Beiträge von Aulus Flavius Piso

    Zitat

    Original von Marcus Decimus Mattiacus


    Der Kerkermeister schien aber schwer bei der zu Sache sein, dachte sich Piso, der ironie nicht abhold, nicht ahnend jedoch, dass im Kerkermeister das selbe umging wie in ihm selber – der Wunsch nach einem Schluck Wein. Bedenklich, wenn man in Betracht zieht, dass Piso gerade erst eben so etwas gehabt hatte.
    Aber der Mann hatte eine Merite, er machte es Piso leicht. Der Vigintivir atmete auf, als er hörte, dass das eigentlich schon alles war, was es gab bei den Kerkern.
    Nun war es für ihn an der Zeit, einen Fragenkatalog an Mattiacus abzupfeffern. “Du erlaubst mir doch sicher noch einige Fragen, Proc... äh, Tribunus? Zum ersten, wie steht es um die Qualität des Essens? Außerdem, wie sieht die Zeitgestaltung für die Gefangenen aus? Bei den Vigiles können die Gefangenen manchmal in den Hof, gibt es so etwas auch hier? Zudem, gibt es Ausbrüche?“ Er überlegte noch. War er hier zu Ende?
    “Nun, darf ich eine von den leeren Zellen betreten?“, hatte er aber dann doch noch eine Frage.

    Sie setzte sich, und er stellte seine Frage. Doch was war nun dies? Wie gut er informiert war? Gar nicht, aber ich kann mir einiges zusammenreimen, wäre eine ehrliche Antwort des Flaviers gewesen, doch er schluckte sie sich herunter und hörte sich genau an, was die Decima sagte. Die Bindung war also gelöst, und Archias war jetzt mit Axilla verbandelt. “Ach!“, entfuhr es ihm. Hatte er doch recht gehabt. Dass er es so weit treiben würde... aber tja, es war jetzt nun einmal so. Wenn Seiana sich fürchtete, jemanden die Geschichte zu erzählen, der es nicht eh schon kommen sehen hatte, täuschte sie sich. So begann er auf seiner Unterlippe herumzukauen und verständnisvoll zu nicken. Sie nannte ihn jetzt beim Cognomen. Nun, aus irgendeinem Grund nannten sich auch Piso und Archias beim Cognomen, vermutlich, weil es in ihren Kindheitsjahren ihnen lässig vorgekommen war und nun so hängen geblieben ist. Wenn einer den anderen mit dem Praenomen ansprach, wusste man, dass die Alarmglocken schrillten. Piso konnte sich keinen rechten Reim aus dem machen, was Seiana sagte, doch er hatte ja schon Erfahrung darinnen, zu hellsehen. Beziehungsweise, zu raten, was los war.
    Archi hatte also irgendwie Seianas Ehre beschmutzt? Auf eine sehr seltsame Weise aber. Piso, der ja auch Jurist war, dachte an die anzuwendenden Paragraphen im Gesetz. Keine Chance, dass sie damit durchkommt, dachte er sich.
    “Hmm. Ja...“ Was sollte er jetzt sagen? “Das ist... gar nicht gut.“ Ja, das traf die Essenz der Sache. “Kann ich dir behilflich sein?“ Oft war diese Frage nur als Floskel gestellt, doch Piso meinte sie ernst – es war schließlich sein Amt, dies zu tun. Würde sie jetzt die Tatenlage zu Protokoll hier nun geben, als Auftakt zu einem mordsmäßigen Gerichtsverfahren? Ihm wurde etwas bang bei dem Gedanken.

    Vielleciht waren seine Worte wirklich einen Schuss patzig gewesen, dachte sich Piso, als er sie ausgesprochen hatte. Au weia. Das wird Ärger geben. Doch so richtig scherte er sich jetzt nicht mehr drum. Ihm war jetzt alles einfach nur noch mehr egal. Er hatte keine Ahnung, was vor sich ging mit ihm. Er musste mit sich ins Reine kommen. Irgendwie.
    Die Tirade des Aureliers ließ nicht lange auf sich warten, nachdem er seine bissigen Worte geboren aus Frust und Depression, geäußert hatte. Was kam nun? Drohen? ”Ich will und wollte dir nicht drohen”, versuchte Piso seine eigenen Worte wieder zu beschwichtigen, dabei erahnend, dass er damit gegen eine Mauer rennen würde, denn Corvinus quatschte und quatschte weiter, redete sich in Rage, und Piso blieb nichts anderes übrig, als seine Schultern hängen zu lassen und sich ausschimpfen zu lassen wie ein Sklavenjunge, der was angestellt hatte. War das Geifer, was von den Lippen des Aurelius rann, dachte sich Piso am Rande, oder war das nur seine Einbildung? Irgendwie kam er sich vor, als stünde er gar nicht hier, sondern wäre ein außenstehender Betrachter, der neben den beiden Patriziern stand und sich die Szene anschaute. Huch, Corvinus laberte noch immer. Eingesetzt? Ja, Corvinus hatte sich für ihn eingesetzt! Und Piso sich auch für ihn! Was war denn mit der Götterspeisung zur Megalesia gewesen? Die hätte sich Corvinus als Gamsbart an den Hut stecken können, wenn er nicht noch gewesen wäre und zwei andere zusammengekratzt hätte, wie auch die gesamte verfluchte Cybelepriesterschaft!
    Piso blickte Corvinus nur stumpf an, wenn Corvinus von Zorn benebelt war, war Piso das von einem grausamen Gefühl der Dumpfheit. Doch was kam dann? Er sollte Prisca nie wieder... belästigen? Und er deutete mit dem Finger auf ihn. Also das, das fand Piso jetzt wirklich unhöflich. Belästigen, konnte man das gleichstellen mit sehen, fragte er sich, und wollte gerade etwas Protestierendes erwidern, als ihm einfiel, dass er noch einen Trumpf in der Tasche hatte. Und zwar keinen Unbedeutenden. Den könnte er einsetzen... doch das hätte noch seine Zeit. Er beruhigte sich innerlich, auch seine vorher unerbauten Gesichtszüge entspannten sich. Es würde schon noch alles gut werden. Und wenn dazu Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt werden mussten.
    So fuhr er nur wortlos, ohne eine Bestätigung, aber auch ohne Protest oder Einwand, den Arm aus und reichte die Schriftrolle Corvinus. ”Ich habe die mir zugesandte Liste geordnet und eingeteilt. Sie sollte recht selbsterklärend sein.”



