Beiträge von Aulus Flavius Piso

    Als Piso hineinschaute, schlug ihm ein widerlicher Geruch entgegen. Er rümpfte seine Nase, und mit Schrecken fiel ihm ein, dass nicht sonderlich viel Blut aus der Kehle des Tieres geronnen war. Und hier? Ungesunde Fettschwarten zogen sich über die Organe des Tieres. Um einiges blasser als vorher wies er den Victimarius an, die Organe herauszuschneiden.
    Das tat jener auch, zog sie heraus, und präsentierte sie Piso. Der Flavier warf einen Blick darauf und schüttelte ungläubig den Kopf, als er die Organe ansah. Es war fürchterlich. Die Leber war schwarz und verschrumpelt. Und die Milz? Der Patrizier ergriff sie, und drückte sie leicht zusammen. Aus einem Riss in ihr drang eine schwarze, unappetitliche Flüssigkeit. Den Magen (das war übrigens der, von dem der größte Gestank ausging), den examinierte Piso gera nicht mehr. Sein Blick wanderte zur Kuh, deren Fell ihm gar nicht mehr weiß erschien, sondern eher beige.
    Mit solch einem Opfer hatte er die Göttin direktgehend beleidigt. Er musste ein Sühneopfer bringen, und zwar so bald wie möglich.
    Irgendwie rieb es ihn schon auf, sogar gewaltig. Solch eine Verschwendung, für nichts und wieder nichts! Er selber hatte seinen kleinen Versprecher, der wohl den Ausschlag gegeben hatte, dass Venus das Opfer nicht akzeptiert hatte, gar nicht recht bemerkt. Erbost versetzte er der Kuh einen Tritt, und nun wurde selbst den am wenigsten hellen Mitgliedern seiner Prozession klar, dass das Opfer verbaselt war.
    Er gab die Innereien mit versteinertem Gesichtsausdruck an den Victimarius und drehte sich zu seinen Leuten um. “Das war wohl nichts.“ So lautete sein Eingeständnis. Es konnte nicht immer funktionieren. Nie wieder Kuh, nahm er sich vor. Er würde in Zukunft nur noch mit Schafen operieren, wie er es bisher immer getan hatte bei den superioren Göttern.
    Mit viel Tamtam war Piso gekommen, wie ein Dieb schlich er sich wieder vom Tempel fort. Bald würde man ihn wieder am Aventin sehen, doch vor einem zweiten Opfer musste noch ein Sühneopfer kommen. Das konnte man doch kombinieren, dachte er sich, als sich sein Gefolge zerstreute und er seine Schritte wieder heim, gen Quirinal lenkte.

    Zitat

    Original von Lucius Quintilius Valerian
    ...


    Piso folgte dem Prätorianer bis zum Tor hin, wo er auch schließlich Ausführungen zum Thema Selbstmord hörte. Ja... das stimmte. Doch hie und da waren Suizide sicherlich politisch höchst opportun.
    Doch es war eigentlich recht unappetitlich, über so etwas nachzudenken. Da war die Aussicht über den bericht, den er zu verfassen hatte, geradezu himmlisch. Er nickte schwach zu den gut gemeinten Ratschlägen, die ihm der Quintilier noch auf dem Weg mitgab.
    “Danke... ich glaube, es geht schon viel besser...“ Wenn er an diesem Eimer dachte... oh weia. Das hatte er schon vor aufzubauschen in seinem Bericht, wiewohl den sowieso niemand durchlesen würde.
    “Also. Ich danke sehr, es hat mich sehr gefreut, hier zu sein, aber ich muss jetzt wirklich gehen. Vale, und hoffentlich auf ein baldiges Wiedersehen, Centurio Quintilius.“
    Mit diesen abschließenden Worten drehte sich Piso um und entwich, krampfhaft beim schnellen Hinfortgehen versuchend, durch hastiges Atmen die Erinnerung an den Geruch zu vertreiben.
    So schnell würde er sicherlich zu diesem Komplex, welches die Castra Praetoria darstellten, nicht mehr sich bequemen...

