Beiträge von Germanica Calvena

    Dieser Morgen hatte viel früher angefangen, als sie es gewohnt war. Seit dem Rufus endlich durchschlief, wurde sie am frühen Morgen nicht mehr aus dem Schlaf gerissen. Doch sie hatte sich wecken lassen, ein kurzes Bad genommen und dann eines ihrer schönsten Kleider angezogen. Eine fliederfarbene Tunika, nach griechischer Art geschnitten, welches an der Schulter nur von silbernen Spangen gehalten. Es hatte einen tiefen Ausschnitt, wirkte aber nicht vulgär, sondern elegant. Dazu passend ein silberner Gürtel und die Haarpracht war eindrucksvoll aufgetürmt, gehalten von kleinen silbernen Spangen. Dazu leicht geschminkt. Da ihr Sohn noch schlief, verabschiedete sie sich von diesem mit einem kleinen Kuss auf die glatte Kinderstirn, ehe sie dann den Sklaven und Vera das Haus überließ. In Gedanken war sie noch bei ihrem Sohn, hatte sogar ein kleines schlechtes Gewissen, als sie dann in Begleitung von Simplex sich mit Prisca am Stadttor traf. In einer Kutsche ging es dann gen Ostia, bei der Botschaft angekommen, gehörten sie dann zu den ersten Gästen und bekamen mit, als sie gerade aus der Kutsche kletterten, wie Vescularius Salinator wieder einmal einen pompösen Auftritt hinlegte. Wie schon bei der Entsühnung von Nemi hatte er gleich vierundzwanzig Liktoren bei sich und ließ sich direkt in die Botschaft tragen.


    „Nun sieh dir das an!“ flüsterte sie Prisca zu. [SIZE=7]„Er führt sich auf wie der Kaiser persönlich, das war schon so bei der Entsühnung…“[/SIZE], fügte sie noch leiser hinzu. Eine Sklavin zupfte kurz an ihren Kleidern und kontrollierte den Faltenwurf, ehe sie dann das Peristyl betraten.

    „Romana wird uns ganz sicherlich unterstützen… sie hatte einen überaus unangenehmen Zusammenstoß mit Salinator und würde ihn ebenfalls lieber Tod wie lebendig sehen“, erzählte sie ihr. „Der Vescularier hat sich wohl über sie lustig gemacht. Kannst du dir das vorstellen? Über eine Vestalin!“ Dieser Mann hatte wirklich vor nichts und niemanden Respekt. Ein aufgeblasener Widerling, den man wirklich aus dem Weg schaffen müsste. „Und Serrana hält so weit ich weiß, auch nicht fiel von ihm. Nur wird sie wohl zögern. Aber vertrauen können wir ihr. Ein paar mehr Ohren, die sich nach Klatschgeschichten umhören, dürften nicht schaden. Besonders wenn es sich um solche Freundinnen wie Romana und Serrana handelt“, meinte sie. „Dann werden wir uns wohl zum Fest der römischen-tylusischen Freundschaft wieder sehen. Ich sollte wohl langsam nach Hause und nach Rufus sehen. Ich fürchte seinen Mittagsschlaf hat er schon lange beendet und tyrannisiert die Sklaven! Lass uns gemeinsam zu dem Fest gehen… dann können wir uns unterwegs noch einmal die Köpfe zu unseren Plänen zerbrechen. Es hat gut getan mit dir zu reden!“

    „Klingt fast so, als würdest du aus Erfahrung sprechen“, konnte sie sich eine kleine Frotzelei in Richtung Laevinas nicht verkneifen. Ihre Stimme klang eher spöttisch wie boshaft, zumal sie Serrana zuzwinkerte. Laevina war eine alte Giftnudel und nahm selten ein Blatt vor den Mund. Man durfte sich nur nicht von ihr einschüchtern lassen. „Also das ist was ich irgendwann mal aufgeschnappt habe. Wie viel Wahrheit dahinter steckt, kann ich dir nicht sagen“, meinte sie dann zu Serrana.

