Beiträge von Titus Tarpeius

    Inzwischen waren Jäger und Gejagter in den Außenbezirken des Marktes angekommen; der Täter bog abrupt in eine dunkle Gasse ab und verschwand im Zwielicht. Titus blieb stehen und horchte. Der Lärm des Marktes war noch dumpf zu hören, trotzdem mussten sie ziemlich weit gerannt sein.
    Ansonsten war vor ihm nur Stille. Durch das Wechselspiel von Licht und Schatten war in der engen Gasse nichts zu erkennen, zu allem Übel hingen noch Tücher und Gewänder im Weg.
    'Ein perfekter Platz um sich zu verstecken', der Dieb war scheinbar kein Anfänger und die Tatsache, dass er sich dermaßen unauffällig verhalten konnte, dass man ihn glatt übersah, konnte diese Annahme bloß verstärken.


    Langsam und möglichst leise schritt Titus vorwärts. 'Wie weit würde der Täter gehen, um das Geld zu behalten? Würde er es wagen, einen Soldaten anzugreifen? Würde er vielleicht sogar einen Mord wagen? In seinem Geldbeutel waren zwar "nur" 75 Sesterzen aber das konnte der Dieb ja nicht wissen – es sei denn, er hatte bereits nachgeschaut - und außerdem, wie viel hatte wohl der Kaufmann in seiner Schatulle gehabt?'


    Ihm lief ein Schauer den Rücken hinunter.
    Langsam wurde es zur Gewissheit, dass der Täter das Vermögen nicht so einfach wieder hergeben würde. 'Weglaufen und erzählen, der Dieb sei entwischt ODER weitergehen und riskieren jemanden zu töten vielleicht sogar selbst getötet zu werden?'


    Noch einmal drehte er sich um. Das Geld zu verlieren konnte er sich nicht leisten, damit würfe er praktisch seine Zukunft vor die Hunde. Rückzug war also keine Alternative.
    Er schaute wieder nach vorne, dann ging er entschlossen immer weiter in die Gasse hinein.


    Sim-Off:

    Waren die Nautae eigentlich bewaffnet unterwegs?

    Titus hastete hinter dem Dieb her. Immer noch.
    Plötzlich fing jener an im Zickzack zu laufen, anscheinend hatte er seinen Verfolger bemerkt.
    Der Mann rannte so schnell um die Kurve, dass Titus ins Schleudern geriet und in einen Olivenstand krachte. Der Verkäufer schrie, eine Kiste zerbrach, Oliven flogen in alle Richtungen und ihr Saft verteilte sich auf den Gewändern der umstehenden Personen.


    Titus rollte sich ab – sein Gewand war nun völlig verdreckt – und rannte wieder hinter seinem Ziel her. Noch mal sollte ihm so etwas nicht passieren.

    Rennen war schon immer eine seine Stärken gewesen und im dichten Gedränge hatte das noch zusätzlich einen besonderen Reiz. Links und rechts flitzten Gesichter und flüchtige Eindrücke an ihm vorbei - oder flitzte er?
    Im Vorbeilaufen spürte er, wie er die Gewänder der umstehenden Menschen streifte, stieß hier und da einen vo ihnen an, hörte, wenn seinetwegen ab und zu ein Krug zerbrach oder ein Stand umgestoßen wurde.
    Flüchtige Eindrücke; er fixierte nur das flatternde Gewand, das konstant, wie in Zeitlupe, vor ihm blieb und seine Zukunft bei der Classis in Händen (oder bereits in einer seiner Taschen versteckt) hielt.


    Sim-Off:

    Wenn jemand Lust hat, die Verfolgungsjagd aus Sicht des Diebs darzustellen, ist er herzlich dazu eingeladen...

