Beiträge von Germanica Calvena

    Der eisige Nordwind jammerte und heulte, während der Frühling nun langsam Regen und Frost vertrieb. Der eisige Griff löste sich allmählich und die Sonne gewann immer mehr an Stärke. Und doch blieb noch ein kalter Hauch zurück und strafte all jene, die glaubten, der Winter hätte sich schon vertreiben lassen. Doch mit jedem Tag verlor er an Stärke und Kraft. Klagend strich der Nordwind durch die Bäume. Unermüdlich wurde der Garten der Casa Germanica für den kommen Frühling vorbereitet. Nur kurz hatte die Arbeit geruht, als man nach dem kleinen Ausreißer suchte. Mittlerweile hatten die Sklaven aber ihre Arbeit wieder aufgenommen: jäten, harken, umgraben, stutzen.


    Hand in Hand betraten sie den noch etwas kahlen Garten. Bis die ersten Blumen blühen würden, würde es noch ein wenig dauern. „Ich halte dich doch nicht von deinen Pflichten ab?“ fragte sie um einschätzen zu können, wie viel zeit sie nun gemeinsam hatten.

    Sim-Off:

    Freitag hat er wieder Zeit ;) Aber wie praktisch es ist, das es verschiedene Zeitebenen gibt. (Schau mal es gibt den Button 'SimOff' damit kannst du Texte die SimOff sind kennzeichnen)


    Es war einer dieser Tage an denen sie über ihrer Lyra saß und gedankenlos spielte sie auf dem Instrument. Ihre Gedanken trieben umher, durch Vergangenheit und die Gegenwart und die Zukunft. In nicht einmal einem Jahr hatte sich so viel geändert. Ihr ganzes Leben... War sie traurig? Glücklich? Sie wusste es nicht... Abwesend glitten ihre Finger über die Saiten, entlockten ihnen zarte Töne und sehnsüchtige Melodien.


    Ein Klopfen riss sie dann aus den Gedanken. "Komm herein!" sagte sie nur, ohne ihr Spiel zu unterbrechen. Ihr Blick blieb an dem Instrument hängen.

    Im vergeblich zu den Göttern, war ihr Leben so kurz wie ein Wimpernschlag. Sie waren nichts weiter als Spielfiguren des Schicksals. Ihr Leben konnte sich von einem Moment zu anderen ändern... das hatte sie am eigenem Leib zu spüren bekommen. Wieder hatte sie das Gefühl, als würde sich glühendes Metall in ihre Körper bohren. Doch es war nur Einbildung, die Wunde war längst verheilt, zurück geblieben war nur eine Narbe.
    Sacht streichelte sie Serrana, wie sehr hatte sie sich eine verständnisvolle Freundin zu dieser Zeit gewünscht. Jemand der sie in den Arm nahm und tröstete, doch stattdessen hatte sie einem halbwahnsinnigem Mann ihr Leben zu verdanken, welcher in seiner eigenen Traumwelt lebte und in ihr seine Rettung gesehen hatte. Sie hatte eigentlich kaum Zeit gehabt ihren Kummer zu verarbeiten. Das Gefühl zu ertrinken war allgegenwärtig gewesen. So vieles war auf sie herein geprasselt. Zerbrechen oder stärker werden, waren die Wahlmöglichkeiten, die sie gehabt hatte, sie war Stärker geworden. Doch für welchen Preis. Ein kleiner Teil ihrer selbst war gestorben. Der Teil, der alles leicht genommen hatte. Die Naivität war dem harten Blick auf die Realität gewichen. Sie beneidete Serrana, dass sie so unbeschwert sein konnte. Laevina hatte gut auf sie aufgepasst, trotz ihrer kalten und harten Art. Auch Laevina hatte ihren eigenen Kummer. Mit einem Male hatte sie etwas mehr Verständnis für die Alte.


    Serranas schniefen lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihre Freundin. Saldir war schon längst entschwunden. „Warte kurz!“ sagte sie, stand auf, verließ das Zimmer und kam dann einen Augenblick später mit einem Taschentuch zurück, dass sie ihr reichte. Sie fühlte sich irgendwie verantwortlich für ihre Freundin. Wie eine große Schwester. „Hier!“ sagte sie sanft und setzte sich wieder zu ihr.


    Schweigend lauschte sie der Melodie. Suchte nach vertrauten Mustern und nahm es dann auf. Das sanfte Lächeln ihrer Mutter stieg aus der Vergangenheit auf. Sie tanzte und wirbelte um sie herum. Glücklich, unbeschwert. „Es ist ein Kinderlied“, sagte sie leise. „Es hat keinen Text... nur eine Melodie“, sagte sie geistesabwesend. Gefangen in ihren eigenen Erinnerungen. Sie blinzelte und sah dann Serrana wieder an. „Meine Mutter hat gesagt, dass jede Mutter auf diese Melodie ihr eigenes Lied dichtet!“ erklärte sie ihr.


