Beiträge von Aulus Flavius Piso

    Piso registrierte den Dank des Quintiliers mit einem knappen Nicken. “Es freut mich, dass du gekommen bist“, floskelte er artig, bevor sein Blick zu der Sklavin hinging. Ein ganz, ganz leichtes Lächeln glitt über seine Lippen, als Sermo sie vorstellte, doch bevor er nach einem passenden keltischen Satz suchen konnte, ging er dazu über, einen Wein zu bestellen.
    Der Flavier wandte seinen Blick zur Seite, zu einer nicht allzu warm eingemummelten Sklavin hin. “Astarte, weißen Falerner für uns!“ Gleichzeitig fragte sich Piso natürlich, warum der Quintilier die Sklavin hierher gebracht hatte, die Erklärung musste aber eine Erfreuliche sein, stellte sich Piso vor. Der Quintilier erging sich weiter über die Sklavin, und als diese auf seine Frisur starrte (die er als Zeichen seiner ästhetischen Grundeinstellung gewissenhaft pflegte), beäugte Piso aus den Augenwinkeln eine andere durchaus ansprechende Stelle bei der Sklavin. Denn obwohl die blonden Haare der jungen Frau durchaus hübsch waren, war dieser Blick schon wwas wert – wenn auch nur zum Vergleich mit den Brüstchen seiner Geliebten – Herrje, er konnte wirklich nicht 15 Minuten sein, ohne dass er nicht an sie dachte? Dass er sie fast überhaupt nicht sah, fügte wohl mehr zur Mystik ihrer Person und seinem Verlangen hinzu als sonst irgendwas.
    “Ich mache mir etwas aus allem, was wahre schönheit darstellt“, machte er salbungsvoll, als er sich auf die Kline des Gastgebers niederließ. “Ah, Massage?“ Das also war des Pudels Kern! Die Sklavin konnte massieren. Dafür hatte er sie extra antanzen lassen? Das konnte man ja schon fast als dekadent bezeichnen. Aber Piso liebte Dekadenz! Sie war so... naja, ihr wisst schon.
    Und er mochte auch Massagen. Sie waren so kuschelig. Die Idee des Quintiliers sprach ihn also überaus an. Er nickte. “Das ist sehr, sehr aufmerksam von dir! Ich muss dir danken. Ja, das würde ich gerne mal ausprobieren.“ Er ließ also bereitwillig die bisher noch verschwiegene Sklavin an sich heran, während Astarte zurücktänzelte und Piso und Sermo Wein eingoss. “Für die Götter“, machte der Septemvir Piso und ließ etwas Wein auf den Boden tröpfeln, “Und auf den Duumvir von Ostia!“ Er trank einen Schluck Wein, bevor er zu der Sklavin hinauf sah, sich seiner linguistischen Studien entsinnend.
    “Hmm... wie war das nochmal... ach ja, genau! Noswaith dda. Shwmae? Piso ydw i. Neis cwrdd â chi. Dos i chwara dy nain, ast“*, machte er ganz freundlich, in absoluten , unabänderlichen und unerschütterlichen Glauben, dass er mit seinem letzten Satz seine Freude über ihre Massage zum Ausdruck gegeben hatte. Ja, er erinnerte sich noch an die paar Worte Keltisch, die er von seinem Sklaven aus Britannien gelernt hatte. Neugierig blickte er sie an. Sicher würde sie sich freuen, ihre Sprache wieder zu hören! Dass es kein einheitliches Keltisch gab, sondern nur eine keltische Sprachfamilie, das kam Piso nicht einmal in seine Gedanken.


    Sim-Off:

    *Walisisch: Guten Nachmittag. Wie geht es dir? Ich heiße Piso. Nett, dich kennen zu lernen. Befingere doch deine Großmutter, du Flittchen.