    In den gewaltigen Horrea saßen die Händler auf ihren Vorräten wie die Henne auf dem Ei. Von günstigen Preisen konnte hier keine Rede sein. Nach einigen misslungenen Versuchen die Preise herunterzuhandeln, ergab sich Titus in sein Schicksal und holte seinen Beutel heraus, um die überhöhten Preise für eine größere Menge Hülsenfrüchte und Getreide zu bezahlen.
    Der Verkäufer rieb sich gierig die Hände als er die Münzen klingeln hörte. Gut gelaunt holte er seine eigene Schatulle heraus, um das kleine Vermögen, das Titus zu zahlen hatte, zu übernehmen.
    Dann ein Stoß, ein Ruck, jemand rammte Titus zur Seite, riss ihm den Beutel aus der Hand und rannte in die Menschenmenge. Die Schreie des Verkäufers sagten Titus, dass er nicht der einzige Beraubte war. Aus den Augenwinkeln sah er, dass die Vigiles versuchten, zum Ort des Geschehens durchzukommen, was selbst mit viel Ellenbogeneinsatz sehr lange dauerte - zu lange.
    Hinter dem Flüchtigen hatte sich eine schmale Gasse an schreienden und zur Seite gestoßenen Passanten gebildet, also stürzte Titus hinterher - was hatte er auch schon zu verlieren?

    Auf dem Weg priesen links und rechts die Marktschreier ihre Produkte in den Himmel. Honig und Ambrosia habe der erste im Angebot, diie süßesten Trauben Roms der zweite und der dritte biete einen süffigen Wein an, der angeblich von Dionysos persönlich gekostet worden sein soll.


    Orientalische Gewürze mischten sich mit süßen Düften und immer neuen Superlativen, dazwischen immer wieder die kreischenden Stimmen der Verkäufer.
    Kurz vor den Horrea lagen die Stände der Garum-Verkäufer. Der Geruch der Garum-Küchen konnte einen Mann um den Versatnd bringen, 'zum Glück werden in diesen Betrieben beinahe auschließlich Sklaven beschäftigt', dachte Titus und rümpfte die Nase. Auch wenn die fertige Soße nicht annähernd so stark roch wie die Rohware während des Gärprozesses, wenn die Amphoren zu lange in der Sonne stehen, kommt der charakteristische Geruch zurück. Dabei fiel Titus ein, dass er auch davon etwas mitnehmen sollte. 'Es stinkt zwar und sieht nicht allzu gut aus, schmecken tut es aber trotzdem recht gut, besonders in der faden Seemannskost.'

    Titus schickte "seine" Männer aus, um Stände mit möglichst guten Preisen für Fisch, Öl und Brot auszukundschaften, 'wobei, allzu lange konnte die Fahrt ja nicht werden', kam es ihm in den Sinn, "schaut auch nach Räucherwürsten oder gepökeltem Fleisch", rief er ihnen nach, dann setzte er sich selbst in Bewegung.


    In einer unauffälligen Ecke setzte er sich auf einen Kistenstapel und zählte das Geld , das er zum Besorgen der Vorräte bekommen hatte.


    75 Sesterzen waren in dem Beutel. Er steckte die Münzen zurück und ging in Richtung Lagerhallen, um dort die Angebote der Großhändler für Getreide in Augenschein zu nehmen.

    Der Hafen von Formio war ein idyllisches Plätzchen. Verständlicherweise viel kleiner als der in Misenum aber mindestens ebenso geschäftig.
    Zwischen Kai und Lagerhallen hatten dutzende Händler und Kaufmänner ihre Stände aufgebaut, die von hunderten Menschen belagert wurden.


    Es schien Titus als wenn diesmal besonders viele Händler da wären, möglicherweise war Markttag, dementsprechend groß musste dann aber auch das Angebot sein.

    An der Reling lehnten zwei weitere Seeleute, denen er mit einem knappen "Ihr zwei, mitkommen" das Aufschließen befahl - langsam bekam er Spaß daran, andere herumzukommandieren.
    Die beiden drehten sich verwundert um, sahen sich achselzuckend an und folgten stillschweigend der Kolonne, die sich bereits hinter Titus gebildet hatte.


    Mit sechs Seeleuten im Schlepptau ging Titus von Bord.

    Die ersten, die ihm in den Blick fielen, waren damit beschäftigt, sich obszöne Witze zu erzählen.
    Titus wartete die Pointe ab, um die heitere Atmosphäre auszunutzen und rekrutierte die Männer für seine Zwecke.
    'Ziemlich einfach, wenn man entschlossen genug auftritt', dachte er und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen - schließlich war er den anderen gegenüber gleichrangig und nicht befehlsbefugt.