    Das Gespräch wandte sich nun wieder einem ernstem Thema zu und sie konnte sehen, wie Serrana einen Moment brauchte um ihre Andeutungen zu verstehen. Leicht beschämt schlug sie die Augen nieder. Sie wusste mehr über die Möglichkeiten einer Frau, als ihre Freundin. Es kam ihr falsch vor, ihr nun einige Illusionen zu rauben. Auch über sich selbst. Kurz biss sie sich auf die Lippen. Sie würde die Iunia nicht anlügen, nur weil es ihr unangenehm war, etwas auszusprechen, was viele andere Frauen bereits wussten. Kurz holte sie tief Luft, ehe sie sprach: „Es gibt Mittel und Wege eine Schwangerschaft zu verhindern. Nicht unbedingt zuverlässig... aber wenn es die Situation erlaubt, kann man dazu greifen. Manche dieser Methoden sind Lebensgefährlich, andere haben nur ein geringes Risiko. Man sollte dennoch alle kennen... Es wird fast nie darüber gesprochen, doch wissen viele Frauen um diese Methoden!“ Sie hatte ihre Stimme gesenkt, denn das was sie ihrer Freundin anvertraute war ein Tabuthema und wenn jemand erfuhr, dass sie dieses Wissen besaß, würde sie jede Menge Ärger bekommen. Sie senkte den Blick und betrachtete ihre Hände. „Du fragst dich sicherlich woher ich das weiß. Meine älteren Schwestern haben mich aufgeklärt und mir diese Methoden erklärt und was man benötigt. Ich würde niemals dazu greifen, aber man weiß ja nie...“, sagte sie.

    Leise seufzte sie und tat es wohl ähnlich wie Valerian, sie sah ratlos von einem zum anderen. Wirklich einmischen wollte sie sich nicht, schließlich war Marcus nur ein entfernter Cousin und sie war nicht so direkt mit ihm verwandt wie mit Sabina. Die Erziehungsfragen überließ sie da lieber Sedulus, Laevina und Bia. Sie würde später schon genug Probleme mit ihren eigenen Kindern haben. Kurz sah sie zu Valerian hoch. Lang würde es wohl nicht mehr dauern... Bei diesem Gedanken kribbelte es leicht in ihr. Eine gewisse Ungeduld gemischt mit Nervosität und Verlangen?!? Leicht drückte sie seine Hand.


    „Was hältst du davon, wenn dir die Erziehungsfragen Sedulus und Aculeo überlassen?“ fragte sie ihn. Die Gelegenheit war günstig und sie konnten sich in Ruhe absetzen und die Anderen hier diskutieren lassen. Sie würde sich ein paar Augenblick mit ihm allein nicht entgehen lassen. Sie hatte ihm schließlich auch noch etwas zu erzählen. Er wusste ja noch nicht, dass sie befördert war.


    Bei der Aussage von Paullus wanderte ihr Blick dann doch zu Bia. Na das konnte ja noch heiter werden, wenn diese nichts anderes tun sollte, als auf Marcus aufzupassen. Sollte das verhalten des Jungen denn gar keine Konsequenzen haben? Selbst sie mit ihrer wilden Kindheit hatte erfahren müssen, was es hieß, wenn sie die Regeln brach. Die Strafen die sie erhalten hatte, waren zwar meist sehr kreativ in ihrer Ausführung gewesen, aber sie hatte immer ein Ziel gehabt: ihr eine Lektion zu erteilen. Vor ihrem inneren Augen baute sich der Addae auf, drohend und grimmig. Ihr seid zu weit gegangen? Was in Namen Plutos habt ihr euch dabei gedacht? Denkt ihr denn nicht nach, wenn ihr etwas tut?“ brüllte er und sah von einem Schuldbewussten Kindergesicht zu nächsten. „Ich sollte euch alle verkaufen!“ donnerte der große schwarze Mann. Ängstlich zog sie den Kopf zwischen die Schultern, so wütend hatte sie ihn noch nie erlebt. Ihr zerschlissenes Kleid war mit roter Farbe besprenkelt und ihre Geschwister sahen nicht besser aus. Sie standen mitten auf dem Marktplatz um sie herum wütende Händler. „Es tut mir leid!“ wisperte sie verschreckt, den Tränen nahe. „Es tut dir Leid?“ wiederholte er brüllend. „Und wie es dir Leid tun wird. Und euch!“ Zwar war der Streich sehr lustig gewesen, aber sie hatte anschließend furchtbaren Ärger bekommen... Calvena blinzelte und fand sich im hier und jetzt wieder. Das sie einen Moment ins Leere gestarrt hatte, schien niemand mit bekommen zu haben, denn Bia, Sedulus und Paullus schienen sich immer noch Uneins über die Erziehungsfragen zu sein. Sie war so etwas wie eine Zeugin, aber im Grunde war sie Fehl am Platze. Fragend sah Valerian noch einmal an. Jetzt wäre die Gelegenheit passend um sich abzusetzen.

    Sie musste lachen, als Sabina fragte ob sie dabei sein durfte. „Natürlich darfst du dabei sein. Als Blumenmädchen siehst du sicherlich ganz toll aus“, versicherte sie ihrer kleinen Base. Ihre Begeisterung steckte an und vertrieb ihre Nervosität. Sie sollte Sabina wirklich bei sich haben, dass Mädchen versprühte so viel gute Laune, dass sie sich gleich sicherer fühlte. „Du darfst mich so oft besuchen, wie du willst. Aber melde dich vorher lieber an. Ich hab schließlich auch noch ein paar Verpflichtung!“ meinte sie dann noch und lächelte dem Mädchen zu. Das Marcus sich innerlich von dem Gespräch distanzierte und dann auch körperlich etwas auf Abstand ging, bekam sie zunächst nicht mit. Sabina hatte im Augenblick ihre ganze Aufmerksamkeit. Erst als Marcus fragte, ob sie ihm folgten, bemerkte sie, dass er nicht mehr bei ihnen saß und einen zerknirschten Eindruck machte. Verwundert sah sie ihn an und ging dann direkt auf ihn zu. „Was ist los?“ fragte sie und ging auf seine Augenhöhe. Ernst und besorgt sah sie ihm an. Hatte er sich doch mehr getan bei dem Sturz, als er zugeben wollte. Anders konnte sie sich seine abweisende Haltung erst einmal nicht erklären. Sabina indes plapperte munter weiter, als hätte sich nichts geändert. Manchmal schien das Mädchen so gar kein Feingefühl zu besitzen.