    Der Vescularier hatte also keine Geliebte, etwas das es für sie einfacher machen würde, eine anziehende Frau in sein Bett zu schleusen. Dennoch gab es einige Dinge die sie noch bedenken mussten. „Wir müssen also ganz tief in die Kiste greifen und all die kleinen wohlgehüteten schmutzigen Geheimnisse zu Tage fördern, um unserem Spitzel die nötigen Mittel in die Hand zu geben, sich beliebt zu machen… vielleicht sogar so etwas wie eine Freundin, die nur vorgibt unsere Freundin zu sein, aber gern bereit ist Salinator ein paar Dinge zu offenbaren, die sonst nicht an die Öffentlichkeit dringen… Auf diese Weise dürfte es ihr leicht fallen, sein Vertrauen zu gewinnen…“, sponn sie den Gedanken weiter.
    Einige Skrupel hatte sie schon und kurz musste sie sich fragen, ob der Zweck wirklich alle Mittel heiligte und ob sie selbst bereit war, einfach ein paar ihrer Bedenken bei Seite zu schieben um diesen widerlichen Knilch aus dem Weg zu räumen. Calvena war ehrlich über sich selbst überrascht, es war doch sonst nicht ihre Art sich an solchen Verschwörungen zu beteiligen, doch in diesem Fall musste sie fest stellen, dass sie so gar kein schlechtes Gewissen hatte, wenn sie alle Mittel einsetzten um sich Salinators zu entledigen. Ein wenig erschreckend war diese Erkenntnis auch, kannte sie doch diese Seite an sich gar nicht.


    Bei ihren Plänen hieß es kühlen Kopf bewahren und einen ebensolchen kühlen Kopf musste dann auch ihre Verbündete haben. „Wir sollten auch einmal Aemilia Delmatica aushorchen… sie behauptet doch von sich selbst immer alles zu wissen und die Erste zu sein, wenn es neue Skandale gibt…“, schlug sie vor und erinnerte sich an eines der größten Klatschmäuler Roms. „Eine Einladung?“ fragte sie nach und schüttelte den Kopf, sie hatte keine bekommen, was an sich aber nicht schlimm war. „Aber am Forum Romanum war ein solcher Aushang! Wir sollten auch Serrana mitnehmen... sie würde sich freuen! Vielleicht sollten wir sie und auch Romana einweihen… Was meinst du? Den Beiden können wir ja schließlich vertrauen. Vielleicht kennt ja eine von ihnen, jemanden den wir für unsere Pläne gewinnen können“, schlug sie vor. Von Romana wusste sie ja, dass diese gar nichts vom Praefectus Urbi hielt und Serrana hatte eine ähnliche Einstellung, war nur wesentlich zaghafter und zurückhaltender.

    Auch ohne sie, schienen sich ihr Sohn und Mann gut zu unterhalten. Mit einem leisen Schmunzeln beobachtete sie die Beiden. Wie gern hätte sie doch diesen friedlichen Anblick jeden Tag. Doch später schon, würde Valerian wieder gehen müssen, seinen Verpflichtungen nachkommen müssen und sie zurück bleiben. Doch noch war er da und das wollte sie auch genießen. „Du kannst doch Rufus nicht einfach seine Nase wegnehmen…“, mischte sie sich lachend ein. „Kommt ihr Beiden, das Bad ist fertig! Versuch ich einmal euch wieder sauber zu bekommen!“

    Unmöglich wäre es nicht, Salintor eine Spionin ins Bett zu legen. Dieser Kerl war ein vulgäres Schwein und dermaßen Trieb gesteuert, das er sich wohl nichts dabei denken würde, wenn eine schöne Frau seinem Charme erliegen würde. Er besaß so viel Macht, durchaus reizvoll für bestimmte Damen der Gesellschaft. Aber bisher war ihr noch nicht bekannt, dass der Vescularier eine Geliebte aus den besseren Kreisen hatte. So etwas sprach sich schnell herum und würde schnell Kreise ziehen. Sicherlich würde Salinator seine Liebschaften geheim halten, und doch wäre eine solch brisante Geschichte über die Sklaven schon längst im Umlauf. Wenigstens Gerüchte würde es geben. Aber solche waren nicht im Umlauf. Jedenfalls war ihr nichts bekannt. „Hast du gehört ob Salinator vielleicht schon eine Geliebte hat? Ich bin mir zwar sicher, dass er seine Liebschaften und Lupae hat, aber ich meine eine richtige Geliebte, einer Frau die er vertraut… das würde es für uns schwieriger machen, ihm eine andere Frau ins Bett zu legen…“, meinte sie nachdenklich. Das war ein Punkt über den sie nachdenken mussten und auch Bescheid wissen.


