Da gab es nichts zu grübeln. Wenn es ihm gefallen würde, war das dann gut. Und eben weil das Witjons und Callistas Tag war, hatte sich Elfleda nicht ganz so herausgeputzt. Sie wollte zuerst das Kleid wieder tragen, was sie an ihrer Hochzeit getragen hatte, entschied sich dann aber doch für ein anderes. Das Weiße war vielleicht doch zu auffallend, und heute gehörte die Aufmerksamkeit der Braut und nicht ihr. Daher hatte sie ein blaues Kleid angezogen, immer noch eine fürstliche Farbe, aber nicht so auffällig wie weiß. Und auch der Schmuck war heute etwas dezenter. Da sie nun verheiratet war, war ihr Haar auch in einem langen Zopf geflochten und nicht mehr offen.Arbjon erklärte, was sie zu erwarten hatten. Seine Mutter war wohl wie alle Mütter und nutzte die Chance, ihrem Sohn ins Gewissen zu reden, damit er auch heiratete und ihr Enkel schenkte, und Elfleda musste herzlich grinsen. Vor allem, als Arbjon sich gegen die Behandlung jammernd und wie ein Spatz schimpfend wehrte.
Eine Unfreie kam und fragte, ob sie etwas trinken wollte. Elfleda schüttelte nur leicht den Kopf, immerhin würde es nachher wohl noch genug zu trinken geben. Im Moment war sie nicht durstig. -
Elfleda hatte ja mit vielem gerechnet, auch damit, dass gesungen würde. Aber mit der Vorstellung ihres Mannes hatte sie nicht gerechnet. Und so lachte sie recht herzlich und ehrlich bei seiner Vorstellung und sang den Refrain mit. Da das Lied aber ihr gelten sollte, tat sie das nicht zu laut, immerhin sollte sie ja angesungen werden. Und so, wie sie grinsen musste, fiel das Singen ohnehin nicht so leicht.
Als ihr Mann dann Witjon als nächstes aufrief und von der Bühne runterkam, empfing sie ihn mit einem fröhlichen Lachen und einem kleinen, aber leidenschaftlichen Kuss.
“Ein schönes Lied“, meinte sie halb verträumt und kuschelte sich ein wenig näher an ihn, umarmte ihn leicht. Jetzt, da sie endlich einander auch berühren durften, war es fast schon wie ein Drang für sie, das auch ausgiebig auszunutzen. Vor allem, je später es wurde, als wolle sie sich mit ihm schon ein wenig mehr vertraut machen.
Aber noch hatte Elfleda auch ein wenig Angst vor dem, was folgen würde, und das Fest war auch grade viel zu schön und alle so fröhlich am Singen und scherzen. Witjon gab auf der Bühne auch gerade sein Bestes mit einem Lied über einen Liebeszauber. Elfleda lächelte kurz zur Bühne hoch, als er zu einem besonders intensiven „Abra“ ansetzte.
“Wollen wir uns noch ein wenig zu den anderen gesellen?“
Sie hatten sich heute mit so vielen unterhalten und geredet, da gefiel es Elfleda, auch einfach mal ein wenig zuzuhören und ihre neue Familie kennen zu lernen. Hier war soviel Trubel und Durcheinander, dass dazu bisher eigentlich kaum Zeit geblieben war.
Witjon war auch fertig und rief Ragin auf die Bühne, während er sich zu seiner Verlobten gesellte. Dort erspähte sie auch Arbjon und Alrik. Eigentlich eine gute Gelegenheit, alle ein wenig kennen zu lernen und einfach ein wenig zuzuhören. -
Oh, er war gefährlich. Das war das, was Elfleda als erstes durch den Kopf schoss, als Vala sie so charmant begrüßte und ihr gratulierte. Er hatte es gewiss heraus, wie man einer Frau ein Kompliment machte. Wo seine Worte bei vielen anderen schon schleimig gewirkt hätten, versprühte er durch sein sicheres Auftreten und nicht zuletzt sein Lächeln sehr viel Charme. Elfleda wollte gar nicht wissen, wie viele Mädchen diesem Charme schon erlegen waren. Sie musste definitiv dafür sorgen, dass Vala und Elke sich nicht unterhielten, auch wenn der Teil von ihr, der sich geschmeichelt fühlen wollte, ihr sagte, dass er nur zu ihr so galant war.
Sie lächelte, und es hatte etwas wölfisches an sich, und sah ihn mit dieser Mischung aus ernsthaftem Entzücken und politischer Skepsis an.