    Der Grieche ließ sich durch Pisos misstrauischen Blick nicht verunsichern. Wenn er natürlich Patraios‘ Gedanken gelesen hätte, hätte er den Griechen nach Hause geschickt. Seine Haut jedoch hätte Patraios hier lassen müssen. Doch so konzentrierten sich seine Sinne auf die schöngeistige Rede des Mannes. Durchaus wohlwollend horchte er zu. Die Namen, die der Sklave auflistete, waren dem Flavier nur wenig bis gar nicht vertraut, was er sich aber nciht anmerken ließ. Bildhauerei war ja auch nicht sein Spezialgebiet!
    “Ah, nett, nett. Ich war ja schon in Asia, in Miletus und in Ephesus.“ Er dachte kurz nach. “Und ja, dort waren viele bemerkenswerte Statuen und Kunstwerke zu sehen.“ Nicht, dass sich Piso groß damit aufgehalten hatte, die Namen der Skulptoren zu lernen. Denn, wie gesagt, Bildhauerei war nicht seine Stärke. Und für ihn, den eher schwächlichen Patrizier, unrealistisch. Wie lange könnte er meißeln, bis ihm die Puste ausging? 5 Minuten? Allerhöchstens.
    Was der junge Kerl anschließend sagte, machte Piso stutzig. “Äh...“ Alkibiades? Der Name sagte ihm nichts. Nicht das Geringste. Sauromates? Nur beim namen bosporanisches Reich klingelte es entfernt. Das war doch auf der Halbinsel Tauris, am schwarzen Meer, am Rande der Zivilisation oder schon darüber hinaus, dort, wo die Sarmaten hausten! Eine grässliche Vorstellung. Doch das Komischste war, dass der junge Mann behauptete, von seinem Vater verkauft worden zu sein. Gut, das kam vor. Aber doch nur bei armen Leuten! Doch wer wusste, was sie für Bräuche und Gesetze in diesem halbbarbarischen Land hatten?
    So enthielt sich Piso eines Kommentars und blickte ernst drein, zuhorchend. Die Sprache kam auf Prisca. Schon der Name alleine zauberte ein Lächeln auf sein Gesicht, bevor er ein Wort hörte. Wir. Wir? Hatte der Sklave wir gesagt? Als ob die beiden in einer Beziehung stünden! Pah! Dabei wusste der Sklave doch ganz genau, dass Prisca nur ihn liebte – und auch sonst niemanden an sich ranlassen würde! Niemals!
    Sein Gesichtsausdruck gefror wieder ein bisschen. Scheel den Burschen anschauend, verlautbarte er ein “Nun denn.“ Er räusperte sich.
    “Eine Botschaft sollst du an deine Herrin ausrichten. Eine Botschaft. Präge sie dir gut ein. Sag ihr, ich liebe sie und verzehre mich nach ihr.“ Sein Blick wurde wieder weich. “Und vielen, vielen Dank. Das ist nicht an dich adressiert, sondern auch an Prisca! Danke für den Brief und danke für das Beileid. Und sage ihr, Fortuna wird es gewiss einrichten, dass wir uns bald wieder sehen. Ich denke mir schon was aus.“ Manchmal musste eben das Glück selber geschmiedet werden.
    “Hast du das, Sklave? In deinem Hirn?“

    Piso war nicht erfreut darüber, noch immer keine Antwort vom Kaiser bekommen zu haben. Nein, ganz und gar nicht. Mochte er verloren gegangen sein? War der Kaiser zu krank, um den Brief zu erhalten? Der Flavier hielt es nicht mehr aus. Er musste nach Misenum, um schauen zu gehen, ob er zum Kaiser konnte. Wo Briefe nicht halfen, half vielleicht die Präsenz des Quaestors.
    Und so ließ sich Piso mit der Sänfte nach Ostia zu tragen – früher wäre er es noch gegangen, schließlich war es nicht weit, aber er war wohl schon eine Spur zu dekandent und sich zu gut vorkommend, und hatte schließlich auch schon eine eigene Sänfte mit einem dicken flavischen Äskulap-Stab vorne drauf – und sich dort einzuschiffen nach Puteoli. Von dort aus war es ein Katzensprung nach Misenum.
    Und so stand er nun schließlich vor dem Tor der kaiserlichen Landvilla. Es war die am Schwersten bewachte Villa, die Piso jemals gesehen hatte, der kaiserliche Hof zählte wohl nicht als solche. Er schritt zu einem Prätorianer hin und stellte sich vor ihm auf.
    Piso war, obwohl ein wenig größer als der Durchschnitt, jetzt keine Figur, der einem Soldaten Angst einjagen konnte. Sein Körperbau war recht zart, ein Künstler, ein Zivilist durch und durch war er halt. Was beeindruckend war, mochte viel eher die Farbe seiner Toga sein. Die tiefschwarze Farbe des durchaus kostbaren Gewandes drückte Trauer aus. Ja, Piso schritt im Trauergewand einher, schließlich war neben Vera und Archias noch der Tod von Celerina zu beklagen.
    “Salve, Miles. Mein Name ist Aulus Flavius Piso. Ich bin der Quaestor Principis, und möchte gerne den Kaiser sprechen. Ich möchte mich ihm vorstellen, mit ihm meine laufenden Aufgaben besprechen und somit meine konstitutionelle Rolle ausüben.“ Sicher würde der Soldat ihn durchlassen, man wollte ja doch nicht, dass Piso das Gesetz durch Nichtstun brach, oder?

