Vorsichtig kam Phraates Celerina naeher, als er naehergewunken wurde. Er fuehlte sich irgendwie... nackt. Blossgestellt. Das war nicht nur aufgrund der kurzen Tunika, sondern vor allem wegen dieser Situation. Seine Herrin war das jetzt. Kurz musterte er den Raum sowie die Roemerin.
Der Gedanke, den er schon auf der Sklavenversteigerung gehabt hatte, bestaetigte sich. Seine neue Herrin war mit einer grossen Schoenheit gesegnet. Dafuer schienen auch die Umrisse, die er unter dem Gewand sah, zu sprechen. Dies zeugte von einer Koketterie, die im sittenstrengen Orient fuer eine allgemeine Entruestung gesorgt haette. Doch dies gewaehrte ihm auch Einblick in die Wunden, die Celerina noch immer hatte. Einige davon wuerden Narben bilden.
Er sah auch die Katze. Sie fauchte ihn an, das depperte Vieh. So ein bloedes Tier. Die Tatsache, dass die Katze ihn nicht mochte, verstaerkte nur noch seine Aufgeregtheit und Angst, die er hier auf ganz soldatische Wiese zu unterdruecken suchte.
Was also tun? Er legte die rechte Hand auf die Brust und machte einen tiefen Kratzfuss. Er hatte durchaus ueberlegt, ob er nicht einfach auf den Boden hinknien sollte und der Frau die Schuhe kuessen sollte, aber das machte er nicht - hauptsaechlich aus Respekt vor der Katze, die ihn sicher das Gesicht zerkratzen wuerde. Und er wusste auch nicht, ob es gut angekommen waere, er wusste ja kaum etwas ueber roemische Sitten.
Er richtete sich wieder auf und hoerte ihren Fragen zu. "Ja, das stimmt, Herrin.", sagte er und redete betont langsam, um sich selbst Zeit zu geben, die Saetze in einer halbwegs akzeptablen Grammatik und Aussprache zu sprechen.
"Ich bin der Parther. Meine... mein!... Name ist Phraates."
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Diomedes klopfte Phraates auf die Schulter, und Phraates klopfte zurueck. Er schien schon eine Art Kumpel gefunden zu haben, was ihn zutiefst beruhigte, jemanden, den er fragen konnte, wenn er auf Probleme stiess. Das war gut.
Doch der Grieche schien Phraates' Kritik and der Sklavenbude nicht verstaendlich zu finden. Anscheinend gibt es hier im Haus einen Carcer, wohl fuer die Sklaven. Phraates schauderte. Das Prinzip der Sklaverei war in Parthien im Osten und der Mitte (woher er stammte) unbekannt, und im Westen nur spaerlich verbreitet. Es gab leibeigene, ja, aber niemand haette gewagt, sie so zu halten. Er selbst hatte vor seiner Kriegsgefangenschaft immer in einem nett eingerichteten Zimmer geschlafen, und es nahm ihn schon her, dass das nicht mehr so sein wuerde.
Doch Diomedes war nie etwas anderes gewohnt gewesen. Der arme, arme Mensch. Er hatte etwas besseres verdient wie das.
Sein Mitsklave zeigte ihm aus dem schauderhaften Verlies, das von nun an seine Bettstelle sein wuerde, heraus. Ahura Masda sei Dank. Phraates folgte Diomedes, und er spuerte, wie mit jedem Schritt das Haus schoener eingerichtet war. Er blickte auf die schoenen Reliefs, Buesten und Wandmalereien, an denen er vorbeikam. Die Roemer verstanden durchaus etwas von Kunst.
Bald erreichten sie eine Tuer. Sie war relativ schmucklos, aber dafuer in all dieser Pracht umso effektvoller.