    Prisca sprach einen anderen Gedanken aus, nämlich den, dass auch sie keine Ahnung hatte, wen sie in ihre Pläne einweihen sollten und welche Dame aus den besseren Kreisen bereit wäre, ein solches Risiko einzugehen. Hass wäre durchaus ein starkes Mittel, doch was wäre, wenn der Hass ihre Verbündete unvorsichtig werden ließ. „Hassen sollte sie ihn nicht… Starke Gefühle können zu unüberlegten Handlungen führen… ein zu großes Risiko, wie ich finde. Sie sollte sich eher bewusst sein, welche Gefahr er darstellt…“, gab sie zu bedenken. Ganz leise seufzte sie.


    Die Thermen. Natürlich! Darauf hätte sie auch kommen können. In den Thermen erfuhr man die neuesten Klatschgeschichten und die größten Skandale. Dort hatte sie ja auch Prisca kennen gelernt. „Der ewige Quell sprudelnder Klatschgeschichten…“, schmunzelte sie. „Ich war lange nicht mehr dort“, erklärte sie. „Wir sollten auch die Sklaven sich umhören lassen…“

    Um des lieben Familienwillens hoffte sie, das Valentina auf ihren Brief reagieren würde. Damit zumindest einige der Sorgen zerstreut wurden. Auch sie machte sich ihre Gedanken zu ihrer Schwägerin. Eigentlich hatte sie diese ja sehr gern, aber das Verhalten der Quintilia verwirrte sie. Sie wurde aus ihr einfach nicht schlau. Doch den Kopf darüber wollte sie nun nicht zerbrechen, dafür war der Tag zu schön, zumal Rufus es auf einzigartige Weise gelungen war, die Sorgen seines Vaters zu zerstreuen. Ihr Sohn hinterließ lauter kleine schmutzige Handabdrücke auf der Kleidung seines Vaters und auch am Hals. Leise lachte sie: „Ich sag Diomedes, dass er uns das Bad vorbereiten soll!“ Kurz küsste sie ihren Mann und strich ihrem Nachwuchs über den Haarschopf. Bis das Bad fertig war, würde es ohnehin noch einen Augenblick dauern.


    Von Diomedes erfuhr sie, dass Vera erst einmal sich Rom ansehen wollte und wohl zur Cena zurück sein würde. Calvena war ganz froh darüber und der Duccia auch ein wenig dankbar, dass sie auf diese Weise der Familie ein wenig Zeit für sich gönnte. Der Grieche beeilte sich das Bad herzurichten und sie kehrte zu ihren Männern in den Garten zurück.

    So viele Dinge gab es, über die sie noch hätten reden können. Den neuesten Klatsch und Tratsch, finstere Gerüchte, Hochzeitspläne der Schönen und Reichen, Kindererziehung, die neueste Mode und abertausende andere Themen. Und doch waren sie alle unwichtig! Stattdessen widmeten sie sich nun etwas, das eigentlich nur ein Gedankenspiel war.
    Ein vielversprechendes Gedankenspiel, wie sie fand. Kein Scherz oder dumme Gedanke, sondern tatsächlich durchführbar, wenn sie die richtige Person fanden. Jemandem den sie vertrauen konnten. Nachdenklich nagte sie auf ihrer Unterlippe herum. Die Frau die sie suchten, musste eine starke Persönlichkeit sein. Selbstbewusst, beeindruckend und umwerfend. "Ich glaube eine Sklavin wäre ungeeignet... er würde ihr wohl schnell überdrüssig werden. Sie würde wohl nie die Gelegenheit bekommen, so vertraut mit ihm zu werden...", meinte sie mehr zu sich, wie zu Prisca. Calvena hatte sich zu ihrer Freundin gesetzt und grübelte darüber nach, wen sie um Hilfe bitten konnten. Sie merkte zu ihrem Bedauern, dass sie zu lange weg gewesen war, sie war einfach nicht auf dem neuesten Stand, was die skandalösen Geschichten einiger Damen anging. "Kennst du jemanden, der genau so ist?" fragte sie dann und machte eine kleine ratlose Miene. "Wer würde sich auf solch ein gefährlcihes Spiel einlassen?"