    Sehr gefährlich:
    Nieder mit den Kaisern – Heius Maturus – ein gefährliches, aufwieglerisches Buch, voller republikanischem Gedankengut.
    Die strahlende Größe des Caligula – Tettius Mus – der Titel sagt alles. Die Verehrung eines Kaisers, der unter der Damnatio Memoriae steht.
    Das Leben des göttlichen Nero – Cocceius Galba – siehe oben. Zudem recht ausführliche Darstellung von Neros Sexorgien.
    Das Priesterpack und ihre Tricks – Duilius Longus – ein pseudoaufdeckerisches Buch über angebliche Umtriebe der Priesterschaft. Besonders schlecht weg kommen die Quindecemviri und die Vestalinnen.
    Alternatives Opfern – Manius Lanatus – propagiert den Nutzen von Menschenopfern.


    Gefährlich:
    Der Kaiser, ein Außerirdischer? – Quintius Bassus – stellt die Theorie auf, dass die Ulpier Außerirdische sind. Lächerlich, könnte jedoch gewisse Teile der Bevölkerung ansprechen.
    Memoirien einer Prostituierten (illustriert) – Afrania Soemias – die Memoirien einer Puffmutter. Lesen sich eher wie ein Anleitungsbuch für unsittliche Stellungen beim Geschlechtsverkehr.
    Meine sentimentalen Reisen – Naevius Pilitus – ein Buch, welches überholte Verschwörungstheorien (unter anderem die Verschwörung der Heinzelmännchen Germaniens und der Fluch des Hannibal über Rom) verbreitet.
    Philosophische Überlegungen – Ogulnius Drusus – harmloser Titel, jedoch stellt der Autor Verschwörungstheorien aufgrund falscher Faktenlagen auf, und kommt zum Schluss, dass das Etablissement gestürzt werden muss.
    Friede über alle – Statilius Gallus – wettert gegen die Streitkräfte Roms.
    Die verkommene imperiale Jugend – Autor unbekannt – nimmt die Jungensünden der Kaiser in die Mangel.
    Handbuch zum Geld machen – Ennius Silvanus – stellt kriminelle Arten und Weisen dar, ein Vermögen zu erscheffeln.


    Minder gefährlich:
    [Hier standen einige weitere Titel, die aber von eher geringerem Interesse sind]

    So, jetzt war es soweit – Piso würde das Opfer vollziehen. Mit zielstrebigen Schritten ging er auf die Kuh zu, deren eingeschmiertes Fell im Sonnenlicht erstrahlte. Ein "Favete Linguis" war inmitten der anschwellenden Musik zu vernehmen. Piso blieb vor dem Tier stehen und erhob seine Stimme.
    “Magna Mater, wenn du mir gnädig bist, nimm diese Kuh als das Deine an! Sie sei dir geweiht! Auf dass es dir gefalle!“ Der Flavier vollzog die rituelle Reinigung noch einmal, indem er in die ihm hergereichte Wasserschüssel seine Hände symbolisch hineintauchte und dann an einem Mallum Latum abwischte. Er war nun bereit und nickte einem Popa zu. Dieser begann, aus einer verzierten Schüssel mola salsa herauszuschaufeln und auf den Rücken der Kuh zu schmieren. Die Kuh muhte leise. Welch unästhetisches Tier, dachte sich Piso und dachte mit gewisser Befriedigung dran, dass es schon bald nicht mehr seine Kreise stören würde.
    Als der Murkser damit fertig war, bekam Piso vom Victimarius, dem Opferstecher, das Messer ausgehändigt. Er zog es in einer schneidigen Geste über den Rücken des Tieres, und reichte es an den Opferstecher zurück. Dann erhob er seine Hände.
    “Magna Mater! Dir zu Ehren! Cybele! Dir zu Ehren! Herrin von Ida! Dir zu Ehren! Nimm an dieses Opfer zu deinem Fest, zur Megalesia! Schenke uns die Ehre, bei dem Lectisternium zu Gast zu sein! Reichlich sollst du bewirtet werden heute, zu deinem Ehrentag, wie auch an allen weiteren Megalesiae!“ Er drehte sich nach rechts, schnappte einen Weinbecher aus den Händen eines Popa und brachte noch ein fixes Trankopfer dar, welches er halb auf den Boden schüttete, und halb das Tier traf.
    Dann trat Piso eilig einen Schritt zurück. Das war das Zeichen für den Schlächter.
    “Agone?“
    “Age!“
    Das Messer stach, das Blut floss, die Kuh hauchte ihre Seele aus. Unberührt stand Piso davor und wartete. Er wartete, bis der Opferstecher fertig sein würde damit, die Kuh auszuweiden, und ihm die Organe vorsetzte, damit er sie examinieren würde – was wohl der schwerste Teil an dieser Sache sein würde.