Eine SKlavin blickte raus und bedeutete den beiden, hineinzukommen. Phraates fuehlte, wie sein Herz erbebte. Er schauderte. Das letzte Mal hatte er so etwas erlebt, als er zu einem parthischen General vorgeladen wurde. Er hoffte er machte keine Fehler. Es wusste, sollte das passieren, war er unten durch bis in alle Zeiten. Heiliger Himmel, steh mir bei, dachte er sich und schritt durch die Tuere. -
Es schien ein stummes Einverstaendins zu geben zwischen dem Parther und dem Griechen. Es gab Dinge, die ein Mann, der es wert ist, ein Mann genannt zu werden, einer Frau nicht antun darf. Selbst seiner schlimmsten Feindin wuerde Phraates niemals so etwas wuenschen.
Er hoerte Diomedes zu. So ein Fuchs, einfach auszubrechen. Wenn es dem thraker gelungen war, wieso sollte es auch... ach was! Er kannte die Roemer. Sie wuerden die 3 wieder einfangen und zurueckbringen. Und am Ende wuerde es allen Sklaven schlechter gehen. Er nickte also. "Ich werde nicht sagen.", versprach er.
Er bemerkte das Amuse-Gueule des Diomedes und grinste. "Nein, ich nur habe getroffen komisches Frauen in meines Leben. Deshalb frage ich ja." Diomedes schien da aehnliche Erfahrungen gemacht zu haben. Wie jeder einzelne Mann auf der Erde.
Sein mitsklave schaute schon ungeduldig, als Phraates sich zurecht machte. Haette er sich noch laenger im Bad aufgehalten, haette der ihn sicher rausgezogen.
Er blickte an sich runter. Hurra, endlich war er kein Schmutzfink mehr! Die Tunika war ihm etwas peinlich, in Parthien verhuellten naemlich die Maenner ihre Beine. Er wuerde sich dran gewoehnen, und vermutlich war es die richtige Kleidung fuer Italien, wo die Sonneneinstrahlung nicht so intensiv war wie in Parthien, aber es trotzdem durchs ganze Jahr relativ warm war.
Er folgte Diomedes. nicht lange danach erreichten sie die Sklavenunterkunft, und sein Bett wurde ihm gezeigt. Er blickte drauf und erinnerte sich sehnsuechtig an sein eigenes Bett zuhause in parthien. Wuerde er je wieder drinnen liegen? Er sog tief die Luft ein. "Nicht sehr gutes Riechen.", stellte er fest. Hier musste gelueftet werden, und ein Verputz musste angebracht werden. Doch vermutlich wurde das von den Herren nicht bewilligt, sonst waere es sicher schon getan worden.
Er setzte sich auf die Pritsche. Sie knarzte, und Phraates seufzte. Er blickte auf die Kiste, die ihm gezeigt worden war, und nickte schicksalergeben.
"Das Zimmer hier schaut aus... schlecht.", meinte er zu Diomedes. "Noch nie hat jemand versucht zu neu machen?" Er machte eine grosszuegige Geste durch den Raum. "Das hier ist wie Carcer.", meinte er geschockt und schuettelte den Kopf. In Parthien (wo sowieso alles besser war) waere so etwas nie zugelassen worden.
Er blickte Diomedes an. "Wann werde ich Celerina lernen kennen?", fragte er. Eine gewisse neugier konnte er sich halt einfach nicht verkneifen. -
Phraates, der sich schon im Wasser suhlte, hoerte Diomedes zu. "Feige.", meinte er. "Man darf keines Frau schlagen." Er schuettelte den Kopf. In Parthien haette sich niemand das zu wagen getraut. So was konnte ja nur im Imperium Romanum passieren.
"Thraker? Ist das Vorgaenger? Und weg er ist?", fragte Phraates unglaeubig. "Deshalb!", murmelte er zu sich selbst. Darum war der Mann der Vorgaenger. Nicht weil er tot war, sondern weil er die Muecke gemacht hatte. Was fuer ein Genie! Phraates laechelte leicht. Ahura Masda moege den Fluchtweg jenes Mannes beschuetzen. Doch gleichzeitig wusste er auch, dass die Flucht jenes Mannes wahrscheinlich seine kuenftige Herrin noch schwieriger gemacht hatte, wie schon vorher.