    Das Verhalten Romanas war zwar verwunderlich, aber länger würde sie nicht darüber nachgrübeln. An einem anderen Tag würde sie die Freundin besuchen und dann mit ihr in aller Ruhe reden. Als Vestalin hatte die Claudia nun einmal unzählige Verpflichtungen und da wollte sie diese nicht länger wie nötig aufhalten. "So schnell kommt man also an neue Schmuckstücke", schmunzelte sie, als Prisca die goldene Kette Klein-Laevina schenkte. Als diese dann auch noch herum wedelte, musste Calvena lauthals lachen. "Laevina scheint eine Menge von dir abgeschaut haben...", witzelte sie in Richtung Serrana.
    Rufus indes verfolgte mit großen Augen, wie Laevina mit der Kette herum wedelte. Es sah ganz danach aus, dass auch er gern damit spielen wollen würde. Zärtlich strich sie ihrem Sohn über den Haarschopf. Gespannt sah sie Prisca an, auch sie wollte gern hören, wie den Prisca ihren Mann kennen gelernt hatte. Dass hatte sie diese bisher nicht gefragt, auch weil sie nicht viel von Flavius Piso hielt. Aber umso mehr von ihrer Freundin und um deren Willen, wollte sie Frieden wahren. Bisher hatte sie noch keine Gelegenheit einmal den Mann der Aurelia zu sprechen.

    Manchmal war ihr der Stolz der Männer etwas unverständlich, aber sie wusste es besser, als jetzt irgendwie dagegen anreden zu wollen. In manchen Dingen stand seine Meinung fest und sie würde diese nicht ändern können. Auch würde sie sich davor hüten gegen Valerians Willen etwas zu unternehmen. Das würde nur Streit geben und sie wollte die wenige Zeit die sie mit ihm hatte nicht mit einem sinnlosen Streit verbringen. „Dann wird nur Valentina geschrieben“, damit war das Thema erst einmal beendet. Rufus forderte nun ohnehin die ganze Aufmerksamkeit seines Vaters ein, indem er fordernd die Hände austreckte und unbedingt hochgenommen werden wollte. "Ich sollte euch Beide wohl nachher in Bad stecken!" schlug sie vor. Für Vera ließ sich später auch eine andere Aufgabe finden.

    Vielleicht konnte sie ja seine Männer davon überzeugen ihnen ein wenig Zeit zu verschaffen. Sicherlich ließen sie sich mit ein wenig Wein bestechen und für ihre Idee erwärmen… In aller Ruhe würde sie sich dazu Gedanken machen und ihn dann irgendwann später in ihre Pläne einweihen.


    Valentina… ein leidiges Thema. Leider hatte auch sie keine Möglichkeit gefunden zu ihrer Schwägerin durchzudringen. Immer hörte sie nur das was sie hören wollte. Das war furchtbar anstrengend. Sie hatten sich auch nicht wirklich im Guten getrennt. Die Quintilia hatte sie regelrecht überfahren, als sie ihr mitteilte, dass sie nach Confluentes wollte. Aus heiterem Himmel. Frauen die in Trauer waren, waren ja durchaus irrational und emotional, aber diese Entscheidung war aus einer Schnapsidee heraus geboren. Calvena hatte Valentina gehen lassen. Aufhalten hätte sie ihre Schwägerin nicht können, höchstens einsperren, aber das hatte sie dann doch nicht gewagt. Zumal sie dazu keine Gelegenheit gehabt hatte. „Warten wir es ab… vielleicht sind keine Nachrichten gute Nachrichten…“, wirklich sicher klang sie nicht. Aber es war durchaus ein Gedanke der zutreffen konnte. „Vielleicht sollten wir auch Terentius Primus schreiben“, schlug sie vor und sprach seinen Gedanken aus. Dann hätten sie wenigstens Gewissheit.