    Wenn Piso ihre Gedanken lesen hätte können, hätte er es sich vielleicht doch noch anders überlegt. Leute, die niemals über die genannten hehren Konzepte nachdachten, waren ihm suspekt, waren es ihm schon immer gewesen. Dann gab es sogar noch welche, die es als aus den Fingern gesaugten Bockmist bezeichnen würden. So etwas machte Piso traurig. Und wütend. Ja, die Gesellschaft verrohte, wenn man so drüber nachdachte...
    ...doch der Flavier zwang sich dazu, doch noch über etwas anderes nachzudenken (wobei er sich fragte, wie er denn überhaupt erstmal auf diesen Gedanken gekommen war). Schließlich war er hier dabei, einen Deal mit einer hübschen Frau zu besiegeln. Und so etwas war immer wieder etwas Erhebendes. Dass Bridhe seinen theatralischen Seufzer als ablehnend interpretierte, darauf kam Piso erst gar nicht. Nein, sein Seufzen war eine brilliante Manifestation seiner inhärenten Empfindsamkeit! Genau so war es, und nicht anders, basta.
    Das Lächeln und die komplett fassungslosen Dankesworte der Hibernierin veranlassten Piso seinerseits zu einem Schmunzeln. Es war doch immer wieder nett, Menschen Freude zu bereiten. Nur war es jetzt auch eben so, dass Bridhe fliegen würde, sollte sie seine Anforderungen nicht erfüllen. Aber schon alleine die Tatsache, dass jemand von flavischem Blut es für richtig erachtet hatte, sie freizulassen, gab ihm die Zuversicht darob, dass die Gelder, mit denen er sie entlohnen würde, nicht verschwendet wären.
    Als er die Hand fühlte, erpackte er sie. Sein Händedruck war recht schwach, für einen Mann zumindest. “Nichts zu danken! Beweise mir deine Dankbarkeit, indem du mich nicht enttäuschst!“, intonierte Piso das, was sicher schon viele erfolgreiche Berufssuchende von ihren neuen Vorsitzenden gehört haben mochten.
    “Und, keine Sorgen wegen Kost und Logis. Wir sind hier keine Herberge. Wir sind eine Familienvilla.“ Er winkte ab. Bridhes Gehalt sollte nicht wieder für ihren Aufenthalt zurück zu den Flaviern fließen, das wäre doch ein wenig unfair.
    Piso erhob sich und deutete zur Türe hin. “Nun denn, meine liebe Scriba. Ich wollte gerade zur Basilica Ulpia, dort muss noch etwas Arbeit gemacht werden. Und, ach ja.“ Er duckte sich, und zog aus einer Lade eine Wachstafel samt Griffel hervor, wie auch eine Schriftrolle. Die Wachstafel übergab er in einer feierlichen Geste über den Tisch hinweg an Bridhe. “Diese wirst du hoffentlich von Nutzen finden.“ Die Schriftrolle aber behielt er ein. Erklärend deutete er drauf. “Das ist die Liste derer, deren Prozesskosten ich noch einzutreiben habe. Die müssen wir wohl bald mal abklappern.“ Er ging um den Tisch herum und stellte sich vor Bridhe mit einem breiten Grinsen auf. “Also? Gehen wir?“

    Jede Untersuchung mit einem Magistraten hatte normalerweise eine nervige Seite. Untersuchungen mit Piso hatten normalerweise viele nervige Seiten. “Aha. Aha. Aha“, bestätigte er, dass er zuhörte, und nickte dazu mit dem Kopf, der lustig hin- und herwippte. Speis und Trank, Arbeit, Zellen, klang nach einem Standardprogramm für jeden Knast. Piso würde sich noch eine Zelle anschauen, und hoffen, dass es damit dann zu Ende war, denn bisher hatte er nichts gefunden, was zu tadeln wäre.
    Er wartete also brav ab, bis der Eprier eine Zelle geöffnet hatte, und stieg dann hinein, wo er sich erst einmal ein wenig fasziniert umschaute. In der innigen Hoffnung, dass Seleucus nich die Türe zusperren würde, drehte er sich einmal um die Achse. Ästhetisch war der Anblick der Zelle nicht gerade. Aber sie war sauber, und was mehr sollte man verlangen? Entzug von Ästhetik war eine der wichtigsten Komponenten, die eine Haftstrafe ausmachten, glaubte Piso zu wissen.
    Nachdem er eine Minute villeicht die Zelle begutachtet hatte, trat er wieder hinaus. “Unglaublich, Centurio, was die Insassen hier an die Wände schmieren. Wer ist denn der große böse Umbrenus, der alle befreien wird?“ Von einem solchigen hatte er nämlich wahrhaft seltsame Geschichten in der Zelle gelesen. Wohl auch nur das Hirngespinst eines Knackis.