    Spöttisch begann der Duccier, und seine Worte vertrieben das überhebliche Grinsen, welches sich auf Pisos Gesicht bereits geschlichen hatte, heimlich still und leise, in ein paar Sekunden. “Zweimal, um ihm zu drohen und ihm den imminenten Tod seiner Frau anzukündigen“, knurrte er leise und ignorierte standhaft den Teil mit dem tarpejischen Felsen. Wiewohl dies Piso um so entschlossener machte, gegen diesen Typen vorzugehen. Stattdessen verzog er seine Lippen angeekelt. Vielleicht hatte er seine Karten zu früh auf den Tisch gelegt. Allerdings offenbarte ihm Duccius Vala nun sein wahres Gesicht, und das war auch gut so.
    “Du gibst es also selber zu“, machte Piso kalt. “Gut, auch das werde ich dem Praefectus erzählen.“ Er hielt inne. “Ja, barbarische Ader. Ich hätte es besser nicht formulieren können, oh Germane, Varusschlächter.“ Er trat zu dem Regal, packte ein paar Rollen, zog sie raus und warf sie wieder unordentlich rein. “Sauordnung. Ich mahne dich hiermit, diesem Chaos sofort Herr zu werden! Und zwar sofort!“ Er gab dem Regal einen Tritt und ächzte, als sein Fuß sich schmerzend meldete, das Regal hingegen nicht einmal wackelte.
    Er wandte sich zu Vala und blickte ihm in die Augen. “Natürlich kannst du mir einen Gefallen tun. Hau ab in deine krankheitverseuchten Weiler im Teutoburger Wald. Der ganzen Welt würdest du einen Gefallen tun.“ Er verzog die Lippen. “Und wenn du das nicht schon kannst, hör auf, mich Freund zu nennen. Ich bin nicht dein Freund.“ Manchen Leuten, dachte sich Piso, konnte man nur beikommen, indem man sie ernst nahm. Und Piso entschloss sich, die Veräppelungen für bare Münze zu nehmen, sich ein wenig stupid zu stellen.
    “Ah, du hast also nicht vor, meiner Mahnung Folge zu leisten... gut, auch das werde ich erwähnen. Ich denke, das war jetzt alles. Vale.“ Mit diesen Worten wandte er sich indigniert um und marschierte aus dem Officium. Dabei klangen ihm die Worte des Ducciers in seinen Ohren. Wenn er tötete, hielt er sich nicht mit Weibern und Sklaven auf... was war mit Quaestoren? Pah, wäre doch gelacht, wenn er sich von einem Schmüselgermanen aufhalten lassen würde! Unglaublich. Was für ein Volltrottel. Der würde sich noch umschauen, wenn er das ganze Patriziat und die Nobilitas von Rom gegen sich hatte. Vielleicht würde dann die Zeit gekommen sein, dem Typen ein Messer zwischen die Rippen zu treiben, wenn er irgendwann freundlos dastand, ohne dass irgendjemand mit ihm noch etwas zu tun haben wollte. Ja, dieser Gedanke beruhigte ihn immens. Bis dahin, was konnte er tun? Ein Gedanke schlich sich ihm ins Hirn. Man konnte ja die guten verbindungen zu den Göttern nutzen, die man so pflegte.