    Immer wieder warf Calvena ihrem Sohn einen flüchtigen Blick zu. Nur um sicher zu gehen, dass er nicht versuchte sich an den Rosen als Gärtner zu versuchen. Das hätte nur zu Kratzern und viel Geschrei geführt. Aber solange er nur das Blumenbeet mit den Frühlingsblumen verunstaltete war alles in Ordnung. Nur Diomedes würde seine liebe Mühe haben das Beet wieder herzurichten. Ein wenig tat ihr der Grieche Leid. Vielleicht sollte sie Rufus einfach nur eine Ecke des Beetes überlassen und bei dem restlichen Garten dann eingreifen, wenn sich ihr Sohn als Gärtner versuchte. Dennoch war sie ebenso überrascht wie ihr Mann, als ihr Sohn plötzlich bei ihnen stand uns recht stolz die zerdrückte Blume seinem Vater hinhielt. Valerian war völlig verblüfft darüber. Zumal Rufus eindrucksvoll unter Beweis stellte, dass er wusste wer sein Vater war. Damit waren wohl diese Sorgen zerstreut.
    „Ich fürchte die Blume wird sich nicht mehr retten lassen“, meinte sie mit einem stolzen Lächeln.

    Calvena war ganz froh, dass Laevina sich nicht wirklich bei der Erziehung von Rufus ein mischen konnte. Wer wusste schon, welche Pläne sie sich ausdenken würde, bevor er richtig laufen und sprechen konnte. Jedenfalls schien sie aber schon Pläne zu haben, was Victorius und die Kleine Laevina anging, Serrana würde es nicht leicht haben, sich gegenüber ihrer Großmutter durchzusetzen.
    Mit Klatsch und Tratsch lenkte Serrana geschickt das Thema von etwaigen Fragen zur Kindererziehung weg, ansonsten hätte es wohl glatt den nächsten Streit mit sich gebracht. „Ja, dem Tiberier ist seine erste Frau weg gelaufen. Soll Schwanger von einem anderen gewesen sein und dann einfach durchgebrannt… Ohnehin verwunderlich, dass Tiberius Durus erst so spät geheiratet hat… er müsste doch scharenweise Angebote bekommen haben. Aurelia Flora wird es nicht gerade leicht haben, diese Schande wieder gut zu machen.“ Die Aurelia konnte einem leidtun, musste als Ersatz herhalten und kaum, dass sie verheiratet ist auch noch darauf achten, nicht durch einen dummen Fehltritt einen weiteren Skandal auszulösen. Ansonsten wäre die Gens Aurelia bald schon verschrien. Keine schöne Rolle, die der Ersatzfrau. Auch Calvena bediente sich an den Seeigeln.
    Ob sie zu den Spielen gehen würde, wusste sie noch nicht... vielleicht kurz, denn an diesen blutigen Spektakeln fand sie nur wneig Spaß. Da war eine Aufführung im Theater ihr Lieber.


    Ad Quintilia Valentina
    Casa Terentia
    Confluentes
    Germanien


    Salve Valentina,
    unser Abschied war nicht gerade herzlich und vermutlich möchtest Du auch nicht wissen, dass wir uns Sorgen um Dich machen und gern wissen würden, wie es Dir geht.


    Wir sind zurück in Rom, ich weiß nicht, ob Du davon schon gehört hast. Lucius wurde zu den Cohortes Urbanae versetzt und Du bist Tante geworden. Ich habe einem kleinen Jungen das Leben geschenkt. So klein ist er ja nicht mehr. Er heißt Lucius Rufus. Es ist schade, dass Du ihn wohl nicht so schnell kennen lernen wirst.


    Die Reise nach Rom zurück war unangenehm. Im Winter sollte man nicht von Mogontiacum nach Rom reisen. Erst Eis und Schnee und dann ein lästiger Regen. Aber nun hält der Sommer seinen Einzug. Es ist schon jetzt wirklich sommerlich, der Garten sieht wirklich schön aus. Diomedes hat ein Händchen für Pflanzen.
    Uns geht es gut. Rufus hat Laufen gelernt und lernt auch recht schnell sprechen. Irgendwie wird er sehr schnell groß.


    Mögen die Götter ihre Hand schützend über Dich halten. Viele Grüße aus Rom,
    Calvena



    Liebe Schwester!


    Es schmerzt mich sehr, daß Du einfach gegangen bist und nun gar nichts mehr von Dir hören läßt. Bitte schreib wenigstens ab und zu, wie es Dir geht und ob Du etwas brauchst.


    Der Götter Segen möge Dich stets begleiten.


    Vale,
    Valerian



    Ad Iullus Quintilius Sermo
    Casa Quintilia
    Mogontiacum
    Germanien


    Salve Sermo,


    wir hören so wenig von Dir. Du bist doch hoffentlich nicht erfroren? Der Frühling dürfte auch in Germanien nun seinen Einzug halten. Was macht Mogontiacum? Du wirst doch sicherlich ein wenig frischen Wind in die Stadtverwaltung bringen?


