Germanien! Immer noch war sie ein klein wenig fassungslos darüber, wie plötzlich diese Versetzung gekommen war. Zunächst hatte sie es für einen schlechten Scherz gehalten, als Ihr Mann ihr das erzählte. Aber ein Blick in sein Gesicht und die finstere Miene die er aufgesetzt hatte, hatten sie schnell davon überzeugt, dass er ernst meinte. Salinator gehörte eindeutig den Löwen zum fraß vorgeworfen. Fast wäre sie sogar zu diesem vulgären Schwein ins Büro marschiert und hätte ihm ihre Meinung gegeigt. Was für ein verdammter Mistkerl. Am Ende hat die Vernunft gesiegt, sie wollte nicht wirklich in den feuchten Zellen der CU landen, weil sie sich den Preafectus Urbi vorgeknöpft hatte. Stattdessen wünschte sie ihm den schlimmsten Tod der ihr einfiel. Soll er doch an einer Geschlechtskrankheit verrecken!
Viel Zeit zum Nachdenken hatte sie dann auch nicht wirklich gehabt, dass sie Valerian begleiten würde, stand für sie fest. Allein in Rom? Ohne ihn und dann noch die Ungewissheit, wann sie ihn wieder sehen würde? Germanien war eigentlich nicht schlimm, viele Wälder, viel Platz und nicht die Hektik Roms. Nur Valerian würde sich wohl damit nicht anfreunden können. Für sie war es irgendwie einfacher, sie war fast ihr ganzes Leben lang herum gereist, hatte mehr von der Welt gesehen, als ihre Freundinnen und doch war sie traurig und wütend. Sie würde ihre Freundinnen für eine ganze Weile nicht mehr wieder sehen. Und wirklich Gelegenheit zum verabschieden hatte sie auch nicht, weil sie zu wenig Zeit zum packen hatte und es noch viele andere wichtige Dinge zu erledigen gab. Die Abende hatte sie damit zugebracht Briefe zu schreiben, an Romana, Septima, Catiena und ihre anderen Freundinnen. Nur von Serrana hatte sie sich persönlich verabschiedet, was ihr so gar nicht leicht gefallen war. Was sie etwas aufheiterte, war der Gedanke daran, dass sie sich wohl recht bald wieder sehen würden. Serrana, Sedulus und Sabina würden auch nach Germanien kommen. Avarus hatte ohnehin seine Pläne für die zeit während Flavius Furianus Consul war. Sie würde also nicht völlig allein sein.
Leise seufzte sie, als sie sich in ihrem Zimmer umsah. Die Truhen waren alle gepackt, ebenso wie die Möbel und ihre Instrumente. Alles würde am Abend auf einen Wagen verstaut werden und dann würden Simplex und Elissa sich mit den Sachen auf den Weg nach Mogontiacium machen. Sie hatte kurzerhand beschlossen, mit Valerian zusammen die Reise anzutreten und den etwas schnelleren Weg zu Pferde zu nutzen. Es würde schon irgendwie gehen, sie war schließlich kein verzogenes Modepüppchen, auch wenn Melina das wohl etwas anders sah.
Nur ein paar Wochen war ihr die Casa Quintilia ein zu Hause gewesen. Sie hatte sich unglaublich wohl gefühlt und nun würde es nach Germanien gehen. Ehe sie Wehmut verspüren konnte ging sie hinunter in Atrium. Fehlte eigentlich nur noch ihr Mann. Sie war Reisefertig. Zwei Pferde waren draußen angebunden, ihre Stute, die als Packpferd diente und im Grunde außer Proviant, einige Decken und ein Zelt nicht viel zu tragen hatte und dann ihr schwarzer Wallach. Sie selbst hatte sonst ihre so schönen Kleider gegen eine zweckmäßige Tunika eingetauscht und die langen dunklen Flechten zu einem festen Zopf geflochten. Ein wenig war sie in ihr altes Muster zurück gefallen. Die Zeiten in denen sie mit ihrer Ziehfamilie aus Gauklern unterwegs gewesen war, waren zwar vorbei, aber sie wusste noch immer was sie brauchte um schnell von A nach B zu kommen.
Etwas überrascht sah sie Melina im Atrium stehen, die gerade eine der Vasen mit Blumen auffüllte. Diese ließ sie so gar nicht von der Aufregung um sie herum mitreißen. Leicht legte sie den Kopf schief, hatte das Mädchen überhaupt mitbekommen, dass es Sie und Valerian nach Germanien verschlagen würde. So recht wollte sie das nicht glauben, schließlich hatte es deshalb jede Menge Aufregung gegeben. „Bist du hier um uns zu verabschieden, Melina?“ fragte sie dann rundheraus. Sie mochte die quirlige Quintila. Melaina war noch nicht so sehr von den Normen und Konventionen verbogen, welche die Gesellschaft für die römischen Frauen vorschrieb.
Im selben Augenblick kam dann auch Valerian zur Tür herein. „Guten Morgen, Liebling!“ sie lächelte ernst und gab ihm erst einmal einen Kuss. Wirklich Glücklich sah er nicht aus. Kritisch musterte sie ihn, er sah nicht so aus, als hätte er gut geschlafen.