    "Eh - ähm - danke, Herr", stammelte Titus, als er überrascht den Geldbeutel entgegennahm.
    Er wunderte sich darüber, dass sie nicht genügend Vorräte in Misenum mitgenommen hatten.
    "Ich werde einige Männer zum Tragen mitnehmen, Herr", fügte er noch hinzu, grüßte und machte kehrt, um sich seine Sondertruppe zusammenzusuchen.

    Ruhiger Seegang und ein leichter Wind in den Segeln. Auch der Kapitän schien die ruhige Fahrt zu genießen. Unter diesen Bedingungen war die Seefahrt eine sehr angenehme Sache - und das obwohl sie auf einem Kriegsschiff waren. Selbst auf dem Handelsschiff, mit dem er nach Italien gekommen war, ging es härter zu. Unterwegs gerieten sie in einen Sturm und die Mannschaft hatte alle Hände voll zu tun, um das Schiff auf Kurs zu halten. Während der Fahrt hatte er sich noch dreimal überlegt, ob er wirklich Seemann werden wollte.


    Jedenfalls war das hier ganz anders. Eine ruhige Hand am Steuer, fuhr die Liburne mit angenehmer Geschwindigkeit weiter in Richtung West-Süd-West. Die Männer am Segel hatten entweder schnell gelernt oder es gab nicht viel für sie zu tun.
    Das Wetter war Ideal für eine Übungsfahrt und Titus hing gerade seinen Gedanken nach als vom Bug eine Stimme übers Deck tönte:
    "LAAAND IN SICHT"


    Titus erwachte aus seinen Gedanken und wartete auf neue Befehle seines Kapitäns...

    Die Soldaten taten, wie ihnen geheißen, probierten etwas herum und brachten das Segel schließlich doch noch in die richtige Form.
    Die Liburne wurde spürbar schneller und Titus machte sich am Ruder zu schaffen. Zum Glück war es früher Vormittag und die Sonne stand somit gut sichtbar im Osten - das Schiff hatte sie also genau im Rücken.


    Titus zog den Ruderhebel etwas in Richtung Steuerbord, das Ruder zog in die entgegengesetzte Richtung und das Schiff glitt sanft weiter nach Backbord in Richtung Süd West.
    Als er das Gefühl hatte, West-Süd-West vor sich zu haben, zog er das Ruder wieder gerade, überprüfte nochmals die Himmelsrichtung und wartete auf eine Einschätzung durch seinen Kapitän oder weitere Befehle...

    "Jawohl, Herr, zur Entspannung, wie Ihr meint", Titus blickte sich um. Als er sah, dass ihn immer noch alle anblickten, räusperte er sich, setzte sich schnell wieder hin und versuchte, möglichst unauffällig auszusehen.
    Als die anderen erkannten, dass der Spaß vorbei war, wendeten sie sich wieder ihren jeweiligen Gesprächspartnern zu; schnell kehrte wieder die gewohnte unterhaltsame Atmosphäre ein.


    "Ich bin bei der nautischen Abteilung, Herr. In letzter Zeit hatten wir in der Tat sehr wenig Umgang mit der Marineinfanterie. Unsere letzte Kampfausbildung liegt auch schon einige Zeit zurück, aber vielleicht werden wir diese demnächst noch einmal auffrischen..."

    Titus fiel es wie Schuppen von den Augen.
    "Oh ... äh... Verzeiht, Herr, ich hatte Euch nicht erkannt. Ihr tragt ... verständlicherweise ... keine Uniform und ich habe Euer Gesicht nicht sofort erkannt. Manchmal bin ich einfach ... zu ... ähm... langsam?", brachte er in abgebrochenen Sätzen hervor. Nervös mit den Augenbrauen zuckend, während er im Bad plötzlich stramm stand und sich die anderen verwundert zu ihm umdrehten.

