Beiträge von Calvina

    Nachdenklich wanderte Calvinas Blick zu ihrem Handgelenk, an dem sich eine ähnliche Kette befand, die Kiya am Fuß trug und dann hinüber zu Kiya. Bisher war ihr nicht in den Sinn gekommen, dass die Herrschaften einen Leibwächter bräuchten, um durch die Stadt zu gehen.


    "Ist es denn so gefährlich in der Stadt? Wer würde denn einem kleinen Jungen etwas antun, dass er einen Leibwächter benötigt?", fragte sie ein wenig naiv nach.

    Calvina erwiederte Kiyas Blick. Nüchtern stellte sie fest: "Hm, im Moment wird das wohl nur einseitig funktionieren. Ich sollte wohl sehen, dass ich möglichst schnell lerne mich hier in der Stadt zurechtzufinden."


    Sie lächelte Kiya aufmunternd zu: "Vielleicht kann ich ja auch einen der anderen Sklaven dazu bewegen Dir Bescheid zu geben, wenn ich weiß, dass ich mit meiner Herrin unterwegs bin und Du kannst Deinen Schützling dann zu einem Spaziergang bewegen. Aber das geht natürlich nur, wenn meine Herrin keine Einwände hat."

    Rucallas Worte beruhigten Calvina. Sie wußte zwar nicht genau was ihre Gesprächspartnerin mit der "dementsprechenden Einstellung einer guten Familie" meinte, aber nach ihren Auskünften schien die Herrschaft ihre Sklaven gut zu behandeln und nicht zu tyrannisieren. "Das klingt schon mal ganz gut."


    Calvinas Neugier war aber noch nicht gestillt, hatte Alexandros doch noch etwas von zwei Verwandten erwähnt: "Alexandros erwähnte vorhin auch noch zwei Verwandte, die hier im Haus leben. Wer sind die beiden denn und gibt es bei ihnen etwas zu beachten?"

    Calvina blickte ihre Herrin an, nachdem diese das Wort an sie gerichtet hatte. Ja, der Moment des Todes ihrer alten Herrin war schwer für sie gewesen. Er hatte sich zwar langsam angekündigt, aber einfach was es trotzdem nicht. Calvina nickte nur verhalten, als die Herrin dies kurz ansprach und lächelte sie verlegen und dankbar für ihr Mitgefühl an.


    Doch dies war nun endgültig Vergangenheit. Sie war jetzt in einem neuen Heim und ihre Herrschaften waren noch jung, so dass sie wohl erstmal nicht in eine ähnliche Situation kommen würde. Sie fand ihre Fassung wieder und beantwortete die Frage: "Ja, Domina. Alexandros hat mich in die grundlegenden Dinge eingewiesen. Da ich aber bis eben noch nichts über meine konkreten Aufgaben wußte, fehlen mir natürlich noch Deine speziellen Wünsche, wie ich Dir am besten dienen kann."

    Calvina nickte Kiya zustimmend zu und folgte ihr und dachte einen Moment lang nach. Dann wandte sie sichan ihre Begleiterin: "Und was können wir tun, um uns mal wieder zu sehen? Wäre doch schade wenn es bei diesem einen Mal bleiben würde."

    Calvina stand auf und zuckte mit den Schultern. "Ich nehme ja schon an, dass sie mich suchen werden. Und wenn sie mich dann nicht finden, weil ich nicht mehr hier bin, dann bekommen sie vielleicht Ärger."


    Dann stutzte Calvina einen Moment. "Oder mußt Du nun wieder nach Hause?


    Nur um anschließend auch Kiya noch ein wenig mit Fragen zu löchern: "Und wie meinst Du das mit den freien Tagen? Bekommen Sklaven denn so etwas? Hm, wenn ich mir das so richtig überlege, dann ist es wohl recht schwierig uns mal wieder zu treffen. Was ich sehr schade finden würde. Oder hast Du da eine Idee, wenn ich keine freien Tage bekomme?"

    Calvina zwinkerte Kiya verschwörerisch zu: "Keine Angst, ich frage den anderen ja schon richtige Löcher in den Bauch." Und scherzhaft fügte sie hinzu: "Bestimmt lassen die anderen sich extra lange Zeit, bis mich suchen kommen, damit sie mal ein wenig Ruhe vor mir haben."

    Calvina nickte zuversichtlich, wenn auch eher um sich selbst Mut zu machen. "Ich habe da ja schon Erfahrungen mit meiner alten Herrin", sagte sie und schob erklärend nach: "Nur was es bei ihr halt sehr ruhig, da sie eigentlich nie wegging und auch nur ganz selten mal Besuch kam."

    Calvina ging ein Licht auf. "Ah, verstehe. Er muß also immer machen, was sie sagt.", sagte sie mit einem leichten Schmunzeln.


    "Und wie ist sie so im Umgang mit uns Sklaven?", fragte sie dann aber doch ein wenig besorgt nach.

    Calvina wollte nicht die Unterhaltung ihrer Herrschaft unterbrechen, aber als ihr Herr sie fragend ansah, erinnerte sie sich an seine Frage und antwortete ein klein wenig nervös: "Nun Herr, meiner alten Herrin, Nonia Flora, diente ich etwa 4 Jahre als Leibsklavin. Ich kümmerte mich um ihre Garderobe und ihr Wohlbefinden. Da sie sich gerne mit den Blumen in ihrem Garten beschäftigte, half ich auch dort. Und wenn sie mich nicht benötigte, half ich meiner Mutter, die Köchin im Haushalt war."


