Beiträge von Germanica Calvena

    Mit einem leisen Seufzen ließ sie sich neben Serrana auf die Bank sinken und warf einen kurzen Blick auf die Schriftrolle, die ihre Freundin gerade las. Danach ließ sie ihren Blick beinahe beiläufig über den Garten gleiten und suchte nach neugierigen Ohren, aber wie es schien, hatten sie den Garten für sich. Was ihr sehr gelegen kam, denn sie hatte vor die Iunia in ihre Pläne einzuweihen. Ein recht heikles Thema. „Versteckst du dich vor den häuslichen Pflichten? Kann ich gut nachvollziehen, ich hab Rufus in der Obhut eines Kindermädchens gelassen. Diomedes und Simplex sind oftmals überfordert mit so einem kleinen Kind“, plauderte sie und lehnte sich ganz leicht zurück. Das Gesicht streckte sie der Sonne entgegen. Zwar war eigentlich Blässe modisch angesagt, aber darum machte sie sich gerade eher weniger Gedanken. „Sag mal, hast du in letzter Zeit mal ein paar Gerüchte aufgeschnappt?“ fragte sie nach und überlegte, wie sie wohl am besten dieses heikle Thema ansprechen konnte. Sie wusste, dass Serrana ganz bestimmt ihren Beitrag dazu tun würde, aber sie wusste auch dass die Iunia sehr viel zurückhaltender war.

    Rufus hatte sie in der Veras Obhut gelassen und ihr erklärt, dass sie in ein paar Stunden würde zurück sein. Diomedes würde der Duccia schon zur Seite stehen, wenn Rufus sich als kleiner Tyrann heraus stellte und Vera das Leben schwer machte. Mit einem Kuss hatte sie sich von ihrem Sohn verabschiedet und erklärt, dass sie nicht lange weg sein würde. Noch wollte Rufus nicht allein mit Vera bleiben. Es brach ihr ein wenig das Herz ihren Sohn einfach jemand anderem zu überlassen, aber leider würde er im Augenblick nur stören.


    „Salve Gundhraban“, grüßte sie den Sklaven an der Tür der Casa Germainca. Der Germane ließ sie sofort ein und schenkte ihr ein fröhliches Lächeln. „Hast du Serrana gesehen?“ „Im Garten!“ kam die prompte Antwort. „Wunderbar!“ Mit beschwingtem Schritt ging es durch das Atrium in den Garten, wo sie auch nicht lange suchen musste, um Serrana zu finden.


    „Salve, Serrana. Ich dachte mir, ich überrasch dich mal“, begrüßte sie ihre Freundin und umarmte die Iunia herzlich. „Ich komm doch nicht ungelegen?“

    „Es wird nicht deine letzte Sklavenversteigerung gewesen sein“, schmunzelte Calvena. „Du willst also am Tiber entlang, dann solltest du aber Flussaufwärts gehen. Flussabwärts wird der Tiber immer schmutziger. Der ganze Dreck der Stadt wird dadurch hinaus gespült. Besonders im Sommer nicht gerade angenehm“, erzählte sie. „Du willst also nach Ostia? Das ist der einzige Hafen hier in der Nähe. Es gibt zwar auch ein paar Flusschiffer, aber die haben kleinere Anlegestellen, aber keinen richtigen Hafen. Ostia ist wirklich schön. Viele haben in der näheren Umgebung einen zweiten Wohnsitz. Um der drückenden Hitze des Sommers zu entkommen“, erzählte sie ihr. „Es freut mich, dass dir Rom gefällt!“


    „Bist du eigentlich mit den kultischen Handlungen vertraut? Dein Bruder ist doch Duccius Verus, er hat dir sicherlich eine Menge über die römischen Kulthandlungen beigebracht, oder?“ fragte sie dann neugierig nach. „Wie wir das an Feiertagen machen, das werden wir noch sehen. Erst einmal will ich sehen, wie du dich im Umgang mit Rufus machts.“


