Piso, dessen Haare komplett durcheinandergebracht jetzt waren (denn sich mit den Kopf auf eine Liege zu hauen war nie eine gute Idee), hob seinen Kopf und blickte Archi aus entsetzen Augen an. „Was zum Henker soll das heißen, es geht mich nichts an? Es geht mich was an, Scheiße nochmal, mich geht das verflucht was an! Ich hatte ein Anrecht, es zu erfahren!“ Er sprang auf, einen Moment mochte es den Anschein erwecken, dass er Archi an die Gurgel wollte. Doch das ließ er dann doch sein. „Ach du Scheiße, ach du verdammte...“ Er fasste sich mit beiden Händen an den Kopf, presste sie zusammen, als ob er seinen Kopf zum Platzen veranlassen wollte, und stieß hohe, verzweifelte Laute aus. „Uhihuhuhu... Uiuiuiuiuiui...“ Sein Blick wanderte übers Impluvium, welches zum hineinplumpsen und auf Tauchstation zu gehen einlud. Ja, das wäre vielleicht gut. Vielleicht schottete die Wasseroberfläche ihn von seinen jetzt entstandenen massiven Problemen ab. Blubb, sprach der Taucher, und verschwand – so etwas wäre schön. Eine geniale Methode, um sich abzuseilen.
Leider würde Archi ihn durchs Wasser sehen können, und wenn er auch hundert Jahre am Grund säße und auf ein Wunder wartete.
„Verarschen? Wie meinst du das?“ Piso war sich überzeugt, Axilla hatte ihm schon erzählt, was da los war. „Du weißt doch eh schon, was los ist!“ Während Archi sich an eine Säule lehnte, begann Piso, im Zick-Zack im Atrium herumzurennen wie eine aufgescheuchte Henne. „Was kann ich jetzt bloß tun? Aaaah!“ Er zerraufte sich die Haare vor lauter Verzweiflung und wäre fast über eine Kline gestolpert. Er kam aber vor Archi an und packte ihn an den Armen. „Was... was passiert jetzt? Ich meine... ach du ver...“ Er konnte den Fluch gar nicht mehr aussprechen, er keuchte nur mehr wie ein Hantelstemmer.
"Er ist ja weg... aber, ich, ich...", stammelte er und schuettelte ein paar Schweisstropfen ab. "Ach du... so was von geliefert... ich pack es nicht...", wimmerte er.
Beiträge von Aulus Flavius Piso
-
-
„Ja... wird sicher wärmer...“, murmelte Piso, nicht richtig drüber nachdenkend, was er jetzt sagte. Mit seinen Gedanken war er wieder bei Archi und seinen Problemen. Es war ihm unangenehm, seinen Freund leiden zu sehen – Leiden war unästhetisch. Außer bei Feinden, da war es andersrum.
Er seufzte. „Alleine die Tatsache, dass du nicht weißt, was du willst, zeigt, dass du dir über eine Bindung mit Axilla Gedanken gemacht hast!“, stellte er fest und blickte ihn neugierig an.
Er hätte ihm gerne ein paar Male widersprochen, aber Archi balaverte und balaverte. Aber Ab? Was sollte denn das sein?
Dann erklärte Archi es ihm.
Und dem armen Piso gingen die Augen über. Und das war erst der Anfang. Mit einem heiseren Schrei des Entsetzens fuhr er hoch, auf Archi starrend. „Nein“, flüsterte er mit Grauen in seiner Stimme. „Das gibt’s doch nicht, bitte, sag dass das nicht wahr ist. Axilla schwanger? Und Abtreibung? Verdammt, verflucht noch Mal!“ Erzürnt packte er seinen Winbecher und schleuderte ihn übers Impluvium an die gegenüberliegende Wand, wo er zersplitterte und einen Flecken hinterließ. „Scheiße!“ Er kniete sich vor seine Liege hin und ließ seinen Kopf dreimal darauf krachen – kontraproduktiv, denn die Kline war gut gepolstert und somit entbehrten Pisos Aktionen des angestrebten punitiven Charakters.