    Piso zuckte nur leicht die Schultern, als Quintilius ihm das bestätigte. Nicht, dass dies die einzige Verrücktheit im Leben des Flavius Piso gewesen wäre. Aber er wollte jetzt gar nicht zu sehr darob ins Detail gehen.
    Der Quintilier hatte seine Glückwünsche aber offenbar herzlich unnötig, er wusste schon, was zu tun war. Piso hatte es sich schon erwartet eigentlich, doch hatte er die Gelegenheit nicht ungenutzt lassen wollen, um nicht noch ein paar altkluge Weisheiten unter die Leute zu klugscheißern. “Aha, das ist sehr gut.“ Er nickte bekräftigend.
    Die Frage, die dann nun kam, ja, über die hatte sich Piso noch nicht recht Gedanken gemacht. Er wusste nur, ein Tribunat wollte er nicht direkt im Anschluss an sein Vigintivirat machen. “Gute Frage. In einem Jahr werde ich wohl wieder nur ein einfacher Septemvir sein, der versuchen wird, die Arbeit, die während der Amtszeit flach gefallen ist, aufzuholen. Und sonst? In zwei Jahren werde ich das vielleicht auch noch sein. Oder ich bin dann schon Quaestor. Oder aber, was mir wahrscheinlicher als dies erscheint, ich absolviere ein Tribunat. Nun aber müssen patrizier das ja nicht machen, und es ist auch möglich, dass ich mich dazu entscheide, weiterhin, ohne Unterbrechen, Septemvir zu sein, und dann erst als Quaestor zu kandidieren. Und dann... ja dann, winkt schon der Senat.“ Piso grinste ob dieser erfreulichen Vorstellung. “Und vielleicht, wenn das Schicksal mir hold ist, ein Platz unter den Pontifices.“ Das würde ihm durchaus gefallen, Senator et Pontifex, das hörte sich doch einmal richtig gut an.

    Artig war der Soldat, dachte sich Piso, als er sich salutieren ließ. Irgendwie hatte das doch seinen Reiz, sich zu fühlen wie ein großer General. Daran könnte er sich fast gewöhnen.
    Ein Kerkermeister schritt an sie heran und fing an, ohne die geringste Bergrüßung, loszuerklären, was vorgefallen war. Piso hob eine Augenbraue, aber er ließ jegliche Reprimandierung sein. Schließlich war er hier zur Kerkerinspektion, nicht zum Rumzicken. Möglich, dass der Kerkermeister ihn gar nicht richtig zur Kenntnis nahm, war er doch ein Außenstehender, einer zwar, der durch seine prächtige Kleidung herausstach wie ein bunter Vogel, aber trotzdem keiner, der hier dazugehörte. So hörte er sich nur andächtig an, was der Typ, der sicher schon unzählige Leute gefoltert hatte, so von sich gab. Sein Blick wanderte zu Mattiacus, als dieser in ansprach. Er nickte dazu. Dass Piso wusste, wovon der Decimer sprach, zeugte untrügerlich von der exzellenten Ausbildung, die die juristische Abteilung der Schola Atheniensis ihren Schülern angedeihen ließ. Er zuckte die Schultern.
    “So ist es halt, ich denke, solche Lumpen wir es immer wieder geben.“ Wie schön, dass man als Frei- und Schöngeist über dem ganzen stand! “Gibt es hier auch Leute, die nicht nur mittels Exekutivmacht abgestraft werden, sondern auch auf ein ordentliches Verfahren vorm Praetor warten?“, fragte er, auch wenn ihm klar war, dass solch schwere Jungs eher eine Domäne der Prätorianer waren.