    Rom ist wie immer: laut, übervölkert, aber im Frühling doch wunderschön. Diomedes hat sich in unserer Abwesenheit gut um das Haus gekümmert. Er hat eindeutig geschickte Hände, der Garten ist eine wahre Blütenpracht.
    Die Reise haben wir gut überstanden, das Wetter war furchtbar, erst Eis und Schnee und dann ein furchtbarer Regen. Rufus hat die Reise unbeschadet überstanden. Er wird so schnell so groß. Nicht nur das er schnell sprechen lernt, nein er hat jetzt auch laufen gelernt und bringt das Mobiliar in ernsthafte Gefahr. Man darf ihn nicht aus den Augen lassen, sonst dürfte im Haus schon bald keine Vase mehr stehen.


    Lass von Dir hören und mögen die Götter über dich wachen.
    Calvena


    Werter Vetter!


    Aus den Augen, aus dem Sinn, was? Wir haben Italia gesund und munter erreicht. Rufus wächst schneller als man gucken kann, Du wirst ihn nicht wiedererkennen, wenn wir uns mal wieder sehen. Ich bin so stolz auf ihn, das kannst Du Dir kaum vorstellen.


    Hier in Rom herrscht eine merkwürdige Stimmung. Man spürt, es brodelt etwas unter der Oberfläche, doch tun alle so, als merken sie nichts davon. Der Skandal von Nemi ist endlich entsühnt worden. Stell Dir vor, der Praefectus Urbi trat dabei mit sage und schreibe 24 Liktoren auf! Ich rechnete schon mit einem schweren Aufruhr und versetzte meine Männer in Bereitschaft, gleich einzugreifen. Doch nichts geschah! Erstaunlich, findest Du nicht?


    Wie ist denn die Lage in Germanien so? Wie macht sich der Annaeer als Statthalter? Wie geht es Dir und dem Rest der Familie? Hast Du erreicht, was Du erreichen wolltest? Wir fiebern auf Nachricht von Dir.


    Mögen der Segen der Götter Dich stets begleiten.


    Vale,
    Valerian


    Sim-Off:

    Familienwertkarte

    Leider schien Lucius nicht mit ihr einer Meinung zu sein. Aber er hatte ja Rufus leider nicht immer um sich, ansonsten würde er wissen, dass Rufus, wenn Simplex einmal auf ihn Acht gab, nicht lachte. Und Diomedes war zwar gutmütig, aber auch nicht der rechte Ersatz für Valerian. Sein Lächeln war nur wenig überzeugend. Es würde aber auch nicht einfach sein, ihn vom Gegenteil zu überzeugen.


    Irgendetwas würde ihr schon einfallen um ein wenig Zeit mehr mit ihrem Mann verbringen zu können. Verschmitzt zwinkerte Calvena ihm zu. Es würde nicht einfach werden, aber nicht unmöglich.


    Es war ein leidiges Thema: Valentina fühlte sich von der Sorge ihres Bruder eingeengt und Valerian verstand seine Schwester nicht. Und sie konnte nicht vermitteln, weil Valentina mit Calvenas direkte Art nicht umgehen konnte. Jedes Wort wurde auf die Waagschale gelegt. „Du bist weder herzlos noch ungerecht und ich glaub kaum, das Valentina das wirklich von dir denkt… Sie ist ebenso wie sie ist.“

    Ein paar Stunden Zweisamkeit genießen, das hatte schon seinen Reiz. Simplex, oder Romaeus oder Diomedes würde in der Zwischenzeit schon Rufus zu beschäftigen wissen. Es würde wohl einfach ausreichen ihn weiter den Garten umgestalten zu lassen. Ihr Sohn würde wohl gar nicht merken, dass seine Eltern ganz anderweitig beschäftigt waren.
    Ganz leise seufzte sie, er klang frustriert und sie konnte es ihm nicht einmal verübeln. Salinator machte ihnen das Leben wirklich schwer. Zärtlich streichelte sie ihm über den Nacken und legte den Kopf an seine Schulter. "Er weiß, wer sein Vater ist, sonst wäre er nicht auf die zugelaufen", erklärte sie ihm leise. "Und wenn du nicht zu kannst, dann kommen wir eben zu dir. Ein paar Augenblicke kannst du dir ja von deinen Verpflichtungen stehlen... ansonsten verabreden wir uns einfach in der Stadt", schlug sie zwinkernd vor. "Salinator kann ja schließlich nicht überall sein." Ein etwas kläglicher Versuch ihn aufzuheitern, denn sicherlich hatte der vulgäre Mistkerl seine Spione und Anhänger überall.