Er sah wieder auf. Seine Augen waren ganz wässrig. „Du machst keine Scherze, oder? Du...“ Er stockte und setzte sich wieder auf die Kline. „Es geht ihr doch gut? Ich meine...“ Seine Hände zitterten. Er war Schuld an dem allen. Er war Schuld. „Wieso...?“ Er schnaufte langsam aus und ließ den Kopf hängen. „Schwanger...“, krächzte er leise und schüttelte den Kopf. Er wäre Vater geworden. Wenn sie nicht abgetrieben hätte. Vater, das musste man sich vorstellen.
"Wieso hast du mir das nicht vorher gesagt?" -
Die Zellen hier waren um einiges strenger bewacht als die bei den Vigiles. Schließlich gab es hier gleich mehrere Tore zur Sicherheit, dachte er sich, als er, alles genau anschauend, herumblickte, während er Valerian brav folgte. Der Centurio sprach etwas an, was Piso zum Lächeln brachte. „Ach, ja, Marcus.“ Er dachte noch immer mit Wohlwollen an seinen Vetter. „Ja, er war Tresvir Capitalis. Wie ich jetzt. Er lebt jetzt mit seiner Frau und seinem Sohn in Baiae, glücklicher offenbar, als er es in der Politik gewesen war.“ Das war auch der Grund, wieso er seine politische Karriere nicht weiter verfolgt hatte.
Der Flavier schweifte mit seinem Blick um sich. „Angenehme Räumlichkeiten sind das ja nicht.“ Nicht, icht, icht. Er hörte das eigene Echo von den Zellenräumen widerschallen. Pfui Grausen, und das tat man ihm an. Aber er hatte es ja so wollen, er musste da durch. Vorsichtig setzte er seine Schritte, damit er nicht in irgendeinen unappetitlichen Quatsch hineinstieg.
„Sind andere Zeiten also... besser, was Gefangene angeht?“, fragte er, und lugte in eine fürchterlich verschmuddelte Kerkerzelle hinein. Irgendwie so absurd hässlich war es da drinnen, dass es wieder ansprechend war.
"Und, Centurio Quintilius, gibt es eigentlich eine Art Kerkermeister, beziehungsweise jemanden, der speziell dazu da ist, um auf die Gefangenen aufzupassen?" -
Hui, das ging ja schnell. Piso war dem Centurio, der keinen großen tanz gemacht hatte, sondern sofort bereit war, ihn zu den Zellen zu begleiten, sofort gefolgt. Irgendwie war er jetzt schon imponiert. Einmal ein Militär, der etwas ordentlich hinbekam und nicht nur hirnlos auf irgendwelche Order von oben wartete! Das war doch etwas wert.
So stieg Piso mit einem durchaus gesteigertem Respekt vor Seleucus hinunter in die Kerker.
Es stank. Das war das erste, was er feststellte – er roch nach Pisse. Nach getrockneten Exkrementen, nach vergammeltem Heu. Zumindest kam es dem verwöhnten Piso so vor, er würde schon noch feststellen, dass diese Zellen luxuriös waren im Vergleich zu denen bei den Prätorianern. Keine sehr netten Räumlichkeiten waren es auf jeden Fall. "Danke", antwortete er mechanisch.
Piso blickte dann und wann auf ein paar Insassen, die apathisch in ihren Zelle vor sich hin sabberten. „Wie lange werden diese Leute durchschnittlich festgehalten, bis es zum Prozess kommt?“, interessierte sich Piso. Denn schließlich war ja die Gefangenschaft selber keine Strafe, spätestens nach Durus‘ Reformen mehr, sondern diente nur noch der U-Haft.