“Ich danke dir, Alrik. Wenn du immer so eine goldene Zunge hast, solltest du beim nächsten großen Thing sprechen.“ Sie grinste nun offen schelmisch. “Auch wenn die Stammesfürsten sicherlich nicht mit Sternen zu vergleichen sind.“
Verdammt, sie fühlte sich durch dieses Kompliment doch ernsthaft geschmeichelt, auch wenn sie sich davon natürlich nie beeinflussen lassen würde. Dennoch war es fast schon ärgerlich, es zu merken. Hoffentlich war Lando deshalb nicht eifersüchtig. Sicherheitshalber schenkte sie ihrem Mann – noch immer hörte es sich so verdammt gut an – ein aufrichtiges, verliebtes Lächeln, ehe Vala ihnen die Geschenke überreicht.Die Statuen waren abgesehen von Odas Borte das erste selbstgemachte Geschenk heute, und Elfleda nahm die Statuette dankbar an. Ganz vorsichtig streichelte sie über die Schnitzerei und sah dann Vala mit jetzt doch sehr ehrlichem Lächeln an.
“Ich danke dir. Sie sind wunderschön.“ Auch wenn sie für Götterbildnisse schon sehr genau waren. Aber es hatte sicher gedauert, sie so fein herzustellen. “Ich werde mich nachher mit dem Goden unterhalten, wo man sie am besten aufstellen kann.“ Auch wenn der bei soviel Detailgenauigkeit auch schimpfen mochte. Elfleda fand die Bildnisse herrlich. -
Von der so herzlichen Begrüßung war Elfleda ehrlich überrascht und wusste gar nicht, wie sie wirklich darauf reagieren sollte. Sie war ja sicher nicht schüchtern, aber gleich auf die Wange geküsst zu werden wie unter engen Verwandten, damit hatte sie so kurz nach dem Ritus noch nicht gerechnet. So blieb ihr nicht viel übrig, als ihre Überraschung so gut es ging zu überspielen.
Zum Glück gab ihr Witjon dafür auch gleich die beste Gelegenheit, denn er wartete nicht lang mit der Geschenkübergabe. Elfleda bekam eine schöne Keramik, die sie fachkundig mit den Fingern leicht prüfte. Der Ton war gut gebrannt, hatte keine rauen Stellen, die einmal brüchig werden würden, und die Malerei war tief im Ton, so dass sie lange halten würde. Auch wenn es bei einem Gebrauchsgegenstand fast Verschwendung war, gefielen solche kleinen Spielereien Elfleda sehr.
“Danke, Witjon. Wenn die anderen auch so schön sind, ist es ja fast schade, daraus zu essen.“ Natürlich konnte man die Schalen nicht nur ins Regal stellen und anschauen, das wäre Verschwendung, und so etwas kannte Elfleda nicht wirklich. Daher war es von ihrer Seite aus wirklich nur ein Scherz. Dass jemals jemand so dekadent sein könnte und Geschirr nur zum Anschauen irgendwo anrichten könnte, das konnte sie sich nicht einmal vorstellen.
Sie hatte in germanisch gesprochen, wohl noch ein letzter Rest ihrer Überraschung, und verfluchte sich stumm innerlich dafür. Nach Außen hin hatte sie aber die perfekt strahlende Miene, die einer Braut auch anstand, und begutachtete Landos Trinkhorn lächelnd.
“Wirklich sehr schön“, meinte sie also, diesmal in Latein, damit die Sippe von Callista sich nicht ausgeschlossen fühlte. Immerhin wollte sie niemanden beleidigen. -
Phelan kam an die Reihe der Gratulanden. Elfleda begrüßte ihn mit einem kleinen Lächeln, wie sie heute fast jeden noch begrüßt hatte, und fand sich dann auch schon überrascht in seiner ernsten Umarmung wieder. Die beiden Hände auf ihren Schultern wirkte der Glückwunsch von dem jungen Goden ungewohnt ernst, waren alle anderen doch lockerer. Elfleda lächelte erst ein wenig verlegen, was dann richtig ungläubig wurde, als er das Geschenk herausholte. Lachend schüttelte sie leicht den Kopf, als sie das Geschenk annahm.
“Ihr überhäuft mich mit Reichtümern. Ich kann mich schon gar nicht mehr so sehr bedanken, wie es den Geschenken angemessen wäre. Nach dem heutigen Abend bin ich wahrscheinlich die reichste Frau weit und breit“, scherzte sie leicht und ließ ihre Finger über das Amulett gleiten.