    Über Vera wusste sie erst einmal nicht mehr zu sagen. Es würde sich zeigen, ob Vera der Aufgabe gewachsen war, oder aber nicht.


    "Briefe!" erklärte sie und wartete einfach ab. Ihn drängen konnte sie ohnehin nicht. Besonders was Valentina anging. Ihre Schwägerin hatte ja mehr oder weniger mit der Familie gebrochen. "Natürlich...", erklärte sie mit einem kleinen Lächeln. "Genug für ein paar Zeilen."

    Flavische Gespenster, das fand sie wirklich witzig. "Gespenster? Dann sollten wir uns verstecken", schlug sie lachend vor. "Unter einem Bett zum Beispiel", kicherte sie gut gelaunt. Es war herrlich einfach unbeschwert herum albern zu können. Und solange ihnen niemand über den Weg lief, konnten sie auch so ausgelassen bleiben, ohne sich verwunderte Blicke einzufangen. Die Vorstellung wie Prisca und sie sich selbst aus Furcht vor Gespenstern unter dem Bett versteckten, war wirklich amüsant. "Unsere Kinder werden das sicherlich gemeinsam mal machen.. oder aber Gespenster spielen...", schmunzelte sie und freute sich darauf, dass ihre Kinder gemeinsam irgendwann einmal spielen würden. Calvena war überzeugt davon, dass Prisca sicherlich auch sehr bald schwanger werden würde.


    Auf das ehrliche Mitgefühl ihrer Freundin lächelte sie ganz leicht und seufzte. "Leider... aber ich hab eine gute Schneiderin. Die meinen Liebreiz zu betonen weiß", schmunzelte sie und fühlte sich ehrlich geschmeichelt, weil Prisca ihrer Figur so viel Anerkennung zukommen ließ. Die Meinung ihrer Freundin war ich wichtig und wenn diese sagte, dass sie, trotz oder wegen der Schwangerschaft, eine gute Figur machte, dann glaubte sie ihr das. Ein wenig eitel war auch sie und es hatte sie schon deprimiert, dass sie gerade ihre Lieblingsstücke hatte ändern lassen müssen. "Danke, Prisca, du weißt ja gar nicht wie gut dieses Kompliment tut", gab sie ehrlich zu und lächelte Prisca schon fast liebevoll zu. Prisca gehörte zu ihren liebsten Freundinnen und schätzte deren Ehrlichkeit.


    "Ja, hat er", lachte sie. So im Nachhinein fand sie das tatsächlich irgendwie witzig. Zumal sie das Gesicht der Männer ihres Mannes nicht vergessen konnte, die ziemlich entsetzt waren, als sie die Beiden erwischt hatte, wie sie hinter ihr her schlichen. "Ein wenig Böse musste ich ihm schon sein, aber du hast recht... süß war es. Nur mag ich nicht den ganzen Tag unter Beobachtung stehen. Warten wir ab, was dein Mann alles anstellt, wenn du schwanger bist", zwinkerte sie ihr zu. Mit Sicherheit würde sich Prisca dann darüber beschweren, dass man sie in Watte packte. Die Aurelia wirkte nicht so, als würde sie sich etwas sagen lassen und den ganzen Tag im Haus einsperren lassen, um zu brüten. Ihr war ja in Germanien nichts anderes übrig geblieben. Der Schnee hatte einfach zu hoch gelegen und im Grunde alle Bewohner Mogontiacums ins Haus gesperrt.


    "Deine Mutter hat schon recht... eine Schwangerschaft sollte man nicht auf die leichte Shculter nehmen. Es kann viel passieren. Aber wenn du übervorsichtig bist, dann wirst du nicht wirklich glücklich sein und kannst die Schwangerschaft auch nicht genießen. Nur nicht zu viel zu Muten, aber lass dir nicht alles aus der Hand nehmen. Du wirst schon wissen, wann du überfordert bist und wann nicht", erklärte sie ihr mit einem kleinen Lächeln. "Wenn es bei dir soweit ist, kannst du mich und sicherlich auch Serrana um Rat fragen!" Natürlich würden sie ihre Freundin nicht allein lassen, wenn es denn bei der soweit war.