    Genau in dem Moment, da Piso seinen Kopf durch die Hecke erstreckte, und Prisca mit freudiger Überraschung seinen Cognomen ausrif, fiel dem Flavier auf, dass er noch immer die unselige Schriftrolle mit den zu verbrennenden Schriften in seiner Hand hielt. Er erinnerte sich an das letzte Mal zurück, dass er Prisca gesehen hatte, damals in der Bibliothek. Damals hatten sie von Büchern geschwärmt, jetzt aber würde ihn die Schriftrolle als Bücherverbrenner hinstellen. Sollte Prisca Einblick in sie erhalten, würde es ihn als beileibe nicht so großer Verehrer von Büchern hinstellen, und ebendies könnte das perfekte harmonische Bild, in dem die beiden bisher verkehrt haben, die wundervolle Zuckerwelt der gegenseitigen Zuneigung (denn das L-Wort wollte Piso nicht in den Mund nehmen, auch nicht metaphorisch) würde es zerstören, und statt den bisherig so mühselig gepflegten Watteplüsch würde der harte Boden der Wirklichkeit von Pisos Arbeit zum Vorschein kommen.
    Er verschränkte seine Arme also hinten, hinterm Rücken, um die Schriftrolle, auf seinem Hinterteil aufliegend, vor neugierigen Blciken zu verbergen. Er hätte sie zwar fallen lassen können,d och mittlerweile wäre das viel zu offensichtlich gewesen.
    Er lächelte, als sie dieses Vorkommnis eine wahre Überraschung nannte, und ihm versicherte, er störte nicht, wiewohl nicht erwartet. Solche Worte gingen Piso natürlich hinunter wie Öl, und er lächelte breit. Gleichwohl bemerkte er, wie Priscas Wangen einen sehr gesunden Teint annahmen. War das wegen seiner Präsenz? Piso war natürlich sehr eitel, doch er wagte es jetzt trotzdem kaum, an so etwas überhaupt zu denken. Vielleicht ein einfacher Sonnenstich? Sicherlich. Komisch, kam es ihm in den Sinn. Bei jeder anderen Frau würde er es als Selbstverständlichkeit auffassen, dass sie vor ihm auf dem Boden lag, doch bei Prisca war es irgendwie... anders, er wusste auch nicht wie. Tja, Piso war wohl unfähig, die Plüschwelt zu überwinden. Doch es passte ihm sehr in den Kram, dort zu verweilen.
    “Deine Musik hat mich angelockt, Prisca...“, brachte er etwas hervor, was wie eine Erklärung klingen mochte, oder auch nicht. “Ich wollte den Aedilen sehen... und... ich hatte gar nicht gewusst, das du musizieren kannst... so schön...“ Er grinste, noch verlegender als vorhin, und trat, hinter seinem Rücken noch immer die leidige Schriftrolle verbergend, aus der Hecke heraus.
    Mensch, sah sie hübsch aus, dachte er sich innerlich, und tastete sich innerlich nach einem Gefühl ab. Wertschätzung, ja. Respekt, ja. Begehren, ja. Zuneigung, das auch noch. Aber Liebe? Es mochte seltsam erscheinen, doch so sehr er danach suchte, Venus hatte ihm noch immer nicht die Fähigkeit, wieder zu lieben, gewährt. Doch er selber war sicher, das konnte noch werden... wenn er sich erst einmal wieder mit ihr gutgestellt hätte. Komisch, wieder kam ihm Serrana in den Sinn, Decima Serrana. Sie schien nur noch ein ferner Schatten in seinem Gedächtnis, aber der Gedanke an sie tat noch immer weh.
    Doch wieso an Serrana denken? Hier vor ihm saß eine Frau, die ihm mehr bieten könnte. Sie war schöner, aus noblerem Blut, intelligenter, kunstsinniger, alles in allem eine Frau, nach der jeder nur streben konnte. Und hier lag sie vor ihm, wie auf dem Prästentierteller ausgelegt.
    Gib dir einen Ruck, Aulus, dachte er sich.
    Er trat aus dem Gebüsch heraus, seine Augenäpfel folgen mehr nolens als volens den Bewegungen eines Schmetterlings, der vor Prisca herumschwirrte und aufstieg gen Himmel. Er zauberte ein Lächeln auf die Mundwinkel des Flaviers, welcher wieder auf Prisca niederblickte, welche, noch immer etwas erschrocken, versuchte, ihre Existenz hier im Garten zu rechtfertigen, als wäre sie der Eindringling, nicht etwa Piso. Sie war schon süß, irgendwie.
    “Sicherlich. Das tue ich auch sehr gerne... dann und wann“, antwortete er. Piso sah man normalerweise die Röte im Gesicht nicht leicht an, aber spätestens jetzt sollte Prisca etwas davon mitgekriegt haben.
    Ach Herrje, und ihre Stimme klang wie Espenlaub, welches im Wind schwankte. Es löste etwas in Piso aus, was ihn dazu veranlasste, sofort zu nicken, als sie ihm den Platz anbot und mit eienr familiären, vertrauten Geste auf die Liege klopfte. Er rückte seine Toga zurecht – wieso musste er so ein unbequemes Kleidungsstück gerade jetzt anhaben? – und ließ sich hernieder. Corvinus sollte doch warten. Das hier war, zumindest jetzt, für Piso wichtiger.
    Er blinzelte einen Moment hinauf in die strahlende Sonne, bevor er zu Prisca blickte. “Mmm... ist eigentlich, äh, mein Gedicht bei dir angekommen? Hast du es gekriegt?“, fragte er. Erstens, man konnte ja nicht immer sicher sein. Und zweitens, er war ein wenig begierig auf etwaiges Feedback, und sicher konnte man keine bessere Kritik bekommen als von einer Adressatin.

