Wo war bloß seine dreimal verfluchte Toga? Er durchwühlte das Chaos, welches er am Boden hatte. Schriftrollen und seltsame Figürchen, die er einmal bei einem Nippeshändler im Duzend um einen Sonderpreis erhalten hatte, flogen durch die Luft, als er mit beiden Händen in das Chaos auf seinem Boden fuhr und alles wegschaufelte. Doch den langen Stoffballen kam er nicht zu Gesicht. Wo hatte er seine Toga hingetan? Immerhin hatte er unter ein paar Schriftrollen eine ordentlich riechende Tunika von grüner Farbe gefunden, welche er sich überzog. Die Tunika war ja schon da, aber seine Toga brauchte er. Er öffnete fahrig den Schrank, doch dort war sie auch nicht drinnen. Es überkam ihn die Panik. „Cassivellaunus!“, rief Piso hektisch. „Cassivellaunus! Ich brauche dich!“ Die Türe öffnete sich, und der treudoofe Britannier blickte Piso an.
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„Mein Heeeerr?“, fragte er. Für seinen gehorsam erntete der Arme aber nur einen sauren Blick. „Ich finde die Toga nicht!“, rief Piso theatralisch und zeichnete einige dramatische Gesten in den Raum. „Frag Acanthus, wo ich sie hingetan habe!“ Cassivellaunus nickte nur und verschwand.
Piso derweil setzte sich auf sein Bett und fuhr sich durch sein Haar. Wo hatte er bloss diese Toga hingetan? Er zermarterte sein Hirn. Hmmm. Da war irgendetwas gewesen. Und zwar... Busch. Nein. Neinneinnein, das war nicht möglich. Piso blickte mit rot geräderten Augen auf und holte tief Atem. Das musste ein Trick seines Gedächtnis sein.
In jenem Moment öffnete Cassivellaunus die Tür. „Herr! Herr! Nicht gut! Gar nicht gut!“, rief er. Piso stand auf und blickte Cassivellaunus an. „Draußen.“ Cassivellaunus nickte nur und schluckte. Piso ließ einen Schrei ertönen, und hechtete zum Fenster. Cassivellaunus schrie auch, aber weniger laut, vor allem deshalb, weil ihn die heftige Reaktion seines Herrn erschreckt hatte. Dann sprang er ihm nach. Er sah sofort, dass Piso wie ersteinert nach unten blickte.
Als er das nun auch tat, verzog er den Mund. „Oje. Tatsächlich der Busch.“ Unten, im Gebüsch, welches sich unter Pisos Fenster ausbreitete, lag die Toga. Piso hatte sie im Suff rausgeworfen. Sie war nicht weggeflattert, da sie sich im Geäst verfangen hatte.
Die Blicke von Herrn und Sklaven trafen sich. Piso blickte zu Cassivellaunus mit dem selben Blick, mit dem wohl ein Kleinkind seine Mutter anschaut. „Ich brauche meine Toga... hilf mir! Ich brauche meine Toga!“ Hysterisch plätterte Piso auf seinen Sklaven ein, dieser hob beschwichtigend die Hände. „Ich mache ja schon! Ich mache ja! Nur ruhig!“, versuchte er seinen Herrn zu beruhigen, was nur schwerlich ging. Auweia.
Cassivellaunus ließ Piso hinter sich und stürmte aus dem Zimmer hinaus.
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Fast wäre er mit der dicksten Nubierin aller Zeiten zusammengeprallt. „Cungah!“, rief er aus. „Kannst du mal bei Piso reinschauen? Der Kerl ist manisch!“ „Ist das eine neue Erkenntnis?“, fragte Cungah mit ihrer tiefen, dunklen Stimme den Britannier und betrat Pisos Zimmer.
Cassivellaunus hastete derweil nach unten, um die Toga zu retten.
Wie er es schaffte, wusste er nachher nicht mehr.
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Er hatte die Hilfe von Ajax gebraucht, welcher ihn gehalten hatte, als er sich vornüber im Hortus übers Gebüsch lehnte. Zu allem Unglück war noch Attalus vorbeigekommen und hatte sich köstlich amüsiert.
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„‘A, ’a, ’a! Je l‘ai su! Je l’ai vu! ‘Abt ihr eusch ganz terriblement lieb, n’est-ce pas?“, spottete der Wirt und lachte, während Cassivellaunus der Schweiß runterronn und er davon fantasierte, dem präpotenten Kerl zu Gulasch zu verarbeiten. „Drôle, je l’aime!“, rief Attalus, als Cassivellaunus endlich die Toga hervorgezogen hatte. Cassivellaunus begann plötzlich zu grinsen. „Was denkst du, wie oft Piso da schon hineingefurzt hat !“, rief er, lachte und begann, mit der Toga ausgebreitet zwischen den Armen, auf Attalus loszurennen. Dieser sprang zurück. „Dégoûtant!“, brüllte er und zog sich eilig dorthin zurück, wo er hingehörte – in die Küche.
Also war nun die Bahn frei. Cassivellaunus eilte nach oben, öffnete das Zimmer und erblickte dort eine anrührende Szene – Mama Cungah, welche dem auf dem Bett liegenden und vor sich hin zuckenden Piso ein Wiegenlied vorsummte. Cassivellaunus räusperte sich, und der Römer und die Sklavin fuhren auf. Cungah grinste, Piso blickte belämmert drein ob der Störung.
Cassivellaunus hielt die Toga zu Piso hin, als wäre die heilige Bundeslade oder der gesamte kaiserliche Schatz. Jener sprang von seinem Bett auf, riss die Toga von Cassivellaunus und juchzte. „Ahhh!“, brüllte er und beherrschte sich, Cassivellaunus um den Hals zu fallen. Dann räusperte er sich. „Danke.“, brachte er schließlich hervor. Cassivellaunus zuckte die Schultern. „Keine Ursache.“, meinte er und wies mit der Hand zur Tür. „Hast du nicht gesagt, du bist spät dran, Herr?“, fragte Cassivellaunus den Römer.
„Doch, doch!“, rief Piso und blickte Cassivellaunus an. „Du musst...“ „Ja, gut.“, seufzte Cassivellaunus, nahm Piso die Toga wieder ab und band sie jenem um. Wie gut, dachte sich Piso, dass er einen Sklaven hatte, der das so gut konnte. Als sie danns chließlich saß, räusperte sich Piso wieder.
„Also dann. Ich gehe jetzt. Wiedersehen.“, sagte er zu den beiden Sklaven und verließ den Raum. Die beiden blickten sich für 30 Sekunden nur stumm an. Dann verklang das Echo von Pisos Schritten, und irgendwo im Gang fiel eine Tür ins Schloss.
Das war der Moment, in dem die beiden zusammenbrachen und loslachten, sodass sie sich nicht mehr einkriegen konnten.