    Vera mitnehmen und mit ihren Freundinnen bekannt machen, ließ sich sicherlich einrichten, aber eigentlich war ja Vera dazu da, wenn sie einmal nicht im Haus war, dann auf Rufus zu achten. „Du wirst sicher ein paar meiner Freundinnen kennen lernen. Aber ich kann dir nicht versprechen, dich jedes Mal mit zu nehmen. Denn eigentlich bist du ja dafür da, mir Rufus dann abzunehmen. Meine Freundinnen haben zwar auch ihre eigenen Kinder, aber ab und zu wollen wir uns ohne unsere Kinder ungestört unterhalten. Wir werden sehen, wann ich dich mitnehme und wann nicht“, ein verbindliches Versprechen wollte sie jetzt noch nicht abgeben. Sie wollte zwar Vera nicht einsperren oder ausgrenzen, aber sie konnte Vera nicht immer mitnehmen. Besonders dann nicht, wenn sie ein paar Pläne in die Tat umsetzte. Inwieweit sie Vera vertrauen konnte, wusste sie noch nicht. „Mein Stall? Ich hab gar keinen eigenen Stall. Unsere Pferde sind in einem Mietstall untergebracht. Dieser ist außerhalb der Stadtmauern. Aber du kannst gern hin gehen und nach den Tieren sehen.“ Es sprach nichts dagegen, wenn Vera nach den Pferden schaute, aber diese waren eigentlich sehr gut untergebracht und Calvena hatte keinen Grund zur Beschwerde oder Beanstandung.

    Ihre kleine Spitze in Richtung Laevina saß. Natürlich ließ diese es nicht auf sich sitzen um zurück zu feuern. Um des lieben Friedens Willen hielt sie den Mund und gab keinen weiteren Kommentar ab. Sie deute dafür nur ein vielsagendes Grinsen an. Beschweren konnte sie sich in dieser Hinsicht jedenfalls nicht.
    Serranas Blick sprach Bände, als diese ihren Teller von sich weg schob. Diese kleine Geste wurde nicht nur von ihr, sondern auch von Valerian bemerkt, dessen Gedanken wohl ebenfalls gerade sehr interessante Wege zu beschreiten schienen. Um ein Lachen zu verstecken, nippte sie an ihrem Becher, konnte sich aber ein kleines amüsiertes Prusten nicht verkneifen. Manchmal standen die Gedanken eben doch auf die Stirn geschrieben. Serrana und Valerian kannte sie so gut, dass sie sich gut vorstellen konnte, um was die Gedanken gerade kreisten.


    „Und es ist ruhiger und nicht ganz so laut“, fügte sie Valerians Worten hinzu. Das war, was sie genossen hatte. Dass es nicht ganz so hektisch war. Vielleicht war es ihr aber auch nur so vorgekommen, weil es Winter war und sie hochschwanger und gelangweilt. „Aber auf den Schnee und die Eiseskälte kann ich verzichten.“

    Die Familienverhältnisse konnten mitunter sehr kompliziert sein. Manchmal sah sie bei den unzähligen verzweigten Stammbäumen auch nicht wirklich durch. Sie war froh, wenn sie zumindest ihre und die Verwandten ihres Mannes einordnen konnte. „Du warst also bei einer Sklavenversteigerung dabei“, sie klang ein wenig amüsiert darüber. „Rom muss für dich ja sehr aufregend sein!“ zwinkerte sie ihr zu. „Für mich war Rom damals einschüchternd und auch irgendwie beängstigend.“


    Ihren Vorschlag nahm Vera nicht wirklich gut auf. Anscheinend wollte sie nichts mehr mit ihren Verwandten zu tun haben. „Es ist deine Entscheidung!“ Zwingen oder zu etwas drängen, was die Duccia nicht wollte, würde sie diese sicherlich nicht.


    Ganz leicht nickte sie Vera zu. Fürs Erste war sie zufrieden mit der Beteuerung, dass sie gesund war. Sontje sah auch nicht wirklich krank aus. Aber Calvena war nun einmal eine besorgte Mutter. „Zu den Festen kannst du dennoch gehen, aber du musst dann eben auch noch auf Rufus aufpassen. Gern darfst du auch in der Nähe bleiben… aber bei den Opfern ist es besser, wenn mein Sohn still bleibt. Die Opfer sollten nach Möglichkeit nicht gestört werden. Den Rest sehen wir dann, wenn du dich eingearbeitet hast. Hast du noch Fragen? Oder Wünsche? Gefällt dir dein Zimmer? Du darfst es gern nach deinen Vorstellungen gestalten. Im Keller haben wir noch ein paar Möbel und auch Vasen. Ich will, dass du dich hier wohl fühlst!“

    Liebe Domitilla,


    ich werde dich ganz ehrlich vermissen. Es hat immer spaß gemacht bei dir mitzulesen, mit dir zu spielen und auch Pläne zu schmieden. Ich hoffe man sieht sich wieder.