    Kurz hob sie den Kopf und sah Sabina seufzend an. Ihr Vorschlag heute und jetzt zum Circus zu gehen und sich dort die Tiere anzusehen, stieß bei ihr nicht wirklich auf Begeisterung. Aber irgendwie wollte sie Sabina und Marcus diesen Gefallen nicht abschlagen. Zeit bis zum Abendessen war auch noch genügend. Noch einmal seufzte sie. Dann nickte sie langsam und zustimmend. „Wir werden da hin gehen, aber unter zwei Bedingungen“, sie sah Sabina und Marcus an. „Als erstes werdet ihr ohne zu murren tun, was ich sage“, wieder sah sie den Kindern in die Augen. „Und Zweitens werdet ihr Beide Avarus und Sedulus von diesem Ausflug erzählen. Seht es als einen Art Bericht an. Ihr werdet ihnen alles erzählen“, meinte sie ernst.


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    Faustus Octavius Macer
    Legio I in Mantua
    Italia


    Salve Macer,


    ich hoffe doch es geht dir gut und du hast deinen Posten erfolgreich übernehmen können. Die Casa Octavia steht noch und bei meinen regelmäßigen Besuchen gab es bisher nichts zu beanstanden. Die Sklaven sind freundlich und zuverlässig und behandeln mich immer sehr zuvorkommend.
    Derzeit stecke ich mitten in meinen Hochzeitsvorbereitungen. Es ist gar nicht so einfach, kann ich dir sagen. Es gibt so viele Dinge an die wir denken müssen: Gästelisten, Blumenarrangements und viele andere Dinge. Meine Freundinnen helfen mir und auch Septima steht mir beratend zur Seite. Ich werde etwas nervös, wenn ich daran denke, dass ich bald heiraten werde. Und ich weiß nicht einmal warum. Vielleicht liegt es einfach daran, dass ich Valerian aus tiefstem Herzen Liebe.


    Ich weiß nicht ob du es schon gehört hast, aber Septima ist nun verheiratet. Ich war bei ihrer Hochzeitsfeier dabei. Es war ein schönes Fest und sie sah wirklich atemberaubend aus...
    Diese Nachricht muss dir das Herz zerreißen. Ich wünschte ich könnte die berichten, dass Aurelius Ursus ein furchtbarer Mann ist. Aber es ist offensichtlich, das er sie anhimmelt. Es mag eine arrangierte Ehe sein, aber es gibt durchaus Zuneigung... auf beiden Seiten. Ich schreibe dir dies nicht um dir Kummer zu bringen, sondern damit du dich nicht falschen Hoffnungen hingibst. Ich weiß nicht wie Septima zu dir steht, aber ich glaube zu wissen, dass es ihr auch das Herz bricht. Dass sie gehofft hatte das Ursus nicht so nett ist und sie auf Händen trägt. Es würde so vieles einfacher machen, wenn der Aurelia ein Scheusal wäre. Ich hab die Beiden gesehen, sie wirkten glücklich, trotz der Umstände...
    Ich weiß nicht was ich dir raten soll. Ich könnte jetzt Phrasen wie: Auch auf dich wartet die Liebe oder Gib die Hoffnung nicht auf verwenden, aber dann würdest du dich betrogen fühlen. Zu Recht! Für dich ist Septima die Richtige und doch scheint es immer weniger Hoffnung für euch Beide zu geben. Es schmerzt mich zu wissen, dass dieser Brief dir nur Kummer bringt. Aber als deine Freundin fühle ich mich verpflichtet dir dies zu schreiben.


    In ewiger Freundschaft [Blockierte Grafik: http://i687.photobucket.com/albums/vv232/Aine_photos/papyrus3.png]



    Sim-Off:

    Bitte Familienwertkarte der Germanica verwenden

    Sie musste lachen und warf Sermo einen fragenden Blick. „So hat er das?“ fragte sie amüsiert nach. „Er hat wohl eher aufräumen lassen!“ meinte sie und grinste, als der Quintilier diese Vermutung dann noch bestätigte. So langsam entspannte sie sich in der Gegenwart der Beiden. Es war eben nur der Anfang gewesen, der etwas holprig gewesen war.


    Leich zuckte sie mit den Schultern, sie hatte keine Ahnung warum Macer nicht länger bei dem Essen zu den Ludi war. Sie hatte ihn ehrlich gesagt nicht danach gefragt. Seltsam war es schon. „Vielleicht hatte er noch Verpflichtungen“, vermutete sie. War er nicht noch Duumvir zu der Zeit gewesen? Gut möglich!
    Leicht nickte sie bei den Ausführungen und Vermutungen darüber was aus dem Tiertrainer geworden war. Er war wohl über alle Berge. Blieb nur zu hoffen, dass er nicht erneut Unheil brachte.


    „Die Entscheidung lag nicht bei Macer wo er sein Tribunat ableistet. Vescularius Salinator fällt in dieser Hinsicht die Entscheidung. Manchmal scheinen seine Handlungen willkürliche zu sein…“, meinte sie nachdenklich. „Macer wäre es lieber gewesen, wenn er in Rom hätte bleiben können. Aus familiären Gründen!“ erklärte sie und war verwundert über sich selbst. Sie wusste doch ne ganze Menge darüber, was in Rom vor sich ging. Nicht zum ersten Mal fiel ihr auf, wie sehr sie sich verändert hatte. Sie bewegte sich immer sicherer in der Gesellschaft. Noch vor einem Jahr hätte sie sich das nicht einmal vorstellen können… da war ihr Leben noch ein anderes gewesen.