    Piso, natürlich zu diesem Zeitpunkt auf dem Rücken liegend, umfasste Semiramis noch fester als zuvor. Ja, er hatte vor, sie zu bestrafen für diese Insolenz. Piso war für gewöhnlich milde zu Sklaven, wenn auch merkwürdig. Aber eine Ohrfeige musste man sich nicht gefallen lassen, weder von einem Sklaven noch von einem Freien. Piso sah sich durchaus zu einem gewissen Ausmaß zu einem Erzieher. Das hieß, er setzte gerne Sanktionen gegenüber anderen Leuten, um zu verhindern, dass sie ihm später auf die Nerven gingen. Und wie konnte man eine Frau besser bestrafen als durch ihre Herabwürdigung zum Sexualobjekt? Sie würde sich wohl in Zukunft ordentlich überlegen, ob sie ihn schlug oder nicht, dieses syrische Spatzenhirn!
    Semiramis wand sich in seinen Armen, und Piso war selber am meisten erstaunt, wie fest er sie hielt. Ja... Lust. Sie löste in einem Mann ungewohnte Stärken aus, sogar in einem Mann wie Piso, dessen Körperbau ein klein wenig mädchenhaft war. Von Natur aus hatte er nur wenige Haare auf der Brust und neigte nicht zur Muskelbildung – warum denn auch? Er betrieb ja kaum körperliche Ertüchtigung.
    Er, der Sklavenhalter, der einmal in seinem Leben seine widerspenstige Sklavin unterjochen wollte, ertappte sich dabei, dass er den Kuss genoss. Im Gegensatz freilich zu Semiramis. Nein, ihre Lippen waren weich, angenehm, voll. Orientalische Sinnlichkeit, verkörpert. Purste Ästhetik.
    Als er seinen Kopf wieder von dem ihren wegbrachte, stellte er sich vor, wie es gewesen wäre, würde er sie gerade halten und küssen. Einvernehmlich natürlich. In gegenseitiger Liebe und Zuneigung. Ja... das wäre etwas. Doch ewig weit weg erschien ihm das. Er brauchte ein Substitut. Irgendetwas, was ihm das Gefühl gab, dass er mit einer Frau zusammen war. Und Piso hatte sich dafür Semiramis ausgesucht. Ja, die Syrerin hatte durchaus Kurven, für die ein Mann bereit wäre, sein Leben zu geben. Und er hatte sie für ein paar Aurei bekommen! Manche Herren hätten jetzt natürlich versucht, die Sklavin zu verführen. Aber das Leben war für Sklaven in der Villa Flavia nun einmal kein Ponyhof. Im Gegensatz natürlich zu den Herren, die sich an Eierkuchen labten. Und das würde auch Semiramis erfahren würde. Ja, er würde sie subjugieren, in die Unterwerfung zwingen, bis sie ihm zu Willen war, jetzt und in alle Ewigkeit, für alles, für alle...
    Igitt.
    IGITT! Was war denn das?
    Semiramis hatte ihm ins Gesicht gespuckt.
    Ihm, ihren Herren.
    Piso lief, des antiästhetischen flüssigen Fremdkörpers auf seinem Antlitz gewahr, ein wenig bläulich im Gesicht an. Freilich war er jetzt gerade an Semiramis dran. Andererseits... Spucke auf seinem Gesicht. Igitt! Mit einem erstickten Gurgeln nahm er seine Arme hastig von ihr, legte seine Hände von ihren Schultern auf sein Gesicht und begann, hektisch in seinem Gesicht herumzuschmieren, um die Spucke wegzubringen.
    “Du... du... hast mich angeSPUCKT!“, jaulte er hundserbärmlich. Der Mann, der vor ein paar Sekunden noch so bedrohlich erschienen war, war nun durch ein wenig Spucke auf das Niveau eines quengelnden Mädchens reduziert worden. “IIIIIIIH!“, erklang er folgerichtig falsettig - und weibisch fast.

    Wieder warf ein Bote aus Rom einen Brief ein.


    An
    Publius Iulius Saturninus
    Curia Miseni
    Misenum
    Italia


    Quaestor Principis A Flavius Piso Duumviro P Iulio Saturnino Salutem Dicit.


    Vielen Dank für die prompte Antwort auf meine Anfrage, Iulius Saturninus. Wenn alle Duumviri solch eine gute Arbeit machen und so schnell auf mich zurückkommen würden wie du, wäre mein Herz voll Freude. Ich erinnere mich gut an unseren Abend in der Taverne, und etwas sagt mir, dass du nicht ewig in Misenum bleiben wirst, hast du es doch schon in jungen Jahren zum Duumvirat gebracht. Solltest du einmal nach Höherem streben und zufällig meinen Rat oder Unterstützung brauchen, so zögere nicht, dich an mich zu wenden.


    Mögen die Unsterblichen dich behüten.


    Heute, vor etwa 20 Minuten, also so um 15:40, habe ich und andere Spieler bemerkt, dass plötzlich die Accounts von Hungi, Macer und der Spielleitung kurzzeitig gelöscht waren. Urplötzlich wurden die Accounts dann jedoch wieder hergestellt. Auch jetzt fehlen noch die Avatare.
    Ich kann mir keinen Reim darauf machen, was passiert ist. Merkwürdigerweise fehlen jetzt alle PNs, die ich in den Postkästen meiner IDs von der Spielleitung bekommen habe.
    Was ist hier passiert? Hat jemand von den Admins da die Schuld gehabt (es waren aber keine zur fraglichen Zeit on)? Oder hat es etwa einen Hackerangriff gegeben?