    Die Ohrfeige kam genau zu der Sekunde, in der Piso sie innerlich errechnet hatte, was durchaus eine bemerkenswerte Leistung war, wenn man bedachte, das ser nichts sehen konnte. Vielleicht hatte ihn der Wind den er kurz vorm Einschlag spürte, dazu geführt, dass er ihn vorausgesehen hatte. Doch trotzdem schaffte er es nicht mehr, reflexartig sich wegzuwerfen. Er hätte es auch gar nicht wollen, er würde, was jetzt kam, mit der selben stoischen Schicksalsergebenheit hinnehmen wie ein Märtyrer dieser Christianersekte im flavischen Amphitheater vor den Löwen.
    Doch irgendwie... war der Schlag nicht so, wie erwartet. Weh tat er natürlich, und zwar so, dass der von Natur aus eher wehleidige Piso vor Schreck die Augen wieder aufriss. Doch was dann kam, war... er konnte es nicht recht in Worte fassen... als ob sie ihm zärtlich noch die Hand übers Gesicht strich, nachdem sie dies getan hatte.
    War das ein Zeichen, dass sie ihm vergeben hatte? War das ein Zeichen, dass er noch hoffen konnte? Mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck, der höchstens aussagte, dass Piso keine Ahnung hatte, was er nun denken sollte, geschweige denn sagen. Prisca sah fürchterlich aus, schlimmer als er es tun müsste mit dem sicherlich rot glühenden Stigma, welches Priscas Hand ihm auf die Wange gebrannt haben musste. Fast war es ihm unmöglich, ihr Gestammel zu hören. Was sagte sie? Wofür das war... ja, er wusste es. Es war dafür, dass er sie geküsst hatte, ohne dass er selber in sich eine Regung der Liebe für sie verspüren konnte. Es war einfach NUR dafür, dass er sie geküsst hatte, verdammt noch mal.
    Priscas Blick geisterte eine Sekunde noch herum, bevor sie hastig davonstürzte. Piso unterdrückte den geradezu zwingenden Impuls in ihm, ihr noch etwas nachzurufen. Einfach nur ihren Namen zu rufen. Vielleicht hätte er es eh nicht können, wenn er es versucht hätte. Er fühlte sich... groggy. Als ob man ihm nicht nur eine nicht besonders deftige Watsche verpasst hätte, sondern, als ob ein Elefant ihm auf den Kopf getreten wäre.
    Eine, zwei, drei Sekunden blickte er noch Prisca nach, seine Lippen ganz leicht bewegend, ohne dass etwas rauskam, nicht einmal der kleinste Ton.
    Sie hatte gesagt, es täte ihr nicht Leid. Was tat ihr nicht Leid? Die Ohrfeige? Oder aber... der Kuss? Aulus, du bist ein Delusionist, hörte er eine Stimme in sich schnarren, als er seinen Blick zu Corvinus richtete und ihn merkwürdig indifferent anschaute.
    “Ich hoffe, jetzt bist du glücklich, Aurelius“, machte er mit verbissener Stimme. Er senkte seinen Kopf und ließ sie hernieder, um die Schriftrolle wieder aufzunehmen. Sie fest umklammernd, mühte er sich wieder hoch. “Ich hoffe, dass dir die Schau gefallen hat und du jetzt zufrieden bist.“ Dann wäre es wenigstens einer von uns, dachte er sich. Er streckte die selbe Schriftrolle aus, zu Corvinus hin.
    “Wollen wir jetzt endlich das hier durchgehen?“ Er konnte es selber kaum fassen, dass er jetzt noch an Arbeit dachte... aber hierzu war er hierher gekommen! Hierzu war er gewählt worden. “Sonst muss ich meinen Wählern erklären, dass ich nicht im Stande war, meine Aufgaben zu verrichten, weil der kurulische Ädil nicht arbeiten wollen hat.“ Seine Stimme war nicht, wie sonst so oft, voller luftiger Levität und heiteren Lebens, sondern hatte etwas von einem deprimierten alten Mann an sich.

    Ah, Mattiacus wusste es also auch nicht. Wenn der Flavier gewusst hätte, dass der Decimer ihm da nicht ganz die Wahrheit erzählte, wäre er wohl oder übel recht grantig geworden, aber so hatte er keinen Grund, Gegenteiliges anzunehmen. Die Frage des Mannes beantwortete Piso knapp.
    “Nein, nichts mit meinem Amt. Er ist ein alter Freund von mir, und ich hätte ihn gerne ausfindig gemacht. Nun denn, ich danke dir für diese Auskunft nichtsdestotrotz.“ Er leerte seinen Becher. “So. Ich würde jetzt eigentlich doch gerne die Kerkerinspektion noch machen...“, sprach der Patrizier wieder den Grund seines Kommens an, auch wenn er es in der guten Stube durchaus aushielt.