    Er musste es sich selber gestehen, ein wenig keltisch zu sprechen schlauchte doch ein wenig. Die ungewohnten Konsonanten drohten immer wieder gerne die Zunge zu verknoten, und die guttural-heiseren Laute bewirkten, dass sich seine Kehle anfühlte, als habe er Sand geschluckt. Einen großen Schluck Wein musste er trinken, um das unangenehme Gefühl wegzubringen.
    Er nickte aber doch, als sich Bridhe bedankte. Auf hibernisch zwar, aber was soll’s? „Go raibh míle maith agat“, das klang doch praktisch ganz gleich wie „Diolch fawr“, wie man es in der britannischen römischen Provinz sagen würde. :D
    Bridhe allerdings schien der Wein nicht wirklich zu schmecken. Naja, Kelten konnten nicht ihre barbarischen Wurzeln verleugnen, das stand für Piso fest, denn obwohl er dem Keltentum schon einen gewissen Respekt gegenüber hatte, am Besten lebte es sich doch als Römer. Um ganz ehrlich zu sein, eigentlich bemerkte dies Piso nur am Rande, und er ging nicht darauf ein, denn er hatte ja seine Tirade abzuschmettern.
    Und es tat gut, dies zu tun. Er fühlte sich wichtig, und das war schön. Irgendwann war er dann doch zu Ende, und Bridhe schaute drein wie ein Fragezeichen. Die Arme konnte sich wohl keinen Reim daraus machen, was Piso meinte. Nicht verwunderlich in den Augen aller außer Piso, und sogar der verstand. Es konnten nicht alle solch unerreichte Genies wie er sein, das wusste er, und er wusste, dass es eine schwere Bürde war zu tragen. Jaja, das Schicksal der großen Künstler, Piso könnte ganz traurig werden, wenn er daran dachte. Hie und da dachte er sich ja, Götter, warum habt ihr mich mit solch abgöttischer Genialität geboren? Es war schon gemein, wenn man darüber nachdachte.
    Er seufzte nur und schüttelte den Kopf. “Lass gut sein, Bridhe. Ich glaube dir, dass du eine leserliche Schrift besitzt, und Gespür für Ästhetik kann man nicht nur einfach so beweisen, innerhalb einiger Minuten. Ästhetik ist wie ein Prozess, kein Zustand“, orakelte er und seufzte abermals. Bis zu diesem Zeitpunkt sollte es Bridhe eigentlich schon klar geworden sein, dass auch Piso, in bester flavischer Familientradition, einen nicht ungewaltigen Sprung in der Amphore hatte.
    Dann stand er auf und streckte seine Hand vor. “Ich glaube dir aber, dass du meinen Anforderungen gewachsen bist. Ich biete dir den Posten an, ich habe ein gutes Gefühl dabei, und bisher habe ich meinem Einschätzungsvermögen trauen können. Du wirst meine Scriba, und ich gebe dir 40 Sesterzen wöchentlich. Wenn du damit leben kannst, schlag ein.“ Fordernd wackelte er mit seinen Fingern kurz, schon in Erwartung der Berührung einer zarten weiblichen Hand. Eine impulsive Entscheidung war dies wohl gewesen. Aber, so etwas sah Piso sehr ähnlich.