    @Prisca: Danke! *bussel* :)



    Ach ja, die holde Weiblichkeit hat es heute offenbar darauf abgesehen, mich in den Wahnsinn zu treiben. :D


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    [Blockierte Grafik: http://img232.imageshack.us/img232/9697/acanthusmj4.jpgAcanthus


    Acanthus runzelte die Stirn. “Ahh... ahja. Da war ja was. Stimmt. Willkommen. Rechter Fuß zuerst.“ Mit dem linken Fuß ein Haus zuerst zu betreten, brachte nämlich fürchterliches Unglück über Besucher und Gastgeber! Acanthus ließ kurz seinen Blick zu Caelyn schweifen und runzelte seine Stirn missbilligend. Er kniff die Augen zusammen. Er erkannte sie.
    Mit einem Ruck drehte er sich zur Seite und ließ Sermo und seine Sklavin durch. Der junge Phoebus würde den Quintilier und die Keltin ins Triclinium führen.

    Das Triclinium, prunkend vor patrizischer Pracht, beinhaltete Klinen, einen Tisch mit Wein und Obst und Honigbroten oben, ein riesiges Wandgemälde, der den von Natur aus etwas pummelig gewesenen Kaiser Titus in seinem Zug durch Rom als Triumphator über die Iudäer zeigte, und einen Flavier, der dem Wein zusprach. Dass die Tode seiner Schwester und seines besten Freundes schon einige Zeit zurücklagen, sah man daran, dass er eine weiße, kostbare, verzierte Synthetis anhatte – die Zierränder waren aber schwarz. Und frelich war es immer die Toga Pulla, wenn er eine Toga trug, was aber hier nicht notwendig war. Piso erhob sich, als er bemerkte, wie Sermo hineinkam. Ernst, durchaus nicht beseelt von der Hippeligkeit, die ihm früher angehaftet war, ging er auf Sermo zu.
    “Quintilius Sermo! Welch Freude, dich hier empfangen zu können. Nimm doch Platz! Und sage mir, wer ist die bezaubernde junge Dame, die du mitgenommen hast?“ Piso grinste Caelyn schwächlich zu, er vermutete, dass seine eine Sklavin war – aber eine ausgesprochen Hübsche.
    “Was kann ich anbieten? Caecuber, Falerner, oder etwas anderes? Weiß- oder Rotwein?“ Neugierig blickte er auf seinen Gast.

    Was nun kam, war ein Starren. Piso starrte zu Aetius, Aetius starrte zu Piso. Die beiden Flavier starrten. Ja, das taten sie.
    Es kam Piso ein kleines bisschen endlos vor. Ihm fehlten die Worte, seinem Vater auch. Natürlich hatte sich Piso ein paar Worte sorgsam zurecht gelegt. Und doch war es schwierig, sie herauszubringen.
    Also ließ er nach seinen kargen Worten Vater reden. Ja, Piso hatte es sich schon denken können, dass sein Alter so reagierte – einfach so tun, als ob gar nichts wäre. Er hatte so getan, als ob nichts wäre, nachdem er seine Geliebten umgebracht hatte. Und jetzt auch, nachdem Piso und er sich so übel gestritten hatten, dass es nicht mehr den Anschein gemacht hätte, als ob die beiden sich irgendwann wieder gegenüber stehen könnten. Er ließ sich also widerspruchslos umarmen, was für eine Wahl hatte er denn schon?
    “Vater. Das freut mich“, nicht, verkniff er sich. “Das ist es, ja.“ Er hüstelte. “Ich habe mich schon so auf meine Quaestur gefreut... und nun, dass ich sie habe, wird sie von Veras Tod überschattet.“ Unglückselig dreinblickend schaute er zu seinem Vater. “Du bist noch rechtzeitig gekommen. Morgen ist ihr Begräbnis.“ Mit einem so friedfertigen Vater hätte er eher weniger gerechnet, und so wäre es bei einem konfrontativen Widersehen ihm leichter gefallen, zu reden, mit seinem ungeliebten Vater. Aber die heile Familie sollte jetzt einmal gespielt werden. Vera würde es nicht gefallen, würde man über ihrem Grab streiten.