    “Nichts zu danken!“, grinste Piso, der sich nun noch wohltätiger fühlte als eh schon. “Ohne dem wirst du scherlich schreiben können.“ Dann begann er auch schon das Diktat. Er hoffte jetzt einfach einmal, es ging Bridhe nicht zu schnell, aber sie schien mithalten zu können.
    Er wartete, bis sie fertig war, und forderte es dann ein. Doch genau in diesem Augenblick geschah ein Malheur, welches das grauenhafte Gespenst der Unästhetik in den Raum einziehen ließ. Piso hätte fast die Hände hochgeworfen und wäre entgeistert zurückgefahren, doch das hätte jetzt nicht gerade geholfen. Er beherrschte sich, nichtsdestotrotz ein leises “Gnüargh....“ zwischen seinen Lippen entweichen lassen.
    Der Flavier nahm das Pergament in seine Hände und blickte es kritisch an. “Hmm... Martis mit t. Und einem Monat.“ Dass ihm dabei selber ein Lapsus Linguae entfahren war, welcher die schuldlose Bridhe dazu veranlasst hatte, die Worte so zu schreiben, daran dachte er nicht. Er malte noch ein kleines t dazu, und einen Kringel beim n, was das Pergament perfekt machte – bis auf den Fleck. Einen Moment beäugte er ihn noch, dann seufzte er und kramte aus seinen Unterlagen einen Schaber aus Feuerstein hervor, ein archaisches Werkzeug, welches aber gute Dienste im Officium leistete.
    “So, das scheuerst du jetzt weg, bis man die Farbe nicht mehr siehst. Du musst einfach eine ganz dünne Schicht vom Pergament runterschaben, dann sieht man nichts mehr. Und dann musst du noch zwei Kopien davon machen.“ Er nickte einmal und schob ihr dann das Pergament mit dem kleinen, nun behobenen Fehler, wieder zu.


    Inspektion der Prätorianerkerker, Martis DCCCLX A.U.C.


    Durchgeführt von Tresvir Capitalis A Flavius Piso; Führung durch Centurio L Quintilius Valerian.


    Die Kerkerführung erwies sich nicht zur Gänze als aufschlussreich, da sich zur Zeit offenbar keine Gefangenen bei den Prätorianern befinden, was sich im Sommer wohl aber anders verhält. Die leeren Zellen machten allerdings einen sauberen Eindruck, wiewohl er genug abschreckend ist, um den Verbrechern dieser Stadt ein Exempel zu bieten. Zudem schien die Bewachung gründlich und kompetent. Die durchschnittliche Zeit, die ein Gefangener in den Kerkern verbringt, liegt bei höchstens einem Monat, was sich im akzeptablen Zeitrahmen befindet.
    Was allerdings bemängelnswert ist, ist die Nahrungsversorgung. Als Anschauungsbeispiel wurde verdorbene Ware vorgezeigt, die jegliche Essbarkeit verloren hatte.
    Fazit: Ein ordentlich und straff geführter Kerker, der das erforderliche Maß an Hygiene erfüllt und dessen Bewachung beispielhaft ist. Verbesserungswürdig jedoch ist die Qualität des Essens, sowie die Auslese, welches als Musterbeispiel präsentiert wurde, repräsentativ ist.


    [Blockierte Grafik: http://img718.imageshack.us/img718/6204/klecksf.jpg]



    Ah, da war ja noch eine Frage! “Nun, nach diesem Monat ist dann meistens das Gerichtsverfahren, wobei sich dann herausstellt, ob der Angeklagte schuldig oder nicht schuldig ist. Wenn nicht schuldig, wird er heim geschickt. Wenn schuldig, dann wird er hingerichtet, oder darf in den Steinbrüchen Steine klopfen. Alles klar?“
    Als er mit seinen Erklärungen abgeschlossen hatte, wandte er sich wieder seinen Unterlagen zu, und begann zu pfeifen – viel zu laut, falsch und unmelodiös. Was er pfiff, konnte man beim besten Willen nicht erkennen.

    Pisos Augen wurden um einiges größer. Mattiacus kannte also Verus! “Du weißt aber nicht zufalligerweise, wo er sich zur Zeit aufhält, oder, Decimus?“, fragte Piso, ein wenig angespannt und vor allem neugierig wirkend. Er vergaß sogar komplett, über den Scherz des jungen Tribuns zu lachen, so sehr war er gespannt auf die Antwort. Das könnte ja sogar aufschlusseicher sein als eine ganze Kerkerinspektion. Er nahm eienn großen Schluck vom Wein, als er seine Ohren spitzte.

    Piso würde, wenn man ihn nachher fragen würde, wen oder was er denn erwartet hatte, auch nicht recht darauf antworten können. Irgendeinen spionierenden Nachbarn, der eine Denunziation abgab? Vielleicht einen Viator, der einen Vagabunden aufgegriffen hatte? Nur eines war klar – er hatte sich nicht Seiana erwartet.
    “Seiana?“ Er sah keinen Grund, die, von der er noch immer glaubte, sie wäre die Verlobte seines besten Freundes, mit dem Gentilnomen anzusprechen. Seiana sah schrecklich aus. Verkatert. Übernächtigt. Miserabel geschminkt. Überhaupt ein wenig verschreckt, als wäre sie auf der Flucht vor irgendwas oder irgendwem. Was war geschehen, fragte sich Piso innerlich, als er sich mit ernsthafter Sorge die junge Frau anblickte, und nur mit Mühe dem Impuls widerstand, aufzuspringen.
    Die Antwort kam ihm blitzschnell durchs Hirn geschossen. Archi. Er hatte sich von ihr getrennt, wie er es schon angedeutet, angedroht hatte, und sich Axilla geschnappt. Er hatte es durchgezogen, und Seiana sitzen gelassen.
    Wohlweislich, ohne Piso etwas zu sagen.
    Der Flavier schluckte nervös und deutete auf einen Sitz, der vor seinem Tisch stand. “Sicher, sicher, immer!“, bemühte er sich zu betonen und nickte dabei.
    “Also. Was ist denn geschehen?“ Er runzelte die Stirn, als er die Frage stellte und dabei seinen Kopf leicht schief legte.