    Sim-Off:

    CP!
    Da ich bis Donnerstag weg bin, kommt leider erst dann die erste Bezahlung, wenn du Bridhe akzeptieren lässt. ;)

    Piso nickte nur und erwiderte einzig und alleine ein sich leer anhörendes: “Aha... Es verwundert nicht, dass die Prätorianer einen Ruf als ganz harte Kerle haben.“ Sonst sagte Piso nichts mehr, bis sie beide das Tor erreicht hatten. Um ehrlich zu sein, war er recht erschüttert über seine gar erschröcklichen Erlebnisse in den Kerkern der Prätorianer.
    Die Antwort des Soldaten auf seine Frage ließ jedoch nicht lange auf sich warten. Sie war negativ, was Piso doch ein wenig beruhigte. Er würde nächstens in seinem Raum in sein Hemd machen, wüsste er, dass die Verbrecher in Rom ganz ungestraft in der Gegend herumstrichen. “Nun ja, Selbstmorde sind ja auch Ausbrüche... mehr oder minder. Aber die Ausgberochenen stellen kein Risiko für die Gesellschaft mehr da, also ist es weniger etwas, worum man sich sorgen müsste“, gab er offen zu.
    Als das Tor aufging, drehte sich Piso zu Valerian hin. “Ja dann, gut. Ich bedanke mich recht herzlich. Aber...“, er grinste gequält, “...ich muss gestehen, mein Appetit ist vergangen.“ Nicht wegen dem Gedanken an die armen Gefangenen, sondern wegen des verdorbenen Essens. Piso hatte einen ein wenig empfindlichen Magen.

    Naso blätterte ein wenig in seinen Wachstafeln herum, und alle Epulonen starrten begierig auf den Termin, den er verkünden würde. Und dieser kam sogleich.
    “"Die Kalenden des Iunius wären gut.“ Der neueste Epulone blickte auf und blickte um. “Sehr gut! Das gefällt mir! Die Kalenden des Iunius! Naso grinste ob des Enthusiasmus des flavischen Vigintivirs. “Gut. Wir treffen uns hier. An drei Quellen werden geopfert werden, es wird also vielleicht ein paar Tage beanschlagen können. Nehmt also Geld, Sklaven und Ausrüstung mit. Um die Opferwaren kümmere ich mich selber schon, keine Sorge deswegen.“ Er nickte und blickte die Septemviri ernst an, woraufhin diese mehr oder minder halbherzig zustimmten. Es würde also so sein.
    Nach ein paar weiteren Diskussionen, die sich hauptsächlich um bevorstehende Bankette drehten, wurde die Contio endlich entlassen, und Piso konnte heimgehen.

    “Ein bisschen Flausch abkratzen? Wie? Ach ihr Götter, ihr Prätorianer. Bei euch findet man doch immer irgendwelche Sachen, die jegliche Gesetze der Ästhetik umstoßen.“ Er schüttelte den Kopf entsetzt, schien aber trotz allem die Thematik nicht weiter verfolgen zu wollen.
    “Also gut, ich glaube dir, dass das Essen normalerweise frisch ist.“ Wenn er das nicht täte, würden ihn doch sofort die Praetis am Kieker haben, das wollte er nicht wirklich haben, und konnte er nicht brauchen.
    Piso beeilte sich nun, dem Gestanke zu entfleuchen. Zusammen mit Valerian schritt er zum Tor hin. Er dachte noch an Fragen, die er stellen konnte. Ach ja, genau. “Ausbrüche gibt es hier keine, oder?“ Er war ziemlich überzeugt, dass etwas von solchen Örtlichkeiten schwerlich möglich wäre.

    Dass Phoebus so gut informiert war, lag weniger an seiner Pfiffigkeit, die durchaus natürlich vorhanden sein mochte, sondern vielmehr daran, dass er im Vorhinein, zusammen mit Acanthus, von diesem Besuch informiert worden war. Schließlich hatten Corvinus und Piso ja einen Termin ausgemacht.
    Corvinus war auch der, der sprach, während Imbrex sich im vornehmen Schweigen übte. Jener hatte sich ja auch als Vigintivir beworben, war damit aber ja gescheitert, wenn sich Piso recht erinnern konnte. Nun, aber schien Tugenden zu haben. Zum Beispiel war er kein aufdringlicher Quatschkopf, wie es Piso manchmal selber zu sein schien.
    Er nickte nur verständnisvoll, als Corvinus ihm erzählte von den Problemen, die es mit der Megalesia gegeben hatte. Natürlich war Eile geboten, wie immer bei solchen Anlässen.
    Piso nickte, als Corvinus auf das Bankett zu sprechen kam. “Sehr wohl, das haben wir vorher. Bankette für die Götter sind die vorrangige Aufgabe unseres Collegiums, und selbstredend haben wir das vor. Leider ist das Collegium zur Zeit recht beschäftigt. Allerdings sollten den Göttern natürlich nicht zur Megalesia das ihnen zustehende Bankett verwehrt werden.“ Wenn dies so wäre, käme gleich wieder einmal so ein Type mit Reisenklappe und stellte das Existenzrecht des Collegium Septemvirorum in Frage. Und so etwas könnte Piso nicht leiden. Außerdem... wenn noch einmal ein Blitz die Villa Flavia treffen würde, würde Piso keine Schuld treffen wollen deswegen.
    Ein kleiner Obolus, das hörte sich auch nicht schlecht an. Der Flavier, durchaus dem Geld nicht abgeneigt, nickte anerkennend.
    “Was genau hättest du dir zur diesjährigen Megalesia vorgestellt?“, lautete seine Frage.