Piso war jetzt nicht so sehr daran interessiert, unter welchen Konditionen diese Leute hier hausten, aber es war seine Pflicht, sich dafür zu interessieren, denn er musste ja die Tätigkeiten hier kontrollieren. „Die Gefangenen werden auch adäquat versorgt?“ Sicher würde der Centurio nicht nein sagen, also nahm sich Piso vor, ein paar Stichproben zu machen. -
Als Demostratos, der heute wieder mal schneller gewesen war als sein Schatten, der jetzt wohl noch irgendwo im Weinkeller herumzuckelte und sich fragte, wo sein Herr hingekommen war, sich zurückzog, gönnte sich Piso endlich einen Schluck vom Wein. „Achhh!“, enfuhr es ihm, als er ihn absetzte, so gut war der. Dann aber wurde er wieder in die Wirklichkeit geworfen.
„Alexandria, aha.“ Seine Gedankens chweiften kurz zurück, zu jenem Moment, als er Axilla kennen gelernt hatte. Der dumme Viehhändler hatte sie ja für eine Peregrine gehalten – engstirnig war der gewesen, also nein. Ja, und sie war nach Rom gekommen... mit Imperiosus. Hätte Imperiosus sie nicht zurückgeschippert, wäre das niemals passiert...
Archi beichtete weiter, und Piso hörte genau zu. 3, 4 Monate. Seine Sache mit Axilla lag vielleicht zweieinhalb Monate zurück. Also eindeutig eine Überschneidung. Und auf die wollte er ansprechen, da schnitt ihm Archi das Wort ab.
Einen Moment lang blickte Piso Archi konfus an. „Ich...“ Er wollte es nicht wissen. Na gut! Dann war die bequemste Lösung für alle Beteiligten gefunden! Piso würde es garantiert nicht mehr zur Sprache bringen, nein, und jetzt, schnell weg von diesem Thema! Er flüchtete sich also, wie Archi, in die Gehaltslosigkeit.
„Ja, sicher, das wird sicher ein schönes Feuer werden!“, stimmte er ihm zu und gluckste vor Lachen. „Und ja, ne,neimand braucht Bücher, viel wichtiger ist die Wärme, die entsteht, wenn man Bücher verbrennt, natürlich ein physikalisches Abfallprodukt, aber doch so gut, hehe, Wärme! Ähm...“, schloss er eloquent und blickte Archi wieder an.
„Ich sag ja nichts.“ Er senkte seinen Blick und schaute in seinen Schoss, als wäre es das erste Mal, dass er seiner Beine ansichtig wurde. „Joah...“ Er räusperte sich. „Joahrrrrrrrrrrr...“ Und kratzte seinen Kopf. „Jarrrrrrrrr, hmm...“ Er blickte sich herum, als ob er nach etwas Ausschau halten wollte, über das man reden konnte.
„Schönes Wetter heute, nicht wahr?“ Er hüstelte und blickte wieder Archi an. „Aber wieso willst du Seiana verlassen? Sie ist gebildet, nett, schaut gut aus, kommt aus einer guten Familie, ist anständig... und was würde bloß ihr Patron sagen, und die Decimer erst? Und deine Eltern? Sicher hast du sie ihnen schon vorsgestellt!“ Er kannte Archis Eltern von seiner Jugend her. Schließlich hatten sie beide in Ravenna gelebt. Der gute alte Calvaster, dem würde das nicht gefallen, und der lieben Caenis (die er insgeheim „Tantchen“ nannte, weil sie immer so nett zu ihm gewesen war) würde es das Herz brechen. Aetius, sein Vater, bei dem würde Archias gegenüber wohl urplötzlich Respekt erwachsen (er stellte sich das schon vor, „Haha, wechselt der junge Aelier die Frauen wie die Tuniken, beachtlich, hoho!“). „Zurückrudern würde alles hin machen! Und ich meine, es haben schon Heiraten gehalten, da war gar nicht zwischen den Eheleuten... es wird schon funktionieren! Spürst du denn gar nichts mehr für Seiana?“ Dass er sich widersprach, was das anging, was er gerade eben noch vorgeschlagen hatte, merkte er nicht mal selber. -
Es gab eine gute Chance, dass das Ausrede war, was Balbus da sagte, aber vielleicht war es das gar nicht. So ein Prätorianerpräfekt hatte doch sicherlich viel zu tun. Also glaubte Piso seinem ehemaligen Chef. Immerhin hatte er eine Hochachtung vor den Prätorianern... noch, zumindest.