    Ich kann nur sagen: Für die Zukunft alles Gute! Ich wünsche dir viel Erfolg und vor allem Freude bei alten und neuen Dingen, die dich erwarten.


    Eine der ganz großen Skandalnuddeln geht heute. Das ist wirklich traurig. Du warst tatsächlich eine der Wenigen, die tatsächlich für alle Späße und Untaten zu haben war. :app: Vor dir kann ich nur meinen Hut ziehen!

    „Du hast also zwei meiner Verwandten kennen gelernt?“ fragte sie schmunzelnd. „Aculeo ist ein entfernter Cousin und Sedulus mein Onkel und auch Tutor“, erzählte sie ihr bereitwillig. Das war ja schließlich kein Geheimnis und durfte Vera gern wissen. „Du wirst wohl auch die Gelegenheit bekommen die Kinder meines Onkels kennen zu lernen. Die Zwillinge sind genauso alt wie Rufus und Sabina dürfte jetzt 9 Jahre alt sein…“ Arme Vera, sie würde es wohl nicht einfach haben, wenn Rufus älter wurde und dann gemeinsam mit seinen Freunden und auch Verwandten Rom unsicher machte. Wenn ihr Sohn auch nur ein wenig so war wie sie, würde er allerlei Unsinn anstellen.


    „Die Wahl zum Quäster… wenn es weiter so steil nach oben geht, dann dürfte er es in den Senat schaffen. Das ist beeindruckt, wenn man bedenkt, dass er aus einer Familie stammt die hier in Rom nur wenig bekannt ist. Aber leicht ist es bestimmt nicht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er in Mantua war. Als Tribun, aber frag mich nicht was er dort getrieben hat. Persönlich hab ich ihn bisher nicht kennen gelernt und ich kann dir auch nur das sagen, was man auf den Straßen oder aus der Acta erfährt. Du scheinst ihn gut zu kennen, du darfst ihm gern einen Besuch abstatten…“, schlug sie vor. Besorgnis zeigte sich auf ihren Zügen, als Vera ihr eröffnete dass sie in Mantua gewesen war. Hoffentlich hatte sie die Seuche nicht abgeschleppt. In Mantua mochte es vorbei sein, doch konnte es passieren, dass diese Krankheit Rom erreichte. Lebhaft konnte sie sich an die Aufregung erinnern, die eine Freundin Aculeos, oder Mitarbeiterin oder was auch immer sie war, ausgelöst hatte, weil sie krank in der Casa Germanica untergebracht worden war. Die Sorge um die Kinder hatte einen hitzigen Streit ausgelöst. „Wenn du dich nicht wohl fühlst, sagst du mir bitte sofort Bescheid… In den ersten Lebensjahren sind Kinder für solche Krankheiten besonders anfällig“, Calvena musste sich alle Mühe geben, nicht panisch zu klingen.


    Ein kurzes verliebtes Lächeln zeigte sich auf ihren Zügen, als Vera anmerkte, dass sie und Valerian gut zusammen passten. Eine Liebesheirat war in ihren Kreisen höchst ungewöhnlich. „Ich würde dir auch an den Feiertagen frei geben. Aber ich bin Aedituua und meistens an diesen Tagen in den Tempeln verpflichtet. Wenn du Unterstützung brauchst, Diomedes, Simplex und auch Romaeus werden dir jederzeit zur Hand geben und sicherlich auch mal auf den kleinen Racker aufpassen. Was die Erziehung angeht… das werde ich übernehmen, du wirst einfach immer ein Auge auf ihn haben und mir dann Bescheid geben, wenn er groben Unfug anstellt. Ich kann nicht überall gleichzeitig sein!“

    Irgendwie würden sie schon heraus finden, was an dieser römisch-tylusischen Freundschaft so besonderes war. Es würden sicherlich nicht nur die Handelsbeziehungen sein, oder doch? Es würde sich nur jemand finden müssen, der ihnen diese Frage einmal genau erörterte. Abgelenkt durch Serrana und Sedulus verlor sie glatt erst einmal Peducaeana aus dem Auge.


