So sicher konnte man sich nie sein, ob hinter der hübschen glatten Stirn nicht gerade ein großer Streich sich versteckte. Sabina war in dieser Hinsicht sehr kreativ und fand es mitunter sehr witzig sich etwas auszudenken, womit sie Andere Ärgern konnte. Aber es waren immer nur gut gemeinte Streiche, nichts schlimmes, von daher konnte man es ihr nachsehen, dass sie etwas übermütig war.
„Du meinst meine Großtante Laevina“, berichtete sie. „Sie ist ins Becken gefallen“, sie unterließ es lieber Romana gegenüber zu erwähnen, dass sie der Meinung war, dass der Drachen es durchaus verdient hatte.
„Sollen sie uns doch unterschätzen“, zwinkerte sie ihr zu.
„Ob ich wirklich so ein gutes Vorbild bin...“, sagte sie mit einem leisen Zweifel in der Stimme. Solange Sabina ihr in religiösen Dingen nacheiferte war es durchaus gut, aber sie hatte jede Menge schwächen, an denen sich Sabina lieber nicht orientieren sollte. „Ach lassen wir das. Sabina wird ihren Weg gehen, ob sie meinem Beispiel folgt, oder deinem oder einem anderen, wird sich mit der Zukunft zeigen. Bis dahin soll sie ihre Kindheit genießen!“ Sie ging mit Absicht nicht auf den Wunsch ihrer Freundin ein. Sedulus wollte Sabina keineswegs als Vestalin wissen und auch sie glaubte nicht daran, dass es das Richtige für das Mädchen war.
„Ich würde mich auch sehr freuen, wenn du bald wieder unser Gast bist!“ lächelte sie und erwiderte die feste Umarmung der Freundin. „Du wirst immer ein gern gesehener Gast sein“, fügte sie zum Abschied hinzu. „Wir finden allein raus. Wache du über das Feuer der Vesta, liebe Romana. Vale! Mögen die Götter über dich wachen!“ verabschiedete sie sich wortreich und strecke Sabina die Hand entgegen. Das Mädchen ergriff diese und gemeinsam flanierten sie durch die Gänge, wenig später schloss sich die schwere Tür hinter ihnen und sie standen wieder mitten im Tumult der Stadt. Ihr war gar nicht aufgefallen, welch ein Ort der Ruhe das Atrium Vestae war. Kurz blickte sie über die Schulter und ein leises Lächeln umspielte ihre Lippen. Ein wahrer Schatz verbarg sich hinter dem dunklen Holz. Eine eigene Welt, in die sie blicken durfte. Leicht neigte sie ehrfurchtsvoll das Haupt.
„Große Vesta, behüte mir meine Freundin Romana, wie sie es verdient. Sie ist dir eine gute und treue Dienerin. Die Beste die du je bekommen kannst!“ mit diesen leisen Worten setzte sie sich in die wartende Sänfte, Sabina kuschelte sich an ihre Seite.