Ein wenig eigenartig war das schon: Alle Türen blieben geschlossen - auch nach mehrmaligem Klopfen. Die Stadtverwaltung musste doch mehr zu tun haben, als er anfangs glaubte.
Titus blieb nichts anderes übrig, als das Officium wieder zu verlassen.
Draußen auf der Straße empfing ihn wieder die heiße Sonne Hispanias und das zur Mittagszeit immer noch rege Treiben der Händler, Sklaven und Passanten.
„Entschuldigung, Herr, wisst Ihr zufällig, wo ich jemanden der Stadtverwaltung finden kann?“
Der Römer drehte sich um: „Warum? Was willst du denn?“
„Ich habe den Aushang gesehen, auf dem steht, dass hier in der Stadt Vigiles, Scribae und andere Angestellte gesucht werden und da dachte ich...“
„...dass du dir so einen Posten unter den Nagel reißen willst, stimmt’s?“, unterbrach ihn der Fremde, „Vigil, soso, hast du denn eine Militärausbildung oder wenigstens etwas Erfahrung?“
„Nein, habe ich leider nicht. Ist die denn dazu nötig?“, antwortete Titus.
„Also hör mal, ich vertraue doch niemandem, der keinerlei Erfahrung im Feuerbekämpfen und im Umgang mit Verbrechern hat, einen Posten als Vigil an und die Stadtverwaltung wird das auch nicht tun, das kann ich dir schriftlich geben – wenn du denn überhaupt lesen kannst!“
Titus überhörte den letzten Teil und bemühte sich weiterhin höflich zu bleiben, schließlich war er ja auf die Informationen angewiesen.
„Wo finde ich denn bitte das nächste Kastell, Herr?“, fragte er weiter.
„Nun ja, da es in Hispania zur Zeit äußerst friedlich zugeht, wurden Legionen und Auxiliartruppen nach Germanien verlegt, wo es weit weniger ruhig ist - wenn du verstehst was ich meine.“ Der Mann lachte kurz über seine eigene Anspielung und etwas aufgeheitert fuhr er fort: „Ich persönlich empfehle dir allerdings die Marine. Der nächste aktive Stützpunkt befindet sich in Misenum in Italia. Heute noch fährt ein Schiff mit Getreide dorthin, um die achte oder neunte Stunde glaube ich, wenn du mitfahren willst, solltest du dich also beeilen. Der Hafen liegt in dieser Richtung“, er hob den Finger und zeigte in eine Richtung, „hast du Geld?“
„Nun ja, wisst Ihr,...“, begann Titus.
„Das heißt nein“, unterbrach ihn der Fremde wieder, „umsonst werden sie dich natürlich nicht mitnehmen, der Laderaum ist wahrscheinlich sowieso schon zum Bersten voll, aber wie ich die Schiffsführer so kenne, nehmen sie dich wohl noch mit, wenn du ihnen auf See und beim Ein- und Abladen der Fracht zur Hand gehst – dabei würdest du dann schon einmal deine ersten Erfahrungen auf See sammeln, die du in Misenum sicherlich noch bitter nötig haben wirst.“
„Danke, Herr, ich gehe sofort los, habt Dank für Euren Rat. Lebt Wohl“, verabschiedete sich Titus schnell und ging in die Richtung, die ihm der Mann gezeigt hatte.
Besonders unterhaltsam war das Gespräch zwar nicht gewesen, aber immerhin hatte er nun ein neues Ziel: Misenum.
Dort würde es schon klappen. Ein Lächeln setzte sich bei diesem Gedanken auf Titus’ Gesicht: Sein Leben lang hatte er keine einzige Stadt gesehen und nun würde er direkt in die nächste weiterziehen, in eine andere Provinz – und in die Nähe Roms.