    Schon wieder sagte sie Herr. Es war fast so, als ob Brigantica noch immer eine Sklavin wäre, eine kleine Sklavin, die niemals in den Vorzug jemals gekommen war, die Freiheit zu schnuppern. Dabei wusste Piso, dass sie vorher frei gewesen war. Zumindest bis Sklavenhändler sie in Irland geschnappt hatten, was ja durchaus das eine oder andere Mal vorgekommen war. Er musste sich kurz an den Sklavenmarkt in Londinium erinnern. Da waren einiger Hibernier zum Verkauf gestanden. Doch piso hatte sich nicht für sie interessiert.
    Egal, wie sehr sich Piso bemühte, nett zu sein, Brigantica schien noch immer eingeschüchtert. Einerseits war es ja schade, wenn einen die Leute nicht mochten, Piso war da ein bisschen empfindlich. Aber andererseits... Respekt schien da zu sein. Warum also nicht?
    Er nickte, als sie ihm ihre Präferenz sagte, was ihren Namen anging. “Bridhe also. Gut, machen wir das so.“ Ein kleines genüssliches Lächeln spendierte er sich, bevor er weitersprach, diesesmal auf Keltisch, im britannischen Keltischen wohlgemerkt, welches für alles Kelten recht verständlich sein sollte. Ob Piso selber aber verständlich war? “Ich selber spreck... spreche etwas Keltisch. Mein britannisches Sklave hat es mich... gelernt.“ Es war nicht perfekt, aber bei weitem mehr als das, was die meisten Römer konnten. “Gwin, Wein? Sicher, nehme... nein, nimm.“ Der Weinbecher wurde Bridhe hingehalten. Er war nur halb voll, wie gewünscht. “Aber bitte, fahren wir auf Latein fort, mein Keltisch ist leicht eingerostet“, kam er nicht umhin, einzugestehen.
    Nachdem er sie gefragt hatte, was sie sich vorstellte, gab sie ihre Antwort. Pisos Augenbraue zog er kurz hoch, bevor er loslachte, leicht spöttisch mochte es klingen. “Sorgfalt und Ordnung, Bridhe? Originelle Antworten, muss ich sagen, einfach und zutreffend!“ Er erhob sich, stützte sich mit nur drei Fingern seiner linken Hand auf dem Tisch auf und machte mit der rechten Hand eine affektierte Geste. “Tatsächlich musste du wissen, in vielen meiner Arbeiten werde ich – bei priesterlichen Aufgaben - von meinen Calatoren und – bei politischen Aufgaben - von meinen Viatoren unterstützt. Ich brauche dich eher als... ja, als Lückenfüller, das heißt, vor allem Officiumsarbeit. Und ja, dabei ist Sorgfalt und Ordnung sehr wichtig.“ Er nickte bedeutungsvoll. “Und, was wichtig ist, und was ich mir von einer Scriba durchaus erwarte – ein Gespür für...“ Er hielt inne und ließ seinen Blick durchs Officium schweifen, als ob er eine göttliche Präsenz hier wähnte, bevor er mit pompöser Stimme fortfuhr. “...für Ästhetik und Schönheit. Denn ohne diesem, Bridhe, sind wir keine Menschen mehr, sondern nur Tiere, die ihr Leben auf Instinkt bauen.“ Er ließ seine rechte Hand, bisher erhoben, sinken. “Wenn du diese Qualitäten hast, stelle ich dich gerne ein.“ Er ließ sich wieder nieder, lächelnd.