Er schien also gut beraten zu sein, die Vorschlaege des Diomedes ernst zu nehmen. Er nickte, als er Frauen erwaehnte. "Frauen. Wieso so komisch sie?", fragte er, wohl wissend, dass dies eine aeonenalte und schrecklich schwere Frage ist, die selbst die Gescheitesten nicht zu beantworten wissen.
"Sie wird moegen das Zeug?", fragte er sich. "Komisch." Nichtsdestotrotz protestierte er nicht weiter, sondern spielte sich weiter mit dem Wasser. Es war so wohltuend, sich endlich wieder saeubern zu koennen.
Bald war er auch fertig, griff nach dem Handtuch, entstieg dem becken und rieb sich ordentlich ab. Dann zog er die frische Tunika an, die alte, verstaubte wollte er ja nicht mal mehr angreifen. Dann wandte er sich an Diomedes. "Wohin jetzt?", fragte er. -
Diomedes wusste, was sich abspielte, das sah Phraates. Fuer ihn war das ein schwerer Schlag. Er hatte seinen vater ein versprechen gegeben, ein Versprechen, seine Familie wieder zu alter Ehre zu bringen. Er hatte gesagt, wenn er zurueckkaeme, wuerde er Geld und Ruhm mit sich bringen. Und dann wuerde er heiraten koennen.
All dies verpuffte nun. Phraates konnte sein Versprechen nicht einloesen.
Traurig blickte er fuer einen Moment ins Bassin, dann durchfuhr ihn ein Gedanke. Wenn du jetzt schon aufgibst, dann bist du es nicht wert, ein mann genannt zu werden. Ein echter Parther geht nicht unter. Schon gar nicht wegen irgendeiner Roemerin.
Er hoerte Diomedes zu und hoffte, dass er recht hatte. "Wie ist Herrin? Ist brutal sie? Grausam? Oder gut? Wie werden Sklaven be...", wie hiess dieses Wort schon wieder? Bekauft? Behandelt? Begeschaeftet? Er entschied sich fuer eine Umformulierung. "Wie hier geht es uns Sklaven?", fragte er Diomedes.
"Ja, ist gut.", stimmte er ihm zu, als der Dicke ploetzlich mit einer komischen Flasche daher kam. Was war das? Wieso...? Beim heiligen Feuer des Himmels! Er kannte diesen Geruch. Es war das Parfum, welches man in Parthien bei den reichen Familien benutzte. Seine Schwester hatte etwas davon, sie hatte es bei ihrer Hochzeit benutzt. Es war schon in Parthien rechtteuer. Wie teuer musste es hier sein? Und dieser Sklave schuettete damit unbekuemmert herum. Phraates sah ihn an. "Das ist Moschus!", meinte er zu ihm, etwas aus der Ruhe gebracht. "Das viel wert ist."
Er blickte an sich herunter, als sich die Duftwolke legte. "Das ist fuer Frau.", meinte er und blickte Diomedes ein bisschen vorwurfsvoll an. Dann verlor sich seine lustlose Miene. Er begann zu laecheln und warf eine Handvoll von Wasser in sein Gesicht. Es tat gut, zu wissen, dass das Gesicht endlich wieder sauber war, nach so langer Zeit. -
"Genau. So. Phra-a-tes.", bestaetigte er. Er freute sich, dass jemand seinen Namen richtig aussprach. Er hoerte dem anderen aufmerksam zu, was sein name war. "Diomedes. Freut mich.", meinte er. Der Name war wohl Griechisch. Aber dass sich jemand nur so wenige Gedanken um seine Herkunft machte, war Phraates nicht wirklich versaendlich. Er selbst konnte seinen Stammbaum bis zu einem der Gefaehrten vom grossen Arsakes zurueckverfolgen. Aber er glaubte nicht, dass dies hier viel galt. Rom war nicht Parthien.
Diomedes schien zu erkennen, was in Phraates Augen lag. Phraates grinste zurueck und seine Augen leuchteten, als Diomedes von einer Nacht sprach. Vielleicht, ja, vielleicht wuerde es so kommen... wer wusste das?