    Es war unausweichbar, dass Nigrina nicht einen Brief an ihren Vater geschickt hatte. Wieso denn nicht? Er war ihr Vater. Klar. Vera hatte etwas bessere Beziehungen zu ihrem Vater gehabt als er selber, wenn auch nicht allzu Gute. Ach, er wollte gar nicht über seinen unglückseligen Vater nachdenken. Es würde doch eh nur zu Frust und Wut führen. Und zu einer gewissen Portion an Angst, ihm gegenüber zu treten. Nein, Piso wollte das ganz und gar nicht. Gracchus‘ Worte waren natürlich wahr, und dennoch erscheinen sie ihm in seinem Innersten wie Hohn. Eine Schwester, für die er trauern würde, im Gegensatz zu ihrer Mutter, die er einfach erdrosseln und über die Klippen werfen hatte lassen. Ein Seitenblick wanderte zu Nigrina. Piso war sich ziemlich sicher, dass ihr Vater auch ihre Mutter, Genucia Triaria, umgebracht hatte. Oh, wie er Triaria gehasst hatte, diese Person, die sich anstelle seiner Mutter hingestellt hatte. Um sie zu ärgern (und um sich ästhetisch zu fühlen und seine „weibliche Ader“ ein wenig auszuleben), hatte er ihre Kleider angezogen und war damit durch den Schlamm gelaufen. Au weia, das hatte Zores gegeben.
    Ob Gracchus behilflich sein konnte? Piso blickte ihn an. “Danke. Aber ich glaube, das schaffen wir schon.“ Besser gesagt, das würde er schaffen, denn er konnte Gift drauf nehmen, dass das ganze Gescher an ihm hängen blieb.
    In diesem Moment Trappeln von kleinen Füßen am Boden. Piso blickte herab, um dort Klein-Manius zu sehen. Gracchus begrüßte Celerina, die kurz daraufhin wieder in meditatives Schweigen verfiel. Sein Blick schweifte zu Gracchus, als dieser seinen Sohn für sein Schweigen monierte, woraufhin dieser etwas von sich gab.
    “Salve, Minimus.“ Bei den seltenen Anlässen, wo er seinen Neffen sah, ohne dass seine Eltern ihn von der Welt fernhielten, wollte er sich die Diminuitivform nicht nehmen lassen. Auch nicht zu solch traurigen Anlässen, die jegliche ästhetische Gedanken der puren pisonischen Schule aus seinem Hirn schwinden ließen und wüsten Gedankenströmen Platz schufen, deren Unschönheit Piso später noch dazu veranlassen würden, zu erschaudern. “Danke.“
    Zu weiteren Worten war er nicht mehr bereit. Die Traurigkeit des Momentes überwallte ihn wieder, als er auf die wundervolle und tote Vera sah. Ihr Körper würde am Scheiterhaufen brennen, was auch gut war – so musste sich Piso nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass in einem Sarg, wie man sie im Osten benutzte, die Würmer seiner Schwester das Hirn ausfraßen.
    Schweigend verharrte er vor der Bahre. In einigen Tagen würde er sie zu Grabe tragen. Ein grauenhafter Gedanke... seine Schwester... seine Vera... brennend. Heute Abend würde sich Piso noch auf sein Bett werfen und schauerlich heulen.