    Im Senat Mäuschen spielen, das war wohl der heimliche Wunsch vieler Frauen. Natürlich gab es auch die langweiligen Debatten, aber an sich einmal einen Blick hinter die Kulissen zu blicken war doch sehr reizvoll. Nur leider schwer umzusetzen... "Einen Bart ankleben?" lachte sie ungläubig. Sie zupfte sich eine Haarsträhne aus ihrer Frisur und legte sie sich über die Oberlippe. "Und unsere Stimmen müssen wir auch verstellen", sagte sie mit tiefer Stimme und musste dann gleich wieder losprusten. "Nicht nur die Wachen würden sich tot lachen", witzelte sie.


    Sie wurde wieder ernster, als Prisca einige Andeutungen machte. Was ihre Freundin ihr sagen wollte, verstand sie sofort und dieser Gedanke hatte durchaus für sich... die Frage war nur, wie fädelten sie es ein? Eine Spionin im Hause des Vesculariers zu haben konnte nützlich sein... "Wenn man eine vertrauenswürdige Hetäre fände, wäre es durchaus möglich ihn ein wenig zu beeinflussen... vielleicht auch eine loyale Sklavin...", meinte sie nachdenklich und hatte ein wenig die Stimme gesenkt. "Doch wie bringt man ihn und unseren... Spitzel zusammen? Verdacht sollte er nach Möglichkeit nicht schöpfen."

    Vera würde wohl die ein oder andere Herausforderung meistern müssen, ehe Calvena wirklich überzeugt war, dass die Duccia wirklich in der Lage war sich um ein Kind zu kümmern, dass nicht ihres war. Sie würde aber Vera die Gelegenheit geben sich beweisen zu können. Ein wenig musste sie auch Grinsen, es würde sicherlich nicht einfach für Vera werden, Rufus wieder sauber zu bekommen. Sie sah es schon kommen, dass Am Ende das ganze Bad unter Wasser stand, Vera durchnässt war und ihr Sohn immer noch schmutzig. Vielleicht aber überraschte Vera sie auch. Das würde sich später zeigen. „Die paar Stunden wissen wir sicherlich zu nutzen“, zwinkerte sie ihm verführerisch zu. Sie wurde aber ernster, als sie seinen sehnsüchtigen Blick bemerkte. Sie wusste, dass er sich nichts sehnlicher wünschte, so oft wie möglich bei ihnen zu sein. In Mogontiacum war es einfacher gewesen, hier in Rom, alles etwas komplizierter. „Du verpasst nur das Geschrei und volle Windeln“, versuchte sie ihn aufzumuntern. „Dass Vera nett ist, will ich gar nicht bestreiten, ich weiß nur nicht ob sie der Herausforderung gewachsen ist. Die Möglichkeit sich zu beweisen, wird sie aber bekommen. Wie Melina?... Ein wenig… Melina ist sogar ist nur eine kleine Spur wilder… Achso, ich hab Briefe aufgesetzt. An Sermo und… Valentina…“, erzählte sie, wobei sie Valentina nur vorsichtig erwähnte. Seine Schwester war ein heikles Thema. Es hatte eine ganze Weile gedauert bis sie sich dazu durchgerungen hatte ihrer Schwägerin schreiben zu wollen. Sie hatten sich nicht gerade im Guten getrennt. Dennoch war sie ihre Schwägerin und das war der Grund, warum sie ihr dann doch auch schreiben wollte.

    Kaum das man die kleine Tiberia erkannte, wurden sie auch schon ins Haus gelassen. Es war nicht ihr erster Besuch der Villa, aber es war schon eine ganze Weile her. Damals hatte sie Tiberius Durus ihren Wunsch geäußert Mitglied des Cultus Deorum werden zu wollen. Das schien wie eine halbe Ewigkeit zurück zu liegen und diese Entscheidung hatte sie bisher auch nicht bereut. „Geh nur, ich warte hier!“ meinte sie lächelnd und war gespannt, welchen ihrer Verwandten Caerellia anschleppen würde. Das Mädchen eilte davon und sie ließ in aller Ruhe den Blick einmal schweifen.