So nickte er nur verstehend.
Piso fuhr auf seinem Stuhl herum, als der Centurio hineinkam. In letzter Zeit hatte er soviel mit Centurionen zu tun wie sonst gar nicht in seinem Leben. Er stand auf, und schritt zum Quintilier hin, die militärische Grußbewegung, die er vorher vollführt hatte, ein wenig erstaunt quittierend. Doch na ja, man war hier beim Militär... was heißte man, er war es nicht, und heilfroh darüber.
„Salve, Centurio. Freut mich sehr!“, meinte Piso und reichte Valerian die Hand hin. „Entschuldigung, dass ich dich von deinen sonstigen Pflichten abhalte, aber die Inspektion der Kerker ist schlichtweg von elementärer Wichtigkeit!“ Sein Blick drückte ein gewisses, wenn auch vielleicht beamtenhaftes Bedauern aus, als er die Wichtigkeit seines Postens überzeichnete. „Auch wenn es wohl... keine Insassen gibt...“ Zweifel schwang in seiner Stimme mit, aber aufmüpfig sein wollte er doch nicht, so von Unzähligen der besten Soldaten des Reiches umringt. -
Piso zuckte die Achseln. „Ist vielleicht auf besser, wenn ich es mir so überlege. Du kriegst nur einen auf den Deckel, wenn das rauskommt.“ Also vielleicht doch ganz gut, wenn Archi diesen einen Ratschlag in den Wind schlug.
Pisos Überlegungen wurden mit einem Schweigen quittiert, was Piso genauso viel sagte, als ob Archi mit einem Ja und einem Kopfnicken geantwortet hätte. Sein Geschwafel über Seianas Patron überforderte den Guten sichtlich, sodass Piso den Aurelius einmal Aurelius sein ließ.
In genau diesem Moment kam der Wein daher, wie bestellt. Demostratos, der Weinschenk der Flavier, hatte offenbar die Stimmung erkannt und folgerichtig einen falerner gebracht. Ja, manchesmal schien es so, als ob der Grieche die Wünsche seiner Herren lesen konnte, und zwar noch besser als diese selber.
Der Wein wurde ausgeschenkt, und Archi schien verzweifelt. „Also Axilla.“ Pisos Gesicht versteinerte sich. Ja, es war offensichtlich gewesen, bei der Feier im Hause Pompeia. Doch jetzt hatte er die Gewissheit. „Axilla also... du hast etwas mit Axilla... du hast was mit ihr... Scheiße, Scheiße...“ Er fuhr sich abermals mit der Hand ins Gesicht, und strubbelte sich durch seine Haare. Also parallel verlobt und verliebt, mit zwei verschiedenen Frauen. Eine unhaltbare Situation. Das mit dem Duccier überhörte er halb, den Namen bekam er mit, doch zuordnen konnte er ihn nicht.
Eine, die er auflösen konnte, indem er sagte, was er sagen musste.
„Ähm, gut. Ich wollte das nicht sagen, aber ich glaube, wenn das so ist, solltest du es wissen. Wegen... hmm... echt, ich wollte es verheimlichen, nicht meinetwegen, ihretwegen, aber du hast sie eh schon entjungfernt.“ Er begann, nervös an seinem Weinbecher herumzufummeln, statt ihn in die Hand zu nehmen und daraus zu trinken. „Willst du es hören? Es wird dir nicht gefallen.“ Vielleicht hätte Piso jetzt wirklich die Klappe halten sollen, doch er war von irgendwelchen verkorksten Prinzipien geleitet, entschlossen, dass unter diesen Umständen sein Freund das Recht hatte, es zu erfahren. -
„Echt? Ach du Kacke...“, flüsterte Piso, dem wohl bewusst war mittlerweile, dass das Ganze absolut real war. Jetzt verwendete er auch noch ich statt Gaius, also war die Sache klar. „Wenn der aber wirklich gedroht hat, kannst du ja eine Denunziation abgeben. Gleich bei mir, dafür bin ich da. Ich meine, während meiner Amtszeit.“ Er kratzte sich am Kopf, und blickte dann seinen Kumpel an.