    „Wir können den Wein empfehlen!“ erklärte sie und deutete auf den Becher in ihrer Hand. „So lang sind wir auch noch nicht hier. Wir haben erst einmal nach bekannten Gesichtern geschaut!“ Mit einem leichten Kopfnicken deutete sie in die Richtung in der sie zuletzt Peducaeana gesehen hatte. Serrana dürfte das Gesicht sicherlich auch bekannt vor kommen.


    Leider konnten sie nun erst einmal nicht weiter Salinator belauschen. Das war ja der eigentliche Grund, warum sie hier waren. Irgendetwas aufzuschnappen, was ihren Plänen zupass kam.

    Ganz lösen konnte sie ihre Gedanken von dem Brief nicht, doch sie zwang sich, als Vera anfing zu erzählen. „Schön, dass du schon einige Bekanntschaft gemacht hast“, nickte sie ihr zu. Ein paar Freunde würde Vera brauchen, wenn sie hier in Rom Fuß fassen wollte. Außerdem musste Vera nicht im Haus eingesperrt sein, sie durfte sich ruhig mit Freunden treffen, so lange sie dann ihren Pflichten nachkam. Aber da war Calvena zuversichtlich. „Mit der Zeit wirst du auch Freunde finden. Es dauert mitunter etwas, aber so ist das nun einmal. Duccius Vala?“ Nachdenklich runzelte sie die Stirn. „Er hat vor kurzem sehr von sich Reden gemacht. Er hat gerade erst die letzte Wahl gewonnen und davor hat er sich in Mantua bewiesen. Während der Seuche. Ach, das weißt du sicherlich noch nicht. In Mantua war eine Seuche ausgebrochen. Soll fürchterlich gewesen sein. Die Hälfte der Bevölkerung hat es dahin gerafft und man hat befürchtet, es würde sich auch nach Roma ausbreiten. Dein Verwandter wird wie ein Held gefeiert“, erzählte sie ihr, das was sie von Vala wusste. Persönlich war sie ihm noch nicht begegnet.
    „Rufus macht oben in seinem Zimmer ein Nickerchen. Ich hab vor sein Zimmer neben das deine zu legen. Damit du näher an ihm bist, sollte irgendetwas sein. Mir geht’s gut. Ich vermisse Lucius, aber das ist nun einmal so. Ich wollte ihn und ich will ihn immer noch. Auch wenn ich ihn eben teilen muss!“ Ganz leicht zuckte sie mit den Schultern. „Die erste Zeit wirst du mir erst einmal nur zur Hand gehen, danach werde ich dich ein wenig im Umgang mit meinem Sohn beobachten und danach auch öfter allein lassen, wenn du dich sicher fühlst. Du hast einen Tag in der Woche frei“, unterbreitete sie ihr ein Angebot. „Natürlich bezahlen wir dich auch. Erst einmal nur so etwas wie ein kleines Taschengeld, wenn du dich eingewöhnt hast, etwas mehr.“

    Vera hatte erst einmal die Gelegenheit bekommen sich in Rom einzuleben und auch ein wenig die Stadt zu erkunden, ehe ihr dann die Verantwortung für Rufus übertragen werden sollte. Ein wenig hatte Calvena die Duccia auch erst einmal beobachten wollen und näher kennen lernen. Einfach um das ständige Gefühl der Sorge um ihren Sohn ein wenig zu besänftigen. Vera an sich machte einen netten offenen Eindruck. Sie war freundlich, zurückhaltend und ehrlich. Eigenschaften die sie zu schätzen wusste. Aber leider unerfahren, was den Umgang mit Kindern anging. Natürlich würde sie das lernen, wenn man sie vor die Herausforderung stellte, dennoch konnte sie ihre Bedenken nicht einfach abstellen. Schließlich ging es hier um ihren Sohn und nicht um irgendein anderes Kind.