Er nickte bedaechtig, als ihm Diomedes die bedeutung des Wortes erklaerte. "Also ich bin auch ein... Exote.", meinte er. Bei den letzten Worten des Diomedes wurde er hellhoerig. Vorgaenger! Bei grossen Ahura Masda! Hatte man den totgepruegelt? Phraates entschloss sich, lieber nicht zu fragen. Er wollte es gar nicht wissen.
Phraates wollte nun seinerseits schon beginnen, Diomedes von Parthien vorzuschwaermen. Seiner Heimat. Seiner Familie. Von der Zeit, die er dort verbracht hatte, seine Zeit im Heer. Doch sein mitsklave unterbrach ihn.
Phraates hoerte ihm zu. Er atmete tief ein, als er die Bedeutung von Diomedes' Woertern in sich einsacken liess. Seine Schultern sackten nach unten. Dann nickte er. Der eifrige Ausdruck, den er vorher im Gesicht getragen hatte, war verschwunden.
Wie sollte er vergessen koennen? Aber vielleicht hatte der Mann wirklich recht. Vielleicht war Verdraengen die beste Taktik.
Er laechelte Diomedes noch einmal zu, wobei dieses Laecheln irgendwie nicht in seine Augen vordrang, zog seine Tunika aus und stieg dann ins Bad hinein.
Was fuer eine Erfrischung! Unglaublich! Ja, er hatte schon einige Zeit nicht mehr gebadet. Niemals haette man das in Parthien bei kriegsgefangenen zugelassen. Sich hier nun baden zu koennen war ein wundervolles Gefuehl. -
Die Aufgabe, Phraates einzuweisen, fiel an den Dicken Sklaven. Von naeherem wirkte seine Aehnlichkeit mit einem armenischen Fleischklops noch verblueffender als von der Ferne, wenn man seine Falten und Runzeln in Betracht zog. Immerhin schien er es aber gut zu meinen, und er schlug ein Bad vor. Das stimmte. Der Sklavenhaendler hatte sich kaum die Muehe gemacht, seine Sklaven ordentlich zu waschen. Womoeglich hatte er sich gedacht, auf der dunkleren Haut der Parther sah man den Schmutz sowieso nicht.
Er registrierte, dass ihn der Dicke eseinen Freund nannte, was Phraates in eine etwas unverkrampftere Stimmung versetzte. Er nickte kurz langsam mit dem Kopf zu Diomedes hin und sagte dann: "Mein Name ist Phraates. Phra-A-tes.", sagte er. Er betonte die Mittelsilbe. Hoffentlich merkte man sich die Aussprache. "Wie heisst du? Wo kommst du aus?"
Er blickte der Sklavin nach. Hm. Phraates und sie tauschten einen schnellen Blick. Unter anderen Voraussetzungen waere das ein prima Tag gewesen - gleich das Interesse von drei schoenen Frauen zu wecken - aber das zu sagen waere eine Verkennung der Tatsachen. Dieser Tag hatte ihn von einem Kriegsgefangenen, einen Status, mit dem er zurechtkam, in einen Sklaven verwandelt. Nein, das war nicht gut. Er seufzte auf.
Er bemerkte, wie der Sklave ihn wieder ansprach. "Exote?", wiederholte er unglaeublig das Wort, das er noch nie gehoert hatte. "Ja. Ich bin gefangen von Krieg, von Krieg von die Roemer gegen die Parther.", bestaetigte er Diomedes' Worte. "Und, ja, ich bin Parther.", meinte er, stolz darueber, Buerger des praechtigsten Reiches der Welt zu sein. "Ich bin... war Kataphrakt. Schon hast du gehoert von denen?"