„Also gut. Archi, du weißt, du kannst mir vertrauen. Du kannst Klartext mit mir reden.“, versicherte er ihm. „Also. Gaius stimmt, bis auf das C statt dem G. Gaia heißt Seiana. Und der Patron, das ist... ach du Keks, Senator Aurelius Corvinus.“ Er schwieg kurz. „Ich meine, ich meine, ich könnte mit ihm reden, wenn es hart auf hart kommt, meine Nichte ist mit ihm verheiratet, und ich glaube, er steht mir nicht ganz so negativ gegenüber... ich meine, er hat mir zum Septemvirat verholfen, und er hat mich bei den Wahlen unterstützt! Ich muss eh bald zu ihm, Bücher verbrennen.“ Er stockte. „Wenn du willst, natürlich.“ Es würde ihm immerhin eine weitere Ausrede geben, um zu den Aureliern zu gehen... und, ach, diesen wundervollen aurelischen Schnuckel vielleicht wieder zu sehen... Er erfing sich wieder. „Nur, wer ist Gallina und Gallinus? Kenne ich die?“ Er blinzelte kurz und blickte Archi dann scheel an. „Kann es sein, dass Gallina Axilla ist? Hmm?“ In diesem Fall wäre das wieder was anderes. -
Was für ein markerschütterndes Gebrülle. Piso musste sich beherrschen, um nicht hasenherzig zurückzuhüpfen wie ein aufgeschrecktes Kaninchen. Da musste er jetzt durch. Er hüstelte, bevor er nach vorne trat und die Türe aufmachte.
Da saß wer am Tisch, ein Mann mit Bart. Das war also der Centurio, der hier wohl alles schaukelte. Piso, ganz Zivilist, vom Militär so weit entfernt wie ein picenischer Bauer zum Mond, tappte zum Mann hin und nickte ihm zum Gruße zu. „Salve, Ep... Centurio Eprius.“ Gut, dass er den Titel nicht vergessen hatte, Militärs reagieren darauf empfindlich. „Ich bin Tresvir Capitalis Flavius Piso, und ich bin hier zur Aufsicht über die Kerker.“, stellte er sein Anliegen vor. Irgendjemand musste das ja tun, und es war Piso, der es tun würde. „Es hat mich, ehrlich gesagt, etwas verwundert, einen Centurio zu sprechen und nicht den Praefecten. Na ja. Ich würde gerne eine Inspektionstour machen, so genehm.“ Der Bartwisch zerdrückte in den Kerkern die Leute sicher zum Vergnügen zwischen seinen Fingern. Da konnte sich der selbst ernannte Ästhetiker ja auf was gefasst machen. -
Piso neigte nur huldvoll den Kopf auf Archis „Dank“ auf sein Kompliment hin.
„Zur Abwechslung?“, wunderte er sich. „Aber gut, schieß los.“
Piso hörte zu, und zwar aufmerksam. Er folgte der Geschichte gut. Eine echten Reim konnte er sich nicht daraus machen. Was hatte Archi bloß vor? Oder halt... könnte Gaius gar in Wirklichkeit Caius sein? Dann war das mehr als nur bedenklich. Doch Piso beschloss erst einmal nicht, unangenehm nachzuhacken, er wusste, dass Archi das nicht schätzen würde.
„Hmm...“, versuchte Piso Zeit zu gewinnen, „hmm.“ Das war eine der merkwürdigeren Fragen, die er erhalten hatte in seinem Leben, und er hatte schon viele erhalten – schließlich hatte er ja lange in der Privatanfragenabteilung der Kanzlei gearbeitet.
„Also... Gaius ist in einer üblen Lage. Ähm... wurde in deinem, rein hypothetischen, Beispiel Cai... äh, Gaius bedroht von Gallinus? Vermutlich eh nicht...“ Er griff sich mit seiner Hand an die Schläfen und dachte nach. „Ähm, und dieser Patron, hat der das gesehen? Vermutlich ja!“, beantwortete er seine Frage selber.