    Die Türen zum Garten standen weit offen, ein leichter Sommerwind sorgte für Abkühlung, während Calvena sich über einen Brief beugte. Ein Brief von Sermo, der sowohl gute, wie auch schlechte Nachrichten. Melina war an einem Fieber gestorben. Grundlos fühlte sie sich ein wenig schuldig. Es wäre vielleicht nicht so weit gekommen, wenn sie Melina mit nach Rom genommen hätten. Aber es war ich als richtig erschienen, dass Sermo sich um seine Schwester kümmerte. Leise seufzte sie traurig. Melina in ihrer quirligen lebendigen Art würde ihr fehlen.
    Den Teil über die politischen Geschehnisse überflog sie nur. Ihre Gedanken kreisten mehr um Melina, als dass sie sich wirklich damit beschäftigen konnte, was sich derzeit in Mogontiacum alles ereignete. Wenigstens ging es Sermo gut, auch wenn er Heimweh zu haben schien.


    Ein Geräusch lenkte ihre Aufmerksamkeit von ihrer Lektüre hin zu Vera. Ihr Lächeln fiel wegen des Briefes nicht ganz so fröhlich aus. „Vera, da bist du ja. Dann können wir direkt reden“, meinte sie und legte das Stück Pergament erst einmal beiseite. „Wie gefällt es dir in Rom?“

    Zitat

    Original von Quintus Flavius Flaccus
    Ohne auch nur im Geringsten gegen dich sprechen zu wollen, doch mit 34 Grundstücken in der Tasche hat sichs unter Umständen wohl etwas leichter reden, als wenn man finanziell auf die Einkünfte der Betriebe angewiesen ist...


    Also meiner einer hat gar kein Grundstück, aber ich hab zwei Betriebe die gut laufen :) Das Startkapital hab ich von den Lieben Verwandten damals bekommen. Die Betriebskosten bekomme ich fast immer rein und wenn das Geschäft dann doch mal ne Woche oder länger nicht gut läuft, wird einfach mal der Betrieb kurzzeitig dicht gemacht, bis die angesammelten Waren verkauft sind. Dann wird eben weniger Geld in die Wisim gesteckt ^^

    Leise schmunzelte sie vor sich hin. Welche Frau, die wenigstens ein bisschen Eitel war, würde schon gern fett und träge werden. Auf ihre noch recht jugendliche Figur, waren sie Beide stolz. Es hatte sie ja geärgert, dass sie ihre Kleider gerade erst ein wenig ändern musste, weil die Schwangerschaft doch einige Spuren hinterlassen. Durchaus ansehnliche Kurven waren dazu gekommen, dennoch war es doch ein kleines bisschen erschreckend, wenn einem die Lieblingskleider nicht mehr passten. Während Prisca versuchte zu lauschen, ließ sie ihren Blick umher wandern und konnte dann auch wieder einen Blick mehr auf Serrana und Sedulus erhaschen.


    „Leider nicht… bisher hab ich mich auch nicht wirklich für diese Beziehung interessiert… Naja nur was die Begegnungen mit den tylusischen Händlern angeht. Wir können ja einfach einmal nachfragen… natürlich dezent und zurück haltend, nicht, dass wir uns zu Narren machen.“


    Sie drehte den Kopf und entdeckte genaus Peducaeana und runzelte leicht die Stirn. Das würde sicherlich für Aufregung sorgen, wenn Delmatica ebenfall dazu kam. Es sah nämlich nicht so aus, als seien diese Freundinnen gemeinsam angekommen. Eher so, als würde Peducaeana ihre eigenen Pläne für diesen Tag haben.Delmatica wird nicht gerade erfreut sein… Serrana! Schön dich zu sehen!“ Die Iunia wurde herzlich umarmt. Danach auch einmal kurz Sedulus gedrückt. „Salve Sedulus! Wie geht’s den Kindern?“