    Corvniuns machte ein ganz gemeines Gesicht, und der „dreiste Vigintivir“ musste sich beherrschen, um nicht eingeschüchtert den Kopf einzuziehen. Er wusste, der Aurelius war jetzt am längeren Hebel. Dies war sein Garten. Seine Nichte. Sein Grundstück. Piso sollte gar nicht hier sein. Er sollte im Atrium sein, nicht im Hortus. Vielleicht sollte er überhaupt nicht hier sein. Und vor allem hätte er ES nicht tun sollen.
    Die Nummer mit der Schriftrolle zog nicht, er spürte es. Sie vorher noch ausgestreckt gehabt, als würde sie ihm die geeignete Rettung bieten, ließ er sie sinken und starrte auf Corvinus. Prisca rief irgendetwas, aber Piso war sich nicht sicher, was es war. Der Aedil stellte ihm die selbe Frage, die er sich selber schon gestellt hatte. Was tat er überhaupt hier? Seine Arbeit, ja. Aber nicht im Hortus.
    “Ich...“ Er räusperte sich. “...ich habe ihre Stimme gehört, und sie hat so schön geklungen...“ Dass die Besitzerin ebendieser Stimme nun einen plötzlichen Gesinnungsschwank erlitten hatte, das ersah er nicht. Er konnte es nicht sehen, schließlich stand Corvinus noch immer vor ihr. Doch eines hörte er – die Verteidigungsreden Priscas waren verklungen.
    Er wollte noch hinzusetzen, dass er nicht gedacht hatte, dass es Corvinus etwas ausmachen würde, wenn er hier im Garten kurz wäre. Doch dazu kam er nicht mehr. Denn der Aurelier blickte zurück zu seiner Nichte, wieso, wusste Piso nicht – und machte unversehends einen Schritt zur Seite.
    Was sich nun vor Piso erschloss, damit hatte er nicht gerechnet. Es war eine wütende Prisca. Wütend, nicht auf Corvinus. Sondern auf ihn. Auf ihn, Aulus Flavius Piso, er erkannte es sofort. Sie sah so aus, als ob sie sich gleich auf ihn stürzen würde.
    Oh nein, schoss es ihm durch den Kopf. Alles verbockt. Alles. Sauber gemacht, Aulus. Ganz großartig, ganz fein hast du das angestellt. Von jetzt an wirst du einen großen Bogen rund um die Villa Aurelia machen müssen... so groß, dass du die Villa Flavia gar nciht mehr mal aus dem Hintereingang verlassen können wirst.
    Tschack, machte die Schriftrolle, als sie Pisos Händen entglitt und auf den Boden fiel. Sie musste einen Stein getroffen haben, oder sonst etwas. Jetzt war er also erreicht, der Punkt des totalen Versagens. Und er hatte sich schon Hoffnungen gemacht... Venus hatte wohl was gegen ihn, dachte er sich und öffnete den Mund. Heraus kam ein leises: “Prisca, es tut mir Leid... alles... es tut mir Leid.“ Er ließ den Kopf senken und presste resigniert die Augenlider zusammen. Egal, was jetzt kam, er würde es nicht sehen wollen.
    So, mit zugeschlossenen Augen, sah Piso gar nicht mal, dass Corvinus ihn nun so dermaßen deppert angrinste, dass jener dafür selber eine Ohrfeige verdient hätte.
    Piso hatte es nun also, wie man aus der Warte des objektiven Betrachters einwandfrei feststellen konnte, gründlich und fachmännisch versaubeutelt. Er hatte sich zu weit aus dem Fenster gelehnt. Es war nicht das erste Mal gewesen, doch er hatte sich selten so mies beim Runterpurzeln gefühlt, und so ertappt. Er konnte sich jetzt nicht einmal vor ihr hinstellen und sagen, dass er sie liebte, nicht einmal das, denn es würde nicht stimmen. Und Piso wollte Prisca nicht anlügen.

    Piso lachte leise. “Ach ja, Cicero. Wenn alle Homines Novi so brauchbar wären wie der Tullier...“ Er seufzte, vielleicht verstand der Decimer die Anspielung, wenn nicht, umso besser.
    “Ich freue mich aber trotzdem schon sehr auf die Zeit, die ich in ihm verbringen werde. Sag, Decimus!“ Ihm war plötzlich etwas eingefallen. “Kennst du... einen gewissen Titus Decimus Verus?“ Das war ja jetzt die Chance, um nachzufragen.