Die letzte Frage nahm er dankbar zur Kenntnis. Lange schon hatte sich keiner mehr um sein Wohlergehen geschert. "Ich denke, ich habe alles.", meinte er, die selbe Formulierung wie sein Mitsklave nutzend. "Danke." Er blickte ueber das Bad der SKlaven, es sah ordentlich und sauber aus. Er tupfte vorsichtig mit dem Zehen ins Wasser. Die Temperatur schien in Ordnung zu sein. Fragend blickte er nach hinten zu Diomedes, als ob er nicht ganz sicher waere, dieses Bad benutzen zu duerfen. -
Die Frau, die ihn gekauft hatte, schien den Gestank des Helfeshelfers noch unertraeglicher zu finden als Phraates. Geschwind steckte der duenne Sklave ihm das Geld zu, und er wurde mit einem Ruck freigelassen. Dafuer erntete er einen dankbaren Blick von Phraates, der froh war, nicht mehr in den Faengen dieser unzivilisierten Leute zu sein, die man in Parthien schon laengst in die Todestuerme geworfen haette.
Nun hatte er auch die Chance, seine Herrin unter Augenschein zu nehmen. Ja, sie war eine huebsche Frau - was womoeglich mit der dicken Schicht von Schminke zusammenhing, die sie trug. Aber immerhin. Es wuerde wenigstens was fuers Auge geben.
Bevor Phraates noch die Frage seiner neuen Herrin beantworten konnte, schnitt sie ihm das Wort ab. Also nickte er nur. Er hatte die Frau verstanden, bei weitem besser, wie er sie noch vor einem Monat verstanden haette.
Sie faselte etwas von Glueck. Er laechelte nur hoeflich. Wusste sie denn, was Glueck bedeutet? Es war genau das, dessen er beraubt worden war, als er versklavt wurde.
Er blickte also nur schicksalergeben in den Himmel und trottete dem Zug der Sklaven nach, welchen die Roemerin hinter sich herzog. -
Der Sklavenhaendler glotzte einen Moment unglauebig zur Bieterin hin, dann erschien ein feines, triumphierendes Laecheln an seinen Lippen. "2800... eine angemessene Summe. Doch bietet wer mehr? Zum ersten!"
Phraates hatte sich schon abgefunden mit seinem neuen Herrn, und er hatte durchaus Gefallen gefunden an der netten Sklavin, die er dabei hatte. Er sah, wie sich zwischen ihr und dem alten eine Diskussion entbrannte, die der Alte abrupt beendete. Er war nicht bereit, mehr auszugeben. Er wandte sich vom Stand ab, noch bevor der Sklavenhaendler noch etwas sagen konnte. Der Alte zog die Sklavin mit sich mit. Phraates versuchte noch ein letztes Mal einen Blickkontakt zu erhaschen, aber da war sie schon verschwunden. Schade.
Der Sklavenhaendler machte ein gewaltiges Theater aus dem Geschaeft. "Zum Zweiten!", droehnte er und blickte sich um. Tja, es schaute nicht sehr gut aus, es wuerde sicher kein Gebot mehr kommen. "Und... zum... Drrrrrrrrrr...", er rollte das R schoen lange, damit auch jeder die Moeglichkeit bekam, nochmals zu bieten. Doch ploetzlich, da! Da zeigte jemand auf! Ein Mann hinten, mit unnachahmlich aristokratischen Zuegen und feinem Profil, hob die Hand! Doch nein. Dieser ungepflegte, haessliche Sandler zeigte nur in die Luft, um seiner Tochter was zu zeigen. Pah. Der Sklavenhaendler begann von Neuem. "Und zum Dritt..." Er blickte nochmals umher, aber es kam nichts mehr. "...eeeeen! Der Sklave Phraates, verkauft um 2800 Sesterzen an die Dame aus dem ruhmreichen Geschlecht der Flavier."
Verkauft. Es war gekauft worden. Wie ein Haustier, oder ein Stueck Holz. Verkauft an die Frau mit den schwarzen Haaren. Phraates blickte sie an. Das war jetzt seine neue Herrin. Er redete sich selbst ein, es wuerde nichts ausmachen. Vorher war er der Untergebene des Grosskoenigs, jetzt war er der Untergebene jener Frau, die fuer ihn jetzt so sein wuerde wie eine Grosskoenigin. Doch er wusste, es bestand ein Unterschied. Der Grosskoenig war aus goettlichem Beschluss sein Herr, und die Frau wegen ihrer finanziellen Kraft. Es wuerde nicht das selbe sein. Aber es half nichts, darueber zu gruebeln, es war so, wie es war.