    Dass Rufus sie auf diese Weise erpressen könnte, glaubte sie nicht. Sie eilte nicht immer sofort heran, wenn er aus Trotz heraus brüllte. Sie behielt ihn zwar immer aufmerksam im Auge, aber bei bestimmten Dingen hatte sie bereits gelernt, dass es einfach besser war, ihn seinen Unmut kund zu tun, als ihren Sohn sofort zu betüddeln. So manches sollte er schon lernen. „Nur wenn wir zulassen, dass er uns damit erpressen kann. Aber im Augenblick freut er sich einfach, dass du da bist. Er kann das eben nur noch nicht anders zum Ausdruck bringen“, erklärte sie mit einem kleinen Lächeln. „Du wirst ihm sicherlich schnell schwimmen beibringen!“

    „Am Wasser liegt es nicht“, erklärte sie ihrem Mann schmunzelnd. Rufus hatte jede Menge Spaß mit Wasser, meistens setzte er das ganze Bad unter Wasser, oder die Küche, wenn er in einer Schüssel mit warmem Wasser saß. Auch sie verzog ein wenig das Gesicht, bei dem Lärm, den Rufus veranstaltete konnte man sein eigenes Wort kaum verstehen. „Manchmal braucht dein Sohn keinen Grund um Theater zu machen“, erklärte sie ihm. „Aber ich glaub, diesmal liegt es an mir! Rufus will bei dir sein!“ Beleidigt war Calvena deshalb nicht, eher amüsiert, weil ihr Sohn eindeutig auf seinen Vater bezogen war. Vielleicht sollte sie einfach Rufus öfter einmal bei ihrem Mann lassen. Besonders wenn er unleidlich war.

    Calvena wusste ganz genau welche Scherze sie gegenüber Prisca äußern konnte und welche nicht. Die Freundinnen zogen sich gern gegenseitig auf, auch mit ihrem jeweiligen Stand. Es blieb aber immer nur bei liebevollen Frotzeleien und ab und zu auch bei kleinen Stichelleien. „Eine neue Modewelle… mit der Sänfte ins Haus“, Calvena musste bei dieser Vorstellung fröhlich lachen. Wie würde das nur aussehen, wenn sich in den Häusern der Reichen und Schönen unzählige Sänften drängelten und man absolut keinen Schritt mehr selbst tat. „Das halte ich für keine gute Idee… ab Ende werden wir nur fett und träge“, kicherte sie ebenfalls hinter vorgehaltener Hand. Ein vielsagender Blick wanderte zu Salinator hinüber. Prisca verstand sicherlich was sie meinte.


    Ihr Kopf drehte sich in die angedeutete Richtung und kurz konnte sie einen Blick auf ihre Freundin und ihren Onkel erhaschen, bevor sich ein anderer Gast zwischen sie schob. „Stimmt, da sind sie!“ Kurz hob sie grüßend die Hand, war sich aber nicht sicher, ob Serrana sie entdeckt hatte. „Nein, hab ich noch nicht. Das sollten wir bei Gelegenheit dann nachholen“, berichtete sie. Sie würde Serrana einfach wieder einmal einladen. Die Casa Quintilia hatte ja nicht ganz so viele Neugierige Ohren, wie die Casa Germanica. Dort lauerte ja hinter jeder Säule entweder Laevina oder deren Sklavin Quadrata. Je wenige Leute von ihren Plänen wussten, umso geringer war die Gefahr, dass sie sich irgendwelche Schwierigkeiten einhandelten.


    Die Verpflichtungen. Calvena wusste nur zu gut, was Prisca meinte. Ging es ihr ja schließlich nicht anders. „Valerian hat heute Dienst“, bestätigte sie der Aurelia.

    Rufus lachen erfüllte das kleine Bad. Ihr Sohn hatte eindeutig seinen Spaß, was wohl auch kein Wunder war. Valerian stellte so einigen Unfug mit ihm an. Dinge die sie sonst nicht mit ihrem Sohn tat. Einfach weil sie fand, dass es langweilig werden würde. Außerdem sollte ihr Mann ruhig das Anrecht darauf haben, Rufus auf dumme Gedanken zu bringen. „Komm her, mein Schatz“, streckte sie die Hände nach dem Nachwuchs aus. Doch Rufus schien so gar nicht zu ihr kommen zu wollen. Er kreischte und zappelte und bewies, dass er ein launiges Kind sein konnte, wenn es etwas gab, das ihm nicht gefiel. „Du siehst, Lucius, du hast Glück! Du erlebst Rufus meistens gut gelaunt!“ schmunzelte sie in Richtung ihres Mannes, während sie versuchte Rufus wieder zu beruhigen. Was gar nicht so einfach war, so wie er sich sträubte.