    Er würde ihr nicht auf ihre unausgesprochene Frage antworten, wer denn nun ihr Schutzengel war. Stattdessen konnte sie die Genugtuung in seinen Zügen sehen und das Glitzern der Zufriedenheit in seinen Augen. Noch ein wenig mehr presste sie den Kiefer aufeinander. Der Falvier war eine schmierige Pestkröte, eine Eiterbeule, nicht mehr als Dreck. Nur zu gern würde sie sehen, wie sich der Untergrund auftat und ihn verschlang. Sollte er doch in Plutos Fegefeuer schmoren, das hatte er verdient. Ihre gute Laune hatte sich wie Weihrauch aufgelöst, stattdessen verspürte sie nur den mörderischen Drang ihn sich vom Hals zu schaffen. Innerlich bebte sie vor Wut und Frustration. Doch äußerlich zeigte sie nur eine kühle Maske der Verachtung.
    Es war klar gewesen, dass er sie nicht so ohne weiteres gehen lassen würde. Stattdessen plusterte er sich nur noch mehr aus und sprach leise Drohungen gegen sie aus. Nun war sie wirklich kurz davor in Tränen auszubrechen. Es war eine himmelschreiende Ungerechtigkeit. Sie hatte sich alles selbst hart erarbeitet und er machte dies alles einfach zu nichte, mit einer Handbewegung, als würde er eine Fliege verscheuchen. Mit Mühe kämpfte sie die Tränen nieder und blickte ihn nur starr. Egal was sie sagen würde, er würde es nur zum Anlass nehmen um ihr noch mehr Steine in den Weg zu legen. Es war so unfair. Sie verschränkte ihre Hände ineinander um sich selbst davon abzuhalten irgend etwas unsäglich dummes zu tun.
    Sie nahm sich vor ihm keinen Grund zu geben, seine Drohungen wahr zu machen. Sie hatte den Weg des Cultus Deorum beschritten, weil sie den Göttern dienen wollte und auch um der Familie etwas zurück zu geben. Mit einem süffisanten Grinsen entließ er sie und sie warf ihm nur einen hasserfüllten Blick zu. In diesem Augenblick bemerkte sie eine Bewegung am Rande ihres Gesichtsfeldes und sie wandte den Kopf. Serrana! Erleichterung durchströmte sie, ihre Freundin war ihre Rettung, ohne dass diese es ahnte. Ohne Gruß wandte sie sich von dem Flavier ab und eilte zu der Iunia. Schnell hackte sie sich bei ihr ein. Ein Schutzschild vor dem Groll Pisos. „Lass uns gehen“, flüsterte sie. Heiser vor Wut und auch Kummer. „Die Götter müssen dich geschickt haben. Ich erklär es dir später. Lass uns jetzt nur schnell gehen“, bat sie leise und lenkte ihre Schritte fort von dem Platz. Fort von dem Septemvir. Sie war durcheinander und auch erschüttert. Serrana war gerade wie der rettende Fels in der Brandung für sie.

    Während immer mehr Gäste eintrudelten, blieb sie etwas Abseits und im Hintergrund und sah sich viel lieber im Atrium um. Sie vermisste gerade ein wenig Valerian. Dann hätte sie einen Gesprächspartner gehabt. Axilla schien jedenfalls kein Interesse daran zu haben ihre Bekanntschaft zu vertiefen, diese war durch ihren Begleiter und auch weitere Gäste abgelenkt. Also beschäftigte sie sich mit sich selbst und dachte bereits daran, wie wohl ihre Hochzeit sein würde. Als sie dann aber Serrana und Sedulus entdeckte beschloss sie kurzerhand die Beiden ein wenig zu stören. Gerade als das Thema auf eine Wette kam, stieß sie wieder dazu. „Was für eine Wette?“ fragte sie fast gleichzeitig mit Septima und musste dann lachen, als sie einen kurzen verdutzten Blick tauschten.
    Erst einmal begrüßte sie dann Serrana und umarmte diese kurz. „Salve, Serrana, schön dich wieder zu sehen. Wann bist du eigentlich nach Hause gegangen?“ fragte sie ihre Freundin. Der halbe Abend lag irgendwie in einem leichten Nebel. Sie wusste nur noch, dass sie nur Augen für Valerian hatte und ihre Freundin sträflich vernachlässigt hatte, was ihr nun unendlich Leid tat. Aber Serrana schien ihr schon längst verziehen zu haben
    Ihrem Onkel schenkte sie nur ein breites wissendes Grinsen.

    Ihr blieb gar keine Gelegenheit darüber nach zu denken, ob es eine so gute Idee war, sich nun mit Laevina zusammen zu setzen. Aber welche Möglichkeiten blieben ihr denn noch? Außerdem schienen nun sie wirklich so etwas wie Frieden geschlossen zu haben. Sie rückte mit ihrem Sessel näher an die Alte heran und sah ihr erst einmal über die Schulter. Sie war noch erstaunlich flink und agil für ihr Alter. Wie selbstverständlich spannte sie die Wolle ein und erklärte ihr dann sogar ruhig, was sie zu tun hatte. Etwas Unsicher nahm sie ihr dann den Strang ab und zog diesen dann durch die Kerben im Holz. Bis hierhin war es ja noch einfach, fand sie. Sorgfältig spannte sie den Rahmen. Es dauerte wohl länger, als bei Laevina, denn immer wieder machte sie ausversehen Knoten in die Wolle, welche sie dann erst einmal lösen musste. Dabei verlor der Rahmen natürlich seine Spannung und sie musste nach ziehen. Doch nicht so einfach, wie im ersten Moment gedacht. Schließlich war es ihr geglückt, auch wenn es wohl nicht ganz das erwartete Ergebnis war und sie länger gebraucht hatte, als gedacht. Erwartungsvoll sah sie dann Laevina an. „Wie geht es weiter?“ fragte sie.