    Calvina machte eine kurze Pause und eine Spur Traurigkeit trat in ihr Gesicht: "Leider wurde sie vor einigen Monaten schwer krank. In dieser Zeit kümmerte ich mich noch intensiver um sie und befolgte die Anweisungen des Medicus. Doch war es wohl der Wille der Götter, dass sie die Reise zu den Ahnen antreten sollte." Eine einzelne Träne rann Calvina bei den Gedanken an den Tod der alten Dame über die Wange, die sie aber mit einer schnellen Bewegung wegwischte, war es doch mehr als unangebracht in Anwesenheit der Herrschaft zu weinen.

    Der kleine Unterton in Rucullas Ausführungen war Calvina nicht entgangen. "Ist es denn nicht gut, wenn er kein Soldat mehr ist?", fragte sie ein klein wenig naiv."Ein Soldat lebt doch um einiges gefährlicher als ein Zivilist, oder?"

    "Oh, ich bin die Leibsklavin meiner Herrin.", antwortete Callvina,"Auch wenn ich natürlich auch andere Arbeiten erledigen muß, wenn die Herrin mich nicht benötigt."


    Calvina schaute für einen Moment verträumt in die Luft. Sie mochte ihre Herrin, sofern man dies nach so kurzer Zeit sagen konnte. Ihre ersten Eindrücke zumindest waren positiv. Sie hoffte nur, dass sie ihr auch gut dienen würde. Es war doch ein großer Unterschied zwischen einer alten Dame zu dienen, die zurückgezogen auf dem Land lebte und einer frischvermählten Dame in dieser Stadt hier. "Ich hoffe nur, dass ich schnell alles lerne, was ich wissen muß.", fügte sie daher noch mit leichter Besorgnis in der Stimme an.

    Calvina kicherte, als sie versuchte sich den kleinen Helden zusammgefaltet unter Kiyas Armen vorzustellen. "Das würde ich gerne mal sehen. Bin ja nur mal gespannt, wie lange Du das noch machen kannst.."

    Im Vergleich zu ihr selbst hatte Kiya schon ein recht bewegtes Leben hinter sich. Im Grunde genommen hatte Calvina eine recht angenehme Kindheit, für ein Mädchen, das als Sklavin geboren wurde. Sie wußte zwar nicht, wer ihr Vater war, aber bis vor wenigen Wochen war sie immer bei ihrer Mutter gewesen, von der sie viel gelernt hatte. Die Trennung war Calvina nicht leicht gefallen, aber es blieb ihr nichts anderes übrig, als sich in ihr Schicksal zu fügen und ihre Mutter hatte auch recht damit, dass sie nun erwachsen wäre und sozusagen auf eigenen Füßen stehen müßte.


    Doch als Kiya dann doch anfing von dem kleinen Optatus zu erzählen, verschwanden die traurigen Gedanken rasch aus Calvinas Kopf. "Ganz schön lebhaft der Kleine.", warf sie mit einem Schmunzeln ein, "Ich hoffe doch mal, dass er nicht wild um sich tritt und schlägt, wenn Du ihn ins Bad bringst. Oder hast du da den ein oder anderen Trick, wie das etwas friedlicher funktioniert?"

    Calvina war fast schon ein wenig enttäuscht, dass Kiya sie jetzt nicht mit Lausbubengeschichten von ihrem Schützling fütterte. Aber wahrscheinlich hatte sie den kleinen Racker sonst die ganze Zeit um sich und war froh einmal nichts von ihm zu hören oder sehen. Von daher bohrte Calvina nicht weiter nach.


    "Ich hatte nie viele Kinder um mich.", sagte sie schließlich ein wenig nachdenklich. "Da war eigentlich nur der Sohn des Verwalters meiner ehemaligen Herrin. Aber der war 5 Jahre älter als ich und wollte nichts mit mir zu tun haben."

    Calvina lächelte Kiya neugierig an. Das Kind, um dass sie sich kümmerte schien ihr sehr am Herzen zu liegen. Und Calvina überlegte, wie es wohl wäre, wenn sich bei ihrer Herrschaft auch Nachwuchs einstellen würde. "Wie alt ist Dein Schützling denn?", fragte sie schelmisch, "Und was stellt er denn so alles an?"

    Calvina lauschte aufmerksam Kiyas Erklärungen. Sie konnte auf alle Fälle sehr viel von ihr lernen. "Du bist ganz schön schlau.", meinte sie dann bewundernd zu ihrer Gesprächspartnerin. "Ich muß gestehen, dass ich mir nie groß Gedanken über so etwas gemacht habe."

    Calvina schaute zu der Sänfte und dem Mann in der auffällig bunten Kleidung. Es war offenbar, dass er zu dem Besitzer der Sänfte gehörte und Calvina hatte vorhin an anderer Stelle schon einmal so jemanden gesehen, der dafür sorgte, dass seinem Herrn Platz gemacht wurde. Aber das war auch schon alles was sie wußte, auf dem Landgut ihrer verstorbenen Herrin hatte es so jemand nicht gegeben.


    "Hm, ich weiß nicht, was die genaue Bezeichnung ist, aber er sorgt dafür, dass niemand im Weg ist.", antwortete sie nachdenklich auf Kiyas Frage.

    Calvina sah Kiya mit großen Augen. Für die junge Nubierin grenzte es fast an Zauberei, was Kiya ihr gerade erzählte. Ungläubig fragte sie:"Und das alles hast Du auf den ersten Blick erkannt?"


    Als Kiya sie aufklärte, dass der Mann ihr nicht völlig unbekannt war, zwinkerte sie zurück, fragte dann aber weiter nach: "Du sagst, die Kleinigkeiten wären wichtig. Aber woher soll ich denn die ganzen Kleinigkeiten kennen, die so wichtig sind? Woher weiß ich dass er für einen Patron unterwegs ist und nicht für sich alleine? Und wie erkenne ich auf die Entfernung den Unterschied zwischen einen Siegel- und einem normalen Ring?"