    Es war offensichtlich wie sehr Valerian das Familienleben genoss. Sie würde ihn schmerzlich vermissen, wenn er wieder gehen musste. Aber sie hatte es ja nicht anders gewollt. Er würde immer Soldat bleiben und sie würde ihn immer mit seinen Verpflichtungen teilen müssen. Umso schöner waren dann diese Momente, die scheinbar so perfekt und harmonisch waren. Schließlich mussten sie immer über vieles reden, wenn er Zeit für sie erübrigte und nicht selten waren es unangenehme Dinge, die diese seltenen Momente trüben konnten. „Ich soll also vorgehen? Du hast doch sicherlich Hintergedanken, Lucius“, lachte sie und drehte sich dann mit einem kecken Hüftschwung um und ging ins Bad vor.

    Ganz kurz warf sie noch einem einen Blick über die Schulter, ehe sie das Haus und anschließend das Bad betrat. Der schwere Duft von Kräuteressenzen und Ölen hing in der Luft. Diomedes wusste ganz genau, auf welche Weise sie ihr Bad bevorzugte. Mit geschickten Handgriffen löste sie die Spangen an ihrem Kleid und der Stoff rauschte zu Boden. Wenig später war sie auch schon im Wasser und sah ihre beiden Männer erwartungsvoll an. „Das Wasser ist herrlich! Kommt rein!“ Jetzt war sie gespannt wie sich Valerian anstellte.

    „Und ich hab immer die Flavier für dekadent gehalten…“, murmelte sie scherzhaft und zwinkerte Prisca kurz zu. Mit Sicherheit wusste ihre Freundin was man sich so über die Dekadenz dieser Familie sagte. Schließlich hatte sie ja einen Flavier geheiratet. „Es ist imposant… durchaus, aber eher weil man sich doch glatt Fremdschämen müsste, bei diesem Auftritt!“ schmunzelte sie leise. Das der Kaiser solch einen Auftritt hinlegen würde, bezweifelte sie irgendwie. Zumal niemand den Kaiser in den letzten Jahren zu Gesicht bekommen hatte. Nachwievor blieb dieser Rom fern und Salintor konnte in seinem Namen schalten und walten wie er wollte. Eine höchst beunruhigende Tatsache. Ein Tablett mit gefüllten Weinbechern schwebte an ihnen vorbei, sie nahm sich einen und reichte ihrer Freundin ebenfalls einen Becher. „Serrana hab ich noch nicht gesehen… sie wollte zusammen mit Sedulus kommen!“ kurz ließ sie den Blick herum schweifen, konnte aber das vertraute Gesicht nicht entdecken. „Aemilia Delmatica scheint auch noch nicht angekommen zu sein… ich bin ja gespannt darüber, welche Geschichten sie zu erzählen weiß!“ Eigentlich mochte sie die Aemilia nicht. Sie war ihr zu sensationssüchtig und Delmatica erfreute sich ein wenig zu sehr an den unzähligen Skandalen. Aber sie war eine unerschöpfliche Quelle was den neuesten Klatsch anging. Unauffällig schlenderten sie unter den Gästen herum. Lächelten dabei hübsch und bewegten sich nur dezent in die Richtung des Praefectus Urbi.
    Mit Sicherheit würde Salinator sie wieder erkennen, sie hatte ja schon einige Gelegenheit bekommen ihn kennen zu lernen, aber seit ihrer Hochzeit war sie auf diesen gar nicht gut zu sprechen und wünschte ihm eigentlich irgend eine furchtbare Krankheit an den Hals. Doch ihre Abneigung schob sie erst einmal bei Seite. Schließlich hatten sie so ihre Pläne und dafür war es nötig, ihm doch ein wenig näher zu kommen. Und sei es nur auf Hörweite.
    „Was macht eigentlich dein Mann derzeit?“ fragte sie dann um ein unverfängliches Gespräch in Gang zu bringen.