„Ich würde Gaius raten, wenn er so unglücklich ist mit Gaia, sie sein zu lassen und stattdessen zu Gallina zu gehen!“, verlautbarte er schließlich nach einigem an Nachdenken. „Dann muss er sich nicht mehr Sorgen machen über Gaia und ihren Patron, kann seine Liebe zu Gallina ausleben, und Gallinus wäre ausgebootet, wenn Gallina sich auch wirklich Cai... äh, Gaius zuwendet.“
Er nahm die Hand weg von seinem Kopf und blickte Archias an. „Jetzt lass mich raten – so eine Antwort wolltest du nicht wirklich hören. Nicht wahr?“ -
Der Gruß, den Piso erhielt von seinem Kumpel, erschien schläfrig. Tatsächlich sah Archias so aus, als ob er tagelang keinen Schlaf mehr bekommen hätte. Was war denn los mit ihm – strengte ihn seine neue Arbeit so sehr an? Wenn sie wirklich so schlauchend war, war er doch froh, dass er sich in ein schnarchiges Priestercollegium abgeseilt hatte, statt weiterhin in der Kanzlei herumzueiern.
Der Flavier schnippte endgültig, als Archias nickte, und setzte sich gegenüber von ihm hin. „Für dich immer, kein Problem.“ Er musste ja Archi nicht damit eindecken, was für einen Stress er mit seinem Vigintivirat hatte. Quaestor zu sein war dann offenbar noch einmal eine Stufe anstrengender... was tat man nicht dafür, dass man seine Eitelkeit mit dem Titel eines Senatoren schmücken konnte?
„Archi, echt, du schaust wirklich scheiße aus!“, bemerkte Piso mitfühlend. „Ist alles in Ordnung? Was für eine Frage hast du denn?“ Er war ja schon gespannt. Es klang nach mehr als einer Erkundigung nach etwas in der Kanzlei, was der Aelier da anleierte – also spitzte Piso seine Lauscher. -
[Blockierte Grafik: http://img232.imageshack.us/img232/9697/acanthusmj4.jpg]
Acanthus machte auf und starrte in das Gesicht eines Aeliers, der ihm bekannt vorkam. Der war ja schon zweimal hier gewesen. Und Piso hatte ihn immer reinlassen, warum jetzt nicht? „Salve, Domine!“, grüßte Acanthus vorbeugend und schwafelte dann in einem absolut unverständlichen Gebrabbel etwas zu Phoebus nach hinten. Dieser nickte und entschwand.
Nach kurzer Zeit kam er wieder angedampft. „Der Herr Piso empfängt dich im Atrium!“ Wie immer, das hatte ja schon Tradition! „Folge mir, bitte!“, quäkte der Kleine in der unangenehm quengelnden Stimme, die Minderjähige des Öfteren an sich hatten, und führte den Gast ins Atrium. -
Phoebus geleitete Piso ins Atrium, wo auch schon Piso auf ihn wartete. „Salve Archi!“, begrüßte Piso, der gerade aus seinem Officium gekommen war, sozusagen der gehässigen Realität, die da die Arbeitdarstellte, entflohen war und nun endlich eine hervorragende Ausrede gefunden hatte, um sich abzuseilen vom Durchstudieren vergangener Lecisternia, um mit Archi zu sprechen, seinen alten Freund.