    Als Piso die Villa Aurelia betrat, wurde er mit einigen heftigen Böen begrüßt. Er hielt seine Toga (selbstredend hatte er eine solche angezogen, schließlich war dies doch eine offizielle Sache, in der er Corvinus sprechen sollte) fest, damit diese nicht runterrutschte. So eine Toga war schon etwas Unpraktisches, eigentlich sollte man sie abschaffen... Aber, wenn Piso ehrlich auf sich war, auf dieses Statussymbol des römischen Bürgers würde er nicht verzichten wollen, auf gar keinen Fall. Spätestens dann nicht, wenn sie dereinst Streifen haben mochte. Piso konnte sich ein ganz leichtes Lächeln nicht verkneifen, als er daran dachte, und Leone zuhörte.
    “Nun, sicher, ich werde es mir einfach bequem machen“, informierte er den Türsklaven und ließ sich auf einer der Klinen nieder, die im Atrium der Aurelier standen. Die Verbeugung des Sklaven fiel ihm wohl auf. Die Aurelier hatten wohl besser erzogene Sklaven als die Flavier, dachte er innerlich, an den miesepetrigen Acanthus denkend.
    Er fargte sich kurz, ob er hier etwa unerwünscht wäre... ach was, dachte er sich. Er war hier bei einer befreundeten Familie. Niemand würde ihn hier davon abhalten, zu sein. Oder auch, vielleicht ein wenig rumzuschnüffeln.
    Der Flavier erhob sich wieder von der Kline und schritt auf ein sehr nettes Relief zu, das ihm noch gar nicht wirklich aufgefallen war vorher. Es stellte eine Szene dar, und zwar ästhetisch sehr reizend, von...
    ...doch seine Konzentration wurde weggezogen vom Relief, als er etwas hörte. Leises Singen. Ganz deutlich. Es war keine elaborierte Melodie, die man sang, und auch Piso selbst schätzte seine Stimme besser ein als die der jungen Frau, die sang. Und trotzdem... die Stimme kam ihm bekannt vor. Schon gehört.
    Viel Auswahl gab es nicht, wer das sein könnte. Und er war sich auch ziemlich sicher darin,w er dies sein mochte.
    Neben dem Relief, welches er gerade noch begutachtet hatte, öffnete er eine Tür, die in einen großen Hortus hinaus führte. Nicht so groß und schön wie der flavische, doch er war geordneter, und hatte viel mehr Blumen, während sich der flavische Garten vorläufig durch labyrinthartige Verästelungen auszeichnete.
    Ein paar Schritte ging er hinaus, trat dabei unbewusst auf ein paar am Boden liegende Äste. Sie knirschten und einige brachen. Der Gesang verstummte, und Piso verfluchte seine Tollpatschigkeit und den Sklaven, der das Geäst unzweifelhaft dorthin gelegt hatte, innerlich.
    Doch er hatte die Melodie schon verortet. Er wusste, wo ihre Quelle zu finden war. Es waren Stimmen zu hören, auch die zweite hatte er schon gehört – es war die Sklavin, bei der er geschafft hatte, sie so einzuschüchtern.
    Ein Schritt zur Seite nach links wurde getätigt. Und er fuhr mit der Hand nach vorne, um einen vor ihm stehenden Busch zu teilen. Er steckte seinen Kopf durch und erblickte tatsächlich die Personen, die zu erblicken er erhofft hatte. Naja, an der Sklavin lag ihm nicht viel, es war viel eher die Herrin, die er sehen wollte. Er brachte ein Lächeln hervor.
    “Salve, Prisca. Störe ich?“ Gut möglich, dass dem so war, schließlich trug Prisca nur einen Bademantel, nichts, womit man sich in der Öffentlichkeit sehen lassen konnte.
    Aber dies war ja nicht die Öffentlichkeit. Oder doch? Er war hier ja der Eindringling... er fühlte sich auf einmal etwas unsicher, er hatte plötzlich Lust, einen Rückzieher zu machen... aber nein, unmöglich, dies zu machen!
    Ein wenig verlegen also grinste er Prisca an, wohl der Tatsache eingedenk, dass er ihre Privatsphäre gestört hatte.
    “Es war einfach nur so... du hast so schön gespielt, und, ja...“, veruschte er sich zu rechtfertigen.

    Ah, das war aber pronto gegangen, dachte sich Piso, als ihm die Türe geöffnet wurde. Ach, und er schien sich zu freuen, ihn zu sehen! Er konnte sich wohl ohne Zweifel an ihn erinnern, als er das erste Mal hier gewesen war, um mit Corvinus wegen eines Platzes in seinem Collegium zu sprechen. Jetzt war dies erreicht, udn seltsamerweise hatte er kein weiteres Mal in die Villa Aurelia geschaut. Es wurde Zeit. Der Sklave aber, der so beeindruckt war von ihm, schien aber Geschmack zu haben, was Piso ihm durchaus hoch anrechnete. Und nein, Pisos Ansprüche an Sklaven waren mittlerweile schon ziemlich niedrig... Leone hatte wohl keine Ahnung, mit was für Stumpfrüben in der Sklavenschaft sich Piso umgeben musste.
    Der Sklave redete fast so geschwollen wie Piso manchmal, und wie Gracchus sowieso immer. “Mein Begehr?“, fragte Piso zurück und hob fast synchron mit Leone seine Augenbraue. “Ich würde gerne, in meiner Funktion als Tresvir Capitalis, mit Aedilis Aurelius Corvinus sprechen. Es geht um anstehende Bücherverbrennungen.“ Piso hätte nicht so selbstsicher geklungen wie jetzt, wenn er gewusst hätte, dass er jetzt gar nciht einmal sos chnell dazu kommen würde, mit Corvinus zu sprechen.