    Irgendwie konnte und wollte sie ihm nicht glauben. Sie war sich sicher, dass er irgendwas ausheckte und der Blick mit dem er sie schließlich taxierte trieb ihr zunächst die Zornesröte ins Gesicht, ehe sie aschfahl wurde. Sein Blick sprach Bände und sie hatte in diesem Moment das Bedürfnis ihm einen Dolch in seine Lenden zu stoßen. Er hatte Glück, sie hatte keinen dabei, normalerweise verbarg sie diese kleine Waffe in ihrer Kleidung. Man konnte ja nie sicher sein. Zwar konnte sie damit nicht wirklich umgehen, aber der Überraschungsmoment ließ sich durchaus ausnutzen. Es hatte auch seine Vorteile eine etwas zweifelhafte Vergangenheit zu haben. Mit aller Macht hielt sie sich davon ab einen Schritt von ihm zurück zu weichen. Er sollte nicht den Eindruck bekommen, sie hätte Angst vor ihm. Tatsächlich fühlte sie sich reichlich Unwohl in ihrer Haut. Nur ganz kurz huschte ihr Blick über den Platz. Einige Tempeldiener waren noch damit beschäftigt die Spuren des Opfers fort zu räumen. Er würde es nicht wagen ihr etwas anzutun solange die Gefahr bestünde, er würde dabei gesehen werden.
    Es fiel ihr zusehends schwerer sich zu beherrschen, es waren nicht seine Worte die sie trafen, sie hatte schon weit aus schlimmere Beleidigungen gehört, meist aus dem Mund von Laevina, es war vielmehr seine Haltung, so lässig und überlegen. Doch dann stutzte sie. Schutzengel!?! von wem sprach er? Und woher wusste er überhaupt so viel über sie. Seit ihrer Begegnung auf dem Mercatus vor einer scheinbaren Ewigkeit war sie ihm bis jetzt nicht mehr begegnet. Mit wem konnte er gesprochen haben? In dem Bruchteil eines Atemzuges ging sie alle durch, die über ihre Vergangenheit Bescheid wussten. Allen vertraute sie, selbst Laevina mittlerweile. Aber dennoch schien er nicht alles zu wissen.... Er stellte sie vor ein ziemlich großes Rätsel.
    „Schutzengel?“ echote sie von daher ungläubig und hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Unsicherheit hatte in ihrer Stimme mit geschwungen.
    Schließlich versuchte er mit Schmeichelei aus ihr heraus zu bekommen, warum sie dem Cultus Deorum beigetreten war. Doch sie schwieg ihn nur eisig an. Soweit kam es noch, dass sie ihm einen Einblick in ihr Innersten geben würde. Sollte er doch glauben, was er wollte. Plötzlich zeigte sie ein leichtes verschlagenes Lächeln auf ihren Zügen. „Egal was meine Gründe sind. Du würdest mir eh kein Wort glauben“, sagte sie leise. „Also glaub was Du willst!“ erklärte sie ihm und reckte leicht das Kinn. Herausfordernd. Sie würde ihm nicht die Genugtuung geben, dass er mehr über sie erfuhr als er schon wusste.
    Als nächstes versuchte er sie wieder einzuschüchtern, in dem er seinen Rang ausspielte. Ein gehässiges 'Hah' entfloh ihren Lippen. Er war erbärmlich. Anscheinend konnte er sich nur dann wirklich wohl fühlen, wenn er heraus kehrte, was er doch für ein starker imponierender Mann war. „Nun denn Septemvir Aulus Flavius Piso, Du wirst doch sicherlich Verständnis haben, wenn ich nun gehe. Ich hab Dir nichts zu sagen!“ In ihrer Stimme klang leicht versteckter Hohn mit, doch ihre Lippen zierte ein falsches freundliches Lächeln und sie neigte scheinbar respektvoll den Kopf. Doch auch diese Geste war nur eine Parodie dessen, was er sich wohl erhofft hatte. Sie konnte ihn nicht respektieren. Würde es wohl vermutlich nie.

    Bisher hatte sie noch nie Melodien nieder geschrieben. Dass es überhaupt eine Möglichkeit gab, hatte sie nicht gewusst. Hier eröffneten sich neue Wege, die sie nicht für möglich gehalten hatte. Schweigend lauschte sie den Ausführungen von Penelope und machte sich dabei ihre eigenen Gedanken. Die Grichen hatten sich anscheinend viel mehr Gedanken gemacht über das Wesen der Musik, als andere Kulturen. Das wunderbare an Musik war, dass man nicht unbedingt Worte brauchte um sie zu verstehen. Mittels Musik konnte man so vieles Ausdrücken: Gefühle, Gedanken… Musik war eine universelle Sprache, die man anscheinend mit Hilfe der Mathematik sogar niederschreiben konnte.
    „Ich glaube man braucht sowohl die Praxis, als auch die Theorie. Mit Hilfe von Experimenten kann man seine Thesen überprüfen und notfalls korrigieren. Was bringt uns eine gut ausformulierte These, wenn sie doch falsch ist. Man müsste einen Kompromiss finden“, gab sie zu bedenken. „Die Mathematik könnte es uns leicht machen, die Intervalle zu berechnen, doch eine Überprüfung ist notwendig. Auch wenn man sich dann nur auf sein Gehör verlassen kann.“