„Schön, dich wieder zu sehen! Setz dich doch! Wein?“, fragte er, eine negative Antwort nicht wirklich vermutend, und schon seinen Finger zum Schnippsen hochbewegend. Er freute sich sehr über den Besuch seines Freundes, obwohl er in letzter Zeit nicht dazu gekommen war, ihn zu besuchen... selbst als er Quarto besucht hatte, war er so in Eile gewesen, dass er nicht mehr bei Archi vorbeischauen hatte können. Zu der Zeit waere er wohl eh in der Kanzlei gewesen. -
Zitat
Original von Iullus Quintilius Sermo
Piso blickte zuerst erstaunt, dann grinste er ebenfalls. „Ich meinte deinen Vater, Quintilius! Er war ja sicher Ritter, wenn er Tribun war.“ Da hatte er sich wohl nicht klar genug ausgedrückt. „Aber es ist ja wohl nicht der Rang eines Ritters, den du anstrebst, sondern der ordo senatorius, oder?“, fragte er nach. Wenn Sermo sich in die Politik bewegen wollte, war der dazugehörige ordo unerlässlich – wie auch der richtige Patron, um ihn zu erlangen, doch da hatte Sermo ja genau den Richtigen gewählt. Er nickte nur, als Sermo seine Antwort wiederholte und ihn darin bestätigte. Piso war kein kleiner Mann, doch jetzt fühlte er sich glatt noch größer.
„Das freut mich sehr!“, rief er aus. Ja, Politiker zu sein, volksnah und so, blabla, drosch er bereits in seinem Kopf Phrasen. Sermo setzte sich in Bewegung, und Piso folgte ihm in die Richtung der Eingangs- (und dankenswerterweise auch Ausgangs-)türe.
„Ja, da hast du komplett recht. Basilica Ulpia, dort ist mein Officium. Und, sicher, ich wäre erfreut über deine Gesellschaft!“, versicherte Piso dem Quintilier. „Einen freien Tag hast du? Ach ja, so was habe ich früher auch mal gehabt. Liegt Äonen zurück!“, scherzte er leicht und locker, mit seiner ganzen Art eher den Anschein eines in den Tag hineinlebenden Giglio erweckend, als der des gewissenhaften und fleißigen Beamten, für den er sich hielt und der er wohl auch war.
„Basilica Ulpia hast du gesagt? Dann machen wir uns auf die Socken, ich habe heute noch einiges aufzuarbeiten.“ Er schnippte zum Mantelsklaven hin, der ihm seinen Amictus gab. Piso nahm ihn an und murmelte: „Saukälte, naja.“ Dann band er sich seinen Mantel um und ging raus.[SIZE=7]EDIT: Farbendingscode[/SIZE]
-
Kaum waren sie rausgegangen, wandte sich Piso wieder an den Quintilier. Obwohl er noch auf Reaktionen wartete auf seine vorherigen Worte, musste er noch eine Frage abpfeffern. „Sag, Quintilius, hast du schon immer in Rom gelebt, oder kommst du von woanders her? Ich bin ja aus Ravenna...“ Der heitere Gesamteindruck des Flaviers bekam kurz einen Kratzer, als sein Gesichtsausdruck sich verdunkelte, seiner verkorksten Kindheit eingedenk. Dann grinste er wieder. „Aber jetzt bin ich Stadtrömer durch und durch. Will gar nicht mehr weg von hier. Ostia würde mir echt nichts geben, da muss ich dich schon bewundern...“
-
[Blockierte Grafik: http://img232.imageshack.us/img232/9697/acanthusmj4.jpg]
Acanthus beäugte aufmerksam den jungen Kerl, der da mit Piso sprechen wollte. Er erinnerte sich jetzt – einmal hatte er den schon an der Porta gesehen. Wollte seine Schwester sprechen, oder so. Nur, was wollte er von Piso? War der Claudier einer der Saufkumpanen des jungen Flaviers? „Du wirst sicher verstehen, dass ich die Anweisung habe, das Anliegen von potentiellen Besuchern zu wissen und mitzuteilen.“ Acanthus bemühte sich um einen freundlicheren Tonfall, eine Fassade, hinter der er seinen Unmut verbarg. „Wenn du mir bitte sagen könntest, was du von Dominus Piso willst?“
-
Ich habe geahnt, dass das kommt, und war zu langsam mit dem ausleeren. Ist wieder Platz.