Der Sklavenhaendler schickte zwei seiner Helfer zum Parther, um ihn zu packen und nach unten zu verschleppen. Dann wandte er sich wieder an das Publikum. "Und nun, meine Damen und Herren, stelle ich euch ein neues Prachtexemplar vor! Es ist wieder ein parthischer Kriegsgefangener, von Namen Ardashir..."
Die weiteren Vorzuege des armen Mannes bekam Phraates nicht mehr mit, denn er wurde von den zwei Helfern brutal zur Roemerin hingeschoben. Dort kamen die beiden zu stehen. Einer, mit schlechtem Mundgeruch und noch schlechterem Latein, trat vor. "Herrin Geld, bitte.", verlangte er, waehrend der andere Phraates an den Armen hielt.
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Der Sklavenhaendler blickte enttaeuscht auf den Dicken und den Duerren, die sich beide trotz seiner schwungvollen Rede abwandten und nach einem anderen Sklavenstand Ausschau hielten. Doch dies wurde dadurch kompensiert, dass die Frau 2500 Sesterzen bot. Dies konnte vielleicht doch noch gut enden. Einzig der Alte und die Frau waren noch interessiert und bereit, Geld auszugeben, obwohl die Frau eindeutig unwilliger ausschaute. Er musste irgendwie ihr Interesse aufrecht erhalten!
Phraates hatte auch gesehen, dass sich einige Leute nach dem Angebot von 2500 Sesterzen nicht mehr bieten wollten. Ja, er wusste, sein Latein war noch nicht so gut. Aber verglichen mit dem Muell, den er noch ganz am Anfang seiner Kriegsgefangenschaft gebrabbelt hatte, war es durchaus annehmbar. Doch er wollte sein Latein verbessern, der Wille dazu war in ihm vorhanden. Er wuerde zuerst die Sprache lernen... und vielleicht oeffnete ihm dies einen Weg, wieder nach Hause zu gehen.
Der Greis sah zu seiner Sklavin hin. Der Sklavenhaendler wollte fast glauben, dass Phraates ihr gefiel, denn sie nickte ihm zu und versuchte ihren Herrn zu ueberreden, den Sklaven zu kaufen. Am Ende zuckte der Alte die Schultern. Diesemal aber liess er die Sklavin das neue Gebot ausrufen. "2550 Sesterzen!", rief sie. Man wusste von dieser Summe, dass der Alte am Ende seiner finanziellen Moeglichkeiten angekommen war.
Phraates suchte den Blickkontakt mit seiner sardischen Leidensgenossin, die den Alten begleitete. Sie sah ganz nett aus. Eine Meinung, die er offenbar mit dem alten Bock teilte, welcher sie staendig auf irgendeine Weise zu beruehren suchte. Anschliessend blickte er zu den Sklaven, die die Frau begleiteten. Der eine sah recht normal aus, er musste in Phraates' Alter sein. Der andere glich einem armenischen Fleischklops mit Augen und spaerlichem Bartbewuchs. Aber von beiden konnte sich Phraates vorstellen, dass er mit ihnen zurechtkommen sollte.
Der Sklavenhaendler blickte in die Runde. "Aha!", rief er. "2550 Sesterzen vom ehrenwerten Herrn mit der entzueckenden Begleitung dort drueben? Meine Damen und Herren, dies ist die letzte Chance zu bieten. Zum ersten...", rief er mit einer donnernden Stimme ueber den Sklavenmarkt.
Phraates schluckte. Ob die Roemerin noch einmal fuer ihn bieten wuerde? Oder ob er in den Besitz des Alten geriet? Sein Hin- und Herschauen zwischen den beiden Bietern wurde immer frenetischer. Wuerde sie ihn doch noch kaufen?