    Dieser Flavia war einfach nur ein aufgeblasener Geck. Er nahm sie nicht einmal ernst. Im Gegenteil, er sah in ihr wohl so etwas wie ein kleines bockiges Kind. Das verschlug ihr doch vor Empörung glatt die Luft weg. Ihre Miene verschloss sich ihm Gegenüber nun total. Es würde ihm nun schwer fallen ihre Emotionen zu lesen. Zum ersten Mal war sie Laevina ein wenig dankbar, dass diese sie so oft gereizt und auch provoziert hatte. Die Fähigkeit jegliche Gedanken hinter einer Maske aus Gleichgültigkeit zu verbergen und selbst ihren Zorn erst einmal einzusperren nur um dem Gegenüber keine Angriffsfläche zu bieten.
    Mit stoischer Miene ließ sie seinen Spot über sich ergehen. Sie war sich ziemlich sicher, dass er nicht nur hier war um scheinbar den Cultus Deorum vor ihrem schlechten Einfluss zu beschützen, sondern auch um seinen angekratzten Stolz wieder ein wenig zu pflegen und zu tätscheln. Piso gehörte zu der schlimmsten Sorte Mann: ein viel zu großes überzogenes Selbstbewusstsein, gepaart mit der Überzeugung, dass ihm nichts und niemand etwas anhaben konnte. Dass allein sein Name ausreichte um alle Welt vor Angst zittern zu lassen. Das es die Germanica nicht so mit den Falviern hatte, würde sich wohl nun auch in die nächste Generation ziehen. Anstatt Brücken zu schlagen, vertiefte sich nun der Graben. „Warum bist Du dann nicht zu deinem Vetter gegangen… oder zu Tiberius Durus“, dieser war ja auch nicht sonderlich gut auf ihre Familie zu sprechen und hätte sicherlich jeden Anlass als Grund genommen um sie aus dem Cultus Deorum zu vertreiben und auch um der Gens Germanica zu schaden. „Oder zu Aurelius Corvinus. Deine Großzügigkeit ist es sicherlich nicht, die dich davon abhält. Also erhoffst Du Dir etwas daraus!“ ihre Stimme war ein flüstern. Eine Herausforderung an ihn. So schnell ließ sie sich von ihm jetzt nicht einschüchtern. Sie war durch ihre eigene persönliche Hölle gegangen und er würde sie nicht dazu bringen, dass sie sich verängstigt zurück zog. Diesem Kampf würde sie sich stellen.
    Seine Fragen bohrten sich dann doch in ihr Herz, weckten den schon fast vertrauen Schmerz des Verlustes und des Kummers. Tränen brannten ihr in die Augen. Doch sie würde ihm keine Schwäche zeigen, sie biss die Zähne aufeinander und hielt seinem Blick stand.
    „Ich habe meine Gründe, warum ich dem Cultus Deorum beigetreten bin. Gründe die Dich nicht zu interessieren haben!“ erwiderte sie fest. „Die Götter jedenfalls scheinen mich als ihre Priesterin haben zu wollen. Wer bist Du dass Du ihre Entscheidung in Frage stellst?“

    Gern wäre sie jetzt woanders gewesen. Fern von diesem Trubel, allein mit Valerian. Leicht erwiderte sie den Druck seiner Hand. Wahrscheinlich würden ihr einige Augenblicke allein mit ihrem verlobten vergönnt sein. Sicherlich würde er schon bald zurück in die Castra müssen, zurück zu seinen Pflichten. Kurz warf sie ihm einen nachdenklichen Blick zu, konnte es sein das Marcus ihn an sich selbst erinnerte. Sie musste Grinsen, sie wusste ja, dass er als Kind allerhand angestellt hatte. Wie gut das Marcus davon nichts ahnte, sonst könnte er womöglich Valerian nach eifern wollen, oder aber ihr. Sie hatte ja schließlich auch einige unmögliche Streiche in der Kindheit ausgeheckt. Bisher hatte sie weder Sabina noch Marcus etwas davon erzählt, am Ende hieß es noch, sie hätte sie angestiftet. Irgendwie sah sie sich nun auch ein wenig dazu genötigt Partei für den Knaben zu ergreifen.


    „Marcus ist aufgeweckt. Rom ist nur eben noch ungewohntes Pflaster für ihn. Er wird sich sicher bald eingelebt haben“, sie sah zu Paullus hinüber der eine reichlich finstere Miene zog und meinte, die Ohrfeige sei nicht nötig gewesen. Ein wenig unbehaglich zuckte sie mit den Schultern.