    Eigentlich könnte sich Piso denken, dass sein Vater den Streit nicht allzu publik gemacht hatte. Schließlich wäre dann auch herausgekommen, worum es in diesem Streit gegangen war. Mittlerweile tat es Piso fast schon wieder ein wenig Leid, dass er sich von seinem Vater losgesagt zu haben schien. Aber... seine Mutter umbringen... es war ein fürchterliches Dilemma gewesen, und in diesem hatte sich Piso, der sich von seinen Vater schon immer ungeliebt gefühlt hatte, dafür entschieden, die Partei seiner Mutter zu ergreifen, die in seinen Träumen sowieso schon göttliche Züge angenommen hatte – Calpurnia Fausta, die Heilige. Sicher hatte sie Vera nicht unähnlich geschaut, immerhin sagte man ja allgemein, dass sie eine sehr schöne Frau gewesen war – was ja auch unbestritten Vera war.
    Er hörte an, dass durchaus etwas Respekt durchklang in der Art und Weise, wie sie seine Titel echote. Aus ihrem Mund klang es fast noch hübscher, denn Piso hätte sich nie gedacht, dass Vera in Verbindung mit Piso jemals etwas sagen würde, was auch nur im Entferntesten mit einem solchen Respekt in Verbindung stand. Dabei konnte sich Piso fast denken, dass Nigrina dies gefiel. Jedenfalls schien sie recht glücklich, mit einem Lächeln auf ihrem Mund. Ebenso, wie es ihrem Vater gefiel. Wenn man sagen konnte, der Bruder war Politiker und Priester, klang das um einiges besser, als Rumgammler und Nichtsnutz. Vor allem das Priestertum hätte man Piso wohl eher nie zugetraut. Schließlich hatte er sich nie groß um die Götter gekümmert – bis er dann, fast auf einem Schlag, damals, als er den Arvalbrüdern beitreten wollte, seine Spiritualität entdeckt hatte.
    Er war es nun, der ein leichtes Schulterzucken machte und dabei schmal lächelte. “Ich wäre der letzte gewesen! Aber, ich sage dir... hier in Rom ist das ziemlich brutal für einen Mann. Entweder man macht Karriere, oder man wird als asozialer Absteiger zum Stadtgespött. Dies wäre untragbar für mich gewesen.“ Genauso untragbar, wie in Ravenna zu bleiben, oder seine Talente irgendwo sont in der provinz vermodern zu lassen. Wenn er daran zurückdachte, was er früher für ein riesiger Hallodri gewesen war... nun, er war es noch immer. Aber er konnte sich, wenn es darauf ankam, nun unter Kontrolle halten. Kurz erinnerte er sich zurück an das erste Mal, dass er Gracchus unter die Augen getreten war. Gracchus musste ja gedacht haben, dass er ein kompletter Idiot war, mit seinen schrägen Ansagen. Mittlerweile aber malte er sich schon gute Chancen aus, die Wertschätzung seines Vetters zu genießen. Schließlich hatte er ihm dabei geholfen, das zu werden, was er nun war.
    Als sie ihm ihr Beileid versicherte über den miserablen Zustand von Vera, und ihm sogar die Hand auf die Schulter legte, lächelte er sie kurz dankbar an. “Das alte Leiden...?“ Sein Gesicht drückte wieder inneren Schmerz aus. “Nein, Nigrina, nein... es ist viel schlimmer. Sie liegt in einem Koma, einem Zustand der Bewusstlosigkeit, was weiß ich! Ich bin doch kein Arzt!“ Kurz schien es, als wolle er aufbrausen, dann sank er wieder in sich zusammen. “Ich mache mir echte Sorgen... aber, ach was, es wird schon wieder in Ordnung kommen.“ Er rang sich zu einem Lächeln durch undseufzte leise. Er war, musste er sagen, bisher angenehm überrascht von ihr. Sie schien aus dem ärgsten Zickenalter heraus sein. Oder bildete er es sich nur so ein?
    “Auf jeden Fall, sie ist hier, in ihrem Zimmer. Hoffentlich musste er jetzt nicht noch ewig herumerzählen über ihr Leiden, und war relativ froh, dass das Thema jetzt nciht mehr angeschnitten wurde.
    Nigrina erzählte ihm, was es so Neues gab, und er nickte dann und wann. Nichts wirklich interessantes. Ravenna war noch immer ein Kaff. Was war das, Staius? “Ja, an den erinnere ich mich noch. Das Walross.“ Er formte mit seiner Linken einen überdimensionalen Bauch. Der hat es also geschmissen? Kein Wunder. Ravenaaer Politik war halt einfach uninspirierend.
    Als sie dann den Septemvir ganz nebenher erwähnte, grinste Piso, der für Schmeicheleien schon immer anfällig gewesen war und es auch sein würde. “Jaja, schaut nicht so interessant aus... aber sag einmal, ich habe gehört, Erutia Furnilla hat geheiratet.“ Er grinste. Furnilla war wohl so eine Art Kindheitsschwarm von ihm gewesen, auch wenn er es nur ungerne zugegeben hatte. Mittlerweile war sie ja schon erwachsen, und ihr Ehemann konnte sich sicherlich glücklich schätzen, eine solche Schönheit zu heiraten. “Und, ach ja, wie geht es Sophonisba?“ Das Wohlbefinden der alten Sklavin, die sein Kindermädchen gewesen war, interessierte ihn dann doch.