    Das Leben des göttlichen Nero, von Cocceius Galba.
    Die strahlende Größe des Caligula, von Tettius Mus.
    Nieder mit den Kaisern, von Heius Maturus.
    Der Kaiser, ein Außerirdischer?, von Quintius Bassus.
    Das Priesterpack und ihre Tricks, von Duilius Longus.
    Memoiren einer Prostiturierten (illustriert), von Afrania Soemias.


    Das waren nur einige der Titel, die Piso auf seiner Schriftrolle stehen hatte. Es war eine Liste voller Bücher, die zu verbrennen waren, zum Schutz des Reiches und seiner Bewohner. Bücherverbrennungen waren eine der Aufgaben, die ein Tresvir Capitalis durchzuführen hatte, und dies stets mit einem Aedil. Dies war nun auch der Grund, wieso Piso zur Villa Aurelia gegangen war.
    Er blieb vor der Tür stehen, musterte sie kurz, als sähe er sie zum ersten Mal, was er ja nicht tat, und erhob dann seine Hand, um anzuklopfen.
    Ach, die Villa Aurelia. Er würde mit Corvinus sprechen... doch ob sie da sein würde? Er wusste es nicht. Ein wenig bang war ihm ums Herz, als er daran dachte. Doch da musste er durch, er war ja schliesslich dazu gewählt worden.

    Sim-Off:

    Sorry für die Verspätung...


    “Ach, hast du...“, stellte Piso fest und grinste. Jaja, Familienstolz war schon was ganz Feines. Er enthielt sich eines Kommentares und lächelte nur gönnerhaft. “Lysandra, eine Freude“, meinte er automatisch, auch wenn es das nicht wirklich war... sie hätte nur ein wenig hübscher sein müssen, dann wäre Piso schon von ihr durchaus eingenommen gewesen. Doch so? Naja.
    Eines war sie, und zwar fix, wenn es ums Umdrehen und Abdampfen ging. Piso musste sich beeilen, nachzukommen.
    “Salvete die Damen.“ So lautete schließlich sein Gruß, nachdem die Sklavin ihn vorgestellt hatte. Es war unglaublich, selbst wenn man in aller Sorgfalt nach Unterschieden zwischen den beiden suchte, würde man sie nicht finden. Gut möglich, dass selbst die Muttermale die selben sein konnten. Auf den Tupf gleich hübsch waren die beiden auf jeden Fall.
    “Das ist doch selbstverständlich“, antwortete er ebenso freundlich, wie er angesprochen worden war. Zu Leuten, gegen die er nichts hatte, bewies Piso doch noch Manieren, und zwang sich dazu, nicht mehr allzu offensichtlich auf die beiden zu glotzen. “Rom ist grauenhaft für Neuankömmlinge. Was denkt ihr, was ich mir verloren vorgekommen bin, als ich vor Ewigkeiten hier angekommen bin?“ Er lachte leise und blickte zum Sklaven hin. Unfähiger Klotz schien eine recht akkurate Beschreibung für den Dümmling.
    Sein Blick wanderte zu der zweiten, die sogar die selbe Stimme hatte wie ihre Schwester. Wer war dies jetzt? Narcissa oder Flora? Egal. “Das tue ich doch gerne. Ich muss zugeben, ich habe von euch schon gehört, die B... die aurelischen Zwillinge. Unverkennbar seid ihr das.“ Unschlüssig wanderten seine Augen zwischen den beiden hin und her. “Ähm, ja. Forum Romanum, oder?“

    Zitat

    Original von Titus Aurelius Ursus
    Captain Future fand ich toll! Aber die Serie als gehaltvoll zu bezeichnen, finde ich auch reichlich gewagt. Tausend mal besser als die die meisten der heutzutage gesendeten Serien ist sie allerdings trotzdem.


    War der nicht sexistisch? :D


    Antoninus: Nachdem ich das gehoert habe, habe ich eine musikalische Katharsis gebraucht. ;)