    Wie gut, dass Piso die Gelegenheit erhalten hatte, die alten Aufzeichnungen von Leontias Begräbnis zu studieren. Zwar regten sich in ihm Zweifel, ob ein Begräbnis wie für Leontia Vera angemessen war, entsann sich dann aber daran, dass Gracchus Leontia ungleich mehr geschätzt hatte als er. Und so verfuhr er nach diesem Plan, auch wenn es nicht notwendig war, nach Milchzähnen zu suchen, hatten sie doch die Leiche.
    Eine Rede am Forum war für Vera nicht nötig, hatte diese doch nicht in der öffentlichen Aufmerksamkeit gestanden. Also zog der Leichenzug am siebten Tag der Aufbahrung von der Villa Flavia los. Sklaven trugen die Bahre. Piso war, als Begräbnisleiter, der Anführer der Prozession. Dahinter gingen die anderen Familienmitglieder, hinterher Klienten, Freigelassene und Sklaven. Es waren ein paar Musikanten aufgetrieben wurden, die unter Bezahlung sich bereit erklärt hatten, eine Komposition des Piso zu spielen. Der Flavier hatte sich echte Mühe gegeben, und sein Stück konnte sich sogar hören lassen – weil er infolge seiner Trauer auf seine selbst auferlegten ästhetischen Normen vergessen hatte und einfach irgendwas mit griechischen Noten auf ein Stück Papyrus aufgeschrieben hatte.
    Das traurige Lied* blasend und trommelnd, zogen die Musikanten durch die Straßen Roms, was die Passanten dazu veranlasste, kurz pietätvoll stehen zu bleiben und eine Sekunde zu verharren, bevor sie weiter ihrer Wege zogen. Der Zug ging vom sommerlichen Rom, dessen schönes Wetter Pisos bewölktes Gemüt widersprach, durch die Porta Appia, hinaus zu den Gräberfeldern der Flavier, wo bereits ein Scheiterhaufen stand. Wenn Piso etwas gelernt hatte in seiner Zeit als Septemvir, dann war es, Sachen zu organisieren. Es war nicht sicher gewesen, Sklaven aufzutreiben, die bereits Erfahrung mit Leichenbegängnissen hatten. So hatten diese einen Leichenschafott aufgestapelt, ein Geflecht an Holz und trockenem Laub. Die Sklaven hieften Veras Körper hinauf und platzierten ihn dort sorgfältig. Piso breitete die Arme aus, in Betposition.
    "Dii inferiores, die Ihr auf diesen Orte Anspruch erhebt, gebt frei diesen Boden für die Tat, welche folgen muss, wie es Sitte ist, wie es Pflicht ist, wie es der Toten gebührt. Unterirdische, nehmt Euren Anteil, der Euch gegeben, wie es Euch gebührt, und gebt frei diesen Boden für die Tat, welche folgen muss." Unmelodisch formulierte er die unflexiblen, archaischen Worte. Dann wandte er sich nach rechts. Ein Sklave händigte ihm eine Leichenmitgabe aus – es handelte sich um ein kostbares Goldamulett. Piso legte es sorgfältig neben Vera hin, bevor er sich den Trauernden zuwandte.
    “Verehrte Gensmitglieder, Freunde, Klienten, Libertini, Sklaven. Heute tragen wir Flavia Vera zu Grabe. Meine Schwester stand mir so nahe wie nur wenige Personen in meinem Leben und hinterlässt eine Lücke, die sich nur schwerlichst wieder füllen lassen wird.“ Nie, machte es in Pisos Kopf. “Wir tragen eine junge Frau zu Grabe, die ein Beispiel für eine römische Schwester, Tochter, Base war. Ihre Sittsamkeit war erhaben, ihr Schönheit unirdisch, ihre Großmut Ehrfurcht gebietend, ihre Fröhlichkeit unerschütterlich, ihr Stolz ungebeugt, ihre Klugheit selten, ihre Entschlossenheit, ein erfülltes Leben zu verbingen, fest, ihre Verbundenheit mit der Familie unzerschneidbar, ihre Tugenden unaufzählbar.“ Tränen standen in seinen Augen, als er seine thetralische kleine Rede schwang. “Wir werden sie vermissen. Alle von uns.“ Er schwieg kurz, bevor er sich eine Fackel reichen ließ. “Lebe wohl, geliebte Schwester. Möge das Elysium dich mit offenen Armen aufnehmen.“ Dann schwang er seine Fackel in den Scheiterhaufen, der so urplötzlich aufflackerte, dass Piso aufgeschreckt zurückweichen musste.


    Sim-Off:

    *Purcell, Begräbnismarsch von Queen Mary II

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    Und jetzt sage mir bitte, Liebstes, wie sollen meine schmachtenden und vor Kitsch strotzenden Liebesbriefe ihre Wege in deinen Kasten finden? ;)