    Hmm, das war jetzt eine echte Kopfnuss. Warum hatte Piso den Namen hier so undeutlich geschrieben, dass er ihn jetzt rekonstruieren musste? Damals, als die Denuntation eingegangen war, hatte er ihn noch sehr deutlich im Gedächtnis gehabt. Es musste ihn offensichtlich erschienen sein. Jetzt aber? Er wilden Handschrift wohnte ja gerne mal eine gewisse Ästhetik inne. Doch hie und da war dies auch inpraktikabel.
    Er seufzte ein wenig. Nur gut, dass er jetzt Bridhe an seiner Seite hatte, ohne Schreiberin wäre er verloren. Er murrte ein bisschen und beugte sich tiefer über das Pergament. Er knisterte ein wenig damit herum, aber damit wurde der Name auch nicht lesbarer.
    Das erste, das musste ein L sein. Also Lucius. Ganz sicher. Das zweite? Fufilius? Fulvius? Flavius (neinneinnein, ganz sicher nciht, dachte er sich). Es musste Fulvius sein. Wie sein Kollege Frugi. Ob die beiden verwandt waren? Eher nicht – ein verdächtigter Einbrecher und ein Septemvir hatten sicher nichts gemein außer dem Gentilnamen. Und das letzte? Er würde eine andere Zeit brauchen, um dies zu entschlüsseln, denn es klopfte.
    Piso legte seinen Papyrus hernieder, blickte auf, räusperte sich leise und rief dann laut: “Herein!“ Wie gut immerhin, dass angeklopft wurde, nicht reingestürmt, wie es öfter mal passierte.

    “Danke!“ Das war eigentlich gar nicht schlecht! Er hatte sich schon auf eine garstige Kerkerinspektion eingestellt, und nun wurde er bewirtet, und das nicht einmal schlecht. “Prosit!“ Er hob seinen Becher zu Mattiacus hin und hörte sich dann an, was dieser zu sagen hatte.
    “Ich bin eigentlich schon recht froh, muss ich sagen, darüber, dass ich nciht der einzige bin, der aus der Kanzlei in die Politik wechselt. Du kannst mir glauben, ich wurde über meine frühere Karriere gefragt im Senat – also sei gefasst! Wenn du kandidierst, wird man dich fragen, warum du eine für einen Politiker ungewöhnliche Karriere im Senat hinter dir hast.“ Er wiegte seinen Kopf effeminiert herum. “Was du über die Familien sagst, mag wohl stimmen. Es liegt im Blut. Wir sind die Nobilitas, und wo kämen wir hin, wenn Homines Novi den Senat überschwemmen würden.“ Er schüttelte den Kopf.

    Er nahm selbstzufrieden zur Kenntnis, dass sie beeindruckt zu sein schien. Ja, so ein Officium hatte nur ein Mann, der es zu etwas gebracht hat. Nochmal blickte er sich um, als könnte er noch weitere Schönheiten in seinem Officium erkennen, bevor er seinen Blick zu Bridhe wandte, da diese ihn angesprochen hatte. “Hö?“ Was hatte sie gesagt? Ah ja! “Ah, genau. Ähm, steht das nciht auf deinem Tisch? Nein?“ Tatsächlich, sie hatte noch keine Unterlagen. “Gut, dann nimm das hier.“ Er reichte ihr eine Feder, sowie ein kleines Tintenfass, welches auf seinem Tisch stand. Schlussendlich überreichte er der Hibernierin einen Stoß an Pergamenten, den sie sich vorne am Tisch hinstellen konnte. “Wenn du mehr brauchst, nimm ruhig welche von meinem Tisch.“ Er deutete in die Ecke, wo er seine Pergamente stapeln hatte.
    “Also gut. Bist du bereit? Dann wollen wir anfangen. Wirklich bereit? Gut.
    Inspektion der Prätorianerkerker, Maris DCCCLX A.U.C.
    Durchgeführt von Tresvir Capitalis A Flavius Piso; Führung durch Centurio L Quintilius Valerian.
    Die Kerkerführung erwies sich nicht zur Gänze als aufschlussreich, da sich zur Zeit offenbar keine Gefangenen bei den Prätorianern befinden, was sich im Sommer wohl aber anders verhält. Die leeren Zellen machten allerdings einen sauberen Eindruck, wiewohl er genug abschreckend ist, um den Verbrechern dieser Stadt ein Exempel zu bieten. Zudem schien die Bewachung gründlich und kompetent. Die durchschnittliche Zeit, die ein Gefangener in den Kerkern verbringt, liegt bei höchstens einen Monat, was sich im akzeptablen Zeitrahmen befindet.
    Was allerdings bemängelnswert ist, ist die Nahrungsversorgung. Als Anschauungsbeispiel wurde verdorbene Ware vorgezeigt, die jegliche Essbarkeit verloren hatte.
    Fazit: Ein ordentlich und straff geführter Kerker, der das erforderliche Maß an Hygiene erfüllt und dessen Bewachung beispielhaft ist. Verbesserungswürdig jedoch ist die Qualität des Essens, sowie die Auslese, welches als Musterbeispiel präsentiert wurde, repräsentativ ist.“

    Er räusperte sich und wartete noch ein wenig, um Bridhe Zeit zu lassen.
    “Das war es eigentlich schon. Kann ich einmal sehen?“ Er streckte fordernd die Hand aus. Mal sehen, was die Keltin so alles draufgekritzelt hatte.