-
[Blockierte Grafik: http://img232.imageshack.us/img232/9697/acanthusmj4.jpg]
Und es wurde folgerichtig geöffnet – von einem mürrischen Acanthus, dem treuen, aber oft grantigen Ianitor der Flavier, der natürlich nicht immer so schlecht drauf war, aber es sein musste, vor allem in Bezug auf Leute, die er nicht kannte, der heute einen äußerst unvergnüglichen Tag gehabt hatte. „Salve. Willkommen in der Villa Flavia. Wer bist du und wie kann ich helfen?“ Alleine durch die knurrige Stimme konnte man seine miese Laune erahnen. Wenn der Kerl betteln gehen wollte, würde Acanthus den sofort von der Türe wegprügeln und dann wieder ungestört seinen Gedanken nachgehen – diese nämlich hatte man unterbrochen, sodass seine Meditationen über die Natur der Menschheit gestört worden war. Unerquicklich, das Ganze, aber als Sklave konnte man nicht wählen.
-
„Aha... das klingt ja... durchaus einflussreich...“ Hie und da war Balbus ihm schon ein wenig unheimlich. Offenbar war diese Mysteriösität eine Sache, die der Prudentier pflegte. Und als Prätorianerpräfekt hatte er ja alle Rechte dazu, verschwiegen und vage zu sein. Piso entschloss sich nicht, nach diesen Feinden zu fragen. Er hatte das unangenehme Gefühl, dass „Flav“ ein Bestandteil des einen oder anderen Namen wäre.
„Tja, ich denke, die Häuser jeder bedeutenden Familie wird früher oder später durchsucht!“, tat er die Ansage von Balbus ab. Bei Furianus nickte er nur. Ihm schien es tatsächlich besser zu gehen in letzter Zeit, wie auch Gracchus.
Er hörte zu, was Balbus über seine Familie zu sagen hatte. Er kannte von den Prudentiern niemanden außer Balbus, und so sagten ihm diese Personen auch überhaupt nichts. Beim Wort dekadent musste er aufhorchen. Gab es da etwa familiäre Differenzien? Na so was. Nun, bei den Flaviern wären solche auch beileibe nichts Neues.
So nickte er nur verstaendnisvoll. „Insgesamt scheint also alles im Reinen zu sein.“, schloss er. „Ach ja, schade, dass du es nicht geschafft hast, zu Pompeius Imperiosus zu kommen. Wir hatten einen wirklich vergnüglichen Abend. Aber ich sehe eja ein, dass du viel zu arbeiten hast...“ -
„Oh, hmm, gut möglich.“ Piso grinste verlegen, als hätte man ihn in flagranti ertappt. Seine Familienehre sah er doch ein wenig angekratzt... aber er war ja kein Fanatiker, was das anging. „Ich hoffe, dass deine Familie auch einmal so einflussreich wird, dass man sich genoetigt sehen wird, mit ihren Mitgliedern die Kerker bevölkern!“, gab er ganz und gar freundlich zurück. Klein beigeben würde er jetzt aber sicher nicht – er war ja kein Feigling (obwohl er hie und da mit dieser Attitüde schlecht beraten war).
Balbus ging und rief dem Scriba irgendwas zu, von wegen dass sich hier Leute melden sollten, während Piso vor dem Arbeitstisch auf dem Stuhl unruhig herumfläzte. Ein wenig nervös war er schon. Auch, weil nicht nur Flavier in den Kerkern gestorben waren, sondern auch Calpurnier – und seine Mutter war Calpurnierin gewesen.
Der Prudentier kam zurück und platzierte sich vor Piso. „Der Familie? Doch ja, der geht es gut. Welche Familienmitglieder kennst du denn, außer mir?“, fragte er nach, bevor er rumgrübelte. „Gracchus und Furianus, den Senatoren, ja, ihnen geht es gut wie immer.“ Wie immer! Seinen Vettern ging es immer schlecht, also war das nicht einmal gelogen. „Meine Nichte Celerina ist jetzt verheiratet, und ich habe nichts Nachteiliges gehört... und meiner Schwester Vera geht es auch gut. Sie laboriert noch immer ein bisschen an ihrer Krankheit, aber es geht bergauf!“, war er sich sicher. „Und was ist mit deiner Familie?“, wollte er wissen.