“Es ist wirklich eine schöne Arbeit. Schau mal, Lando. Falke und Wolf.“
Sie zeigte ihrem Mann das Amulett und strich noch einmal die feine Arbeit mit den Fingern vorsichtig entlang. Die Handwerkskunst allein war schon sehr aufwendig, so etwas schönes hatte sie in ihrem Dorf nicht besessen. Was vermutlich hauptsächlich daran lag, dass ihr Goldschmied eigentlich ein Hufschmied war.
Auch der Bogen war eine schöne Waffe, den Lando bekam. Sie hatte ihn eigentlich eher als Schwertträger gesehen, aber vielleicht nutzte er ihn gerne auf der Jagd. Wenn er gerne dem Rotwild nachsetzte, war ein Bogen praktischer als ein Speer, anders als bei der Wildschweinhatz. Sie würde ihn danach fragen, wenn die Hochzeit vorüber war. Vielleicht würde er sie ja sogar mitnehmen, das würde Elfleda wohl gefallen.
“Ich danke dir, Phelan. Ich werde es gerne bei mir tragen.“ -
Ich hätte dann auch gerne noch ein Konto
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Hatte sie etwas falsches gesagt? Als der Römer ihr so knapp antwortete, überlegte Elfleda kurz, was sie gesagt haben könnte, um ihn zu verärgern. Alle anderen Gäste waren heute sehr wortreich gewesen, das war die erste wirklich knappe Antwort, die sie bekommen hatte. Aber Lando lachte nur und scherzte ein wenig, von daher nahm sie an, dass Balbus wohl immer so war und nicht nur wegen ihr.
Das Gespräch hatte sich gerade noch um Callista gedreht, die auch schon schüchtern im Hintergrund still erschien. Fast, als hätte sie gehört, dass von ihr gesprochen worden war. Elfleda begrüßte sie mit einem strahlenden Lächeln und ging die zwei Schritte zu ihr, um sie wie eine Schwester – immerhin wären sie bald in derselben Sippe und damit so gut wie Cousinen – an den Händen zu nehmen und etwas aus dem Schatten der anderen leicht zu ziehen, damit Lando sie auch richtig begrüßen konnte.
“Kallista, steh doch nicht so hinten. Komm mit vor, denn bald sind wir…“Verdammt, das nächste Wort, das fehlte. Sie musste die Sprache wirklich besser lernen. Sie nahm einfach das germanische Wort. Wirklich ein Jammer, dass Callista das noch nicht konnte. “Basen.“
Elfleda lächelte vergnügt und stellte sich wieder neben ihren Mann und hoffte, die Römer würden jetzt vielleicht noch ein wenig mehr auftauen. Vielleicht war sie da in ihrem Dorf etwas verwöhnt, was die Herzlichkeit anging, aber im Moment wusste sie einfach nicht so recht, wie sie die Römer richtig behandeln sollte. Sie schienen ihr ein wenig distanziert, aber das würde sie hoffentlich bald lernen. -
Bei den neckischen Worten zwischen Harlif und Lando schaute Elfleda amüsiert vom einen zum anderen. Solche Späße gehörten unter Freunden einfach dazu, das kannte sie auch gar nicht anders. Auch wenn die ein oder andere Anspielung doch recht interessant war, vor allem jene, die sich um die Nachwuchsproduktion drehten. Vielleicht würde sie da zu einem späteren Zeitpunkt noch mal nachhaken, schließlich wollte sie alles von ihrem Mann wissen, auch seine wilde Vergangenheit. Allerdings nicht jetzt, im Moment war sie nur glücklich, ihn zu haben.
Was Harlif aber mit Kinderzimmer meinte, verstand sie gar nicht. Bis sie so viele Kinder hatten, dass die ältesten in andere Zimmer mussten, das würde doch dauern? Und Witjon würde mit seiner Verlobten ja auch Kinder dann haben, so dass man die ältesten zusammen in einen Raum stecken konnte, wie das unter Cousinen auch nicht unüblich war. Sie hatte ja auch häufig mit Elke und Emma in einem Bett geschlafen. Von daher verstand sie nicht so ganz, was Harlif ihnen jetzt eigentlich schenkte, aber Lando schien das Geschenk zu gefallen.
“Auch ich danke dir“, meinte Elfleda noch lächelnd und sich ihre Verwirrung nicht anmerken lassend, ehe auch schon der nächste Gast scheinbar darauf brannte, sie beschenken zu dürfen.