Der Sklavenhaendler wusste, wenn die Frau noch ein Gebot aussprechen liess, waere der alte Mann wohl nicht mehr bereit, zu bieten. Seine letzte Chance, noch mehr Geld zu machen! Deshalb lasteten seine Augen auf ihr, als er rief: "Zum Zweiten..." Bitte, Goetter, macht, dass sie bietet! Man muss ja seinen Unterhalt verdienen!
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Der Sklavenhaendler grinste, als die ersten Angebote kamen. Ein duerrer junger Kerl machte den Anfang, mit 400 Sesterzen. Dann kam ein fetter, etwas schmueselig aussehender Mann mit 800, und dann kam eine Frau mit 1500 Sesterzen! Ja holla, das ging aber gut heute.
Phraates blickte wieder in die Runde. 1500 Sesterzen schon, so viel Wert schien er zu sein, vielleicht noch mehr. Nun ja. Je mehr Geld er einem Roemer aus der Tasche ziehen wuerde, desto besser. Er blickte auf sie herab. Welch dekadentes Volk. Und bei denen war er gelandet. Gratulation, Phraates. Besser wuerde es kaum gehen. Er blickte auf die Frau, die zuletzt fuer ihn geboten hatte. Huebsch war sie durchaus, aber grantig schaute sie drein. Nun ja, besser wie der Dicke oder der Duerre, die beide keine Augenweiden waren und trotzdem nicht sehr gut gelaunt ausschauten.
Der Fette kratzte sich unappetitlicherweise am Kopf und zeigte wieder auf. "18 Aurei!", bruellte er mit einer etwas unangenehmen, kratzenden Stimme. Ein anderer, ein alter, faltiger Roemer mit einer jungen, schicksalsergeben ausschauenden sardinischen Sklavin im Schlepptau, hob die Hand. "Er soll mal latein reden! Er soll zeigen, was er kann!", rief er, so laut er konnte, mit seiner alten Stimme.
Phraates fuehlte sich vom Sklavenhaendler am Kragen gepackt. "Sag was!", wurde er angezischt. Als der Sklavenhaendler ihn wieder losliess, raeusperte er sich. Was sollte er sagen? "Aeh...", fing er unsicher an. Man hoerte den rauhen Akzent der Ostvoelker gut heraus, wenn er redete. Er muesste wohl irgendeinen Schwachsinn daherfaseln, um dem Roemer zu zeigen, dass er - einmal ein grundlegendes - latein konnte. "Es ist... ganz nett zu sein in Rom. Ihr habt schoenes Stadt hier. Ich mag... hm... Capitol. Ich schon habe gesehen das Capitol.", brachte er heraus. "Rom ist eine grosses Stadt. Mehr gross als Ktesiphon, die Hauptstadt von meine Land. Aber ich bin nicht von Ktesiphon. Ich bin von Aspadana."
Der Sklavenhaendler hoerte mit Befriedigung, dass der Parther seinem Wunsch nachkam. Die Grammatik und Wortwahl waren nicht perfekt, aber bei weitem besser als bei den meisten parthischen Sklaven. "Seht ihr? ich habe nicht gelogen! Und er wird noch lernen! In kurzer Zeit wird er latein reden, als er er nie was anderes getan haette!"
Aspadana. Seit langem hatte seine Heimat nicht mehr gesehen. Die schoene Stadt. Die Weiden rundherum. Das Gebirge. Wenigstens wusste er, dass die Roemer nicht bis dorthin gedrungen waren. Seine Familie war sicher.
Der Alte ueberlegte, dann meinte er "20 Aurei!" Er wusste, mehr konnte er kaum noch bieten. Er hoffte zutiefst, anderen ging es gleich. Der Sklavenhaendler hingegen hoffte das nicht. Er wusste, dass Parther in Mode waren. Und er wusste, dass es einige gewaltige Geldausgeber dort unten gab. "Freunde, Roemer, Landsleute, bitte schenkt mir mein Gehoer!" (Diese Aussage wurde uebrigens spaeter von einem unverfrorenen Britannier kopiert. :D) "Dieser Mann ist mehr wert als 2000 Sesterzen! Also, wer bietet mehr?"