    „Ich kann verstehen, dass du ungehalten über die Erziehungsmethoden bist. Aber einmal ehrlich, wie würdest du deinen Bruder bestrafen, wenn er vorlaut und frech wird und sich unangebracht verhält. Besonders in Gesellschaft. Hausarrest wird nur bis zu einem bestimmten Punkt seinen Schrecken behalten…“, ihre blauen Augen ruhten auf ihrem Verwandten. Er hatte es nicht leicht gehabt. Er sollte sich aber dringend mit Bia absprechen.
    Sie machte sich auch ein wenig Gedanken darüber, wenn einmal nicht nur die Familie die Fehltritte des Jungen mitbekam. Valerian zählte nicht, in ihren Augen gehörte er schon längst zu ihrer Familie, oder sie zu seiner. Marcus konnte dann ganz schnell ein ziemlich schlechtes Licht auf die Familie werfen. Jetzt als Kind sah man darüber noch hinweg, doch später könnte so etwas verheerende Konsequenzen haben. Sie war sich nicht sicher, ob sie es Marcus erlaubt hätte bei den Fontinalien dabei zu sein. Bei Sabina war sie sich sicher, dass sie wusste wie sie sich zu verhalten hatte. Ihr Onkel gesellte sich dazu um in Sachen Erziehung wohl auch noch mit zu mischen. Es wurde immer unwahrscheinlicher, dass sie mit Valerian kurz allein sein würde.

    Bedächtig betrat sie den Tempel. Der Stoff ihrer Tunika säuselte leise, als sie den Mittelgang hinab Schritt und dann vor dem Kultbild der Iuno stehen blieb. Ihre Miene war Ausdruckslos nur ein glückliches Funkeln in den Augen verriet, wie lange sie diesen Tag herbei gesehnt hatte. Hier stand sie nun, dies war ihr Tempel. Ihr oblag die Aufsicht über einige Priester, Helfer und Schüler. Eine ganze Weile blickte sie schweigend in das Ebenbild der großen Göttin. Unbeweglich, fast wie eine Statue selbst. Schließlich räusperte sich jemand hinter ihr und sie wandte den Kopf. Vor ihr stand eine Priesterin mittleren Alters. Erfahrung und auch eine gewisse Weisheit lag in ihrer Haltung.


    „Sei willkommen, Aeditua Germanica. Ich bin Caedicia Aviola. Ich soll Dich mit Deinen Aufgaben vertraut machen und Dir Deine Fragen beantworten!“ stellte diese sich freundlich vor. Calvena erwiderte das Lächeln.


    „Vielen Dank. Ich bin froh, nun endlich meine Arbeit aufnehmen zu dürfen!“ erwiderte sie. „Es ist mir eine Freude dich kennen zu lernen.“ Ihr Blick wanderte durch den Tempel. Nicht zum ersten Mal war sie hier, aber nun sah sie dieses Bauwerk mit ganz anderen Augen. Sie war nun keine Schülerin mehr. Aufregung stieg prickelnd in ihr auf. Später würde sie Iuno noch ein eigenes Opfer darbringen. Um ihr zu danken. Sie fand, dass war sie der Göttin schuldig.


    Die Caedicia neigte huldvoll den Kopf. „Als erstes werde ich Dir alle Tempeldiener vorstellen und auch unsere beiden Schüler. Dann zeige ich Dir die Gebäude die noch zum Tempel gehören. Sicherlich hast Du diese schon einmal besichtigt, aber es schadet nie, sich noch einmal mit allem vertraut zu machen!“ verkündete sie und zwinkerte der jüngeren Frau zu. Calvena konnte nicht anders, sie musste Grinsen. Aviola war ihr sympathisch. Ein wenig hatte sie sich vor den älteren Priestern gefürchtet, aber anscheinend wurde sie ohne weiteres in den Kreis aufgenommen und auch sogleich respektiert. Obwohl es ihr noch ein wenig an Erfahrung mangelte. Aber mit der Zeit würde sich auch dies ändern.


    „Nun denn, ich bin bereit!“ sagte sie nickend.


    „Du weißt welche Aufgaben Dir obliegen?“ hackte Aviola nach. Sie wollte das Wissen der Aeditua testen und sicher gehen, dass sie nicht einfach nur Glück gehabt hatte.


    „Natürlich“, sagte antwortete Calvena. „Mir obliegt die Aufsicht über den Tempel. Ich bin für die Organisation der großen Opfer an den Feiertagen zu Ehren Iunos zuständig. Ich darf Schüler ausbilden und muss darauf achten, dass es genügend Opfergaben gibt. Auch arbeite ich eng mit den Händlern zusammen die uns die Opfertiere liefern. Sollte jemand Hilfe bei der Ausrichtung eines privaten Opfers benötigen, dann stehe ich ihm beratend zur Seite!“ zählte sie ruhig auf. Sie konnte verstehen, warum sie gefragt wurde und antwortete deswegen bereitwillig.


    Zufrieden nickte die Caedicia. „Wer war Dein Lehrer? Er hat ganze Arbeit geleistet bei Deiner Ausbildung.“


    „Durmius Verus. Er wird sich wohl nun zur Ruhe setzten.“


    „Der Jüngste ist er wahrlich nicht mehr. Aber er war ein guter Priester. Er wird dem Collegium fehlen. Er hat es oftmals geschafft streitende Parteien wieder anzunähern. Ein guter Mann und noch besserer Lehrer. Wir bräuchten mehr Männer wie ihn. Der Cultus Deorum hat längst nicht mehr das Ansehen wie einst.“


    „Sehr bedauerlich. Dies sollte sich ändern, schließlich sind die Götter ein wichtiger Teil unseres Lebens.“


    „So ist es!“ Aviola seufzte tief. Während sie durch den Tempel schritten nickten sie immer wieder den wartenden Römern zu. „Und doch vergessen die Menschen nicht den Göttern zu danken!“ meinte sie lächelnd. Zustimmend nickte Calvena. „Nun komm, ich stell Dir alle vor!“