    Mit einer einfachen Bemerkung, in der – nach deplorabel – Gracchus‘ zweitliebstes Wort, allfällig, vorkam, beendete er das Thema mit den Ärzten, sodass Piso nur noch bedeutungsschwanger nickte. Ja, ein neuer Arzt. Kosmas war Piso suspekt. Und es konnte nur gut sein, dass Gracchus sich darüber Gedanken machen könnte – oder vielmehr sein Nagetier, den nach einem solchen hatte er seinen Leibsklaven benannt. Ja, der Nager. Das war eine gute Beziechnung für diesen Kerl, dachte er sich und konzentrierte sich darauf, nicht zu jenem hinzblicken, ihm nicht eines Blickes zu würdigen.
    Gracchus schmunzelte auch nur, als Piso die Politik des Reiches lamentierte, sagte aber nichts weiter dazu. Viel mehr jedoch sagte er, geradezu kompensatorisch, zu der Lage der Götter. Der junge Septemvir inhalierte die Wörter des altgedienten Pontifex mit einem gewissen Grad von etwas, was an Ehrfurcht grenzte. “Somit würdest du sagen, dass die Götter zu einem großen Teil eher Produkte der Menschen sind als dass die Menschen Produkte der Götter sind? Vielleicht... vielleicht ist das Göttliche ja komplett anders, als wir es erahnen können. Vielleicht ist das Göttliche alles, was wir Menschen uns nicht erklären können...“, murmelte er. “Sind nicht die Götter der Griechen deckungsgleich mit den unseren? Sie mögen zwar anders verehrt sein, aber wenn wir die Interpretatio Romana als Philosophie heranziehen, sind es doch die selben. Obwohl das natürlich auch nicht die Mythologie übertragen lässt.“ Piso blinzelte und seufzte. “Religion. Es ist eine diffizile Angelegenheit, fast wie die Liebe.“ Er trank noch einen Schluck von seinem Wein.
    Piso war durchaus gräkophil und nicht abgeneigt, die römischen und griechischen Götter ein bisschen zu vermischen. Sie schienen sich nicht groß zu scheren, in welcher Form sie verehrt wurden, solange die mit ihrer Form kompatiblen Riten vollführt wurden.
    Tatsächlich kam Piso auch der Gedanke, dass das Gesprächsthema sehr merkwürdig war angesichts der schwerwiegenden Sachlage, die sie besprachen. Es ging hier um sein Herz! Um seinen Fortbestand als lebende Person!
    Er grinste leicht und nahm noch einen Schluck Wein. “Mag sein, trotzdem danke für den Wohlwollen“, denn diesen nahm Piso, der, egal, wie der erste Schein es vorgaukeln mochte, nicht dumm war, nicht als verständlich an. Schließlich hatte der Flavier ja nicht vorausgesehen, ob Gracchus seine Klagen jovial oder aber erbost aufnehmen würde. Aber wozu war Familie da, wenn nicht, um sich gegenseitig beizustehen?
    Er nickte fleißig, als Gracchus seine Idee lobte, und grinste dann abermals, um so siegessicherer. “Mit Celerina habe ich bereits gesprochen. Sie ist bereit, mir beizustehen. Und sie wird mit ihm vorher noch reden.“ Dass Celerina vor dem Termin der Einladung sich in der Nacht nach der Nemoralia das Leben nehmen würde, wusste Piso ja noch nicht. Er war ja kein Hellseher oder so.
    Auf jeden Fall wähnte er für diesen Abend bereits zwei Flavier auf seiner Seite, um gemeinsam Corvinus nicht zu sekkieren, sondern ihm nur gemütlich die Vorteile einer solchen Bindung darzulegen. Und Piso musste sich ja schließlich noch entschuldigen. Nicht, als ob es von Herzen kommen würde, denn er hatte kein Unrechtsbewusstsein. Aber es gehörte sich. Und man hatte ja Manieren. Und zwar von Kindheit an eingedrillt bekommen.
    Er glotzte ganz romantisch, als Gracchus ihm ein wundervolles Zitat lieferte. Das musste er sich merken. Er trank noch einen Schluck Wein und merkte, wie der Alkohol langsam seine Spuren bei ihm hinterließ. Er blinzelte. Seine Augenlider wurden schwer.
    “Der wahrhaften Liebe ist nicht zu entrinnen“, wiederholte er langsam. “An welches Ufer sie auch fallen mag...“ Noch einmal ein wenig Wein. Müde werdend lehnte er sich zurück. “Liebe ist... so denke ich... was das Herz begeht. Die Liebe ist’s allein...“, gähnte er, sich noch rechtzeitig die Hand vor den Mund haltend.
    “Ich bin müde... das macht die Musik und der Wein... ich glaube, ich hau mich aufs Ohr“, formulierte er seinen Wunsch nonchalant. “Gute... gähhhhhhn... Nacht, mein lieber Vetter...“ Er mühte sich, aufzustehen und schickte sich an, ganz ganz langsam zu gehen.


    Sim-Off:

    Der Thread ist schon langsam ein Zombie. Deshalb habe ich mir gedacht, wir bringen die Sache erst einmal zu einem Ende. ;)