    "Wir sind die jüngste Gruppe der seemännischen Abteilung; die Grundausbildung haben wir vor kurzem erst hinter uns gebracht.
    Besonders angenehm war sie ja nicht, aber die Plackerei im Steinbruch ist härter"

    Titus goß sich etwas Wasser über den Kopf, um sich zu erfrischen, da fiel ihm auf, dass ihm der Mann irgendwie bekannt vorkam.
    Das war auf dem Stützpunkt zwar häufig der Fall und nicht weiter verwunderlich, aber bei dem diesem Mann war Titus neugieriger als sonst:


    "Sag mal, haben wir uns schon mal getroffen? Du kommst mir irgendwie bekannt vor, aber ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern, wieso..."

    "Zu Befehl, Herr", Titus ging zum Ruder und löste den Nauta dort ab, der seine Tätigkeit aber weiterhin überwachte. Zwei Kameraden folgten unterdessen dem Kommandanten auf die Brücke, während die anderen das Segelwerk bemannten.


    Jedoch hatten sie sichtlich Schwierigkeiten damit, das Segel korrekt auszurichten.


    Sim-Off:

    Woher wussten die Römer eigentlich wohin sie fuhren? Der Kompass wurde doch erst im Mittelalter entdeckt, oder?

    Neben ihnen - den Dreckigen ;) - waren noch andere Personen im Bad.


    Titus hatte sich genug abgekühlt und gesellte sich zu einem Soldaten (jedenfalls vermutete er, dass er einer war, schließlich hatten sie ja keine Uniformen an), der gerade gekommen war.


    "Salve, Kamerad", begrüßte er ihn, "Auch im Steinbruch geschwitzt oder gehörst Du zu einer anderen Abteilung?", fragte er, da er wohl wusste, dass dieser Soldat nicht zu seinem eigenen kleinen Haufen gehörte.

    "Ich klettere rauf", sagte Titus und ging auf die Wanten zu.
    "Ich auch", hörte er mehrmals hinter sich. Dann kletterten sie zur obersten Rah hinauf und banden die Segel los.


    Ihre Kameraden unten halfen beim Herablassen der Segel und machten sie an den Schoten fest.


    Titus und die anderen ließen sich wieder herunter und überließen das Ausrichten der Segel den anderen.


    Der Wind stach in die Segel und blähte sie zu gewaltiger Größe auf.
    "Hätte nicht gedacht, dass die sich so ausdehnen - bei dem bisschen Wind...", raunte er seinem Nachbarn zu.


    Sim-Off:

    Ich bin mir bei der technischen Ausdrucksweise nicht ganz sicher, wenn Du mir da etwas auf die Sprünge helfen könnstest wär das echt super...

    'Gute Idee', dachte Titus, doch wie man die Segel bedient - mit Sicherheit eine der wichtigsten aber auch schwierigsten Tätigkeiten an Bord - hatte ihnen bisher niemand beigebracht.


    So kontrollierten sie zunächst die korrekte Beladung des Schiffs und bemannten die Sprachrohre an Heck und Bug.


    Die Ruderer hatten ihre Plätze eingenommen und begannen ihre Arbeit, nachdem die Leinen losgemacht wurden.


    Die Liburne lief aus, jetzt war es wohl Zeit, die Segel zu hissen.

    Der Weg vom Steinbruch zum Bad führte auf einem Weg durchs Lager, den Titus bisher noch nie gegangen war, dabei war er doch schon einige Zeit hier.

    Seine Kameraden und er liefen an einem Gebäude vorbei, das ihm vorher noch nie aufgefallen war. Über dem Eingang stand "Schola".


    "Ich wusste gar nicht, dass der Stützpunkt eine eigene Schola hat", murmelte er vor sich, seine Kehle fühlte sich furchtbar trocken an. 'Andererseits machte es durchaus Sinn, dass man hier sein Wissen auffrischte - oder überhaupt erst welches erwarb'. Er war erschöpft genug, um über seinen eigenen Witz zu lachen und kicherte leise vor sich hin.


    Er beschloss ihr in naher Zukunft mal einen Besuch abzustatten, und dachte nicht mehr weiter darüber nach.


    Stattdessen lenkte er seine Gedanken wieder freudig auf das ihnen bevorstehende Bad in den Thermen.