    Noch einmal neigte sie leicht das Haupt. Erleichterung und vor allem Freude zeigte sich auf ihren Zügen. Es würde ihr nicht schwer fallen nun noch einige weitere Tage zu warten. Es gab weit aus schlimmeres. Ein kurzer Seitenblick auf den Flavia machte ihr bewusst, dass dieses schlimmeres schneller über sie kam, als sie wollte. Nur ganz kurz verdüsterte sich ihre Miene, doch als sie sich von ihrem Lehrer verabschiedete, welcher ihr versicherte, dass er sehr Stolz auf sie war, lächelte sie wieder von ganzem Herzen. „Valete und vielen Dank!“ sagte sie zum Abschied zum Aurelia und auch zu Durmius. Am liebsten wäre sie ihnen gefolgt, doch sie wollte sich auch Piso stellen. Sie sah ihnen nach, bis diese außer Hörweite waren. Fast sofort brach dann auch das Unwetter über sie herein und vertrieb ihre gute Laune wie der Wind ein welkes Blatt. Unbewusst ballte sie ihre Hände zu Fäusten, Stolz reckte sie ihr Kinn und hielt seinem finsteren Blick stand. „Was willst du von mir?“ fragte sie ihn rund heraus. Sie hatte ihm nichts getan. Im Gegenteil, sie hatte ihm sogar sein Ego gestreichelt, als er am Boden war. Sie war freundlich zu ihm gewesen und hatte versucht seine Schmach zu mildern. Aber anscheinend war ihre Freundlichkeit verschwendet gewesen. Als er zu den Säulen deutete, wirbelte sie wortlos auf dem Absatz herum und ging mit verschlossener Miene vor. Ihre ganze Haltung drückte Trotz und auch Stolz aus. Er hatte keine Ahnung, wusste nichts von dem sorgsam verschlossenem Schmerz in ihrer Seele. Den Kummer, denn sie vergessen wollte. Plötzlich war sie den Tränen nahe und das auch nur, weil er sie an die Vergangenheit erinnerte. An eine Zeit wo sie unbeschwert gewesen war. Wo sie keine Verpflichtungen gekannt hatte. Mit Mühe hatte sie sich ein neues Leben aufgebaut, den Schmerz überwunden und nun tauchte ER auf, riss alte Wunden in ihr auf und brachte neuen Kummer. Sie wollte weg von hier, aber sie würde ihm nicht die Genugtuung geben, dass sie vor ihm davon lief. Sie würde sich ihm stellen.
    Bei den Säulen angekommen drehte sie sich zu ihm herum und taxierte ihn einmal von oben bis unten. Ihr Blick drückte sowohl Verachtung und Ekel, aber auch Faszination aus, so als betrachtete sie ein besonders hässliches Insekt. Es war der selbe Blick mit dem sie Laevina zunächst gegenüber getreten war.
    „Ich weiß warum Du hier bist. Du willst, dass ich versage! Du willst mich demütigen, weil Dein Stolz gelitten hat! Aber nicht ich habe Dich in Deinem Stolz gekränkt, dass warst Du selbst!“ schleuderte sie ihm entgegen. Angriff war die beste Verteidigung. „Du bist hier, weil Du die Wahrheit nicht sehen willst. Weil Du Dich selbst belügst. Und Du glaubst, indem Du mich demütigst, kannst Du alles ungeschehen machen!“ Eine Mischung aus Hohn und Bitterkeit schwang in ihrer mühsam beherrschten Stimme mit. Sie würde ihm nicht den gefallen tun, laut zu werden. „Du bist erbärmlich. Weil Du vergessen hast, dass ich nicht über Dich gelacht habe. Weil ich Dich in Schutz genommen habe. Aber das war wohl ein Fehler von mir. Ich sah etwas Gutes, wo nichts anderes als Missgunst und Neid ist!“ stieß sie hervor. Sie war wütend und frustriert und traurig, obwohl sie diesen Tag hatte feiern wollen.

    Es war schon ein wenig seltsam alle hier versammelt zu haben. Seltsam still für eine Familie die sonst so voller Leben war. Es war selten so ruhig in der Casa Germanica. Meist hörte man Marcus und Sabina irgendwo durchs Haus toben, oder Laevina mit einem Sklaven schimpfen oder die tiefen Stimmen der beiden Senatoren oder die Sklaven schwatzen. So viel Leben und so viel Aufregung. Sie so einträchtig beieinander stehen zu sehen, machte sie ein wenig Sentimental. Solche Tage würde sie nicht mehr so oft mit erleben, wenn sie dann verheiratet war und auszog. Leicht strafte sie sich: Diese Tage wurde den Ahnen gedacht, den Seelen der Verstorbenen, welche die Familie beschützten. Deren Taten niemals vergessen sein würde. Mit ihren Gefühlen würde sie sich später auseinander setzten. Nun hatte sie eine Aufgaben vor sich, welche sie nur zu gern erfüllte.
    Sie waren umgeben von starren Masken, deren leere Augen sie scheinbar beobachteten und das flackernde Licht der Kerzen welche an den Wänden tanzten.


    „Oh, ihr Lares Familiares, ihr Schutzgeister der Familie,
    beschützt diese Familie
    die, die hier in Rom sind und auch alle anderen,
    die nicht bei uns sein können.


    Oh ihr Penaten, ihr Schutzgeister des Hauses,
    beschützt dieses Haus und das wärmende Feuer.


    Ihr Ahnen, an diesen Tagen ehren wir euch.
    Diese Gaben sollen euch gehören.“


    Es waren keine großartigen Worte, aber sie sprach von Herzen. Ein Opfer aus Brot und Salz und Wein und Obst stand auf dem kleinen Altar, ebenso wie die Blumenkränze der Kinder.