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Der Sklavenhaendler, Marcus Verrucius Ahenobarbus, sah sueffissant dabei zu, wie seine Assistenten den Parther nach vorne schubsten, sodass dieser fast umgefallen waere. Er hasste Parther. Sein Vater hatte schon die Parther gehasst, und sein Grossvater auch (bevor die Parther ihm den Kopf abschnitten und in einem nett verschnuerten Paket nach Rom schickten). Noch so ein Kriegsgefangener. Er hatte ein unbestimmtes Gefuehl, dass dies ein guter Tag werden wuerde, auch wenn er nie so viel einnehmen wuerde wie sein Konkurrent Titus Tranquillus.
Phraates fing sich gerade noch ein, sonst waere er zu Boden gefallen. Die Augen vieler Roemer lasteten auf ihn. Ja. Seht den Menschen, der dachte, er haette einen genialen Plan, zu Ruhm, Abenteuer und Geld zu kommen. Seht den Menschen, dessen Plan spektakulaer in die Hose ging.
Der Sklavenhaendler fing an. "Wir kommen nun zu einem der Hoehepunkte des Tages, meine Damen und Herren." Hoffentlich waren die Geldsaecke noch da und waren nicht schon wegen der gluehenden Hitze gegangen.
Phraates blickte nach oben. Diese Sonne war nicht so strahlend wie die in seiner Heimat. Es mangelte ihr an Staerke. Diese Sonne, die ueber Rom schien, war nicht von der Macht Ahura Masdas beseelt. Diese Sonne war leblos, kraftlos.
Der Sklavenhaendler raeuperte sich. "Unsere glorreichen Legionen hatten, als sie den parthischen Grosskoenig schlugen, zahlreiche Kriegsgefangene gemacht. Die besten davon habe ich ausgewaehlt. Dies hier ist einer davon. Es ist Phraates. Hinter diesem fast unausprechbaren Namen verbirgt sich ein perfekter Sklave!"
Perfekt, pff. Aber er war immer noch perfekter, wie die Legionen glorreich waeren. Er konnte sich noch an das erinnern, was sie in Parthien aufgefuehrt hatten.
"Er war Ritter des gefuerchteten Kataphraktenkorps!"
Jaja, die Kataphrakte. Sie nahmen wirklich schon Hinz und Kunz auf, dachte sich Phraates zynisch, obwohl er wusste, dass er die Aufnahme verdient hatte.
"Er kommt aus einem der noblen Haeuser Parthiens!"
Parthischer Landadel. Seit 100 Jahren hoffnungslos verarmt. Ein Hof, Vieh, Felder, und die Ruestung seines Grossvaters.
"Dieser Mann wird die Wunder des Orients in euren Haushalt bringen! Er ist ideal als Page, Butler oder Mundschenk! Oder aber, ihr setzt ihn als Leibwaechter ein! Dieser zaehe Mann gehoerte zur Elite der parthischen Armee!"
Die Schaetze Roms hatte man ihm versprochen. Die Wiederherstellung der Macht seiner Familie. Wohlstand. Er hatte sich vorgestellt, einmal Diener zu haben, die jene Rolle erfuellten, fuer die er angeblich ideal war.
"Und nicht nur das, meine Damen und Herren! Dieser erstaunliche Parther redet und versteht latein!"
Na ja. Ein bisschen. Was man so aufschnappt.
"Nicht wie Cicero, natuerlich, mein Herr.", beantwortete der Sklavenhaendler die Frage eines Interessenten. "Aber er kann kommunizieren. Ich gebe euch ein Startgebot. 300 Sesterzen fuer diesen Prachtburschen! Wer bietet mehr?"
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Danke, liebe Stadtwache!
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Hallo Stadtwache! Ich hoffe, du kannst mich da zügig durchschleusen.
Name: Phraates
Wohnsitz: Rom
Stand: Sklave
(Künftige) Besitzerin: Flavia Celerina