Um Missverständnissen vorzubeugen, muss hier gesagt sein, dass Plitsch und Grabsch sich hier mehr oder minder simultan ereigneten und durch eine direkte Kausalkette verbunden waren. Denn eine Zehntelsekunde bevor es Plitsch machte und das hübsche orientalische Gesicht der Damaszenerin verunstaltet wurde von einem gelben Fleck, war es Pisos einzige und alleinige Intention, sie daran zu hindern, ihm weiter weh zu tun. Und da kam es ihm nur recht, dass er etwas von ihr zu packen bekam, auch wenn nur an einer Stelle, die die meisten als unangemessen bezeichnen würden. Einmal zum berühren unangemessen.
Und bevor er noch realisierte, dass es vielleicht eine gute Idee wäre, loszulassen, sah er schon die Handfläche auf ihn herabgesaust kommen, untermalt von einem kehligen weiblichen Schrei. Piso war so entsetzt von der imminenten Gewalt – er hasste Unfrieden – dass er vergaß, den Hintern loszulassen, und stattdessen noch viel fester den Griff zu verstärken, sodass Semiramis der Stoff ihres Kleides in eine Stelle getrieben wurde, die als leicht unhygienisch gelten mochte. Piso bemerkte das nicht, er bemerkte nur die näher kommende Hand. Wie hypnotisiert von ihr blickte er zu ihr. Und er bemerkte das Patsch.
Ungläubig starrte er sie an. Sie hatte ihn geschlagen. Sie, die Sklavin, hatte ihn geschlagen. Eine Watsche hatte sie ihm gegeben. Natürlich wäre ein Faustschlag drastischer gewesen, aber eine Watsche drückte Verachtung aus, Fassungslosigkeit zumindest. Manche mochten so eine nicht ernst nehmen, Piso tat das sehr wohl. Es kränkte seinen männlichen Stolz. Sogar Piso hatte so etwas.
Seine Wehleidigkeit, sein Selbstmitleid ob der aussichtslosen Liebe, fand ein Ventil in einer von Pisos plötzlichen Gemütsschwankungen. Bedrücktheit und Melancholie wurde zu Wut und Wahn. In seinen Augen blitzte es zornig und leicht fassungslos auf. Dann schnellte seine rechte Hand empor – mit der linken hielt er ja noch immer den Hintern fest –, nicht um Semiramis zurückzuohrfeigen, sondern, um ihre linke Schulter zu erpacken und zu herabzudrücken. Derentweilen presste er sie mit der linken Hand von hinten nach vorne. Piso war kein sonderlich starker Mann, aber seine urplötzlich aufkeimende Wut verlieh ihm Flügel, so suchte er sie nun zu sich herzudrücken.
“Du hast was vergessen, Süße!“, knurrte er in einer Stimme, die man wirklich nur bei Piso hörte, wenn es für das Gegenüber ganz schlecht aussah. “Dein Arsch gehört mir.“
Dann bäumte er sich auf, nahm endlich seine linke Hand von ihrem Hintern weg, umklammerte sie mit beiden Händen, stemmte sich zu ihr empor und drückte ihr einen Kuss auf. Ja, Piso hatte seltsame Arten und Weisen, um seinen Liebeskummer zu verarbeiten. Aber es half. Nachdem er sich an Axilla vergangen hatte, war der Schmerz um Decima Serrana viel besser geworden. Und vielleicht half es, wenn er sich nun an Semiramis ranmachte? Denn hübsch war sie. Und sie musste gehorchen. Denn sonst winkte das Loch. Als er seine Lippen wieder von der ihrigen löste, grinste er sie ganz leicht fies an. Ein typischer Herr-an-Sklavin-Blick. “Such es dir aus. Du kannst die harte und die sachte Tour haben“, bot er ihr an, während sein Körper bebte. Vor Wut, Enttäuschung, Liebesschmerz und Erregung. Denn mittlerweile war ihm klar, was er zu fassen bekommen hatte – und es war ein gutes Gefühl gewesen, ein sehr gutes Gefühl sogar. Und seine Gefühle, die waren Piso wichtig. Er brauchte ein Äquilibrium. Er brauchte es jetzt. Und dabei würde er sich wohl vorstellen, dass es Prisca wäre, die er rannahm... nicht diese unbedeutende Sklavin, die sich ihm fügen würde, er zumindest hatte keine Zweifel daran.